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Eugen Sanger 22 September 1905 in Pressnitz Osterreich Ungarn 10 Februar 1964 in Berlin war ein osterreichischer Ingenieur und Pionier auf dem Gebiet der Luft und Raumfahrt Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Die Fahrt zu anderen Sternen 3 Bedeutung 4 Veroffentlichungen Auswahl 5 Ehrungen Auswahl 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenEugen Sanger besuchte nach dem fruhen Verlust des Vaters die Elementarschulen in Budapest und Kelenfold Bereits 1918 liess Sanger sich durch den Roman Auf zwei Planeten von Kurd Lasswitz fur die damals noch utopische Raumfahrt begeistern In den 1920er Jahren studierte er an den Technischen Hochschulen in Graz und Wien Bauingenieurswesen 1926 1942 konzipierte er das Hyperschall Raumflugzeug 1 1929 liess er heimlich ein Raketenmodell aufsteigen 2 Sein erster Dissertationsentwurf mit dem Konzepttitel Raketenflugtechnik wurde an der Technischen Hochschule Wien abgelehnt Einen uberarbeiteten Teil veroffentlichte er 1933 als Buch Er wurde mit einer Dissertation zur Statik des Fachwerkflugels 1930 promoviert und begann als wissenschaftlicher Assistent mit ersten Forschungsarbeiten zum Raketenantrieb mit flussigen Treibstoffen Von 1932 bis 1945 nahm er erste Prufstandsversuche mit Flussigsauerstoff Kohlenwasserstoff Hochdruck Raketenmotoren in Rohrchenkonstruktion mit grossen Feuerdusen Offnungswinkeln vor 1 Sanger wurde am 24 Oktober 1932 Mitglied der NSDAP in Wien Landstrasse Mitgliedsnummer 1 303 775 3 Nach eigenen Angaben wurde er 1933 als SS Mann im austrofaschistischen Standestaat bei illegalen Ubungen verhaftet und befurchtete anschliessend aufgrund seiner politischen Gesinnung seine Stelle an der Technischen Hochschule zu verlieren Dies durfte der Grund gewesen sein wieso Sanger in der Folge als Illegaler kaum noch in Erscheinung trat und die Partei verliess Diese Untatigkeit wurde ihm spater vom NS Regime angelastet Antrage auf Neuaufnahme in die NSDAP ab 1939 wurden fortan abgelehnt 4 1935 36 war das Reichsluftfahrtministerium auf Sanger aufmerksam geworden 1936 wahrend der Zeit des Nationalsozialismus zog er nach Deutschland um und wurde auch eingeburgert Hier arbeitete er ab Februar ein Jahr lang fur die Deutsche Versuchsanstalt fur Luftfahrt in Berlin Adlershof 5 Ab Februar 1937 errichtete und leitete er fur das Reichsluftfahrtministerium das Raketenflugtechnische Institut Trauen in der Luneburger Heide und war an der Entwicklung von Hochdruckbrennkammern massgeblich beteiligt 1938 arbeitete er zuerst uber freie Molekularstromung 1 1939 unternahm er erste Versuche mit Uberschall Raketenschlittenbahnen 1 1939 1945 erste Flugschleppversuche mit Hochtemperatur Staustrahltriebwerken 1 1942 entliess man ihn in Trauen wegen mangelnder Kooperation Spater wurde er als Abteilungsleiter an der Deutschen Forschungsanstalt fur Segelflug in Ainring wieder eingestellt an der er auch das von Rene Lorin entwickelte Staustrahlrohr Ramjet d h Staustrahltriebwerk weiterentwickelte mit dem eine mehrfache Schallgeschwindigkeit erreicht werden konnte Sanger testete es an verschiedenen Bombern der deutschen Luftwaffe Wahrend des Zweiten Weltkrieges arbeitete er zu Beginn im Rahmen des Amerikabomberprojektes an der Entwicklung eines raketengetriebenen Orbitalbombers Silbervogel Nach der Niederlage in Stalingrad 1943 wurde das Projekt wegen Ressourcenmangels aufgegeben und man konzentrierte sich auf schnell realisierbare Projekte Langfristig arbeitete er an der Entwicklung einer Raumfahre die er Raumboot nannte und die zum Transport von Personen und Fracht zwischen Erdboden und Orbit bzw Raumstationen dienen sollte 1946 ging Sanger nach Frankreich wo er fur die dortigen Flugzeughersteller verschiedene Entwicklungen betrieb u a das Experimentalflugzeug Nord 1500 und schliesslich die Internationale Astronautische Foderation mitbegrundete Dieser stand er ab seiner Wahl auf dem Internationalen Astronautischen Kongress in London 1951 6 fur zwei Jahre vor Sanger behandelte 1949 in seiner Abhandlung Die Bewegungsgesetze der Raumfahrt die Fragen wie man etwas in eine Umlaufbahn um die Erde bringen kann wie hoch die Lebensdauer kunstlicher Satelliten ist und wie solche mit den Bodenstationen zu verbinden sind 6 Er trat 1953 mit dem Thema Zur Theorie der Photonenrakete an der Eidgenossischen Technischen Hochschule Zurich zum ersten Mal mit einer Systematik hypothetischer entsprechender Triebwerke und ihrer moglichen technischen Bedeutung hervor 6 Im selben Jahr leistete er erste Arbeiten uber molekularspiegelnde Oberflachen fur Hyperschall Flugzeuge 1954 1961 erste umfangreiche Prufstandsarbeiten an grossen Heisswasserraketen als Starttriebwerke fur Raumflugzeuge 1 Sein ehrgeizigstes Projekt war aber die Konzeption des Photonenantriebs fur interplanetare und interstellare Raumfahrzeuge 1953 1959 Sanger war von 1954 bis 1961 Direktor des Instituts fur Physik der Strahltriebwerke an der Universitat Stuttgart und baute das Institut sowie das Raketenversuchsgelande Lampoldshausen auf In den 1960ern fungierte Sanger als Berater bei Rustungsprojekten im Raketenbau in Agypten 4 siehe Affare um deutsche Raketenexperten in Agypten 1963 grundete er an der Technischen Universitat Berlin einen Raumfahrtlehrstuhl 7 Von 1961 bis 1964 erarbeitete er fur die Junkers Werke das Konzept eines als RT 8 bezeichneten zweistufigen Raumtransporters dessen Erststufe unter anderem von einem Ramjet angetrieben wird Diese Forschungsarbeiten fanden sich uber zehn Jahre spater im Space Shuttle wieder Nach Kriegsende engagierte er sich auch fur eine friedliche Nutzung des Weltraums durch den Menschen Seine Ehefrau Irene Sanger Bredt arbeitete ebenfalls in der Raketenforschung Das Grab des Ehepaars Sanger befindet sich auf dem Alten Friedhof in Stuttgart Vaihingen 8 Die Fahrt zu anderen Sternen BearbeitenSanger legt Wert darauf dass Sterne auch noch in der Entfernung von vielen tausend ja Millionen und Milliarden Lichtjahren innerhalb der Lebenszeit eines Menschen erreicht werden konnen weil an Bord schneller Raumschiffe aufgrund der Zeitdilatation die Zeit langsamer verstreicht Bei der Tagung des Instituts fur Physik der Strahlantriebe in Freudenstadt 1955 9 gab er als Dauer fur Fahrten zum Zentrum der Milchstrasse ca 18 zum Andromedanebel ca 26 und um die ganze Welt 41 9 Jahre an wenn man jeweils auf halbem Wege mit 1 g beschleunigt bzw bremst und sich der Lichtgeschwindigkeit stark nahert indem man den ganzen Treibstoff in Photonen umsetzt Fur auf der Erde Zuruckbleibende vergehen unterdessen Zeitraume von z T vielen Milliarden Jahren 10 Bedeutung Bearbeiten nbsp Modell der Sanger II im Technik Museum SpeyerDie wichtigste Entwicklung Sangers wahrend des Krieges die bis heute in jedem Raketentriebwerk Verwendung findet war die Kuhlung des Raketentriebwerks durch den eigenen Treibstoff Die Raketenduse wird mit dem Raketenbrennstoff gekuhlt und dabei gleichzeitig die Abwarme der Duse genutzt um den Treibstoff aufzuheizen Der Raketenbrennstoff wird dadurch erheblich besser genutzt da die Aktivierungsenergie fur die Verbrennung geringer wird Ab 1946 interessierte sich die Sowjetunion sehr ernsthaft fur den Sanger Bredt Vorschlag des Orbitalbombers um einen Gefechtskopf von 3 000 kg auf eine Entfernung von 3 000 km zu transportieren 11 Stalins Bestrebungen Sanger aus Frankreich entfuhren zu lassen zerschlugen sich angeblich weil der sowjetische Raumfahrtexperte Grigori Tokaty zum britischen Geheimdienst uberlief Die technische Machbarkeit wurde 1949 unter Leitung von Helmut Grottrup und Werner Albring die im Rahmen der Aktion Ossawakim zwangsweise fur die sowjetische Raketenforschung arbeiteten als Konzeptstudie G 3 12 naher untersucht Es zeigte sich dass es zu viele technische Hurden gab und manche Annahmen Sangers unrealistisch waren Durch seine Arbeit am orbitalen Amerikabomber gilt Sanger auch als Vordenker fur das US amerikanische Shuttleprogramm Das Raumtransportsystem Sanger ist nach ihm benannt In der Ruckschau tritt Sanger namentlich auch durch seine Konzeption des Photonen und des Staustrahlantriebs und durch seine Beschaftigung mit den Erscheinungen hervor die bei bemannten Raumflugen uber grossere Strecken unter Umstanden sogar zu anderen Sternen durch die Zeitdilatation zu erwarten sind 13 Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenRaketenflugtechnik Munchen und Berlin 1933 Raketenantrieb fur Fernbomber Ainring 1944 Fragen der Raumfahrt 1952 14 Forschung zwischen Luftfahrt und Raumfahrt Tittmoning 1954 Zur Mechanik der Photonen Strahlantriebe Munchen 1956 Raumfahrt Technische Uberwindung des Krieges In Aussenpolitik Zeitschrift fur internationale Fragen Heft 4 1958 Raumfahrt wohin Munchen 1962 Raumfahrt heute morgen ubermorgen Econ Dusseldorf Wien 1963 1 Ehrungen Auswahl BearbeitenEhrenmitglied zahlreicher Gesellschaften fur Weltraumforschung in Deutschland Grossbritannien Osterreich den Vereinigten Staaten von Amerika Norwegen Schweden Schweiz Argentinien Italien Hermann Oberth Medaille fur Verdienste um die Raumfahrtforschung Osterreichisches Ehrenkreuz fur Wissenschaft und Kunst erster Klasse Kommandeur des Ordre du Merite pour la Recherche et l Invention Paris Goldene Gagarin Medaille der Assoziazione Internazionale Uomo nello Spazio Rom Goldene Medaille der Mailander Messe 1 Im Jahr 1971 wurde in Wien Simmering 11 Bezirk die Sangergasse nach ihm benannt 4 Der Mondkrater Saenger ist nach ihm benannt Literatur BearbeitenHartmut E Sanger Ein Leben fur die Raumfahrt Stedinger Verlag Lemwerder 2005 ISBN 3 927697 42 7 Karl Heinz Ingenhaag Sanger Eugen Albert In Neue Deutsche Biographie NDB Band 22 Duncker amp Humblot Berlin 2005 ISBN 3 428 11203 2 S 348 350 Digitalisat Aleksander Kerstein Drago Matko Eugen Sanger Eminent space pioneer In Acta Astronautica Band 61 Nr 11 12 Dezember 2007 S 1085 1092 doi 10 1016 j actaastro 2006 12 040 Nach dem Mond der Mars In Der Spiegel Nr 43 1958 online Interview mit Prof Sanger Matthias Blazek Vor 75 Jahren begann in Trauen die Forschung in der Luft und Raumfahrttechnik Raketenpionier Eugen Sanger arbeitete in der Heide an der Entwicklung schubstarker Antriebe Sachsenspiegel 31 Cellesche Zeitung vom 4 August 2012 Linus Hauser Kritik der neomythischen Vernunft Band 3 Die Fiktionen der science auf dem Weg in das 21 Jahrhundert Paderborn 2016 S 322 334 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eugen Sanger Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Eugen Sanger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Biografie in der Festschrift 125 Jahre Technische Universitat Berlin Sanger Eugen In Ostdeutsche Biografie Kulturportal West Ost Kurzbiographie Eugen Sanger Memento vom 9 November 2009 im Internet Archive urbin de Veroffentlichungen von Eugen Sanger Eugen Sanger at The International Space Hall of Fame The New Mexico Museum of Space History Raketenversuchsanstalt Trauen Austrian Space and Rocket Pioneers Gemalde von G Deutsch und Kurzbiografie von B Besser englisch Wolfgang Burgmer 10 02 1964 Todestag des Raketenforschers Eugen Sanger WDR ZeitZeichen vom 10 Februar 2014 Podcast Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h Eugen Sanger Raumfahrt heute morgen ubermorgen Econ Wien Dusseldorf 1963 Umschlag Fernard Verger Isabelle Sourbes Verger Raymond Ghirardi The Cambridge Encyclopedia of Space Missions Applications and Exploration Cambridge University Press Cambridge Vereinigtes Konigreich 2003 S 87 Bundesarchiv R 9361 VIII KARTEI 18131123 a b c Strassennamen Wiens seit 1860 als Politische Erinnerungsorte PDF 4 2 MB S 170 f Forschungsprojektendbericht Wien Juli 2013 Uwe W Jack Lorin Staustrahltriebwerke Deutsche Geheimwaffen des Zweiten Weltkriegs Teil 7 In Fliegerrevue X Nr 96 PPV Medien Bergkirchen 2022 ISSN 2195 1233 S 49 a b c Horst Hoffmann Die Deutschen im Weltraum Rote Reihe Edition ost Berlin 1998 S 134 Sanger Eugen Albert In Catalogus Professorum TU Berlin Abgerufen am 14 September 2023 Folkmar Schiek Geheimnis Friedhof Historisches uber den Alten Friedhof Vaihingen Weinstadt 2014 S 105 Heinz Gartmann Weltraum ABC Econ Dusseldorf 1958 S 197 Heinz Gartmann Sonst stunde die Welt still Das grosse Ringen um das Neue Econ Dusseldorf 1957 Asif Azam Siddiqi Challenge to Apollo The Soviet Union and the Space Race 1945 1974 NASA Washington 2000 S 65 80 englisch 1028 S Mark Wade G 3 missile In Encyclopedia Astronautica Abgerufen am 4 Juli 2020 englisch Rolf Sauermost u a Lexikon der Naturwissenschaftler Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin Oxford 1996 S 360 Eugen Sanger Questions of Space Travel PDF 3 5 MB 21 Marz 1952 abgerufen am 26 Marz 2023 englisch Ubersetzung aus dem Deutschen Original unbekannt Normdaten Person GND 124000940 lobid OGND AKS LCCN no95033641 NDL 00549902 VIAF 69849791 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sanger EugenKURZBESCHREIBUNG osterreichischer IngenieurGEBURTSDATUM 22 September 1905GEBURTSORT PressnitzSTERBEDATUM 10 Februar 1964STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eugen Sanger amp oldid 237313401