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Die Evangelische Kirche in Reiskirchen einem Ortsteil von Huttenberg im Lahn Dill Kreis Mittelhessen ist das alteste Gebaude des Ortes 1 Sie besteht aus zwei ursprunglich separaten Baukorpern Die westliche Kapelle aus unbekannter Erbauungszeit erhielt im Jahr 1652 ihre heutige Gestalt Der ostliche Anbau ein ehemaliges Wohnhaus fur einen Lehrer hat ein Obergeschoss aus Fachwerk und wurde 1651 52 oder 1724 mit dem Westteil verbunden Die Saalkirche mit Haubendachreiter pragt das Ortsbild und ist hessisches Kulturdenkmal 2 Kirche von Sudosten Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Ausstattung 4 Orgel 5 Glocken 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Kirche von Sudwesten nbsp Romanisches TaufbeckenIm 12 Jahrhundert ist erstmals eine Kirche nachgewiesen als die Herren von Eppstein Reiskirchen mit Kirche nach dem Tod des Grafen Gerhard von Nurings zu Lehen erhielten 3 Ernst von Eschborn ist im Jahr 1226 als erster Pfarrer bezeugt ein weiterer mit Namen Johann Weigel im Jahr 1366 Zu dieser Zeit gehorten 120 Morgen Acker und Weideland zur Kirche die 1568 durch die Zusammenlegung mit Niederwetz noch um 60 Morgen erweitert wurden Die entsprechenden stattlichen Pfarreinkunfte brachten einen grossen Aufwand fur die Bewirtschaftung mit sich und fuhrten haufig zu Verhandlungen und Streitigkeiten uber die Hohe des Zehnten 4 Reiskirchen gehorte im ausgehenden Mittelalter zum Kirchspiel Bublingshausen und Oberrechtenbach im Archipresbyterat Wetzlar des Archidiakonats St Lubentius Dietkirchen im Bistum Trier 5 Das Patronatsrecht ubten im Jahr 1226 die Grafen von Munzenberg 1360 Philipp von Falkenstein und 1536 38 die Herren von Buseck aus 6 Mit Einfuhrung der Reformation wechselte Reiskirchen im Jahr 1526 zum evangelischen Bekenntnis Um 1530 predigte ein Vikar Jakob Lich vom Wetzlarer Stift evangelisch 7 Die Friedhofsmauer ist mit dem Jahr 1614 datiert was sich auf die Errichtung der Mauer oder des Narrenhauschens bezieht einer kleinen Haftzelle mit Kette und Halseisen die 1830 abgetragen wurde Nicht nachweisbar ist wann die Kapelle und das Wohnhaus errichtet wurden Der Dachreiter ist junger als die Kirche und wurde spater erganzt Laut einer Inschrift wurde die Kirche im Jahr 1652 wahrend der Amtszeit von Pfarrer Melchior Lucas gebaut oder umgebaut Sie geht im Kern aber wahrscheinlich auf altere Teile zuruck 8 Das ostlich der Kirche errichtete Wohnhaus des Lehrers das ursprunglich uber drei bis vier Zimmer und Dachboden verfugte wurde im Jahr 1651 oder 1724 an die Kirche angeschlossen 1 Bereits im Jahr 1692 fungiert das Untergeschoss als niedriger Chor In einem Visitationsprotokoll heisst es dass ein Lehrer Zickel aus Cleeberg und ein Lehrer Johann Wilhelm Schmidt auf der Kirch seine Wohnung hatte die durch eine Aussentreppe zuganglich war Beim grossen Dorfbrand am 27 April 1706 blieben nur die Kirche und wenige Gebaude verschont Als Brandstifterin und Hexe wurde die Frau von Johann Jost Schmidt Kochhansin genannt verdachtigt 9 Ubergangsweise hielt der Lehrer den Schulunterricht nun in seiner Oberwohnung Als im Jahr 1724 eine neue Schule fertiggestellt wurde wurde die Decke zwischen den Geschossen durchbrochen eingeschmissen was eine deutliche Vergrosserung der Kirche zur Folge hatte Die Westwand der Wohnung wurde entfernt und beide Gebaude miteinander verbunden Bis ins 18 Jahrhundert hinein hatte die Reiskirchener Kirchengemeinde hohe wirtschaftliche Einkunfte zu verzeichnen angeblich 2000 bis 2500 Reichstaler jahrlich Der Pfarrer erhielt ein stattliches Gehalt Furst Karl August beendete die Situation durch eine Einpfarrung im Amt Atzbach im Gebiet des Walpurgisstifts Weilburg In einer Verordnung von 1742 glich er die Pfarrgehalter an und verbot den Pfarrern den Ackerbau was nach mundlicher Uberlieferung auf eine Begegnung mit Pfarrer Martin Imgarten zuruckgehen soll 10 Als der Furst auf dem Stoppelberg auf der Jagd war wunderte er sich als eine vierspannige Kutsche vorfuhr Als ihm erklart wurde es sey der Pfarrer Imgarten von Reisskirchen welcher mit zur Jagd eingeladen sey soll der Furst entgegnet haben Der Befehl Jesu an seine Apostel war gehet hin in alle Welt ich werde dafur sorgen dass die Nachfolger der Apostel diesem Befehle nachfolgen und nicht mehr in Chaisen fahren 11 Im Jahr 1772 besuchte Johann Wolfgang von Goethe mit Charlotte Buff und deren Schwester den Reiskirchener Pfarrer Die Begegnungen fanden in seinem Roman Die Leiden des jungen Werthers ihren literarischen Niederschlag 12 Mit dem Wiener Kongress 1814 15 wurde Reiskirchen dem Kreis Wetzlar dem Regierungsbezirk Koblenz zugeschlagen und wurde damit nach 500 Jahren nassauischer Herrschaft preussisch Die Kirchengemeinde gehort seitdem zur Evangelischen Kirche im Rheinland Zwar gehort der Ort seit 1932 wieder zu Hessen Nassau blieb in kirchlicher Hinsicht aber weiterhin bei der Rheinischen Kirche 13 Im Zuge einer Renovierung 1949 50 erhielt die Kirche einen neuen Steinfussboden und die Westseite einen zusatzlichen Eingang mit einem Vordach Der westliche Sudeingang wurde verschlossen Zudem entstand die Sakristei Orgelempore und die Mannerbuhne wurden vergrossert da durch Verlegung des Eingangs Platz entstanden war 3 Reiskirchen und Niederwetz die seit langem pfarramtlich verbunden waren bilden seit 2015 eine gemeinsame Kirchengemeinde Diese ist pfarramtlich verbunden mit der ebenfalls 2015 fusionierten Gemeinde Vollnkirchen Volpertshausen Weidenhausen und gehort zum Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill in der Evangelischen Kirche im Rheinland 14 Architektur Bearbeiten nbsp Ostseite mit FachwerkobergeschossDie annahernd geostete Saalkirche inmitten eines ummauerten Friedhofs am sudlichen Dorfrand besteht aus zwei ursprunglich separaten Baukorpern die nachtraglich miteinander verbunden wurden Das westliche Kirchenschiff hat einen zweigeschossigen verschieferten Dachreiter Uber einem Kubus erhebt sich das achtseitige Geschoss an dem das Zifferblatt der Uhr und kleine Schalllocher angebracht sind Der Dachreiter schliesst mit einer Haube ab die von einem Turmknopf verzierten Kreuz und Posaune blasenden Engel als Wetterfahne bekront wird Die sudliche Langseite wird im unteren Bereich durch ein grosses Rundbogenfenster im oberen Bereich durch vier rechteckige Fenster belichtet Die westliche Giebelseite und die Nordseite sind fensterlos An der Sudseite findet sich zwischen den Fenstern und der Traufe Fachwerk mit der Bauinschrift von 1652 ANNO 1652 10 MAR IIII XIRUCIUM EST HOC TEMPLI AEDIFICIUM PASTORE MELCHIORE LVCIO WETZTLAR AEDILIB PHILIPPO CRAFTEN ET PHILIPPO REULN OPIFICE WENkeln SCHWagern NIDE Ein rundbogiges Sudportal mit verschiefertem Vordach befindet sich ganz im Osten des Schiffs ein weiterer Eingang mit Rundbogen der sandsteinfarben gestrichen ist an der Westseite Der Schlussstein ist mit dem Jahr 1949 bezeichnet Dieser Westeingang hat einen kleinen holzernen Vorbau mit verschiefertem Satteldach An der verschieferten Giebelseite ist ein Holzkreuz befestigt Der ostliche Anbau ist breiter als das Kirchenschiff und im Untergeschoss aus Bruchsteinmauerwerk im Obergeschoss aus Fachwerk gebaut An der Sudseite stutzen zwei machtige Streben das Gebaude ab Beide Geschosse weisen an der Sudseite je zwei rechteckige Fenster auf An der Giebelseite ist im Untergeschoss ein kleines rechteckiges angebracht im Obergeschoss zwei rechteckige Fenster und im Giebeldreieck zwei sehr kleine Rechteckfenster An der Nordseite ist im Obergeschoss des Fachwerkbaus die verschlossene Eingangstur zu sehen die fruher durch eine Aussentreppe zuganglich war Die Inschrift an der Giebelseite greift den Ausspruch Jesu uber die Kinder aus Mt 18 3 LUT auf VNOVI NON ACCEPERIT REGNVM DEI TANQVAM PVELLVS HAVDQVAQVAM INGREDIETVRIN ILLVD MARCI X AEDILES MAG ister SCHOEFFER TAC MACK An der Nordseite ist mittig eine kleine Sakristei mit einem verschieferten Satteldach angebaut das bis an den Dachfirst der Kirche reicht Eine rechteckige Tur und ein kleines rechteckiges Fenster befinden sich an der Westseite im Giebeldreieck eine weitere rechteckige Offnung mit einer Brettertur Ausstattung Bearbeiten nbsp Innenraum in Richtung OstenDer flachgedeckte Innenraum hat einen Unterzug mit holzernen Wandstutzen und Voute Die dreiseitige Empore ruht auf bauchigen toskanischen Saulen mit hohen viereckigen Basen und schlichten kubusformigen Kapitellen Sie dient an der Ostseite wo sich fruher die Wohnung des Lehrers befand als Orgelempore Das Gestuhl hat geschnitzte Wangen und lasst einen Mittelgang frei Altestes Ausstattungsstuck ist ein grosses romanisches Taufbecken mit Hufeisenfries Die polygonale Barockkanzel datiert vom Ende des 17 Jahrhunderts der Pfarrstuhl aus dem 18 Jahrhundert 8 Sie werden durch einen gemeinsamen Unterbau verbunden und schliessen in gleicher Hohe ab Der Pfarrstuhl weist im oberen Bereich durchbrochenes Gitterwerk auf Die Kanzel ist in zwei Zonen gegliedert und hat Rundbogen in den oberen Feldern wahrend die unteren kassettiert sind Orgel Bearbeiten nbsp Historischer Orgelprospekt aus der Zeit um 1700Als Johann Georg Burgy von 1816 bis 1823 eine neue Orgel in Melbach baute kauften die Reiskirchener 1815 die alte Orgel fur 250 fl Die einmanualige Orgel verfugte uber sieben Register und hatte kein Pedal Wahrscheinlich geht das Instrument auf den Orgelbauer Grieb aus Griedel zuruck 15 Der Prospekt entspricht dem mitteldeutschen Normaltyp mit uberhohtem polygonalem Mittelturm zwei seitlichen Spitzturmen und niedrigen Flachfeldern die die Turme verbinden Der durchlaufende untere Gesimskranz ist reich profiliert in gleicher Machart die bekronenden Gesimse Die Pfeifenfelder werden mit geschnitztem Schleierwerk abgeschlossen das die Orgel auch an beiden Seiten in Form von Orgelohren flankiert Im Jahr 1872 fugte Orgelbauer Weller ein angehangtes Pedal an Der Orgelbauer Eichhorn aus Weilmunster erganzte im Jahr 1884 ein eigenstandiges Pedal mit zwei Stimmen Im Jahr 1952 bauten E F Walcker amp Cie ein neues Werk unter Einbeziehung des alten Prospekts und Beibehaltung der alten Disposition 16 Manual C c3Gedackt 8 Principal 4 Flote 4 Octave 2 Quinte 1 1 3 Oktave 1 Mixtur III Pedal C d1Subbass 16 Octavbass 8 Koppeln I PGlocken Bearbeiten nbsp Gobel Glocke von 1573Der Dachreiter beherbergt zwei Bronzeglocken Die kleine Glocke von Laux Rucker aus dem Jahr 1596 zersprang 1882 und wurde von Georg Hamm Kaiserslautern umgegossen 17 Nachdem sie im Ersten Weltkrieg beschlagnahmt worden war goss F W Rincker eine neue Glocke als Ersatz 1 Sie wurde im Zweiten Weltkrieg abgegeben und 1950 von Rincker ersetzt Nr Gussjahr Giesser Gussort Schlagton1 1573 Conrad Gobel Frankfurt Main h12 1950 Gebr Rincker SinnLiteratur BearbeitenFriedrich Kilian Abicht Der Kreis Wetzlar historisch statistisch und topographisch dargestellt Band 2 Wetzlar 1836 S 93 97 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Gunter E Th Bezzenberger Sehenswerte Kirchen in den Kirchengebieten Hessen und Nassau und Kurhessen Waldeck einschliesslich der rheinhessischen Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels Evangelischer Presseverband Kassel 1987 S 163 Gustav Biesgen Der Abpfiff Erinnerungen an 40 Jahre Pfarrer auf dem Lande Weinbach um 1979 Franz Bosken Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Bd 2 Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden Beitrage zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 7 2 Teil 2 L Z Schott Mainz 1975 ISBN 3 7957 1370 6 S 724 Folkhard Cremer Red Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I Regierungsbezirke Giessen und Kassel Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 2008 ISBN 978 3 422 03092 3 S 764 Heinrich Laufer Bearb Gemeindebuch der Kreissynoden Braunfels und Wetzlar Herausgegeben von den Kreissynoden Braunfels und Wetzlar Lichtweg Essen 1953 S 100 102 Maria Wenzel Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Hrsg Kulturdenkmaler in Hessen Lahn Dill Kreis II Altkreis Wetzlar Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Theiss Stuttgart 2003 ISBN 978 3 8062 1652 3 S 341 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Evangelische Kirche Reiskirchen Huttenberg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage der Kirchengemeinde Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Hrsg Evangelische Kirche In DenkXweb Online Ausgabe von Kulturdenkmaler in Hessen Reiskirchen Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 13 September 2013 Prasenz auf Evangelischer Kirchenkreis an Lahn und DillEinzelnachweise Bearbeiten a b c kirche reiskirchen de Die Kirche zu Reiskirchen abgerufen am 9 April 2018 Landesamt fur Denkmalpflege Hessen Hrsg Kulturdenkmaler in Hessen Lahn Dill Kreis II 2003 S 341 a b Bezzenberger Sehenswerte Kirchen 1987 S 163 Biesgen Der Abpfiff 1979 S 13 Gerhard Kleinfeldt Hans Weirich Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch nassauischen Raum Schriften des Instituts fur geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 16 N G Elwert Marburg 1937 ND 1984 S 203 Reiskirchen Historisches Ortslexikon fur Hessen In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 13 September 2013 Biesgen Der Abpfiff 1979 S 25f a b Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Hessen I 2008 S 764 Abicht Der Kreis Wetzlar historisch statistisch und topographisch dargestellt Bd 2 1836 S 97 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Siehe die Verordnung in Abicht Der Kreis Wetzlar historisch statistisch und topographisch dargestellt Bd 2 1836 S 230 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Abicht Der Kreis Wetzlar historisch statistisch und topographisch dargestellt Bd 2 1836 S 96 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Biesgen Der Abpfiff 1979 S 20f Biesgen Der Abpfiff 1979 S 27f Frank Rudolph 200 Jahre evangelisches Leben Wetzlars Kirchengeschichte im 19 und 20 Jahrhundert Tectum Marburg 2009 ISBN 978 3 8288 9950 6 S 27 Krystian Skoczowski Die Orgelbauerfamilie Zinck Ein Beitrag zur Erforschung des Orgelbaus in der Wetterau und im Kinzigtal des 18 Jahrhunderts Haag Herchen Hanau 2018 ISBN 978 3 89846 824 4 S 30 Bosken Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Bd 2 2 1975 S 724 Hellmut Schliephake Glockenkunde des Kreises Wetzlar In Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft Lahntal e V 12 Jahrbuch 1989 ISSN 0722 1126 S 5 150 hier S 140 Kirchen in der Gemeinde Huttenberg Hessen Evangelische Kirche Gross Rechtenbach Evangelische Kirche Klein Rechtenbach Evangelische Kirche Hochelheim Heilige Familie Hochelheim Evangelische Kirche Hornsheim Evangelische Kirche Reiskirchen Huttenberg Evangelische Kirche Vollnkirchen Alte Kirche Volpertshausen Evangelische Kirche Volpertshausen Alte Kirche Weidenhausen 50 502816 8 511502 Koordinaten 50 30 10 N 8 30 41 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Evangelische Kirche Reiskirchen Huttenberg amp oldid 221375097