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Existenzphilosophie bezeichnet eine philosophische Richtung die im Zentrum ihres Denkens die Existenz des Menschen im weitesten Sinne hat Innerhalb der Existenzphilosophie werden zwar verschiedene Positionen beschrieben die sich jedoch alle durch den grundlegenden Vorrang der Erhellung des eigentlichen Existierens vor einem spekulativen Idealismus oder dem Wissenschaftsglauben des Positivismus auszeichnen Von der Existenzphilosophie im allgemeinen Sinne kann der Existentialismus als besondere Ausdrucksform der franzosischen Existenzphilosophie unterschieden werden Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsklarung 2 Geistesgeschichtliche Positionierung 3 Philosophisch systematische Einordnung 3 1 Phanomenologie 3 2 Lebensphilosophischer Ansatz 4 Vertreter Auswahl 5 Literatur 5 1 Wichtige Primarwerke 5 2 Sekundarliteratur 6 EinzelnachweiseBegriffsklarung BearbeitenDer Begriff existentia von dem sich das deutsche Wort Existenz spater ableitete wird im 4 Jahrhundert n Chr als Ubersetzung des griechischen hyparxis nachgewiesen was so viel bedeutet wie Vorhandensein In der scholastischen Philosophie erhielt der Begriff den Sinn von tatsachlich vorkommen und wurde zum Gegensatz des Begriffes Wesen des Was essentia Unter Existenz wird in der Existenzphilosophie die Besonderheit des Menschen dessen Wesen man in diesem Kontext als Dasein beschreibt vor allem anderen Seienden verstanden Dies wird mit dem Satz Das Wesen des Daseins ist seine Existenz zum Ausdruck gebracht Eine Pointe der Existenzphilosophie liegt in der speziellen Dichotomie der beiden Begriffe Existenz und Essenz die sich insbesondere Jean Paul Sartre zu Nutze machte Geistesgeschichtliche Positionierung BearbeitenDie Existenzphilosophie entwickelt sich ausgehend von dem Denken Soren Kierkegaards der Philosophie Edmund Husserls und von lebensphilosophischen Einflussen im Anschluss an eine ideengeschichtliche Epoche die hauptsachlich in der Dichotomie von spekulativem Idealismus und wissenschaftsbejahendem Positivismus steckte Weniger eine Fortfuhrung irgendeines Ansatzes ist sie Ausdruck eines Losreissens von einer steckengebliebenen Philosophie und findet ihre Wurzel deshalb in verschiedensten philosophischen Richtungen wie z B Phanomenologie Ontologie Lebensphilosophie Dialogphilosophie die ebenfalls auf der Suche aus der Krise sind Die Existenzphilosophie bricht mit der Vorstellung eines Absoluten sei es im Sinne des Deutschen Idealismus oder einer verabsolutierenden Wissenschaft und stellt dem die Existenz des Subjekts im Sinne von das jemeinige Subjekt sein als einziges Absolutes gegenuber Demnach ist fur das Verstandnis der Existenzphilosophie gerade der Bezug zum Deutschen Idealismus und den Wissenschaften wichtig So zeigen sich denn auch die weitreichenden Einflusse Georg Wilhelm Friedrich Hegels z B bei Sartre oder die intensive dialogische Auseinandersetzung Maurice Merleau Pontys mit den Naturwissenschaften immer wieder in den Werken der Existenzphilosophen Ihren besonderen Wert erhalt die Existenzphilosophie durch ihre genaue Betrachtung des Menschen in seinem Menschsein darin wie sich der Mensch in dieser Welt und anderen Menschen gegenuber gibt das zu sehen was die Philosophie immer schon im Zentrum ihres Bemuhens hat den Weg zur Wahrheit Ob sie nun phanomenologisch argumentiert oder wie Kierkegaard einen anderen Zugang sucht im Zentrum steht der Mensch mit seinen ihn bestimmenden Zustanden wie Angst Liebe Sorge als authentisches Wesen das sich nicht als festgelegtes Wesen wiederfindet sondern als verantwortliches freies und selbst entwerfendes Wesen versteht Damit tritt der Mensch aus einem philosophischen Rahmen heraus der ihn bis jetzt umgab Dieser philosophische Rahmen war die Ordnung des Mythos des Logos ein Ordowissen des Mittelalters der Glaube an eine Vernunft oder das Wissen um das Absolute In der Existenzphilosophie treten nun angestossen durch Lebensphilosophie und andere Einflusse die Aspekte in den Vordergrund die ausgeblendet durch die benannten Ordnungsschemata in der Philosophie bisher keine theoriebildende Kraft besassen Angst Sorge Liebe Freiheit Sexualitat Die Grundideen der modernen Existenzphilosophie wurden bereits lange vor Kierkegaard geboren der franzosische Philosoph Mathematiker und Physiker Blaise Pascal 1623 1662 nahm in seiner Essaysammlung Pensees Gedanken das vorweg was spater zur Existenzphilosophie werden sollte Er schreibt vom Elend und der Verlorenheit des Menschen im Leben und stellt die Frage ob es uberhaupt die Moglichkeit gibt glucklich zu werden und unbeschwert zu leben ohne standig in Angst vor Tod Not und Elend leben zu mussen Diese Gedanken greifen spater alle wichtigen Existenzphilosophen auf und sie bearbeiten sie individuell Philosophisch systematische Einordnung BearbeitenDie Schwierigkeit einer klaren Einordnung in die philosophische Systematik besteht in der Vielfaltigkeit der Ansatze der Existenzphilosophie So unterscheiden sich auch die allgemeinen systematischen Darstellungen der Philosophie in diesem Punkt Sie allerdings nur auf den Aspekt des subjektiven Denkens zu reduzieren verfehlt die methodischen Aspekte dieser Stromung und ihre Auseinandersetzung mit der Tradition Phanomenologie Bearbeiten Die Phanomenologie Husserls ist der methodische Grundbezug der meisten Autoren der Existenzphilosophie Sie zeichnet sich deshalb besonders fur die Fragestellung aus oder ist mit dieser eng verwoben da sie sich jeglicher Vormeinung uber das Bestehende enthalt und sich auf die unmittelbaren Phanomene bezieht um von dort aus eine Basis fur die Wissenschaften zu erhalten Siehe auch Max Scheler Lebensphilosophischer Ansatz Bearbeiten Die Lebensphilosophie ist eine Stromung innerhalb der Philosophie des 19 Jahrhunderts die den Begriff des menschlichen Erlebens in den Vordergrund philosophischen Bemuhens stellt Siehe auch Henri Bergson Wilhelm Dilthey Georg Simmel Friedrich NietzscheVertreter Auswahl BearbeitenSoren Kierkegaard Die meisten Vertreter der Existenzphilosophie beziehen sich auf Kierkegaard Maurice Blondel Leo Schestow Nikolai Berdjajew Hans Lipps Karl Jaspers Martin Heidegger Seine zentrale Leistung fur die Existenzphilosophie bestand in der epochalen Fragestellung nach dem Sinn von Sein die es systematisch notig machte die Existenz des Menschen nicht im Sinne Husserls als Ding unter anderen Dingen zu betrachten sondern ihm eine eigene Seinsbedeutung zuzusprechen Zentraler Gedanke hierbei ist die ontologische Differenz die in dem Hauptwerk Sein und Zeit thematisch aufgefachert wird Auch wenn Sein und Zeit von zentraler Bedeutung fur die Existenzphilosophie war verstand Heidegger sich selbst nicht als Existenzphilosoph und wehrte sich gegen eine rein existenzphilosophische Lesart von Sein und Zeit 1 Jean Paul Sartre siehe auch Existentialismus Sein philosophisches Hauptwerk Das Sein und das Nichts ist eines der Hauptwerke der Existenzphilosophie Sartre orientiert sich hier an den phanomenologischen Autoren Husserl und Heidegger und ist stark von der Hegel Lekture Alexandre Kojeves gepragt Simone de Beauvoir Albert Camus Camus wird oft dem Existentialismus zugeordnet er selbst protestierte gegen diese Einordnung Er stand auch in der Tradition der franzosischen Moralisten Sein Werk ist schwerpunktmassig literarischer Natur Simone Weil Gabriel Marcel Peter WustLiteratur BearbeitenWichtige Primarwerke Bearbeiten Soren Kierkegaard Entweder Oder Munchen 2000 ISBN 3 423 30134 1 Soren Kierkegaard Der Begriff Angst Ditzingen 1992 ISBN 3 15 008792 9 Soren Kierkegaard Philosophische Brocken Soren Kierkegaard Abschliessende unwissenschaftliche Nachschrift zu den philosophischen Brocken Soren Kierkegaard Die Krankheit zum Tode Ditzingen 1997 ISBN 3 15 009634 0 Karl Jaspers Philosophie 3 Bande I Philosophische Weltorientierung II Existenzerhellung III Metaphysik Springer Berlin 1932 ISBN 3 540 12120 X Karl Jaspers Existenzphilosophie Drei Vorlesungen Springer Berlin 1938 Karl Jaspers Vernunft und Existenz Groningen 1935 Englische Ausgabe Reason And Existenz sic Five Lectures Auf der dritten deutschen Auflage bei J Storm Bremen 1949 basierende Ubersetzung mit Einfuhrung von William Earle The Noonday Press New York 1955 hier in elektronischer Form zu lesen Martin Heidegger Sein und Zeit Tubingen 1976 ISBN 3 484 70109 9 Jean Paul Sartre Das Sein und das Nichts Hamburg 1985 ISBN 3 498 06060 0 Jean Paul Sartre Der Existentialismus ist ein Humanismus Hamburg 1994 ISBN 3 499 34013 5 Albert Camus Der Mythos von Sisyphos Hamburg 2004 ISBN 3 499 22765 7 Albert Camus Der Mensch in der Revolte Gabriel Marcel Metaphysisches Tagebuch Paderborn u a 1992 ISBN 3 506 75342 8 Georges Bataille Atheologische Summe Peter Wust Ungewissheit und Wagnis Munster 2002 ISBN 3 8258 6066 3 Sekundarliteratur Bearbeiten Artikel Existenzphilosophie in Friedo Ricken Hrsg Lexikon der Erkenntnistheorie und Metaphysik Munchen 1984 ISBN 3 406 09288 8 Kapitel Existenz und Dialogphilosophie in Emerich Coreth Philosophie des 20 Jahrhunderts Stuttgart u a 1993 ISBN 3 17 008462 3 Hannah Arendt Was ist Existenzphilosophie Anton Hain Frankfurt 1990 ursprunglich Sechs Essays Schriften der Wandlung 3 Heidelberg Januar 1948 S 48 80 Helmut Fahrenbach Kierkegaards existenzdialektische Ethik Vittorio Klostermann Frankfurt 1968 Helmut Fahrenbach Existenzphilosophie und Ethik Vittorio Klostermann Frankfurt 1970 Wolfgang Janke Existenzphilosophie de Gruyter Berlin 1982 ISBN 3 11 008246 2 Thomas Seibert Existenzphilosophie Metzler Stuttgart u a 1997 ISBN 3 476 10303 X Rainer Thurnher Lebensphilosophie und Existenzphilosophie Geschichte der Philosophie Bd 13 Beck Munchen 2002 ISBN 3 406 49275 4 Urs Thurnherr Anton Hugli Hrsg Lexikon Existentialismus und Existenzphilosophie Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2007 ISBN 978 3 534 16331 1 Rene Weiland Philosophie der Lebensfuhrung Ethisches Denken zwischen Existenzphilosophie und Konstruktivismus transcript Bielefeld 2016 ISBN 978 3 8376 3632 1 Rehabilitierung der Existenzphilosophie uber ihre konstruktivistische Neulekture Einzelnachweise Bearbeiten So z B im Brief uber den Humanismus und in seinen handschriftlichen Randnotizen in Sein und Zeit S 12 Normdaten Sachbegriff GND 4015972 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Existenzphilosophie amp oldid 230343175