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Dieser Artikel behandelt die allgemeine sowie philosophische Bedeutung Fur weitere Bedeutungen wie die Verwendung im Rechtswesen siehe Tatsache Begriffsklarung Eine Tatsache auch Fakt oder Faktum von lateinisch factum Gemachtes res facti altgriechisch pragmata ist je nach Auffassung ein wirklicher nachweisbarer bestehender wahrer oder anerkannter Sachverhalt Inhaltsverzeichnis 1 Theologie und Philosophie 2 Rechtswissenschaft 2 1 Schweiz 2 2 Osterreich 3 Trivia 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseTheologie und Philosophie BearbeitenIn diesem Artikel oder Abschnitt fehlen noch wichtige Informationen Hilf der Wikipedia indem du sie recherchierst und einfugst Einen ersten Uberblick uber das im 18 Jahrhundert im Deutschen auftretende Wort Tatsache liefert Gotthold Ephraim Lessing 1778 in der Schrift Uber das Wortlein Tatsache Es wurde zunachst in der theologischen Fragestellung verwendet ob das Christentum sich auf wirkliche Begebenheiten eben Tatsachen berufen konne 1 Dabei wurde es von Johann Joachim Spalding als Ubersetzung des englischen Ausdrucks matter of fact eingebracht es findet sich in seiner Ubersetzung von Joseph Butlers The analogy of religion natural and revealed to the constitution and course of nature von 1756 Butler wie Spalding beziehen den Ausdruck auf Gott Tatsachen sind Geschehnisse die als Handlungen Gottes aufgefasst werden 2 Bei Gottfried Wilhelm Leibniz werden Tatsachenwahrheiten verites de fait den Vernunftwahrheiten verites de raison gegenubergestellt Tatsachen stellen hier also wie auch bei David Hume wirkliche Erfahrungsergebnisse dar Mathematische Wahrheiten gehoren nicht dazu Immanuel Kant unterscheidet in der Kritik der Urteilskraft Sachen der Meinung opinabile Thatsachen scibile und Glaubenssachen mere credibile Immanuel Kant AA 000005 V 467 3 als Gattungen der Erkenntnisobjekte Diese Einteilung entspricht im Wesentlichen seiner Unterscheidung aus Vom Glauben Wissen Meinen in der Kritik der reinen Vernunft Immanuel Kant AA 000003 III 531 4 Tatsachen sind demnach die dem epistemischen Zustand des Wissens entsprechenden Objekte Dort sind fur Kant Glauben Wissen und Meinung Einstellungen zu Vorstellungsverbindungen oder Urteilen die sich darin unterschieden ob die Grunde aus denen sie fur wahr gehalten werden objektiv allgemein sind in der Sache liegend fur alle vernunftigen Wesen gleichermassen uberzeugend subjektiv allgemein uberzeugend aus einem Interesse das notwendig alle vernunftigen Wesen teilen Glauben oder subjektiv partikular aufgrund personlicher Erfahrungen und Interessen uberredend und uberzeugend und ob diese Grunde jeweils hinreichend fur die Wahrheit des in Frage stehenden Urteils sind Dabei erwartet Kant dass das Erkenntnissubjekt auch daruber reflektiert was die Grunde seines Furwahrhaltens sind so dass der Bereich des Meinens des Furwahrhaltens aus objektiv und subjektiv unzureichenden Grunden auf den Bereich der moglichen Erfahrung beschrankt wird Tatsachen hingegen schliessen auch und vor allem Erkenntnisse a priori ein Gegenstande fur Begriffe deren objective Realitat es sei durch reine Vernunft oder durch Erfahrung und im ersteren Falle aus theoretischen oder praktischen Datis derselben in allen Fallen aber vermittelst einer ihnen correspondirenden Anschauung bewiesen werden kann sind res facti Thatsachen Immanuel Kant AA 000005 V 468 5 in einer daran anschliessenden Fussnote weist Kant darauf hin dass diese Definition den seinerzeit ublichen Begriff der Tatsache auf Nichterfahrbares erweitert Gottlob Frege unterscheidet Tatsachen oder Sachverhalte in der Welt von dem Gedanken 6 durch den sie gegeben sind Gedanken sind fur Frege die Intension von bestimmten sprachlich logischen Zeichen die er Satze nennt Diese entsprechen den Aussagen im logischen Sinne die Trager von Wahrheitswerten sind Er macht im Gegensatz etwa zu Bertrand Russell und anderen Vertretern der Cambridge Schule der analytischen Philosophie jedoch nicht Tatsachen zur Extension von Satzen sondern die Wahrheitswerte selbst Das liegt daran dass Frege Satze als logisch komplexe Ausdrucke auffasst die aus Eigennamen und Begriffs oder Relationswortern bestehen Ein Satz ist wahr wenn die im Satz vorkommenden Eigennamen Objekte bezeichnen die in die Klasse derjenigen Objekte fallen die die aus den Bedeutungen Begriffswortern logischen Konstanten und Quantoren bestehenden Satzfunktion erfullen Dabei unterscheidet Frege Extension und Intension auch an Eigennamen und Begriffswortern Fur Frege ist die Intension eines Ausdrucks die Art des Gegebenseins des Bezeichneten fur ein Erkenntnissubjekt d h sie entspricht einer epistemischen Perspektive oder einem Zugang des Subjekts zur Extension des Ausdrucks Die individuellen Tatsachen werden also in Freges Theorie der Bedeutung eliminiert sie konnen nicht von den wahren Satzen die sie zum Ausdruck bringen unterschieden werden Ludwig Wittgenstein entwickelt in seinem bekanntesten Werk Tractatus logico philosophicus den Begriff Tatsache im Sinne von das Seiende als philosophische Kategorie Von diesem Tatsachenbegriff ausgehend formuliert er in der Beschreibung der Logik von Welt und Wirklichkeit folgende Satze Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen nicht der Dinge Was der Fall ist die Tatsache ist das Bestehen von Sachverhalten Der Sachverhalt ist eine Verbindung von Gegenstanden Sachen Dingen Das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten ist die Wirklichkeit Im wissenschaftstheoretischen Positivismus wird eine Hypothese zu einer Tatsache indem sie durch Beobachtung verifiziert oder zumindest bestatigt wird Seit der linguistischen Wende betonen verschiedene Vertreter sprachphilosophischer und wissenschaftstheoretischer Ansatze dass die verwendete Sprache Vorentscheidungen daruber trifft was als Tatsachen in Frage kommt siehe auch Holismus Die vor allem fur den logischen Positivismus entscheidende Trennung von Theorie und Beobachtungssprache wird damit unscharf Seinem wissenschaftstheoretischen Modell in dem allgemeine Hypothesen durch Voraussagen von individuell beobachtbaren Tatsachen bestatigt werden stellt daher der kritische Rationalismus das Modell des Fallibilismus entgegen nach dem allgemeine wie Beobachtungshypothesen nur vorlaufig als Tatsachen gelten konnen bis sie durch neue Beobachtung widerlegt werden Laut David Kellogg Lewis wird ein Sachverhalt durch einen Wahrmacher zu einer positiven Proposition Rechtswissenschaft BearbeitenTatsache ist ein unbestimmter Rechtsbegriff der in Gesetzen zwar vorkommt aber dort nicht definiert ist Tatsachen sind sinnlich wahrnehmbare Vorgange oder Zustande aus Gegenwart oder Vergangenheit 7 Tatsachen im Sinne von 263 StGB Betrug durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdruckung wahrer Tatsachen sind konkrete Zustande oder Vorgange aus Gegenwart und Vergangenheit die dem Beweis zuganglich sind 8 Die Tatsache bildet die Grundlage der Subsumtion und damit der Rechtsanwendung Der Tatsachenbegriff umfasst sowohl innere als auch als aussere Tatsachen Aussere Tatsachen beziehen sich auf etwas ausserlich wahrnehmbares Reales dazu zahlen insbesondere Eigenschaften von korperlichen Gegenstanden oder Personen Hierzu gehoren etwa die Echtheit eines Kunstwerks die Beschaffenheit oder Verkehrsfahigkeit einer Sache Alter Einkunfte physiologischer Gesundheitszustand Fahigkeiten und Qualifikationen einer Person Innere Tatsachen betreffen psychische Zustande wie etwa den Willen eine Leistung des vorleistungspflichtigen Vertragspartners zu erfullen Zu beachten ist dabei dass auch gegenwartige Absichten Motive Vorstellungen oder Uberzeugungen hinsichtlich kunftiger Ereignisse umfasst sind 9 Hieruber werden kunftige Ereignisse teilweise wieder in den Tatsachenbegriff mit einbezogen Nach der Rechtsprechung genugt es fur die Beweisbarkeit wenn der Tater dem Opfer den Eindruck der Existenz des fraglichen Sachverhalts vermittelt 10 Tatsachenbehauptungen sind Aussagen uber Tatsachen wobei es an der Verifizierung noch fehlt Auch im Zivilprozess sind Tatsachen die wesentlichen Grundlagen auf denen ein Urteil aufbaut So bestimmt 291 ZPO dass offenkundige Tatsachen keines Beweises bedurfen Offenkundig sind dabei entweder allgemeinkundige Tatsachen also Wissen das praktisch jeder haben kann Allgemeinkundig sind Tatsachen die jeder aus allgemein zuganglichen Informationsquellen zuverlassig in Erfahrung bringen kann Lexika Bucher Karten das Internet usw Oder gerichtskundige Tatsachen diese hat das Gericht selbst amtlich wahrgenommen Verkehrsauffassung ist Erfahrungswissen 291 ZPO betrifft jedoch nur Tatsachen und nicht Erfahrungssatze Gerichtskundig sind Tatsachen die das Gericht in amtlicher Eigenschaft wahrgenommen hat die Angaben der Partei in einem anderen Verfahren vor demselben Gericht der Inhalt beigezogener Akten oder besondere Fachkenntnisse des Richters Private Kenntnisse des Richters darf er nicht verwerten er ist insoweit Zeuge und scheidet aus dem Verfahren aus 41 Nr 5 ZPO Die einer richterlichen Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen ergeben sich aus dem Parteivortrag Tatsachen mussen deshalb von den Parteien vorgetragen werden 11 Zwischen den Parteien unstrittige Tatsachen gelten als wahr Im bundesdeutschen Handelsrecht ist der Begriff der Tatsache weit zu fassen denn alles was eintragungspflichtig im Handelsregister ist gehort zu den Tatsachen 12 Die blosse Meinungsausserung oder ein reines Werturteil stellt als Mitteilung subjektiver Wertungen den Gegenbegriff zum Tatsachenbegriff dar Die Abgrenzungsprobleme zeigen sich exemplarisch bei Werbeaussagen Die Verkehrsauffassung der jeweiligen Verkehrskreise entscheidet daruber ob in werbenden Anpreisungen noch ein greifbarer Tatsachenkern liegt In der Aussage besser geht es nicht liegt keine Behauptung eines Tatsachenkerns da es am Charakter einer ernsthaft aufgestellten Behauptung fehlt 13 Die Ausserung von blossen Rechtsauffassungen z B man habe einen Kaufpreiszahlungsanspruch ist eine Sollens und keine Seinsaussage 14 und damit als Werturteil zu behandeln Hier wird lediglich die rechtliche Bewertung eines unstreitigen Lebenssachverhalts vorgenommen Schweiz Bearbeiten In der Schweiz versteht man unter Tatsachen feststellbare Geschehnisse die sich in der Vergangenheit verwirklicht haben Tatsachen die in der Zukunft stattfinden konnen plausibel gemacht werden indem der Schluss aus vergangenen Tatsachen gezogen wird Das ist ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht das Tatsachen nur als vergangenheits und gegenwartsbezogenen Begriff kennt Es wird zwischen Haupt und Hilfstatsachen unterschieden Haupttatsachen sind Umstande die den abstrakt formulierten Tatbestand einer Norm unmittelbar ausfullen aus der eine Partei eine Rechtsfolge fur sich herzuleiten sucht Die fur den konkreten Fall notigen Tatbestandsmerkmale werden direkt festgestellt Beispielsweise ist eine Postquittung oder ein Empfangsschein der direkte Beweis dafur dass eine Eingabe ans Gericht am letzten Tag der Frist beim Gericht eingegangen ist oder jedenfalls der schweizerischen Post ubergeben worden ist 15 Die Ausstellung der Postquittung ist eine Haupttatsache fur den Beweis der rechtzeitigen Eingabe Haufig enthalten Normen unbestimmte Rechtsbegriffe wie etwa sittenwidrig oder fahrlassig In diesem Fall sind Tatsachen zu beweisen die den Schluss auf die Erfullung des unbestimmten Rechtsbegriffs im konkreten Fall zulassen Aus Hilfstatsachen Indizien kann auf das Vorliegen einer Haupttatsache geschlossen werden Beispielsweise ist das Erwahnen einer Eingabe an das Gericht ohne von spateren Beweisschwierigkeiten Kenntnis zu haben ein starkes Indiz dafur dass eine solche Eingabe gemacht wurde 16 Bei diesem verzichtet der Richter auf den direkten Beweis einer Tatsache indem er ihr Vorhandensein gestutzt auf den gewohnlichen Lauf der Dinge aus anderen Tatsachen den so genannten Indizien ableitet Der Richter vermutet dass die Tatsache gegeben ist weil sich ihm dieser Schluss angesichts der erstellten ubrigen Umstande auf Grund seiner Lebenserfahrung aufdrangt Indizienbeweise beruhen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes auf tatsachlichen Vermutungen die der Beweiserleichterung dienen Tatsachliche Vermutungen sind nicht Beweislastregeln sondern gehoren grundsatzlich zur Beweiswurdigung die das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht uberprufen kann Osterreich Bearbeiten Auch im osterreichischen Strafrecht kommt der Begriff Tatsache haufig vor so etwa in den 193 Ehetauschung 229 Urkundenunterdruckung 230 Abs 1 Versetzung von Grenzzeichen oder 255 Staatsgeheimnis OStGB Er entspricht inhaltlich dem Begriff einer Tatsache im deutschen Strafrecht Trivia BearbeitenAls Funfact wird eine lustige vergnugliche Tatsache uber jemanden oder etwas bezeichnet 17 Siehe auch BearbeitenFaktoidLiteratur BearbeitenKevin Mulligan Fabrice Correia Facts In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Fact in Ted Honderich Hrsg The Oxford Companion to Philosophy Oxford University Press Oxford 2005 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Tatsache Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary Faktum Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Rudolf Eisler Worterbuch der philosophischen Begriffe 1904 Tatsache Jan C Schuhr Taten Tatsachen und ihre Abhangigkeit von Zurechnung auf YouTube 17 Juni 2019 Video Universitat Heidelberg 14 05 Min Einzelnachweise Bearbeiten Gottfried Gabriel Tatsache in Enzyklopadie Philosophie und Wissenschaftstheorie hrsg Jurgen Mittelstrass Band 4 Metzler 1996 S 209f W Halbfass Eintrag Tatsache I in Historisches Worterbuch der Philosophie Band 10 S 913 Immanuel Kant Gesammelte Schriften Hrsg Bd 1 22 Preussische Akademie der Wissenschaften Bd 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin ab Bd 24 Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Berlin 1900ff AA 000005 V 467 Immanuel Kant Gesammelte Schriften Hrsg Bd 1 22 Preussische Akademie der Wissenschaften Bd 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin ab Bd 24 Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Berlin 1900ff AA 000003 III 531 Immanuel Kant Gesammelte Schriften Hrsg Bd 1 22 Preussische Akademie der Wissenschaften Bd 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin ab Bd 24 Akademie der Wissenschaften zu Gottingen Berlin 1900ff AA 000005 V 468 Gottlob Frege Uber Sinn und Bedeutung Seite 34 Oliver Stegmann Tatsachenbehauptung und Werturteil in der deutschen und franzosischen Presse 2004 S 286 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche RGSt 55 129 131 Munchner Kommentar Hefendehl 263 Rn 53 63 BGHSt 8 237 239 BGH NJW 1990 3151 Hartmut Oetker Handelsrecht 2006 S 51 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Wessels Hillenkamp Rn 496 Nomos Kommentar Urs Kindhauser 263 Rn 89 VerwG Basel Land Urteil vom 27 November 1991 in BLVGE 1991 124 125 BLVGE 1991 126 Funfact Fun Fact der oder das auf Duden de Normdaten Sachbegriff GND 4184506 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tatsache amp oldid 237530219