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Die Etude op 10 Nr 2 in der Tonart a Moll von Frederic Chopin 1829 komponiert ist eine der bekanntesten klassischen Etuden fur Klavier Sie legt das Schwergewicht auf die Ubung der rechten Hand deren chromatische Laufe in gebundenem Vortrag legato und schnell im Tempo Allegro gespielt werden sollen Die Komposition ist jedoch wie alle Etuden Chopins nicht allein ein Ubungsstuck Ihr romantisch musikalischer Charakter und ihre hohen Anspruche an die Spieltechnik macht sie zu einem der bekanntesten Klavierstucke Chopin widmete sie wie auch die anderen Etuden aus op 10 seinem Freund Franz Liszt Korrekturfahne der Etude op 10 Nr 2 mit handschriftlichem Fingersatz von Chopin Inhaltsverzeichnis 1 Veroffentlichung 2 Fingersatz 3 Musikalische Struktur und stilistische Elemente 4 Charakter des Werks 5 Technische Schwierigkeiten 6 Horprobe 7 Bearbeitungen und Arrangements 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVeroffentlichung BearbeitenZuerst veroffentlicht wurde die a Moll Etude op 10 im Juni 1833 in Paris bei Adolf Martin Schlesinger 1 die deutsche Erstveroffentlichung erschien im August 1833 bei Fr Kistner in Leipzig und in England kam das Werk im gleichen Jahr bei Wessel amp Co in London heraus 2 Fingersatz BearbeitenChopins Etude Nr 2 soll die schwachen Finger der rechten Hand durch das schnelle Spielen chromatischer Tonleitern starken und sie voneinander unabhangig machen Das betrifft besonders den dritten vierten und funften Finger Mittel Ring und kleinen Finger Gleichzeitig begleiten die beiden ersten Finger also Daumen und Zeigefinger beider Hande mit kurzen Akkorden und einzelnen Tonen die chromatischen Laufe Chopin notierte selbst Note fur Note einen Fingersatz der sich uber fast 800 Noten erstreckt Neben seinem ursprunglichen Fingersatz gibt es einen von Ignacy Jan Paderewski in der Krakauer Edition vom Instytut Fryderyka Chopina Polskie Wydawnictwo Muzyczne und einen von Paul Badura Skoda in der Wiener Urtext Edition 3 Musikalische Struktur und stilistische Elemente BearbeitenDas Werk ist im nbsp oder 4 4 Takt geschrieben und umfasst 49 Takte In einer Kopie des Chopin schen Autographs von seinem Warschauer Studienkollegen Jozef Linowski ist zwar die Taktart nbsp oder 2 2 Takt Alla breve angegeben aber diese Bezeichnung wurde in den anderen Ausgaben nicht mehr verwendet 4 die Erstausgaben der franzosischen deutschen und englischen Edition weisen die Bezeichnung 4 4 Takt auf 5 Als Tempo sieht Chopin ein Allegro ital fur rasch munter heiter frohlich vor Als Metronomangabe gibt er nbsp 144 an Das heisst die Viertelnote soll 144 mal in der Minute angeschlagen werden In diesem Tempo dauert das Stuck etwa eineinhalb Minuten Die meisten spateren Bearbeiter des Stucks hielten sich an diesen Wert der deutsche Klaviervirtuose Hans von Bulow schlug hingegen den Wert MM nbsp 114 vor 6 Als Vortragsanweisung gibt der Komponist ein sempre legato immer gebunden fur die rechte Hand vor und erinnert den Spieler in der Notation noch sechsmal daran Dieses fur die Fingerubung wichtige Legato steht im starken Gegensatz zum Staccato der begleitenden Akkorde der linken Hand Die Melodie besteht aus schnell gespielten chromatischen Tonleitern deren Tone ausschliesslich von den ausseren drei Fingern der rechten Hand gespielt werden sollen Die linke Hand begleitet diese Melodielinie mit kurz angeschlagenen Akkorden Wie die meisten anderen Etuden von Chopin folgt auch diese der dreiteiligen Liedform A B A wobei der erste Teil A bis Takt 18 reicht der zweite Teil B bis zum 35 Takt und der letzte Teil A bis zum Takt Nr 49 Harmonisch gesehen besteht der erste Teil aus Akkorden in a Moll E Dur und a Moll Doch der in der chromatischen Melodie enthaltene Ton C Cis als Lage zusammen mit dem harmonischen a Moll gibt dem Stuck eine leicht fremdartige Disharmonie die die Klarheit der Tonart verschleiern und einen geheimnisvollen Klang erzeugen soll der am Ende in einen Neapolitanischen Sextakkord im Takt 15 mundet Der mittlere Teil der Etude fuhrt zu einem langsamen Ansteigen der musikalischen Dynamik Er beginnt mit einem p displaystyle p nbsp ital piano fur leise soll dann aber eine ansteigende Lautstarke zur Erzeugung der notigen Dramatik erhalten Chopin fordert ein poco a poco cresc endo allmahliches Ansteigen Genau in der Mitte der Etude in Takt 25 erklingt dann auch der Hohepunkt Er wird durch eine stetige Annaherung durch zweitaktige Sequenzen von Akkorden zunachst in F Dur dann uber g Moll und A Dur in einem brillanten f displaystyle f nbsp forte stark erreicht Der jede dieser Sequenzen beschliessende Dominantseptakkord leitet zu einem Trugschluss uber 7 Der langere und dadurch asymmetrisch wirkende zweite Teil des B Abschnitts fuhrt dann allerdings mit kurzeren Sequenzen aber mit ahnlichem harmonischen Fortschritt wieder zuruck zum a Moll des Teils A der Etude Die letzten Takte des Werks sind dann sehr ahnlich wie der erste Teil aber kurzer und enden als Coda mit einer zunachst steigenden dann aber fallenden Tonleiter in einer Picardischen Terz Charakter des Werks BearbeitenDer Musikwissenschaftler Hugo Leichtentritt bezeichnet die Etude als musikalisches Perpetuum Mobile 7 Die transparente musikalische Textur bestehend aus ohne Unterbrechung aneinander gereihten Sechzehntelnoten und begleitet von einer Art leicht tanzendem Bass hat ihren Vorlaufer in dem Praludium Nr 5 in D Dur BWV 850 aus dem ersten Teil des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach ahnlich wie andere Musikstucke aus der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts wie Niccolo Paganinis Moto Perpetuo fur Violine und Klavier op 11 In Robert Schumanns Neuer Zeitschrift fur Musik wurde in dem Artikel Die Pianoforte Etuden in der Ausgabe von 1836 jedes Stuck aus Chopins op 10 mit einem Stern als Zeichen fur einen poetischen Charakter ausgezeichnet mit Ausnahme aber der Nummer 2 a Moll 8 Hugo Leichtentritt jedoch beschreibt den Klangeffekt dieses Stuckes in seiner Analyse der Chopin schen Klavierwerke als das Flustern und Wehen eines leichten Windes Der franzosische Pianist Alfred Cortot erwahnt in seiner Edition de travail den gleitenden und duftigen Charakter dieser Etude 9 Der italienische Komponist Alfredo Casella spricht uber den geschwinden Charakter das luftig und immaterielle Geheimnisvolle 10 Der amerikanische Musikkritiker James Huneker 1857 1921 bemerkt schliesslich dass die ganze Komposition mit ihrem Murmeln Maandrieren und ihrem chromatischen Charakter ein Vorlaufer des Flusterns Wehens und ihrer mondlichtartigen Effekte in einigen spateren Werken Chopins ist 6 Technische Schwierigkeiten Bearbeiten nbsp Erster Takt der Etude op 10 Nr 2Das spieltechnisch Neuartige dieser Etude besteht in den chromatischen Tonfolgen die ausschliesslich mit den drei ausseren Fingern der rechten Hand bei hohem Tempo und in gebundener Weise gespielt werden sollen Die beiden ersten Finger der rechten Hand erganzen dazu die begleitenden Akkorde der linken Hand mit den Intervallen Terz Quarte aber auch einzelnen Tonen Die Schwierigkeit besteht also in der gleichzeitigen Forderung Chopins nach Legato Tempo und geringer Lautstarke Klavierkomponisten vor Chopin wie Ignaz Moscheles in seiner Etude op 70 Nr 3 G Dur verwendeten bereits chromatische Tonleitern mit begleitenden Tonen die aber mit der gleichen Hand gespielt werden sollten nicht mit den drei schwachen ausseren Fingern 11 Hugo Leichtentritt als ausgewiesener Chopinkenner glaubt dass in dieser Etude die alte Fingersatzgewohnheit aus der Zeit des Clavichords vor J S Bach nicht den Daumen zum Spielen zu benutzen wieder auflebte Seit dem 17 Jahrhundert war diese Spieltechnik aber uberholt Die technische Bedeutung dieser Etude fur Chopin ist durch den detailliert umfassenden Fingersatz belegt den er selbst dem Stuck hinzufugte In keinem anderen Werk machte er sich noch einmal diese Muhe 12 Eine Analyse des Chopin schen Fingersatzes ergibt dass wie im normalen Fingersatz fur chromatische Leitern der lange dritte Finger die schwarzen Tasten anschlagt Der zweite Finger der normalerweise C und F spielt ist durch den funften ersetzt Der Daumen 1 Finger der in der Regel die anderen weissen Tasten anschlagt ist hier durch den vierten Finger ersetzt Wahrend es ziemlich einfach ist den dritten Finger uber den Daumen zu kreuzen ist eine Uberkreuzung des dritten uber den vierten Finger mit einiger akrobatischer Geschicklichkeit verbunden Eine einleuchtende Moglichkeit weiterzuspielen ist das Strecken des dritten aber das Krummen des vierten und funften Fingers Alfred Cortot stellt fest dass die erste zu uberwindende Schwierigkeit in diesem Stuck darin besteht den dritten vierten und funften Finger zu uberkreuzen und die daraus resultierende Dehnung dieser Finger durch kontinuierliches Spielen zu erreichen 13 Von Cortot dem osterreichischen Pianisten Gottfried Galston 14 und Alfredo Casella eingefuhrte vorbereitende Ubungen vor einer Auffuhrung des Werkes beginnen immer mit der chromatischen Tonleiter der Oberstimme ohne die anderen Stimmen Cortot unterteilt die Hand in ein aktives und ein begleitendes Element und besteht zunachst darauf die chromatischen Leitern in allen ihren Veranderungen mit den drei ausseren Fingern zu spielen Galston empfiehlt ein kleines Objekt mit dem ersten und zweiten Finger zu halten und zu drucken wahrend die anderen Finger die chromatischen Laufe spielen Cortot empfiehlt die Tone als Pizzicato Noten zu zupfen nicht anzuschlagen Casella vergleicht die drei ausseren Finger mit einem Motorradgespann dessen Seitenwagen die ersten beiden Finger darstellen Der australische Pianist Alan Kogosowski 1952 empfiehlt Daumen und Zeigefinger wahrend des Spiels der Oberstimme vollig entspannt zu halten Die ersten beiden Finger die die kleinen zweitonigen Intervalle der mittleren Stimmen auf jedem der vier Taktschlage spielen sollten sobald sie angeschlagen sind sich von den Tasten losen Der Daumen sollte nicht senkrecht gefuhrt werden um eine Uberanstrengung zu vermeiden und die Tone ausserst leicht so leicht wie eine Feder zu spielen als waren sie kaum vorhanden 15 Hans von Bulow bestimmt dass die mittleren Harmonien uberall deutlich aber fluchtig zu spielen seien Galston schlagt vor beim Uben der rechten Hand den oberen Ton der zweitonigen Intervalle angeschlagen durch den zweiten Finger zu akzentuieren Dieses Werk in der Offentlichkeit aufzufuhren besonders unmittelbar nach der ersten Etude op 10 Nr 1 C Dur ist mit seinen grossen Streckungen eine korperliche und psychische Anstrengung Kogosowski berichtet dass selbst der imponierende kraftvolle russische Pianist Swjatoslaw Richter der uber eine Ehrfurcht gebietende Spieltechnik verfugte vor dem Spielen der Etude a Moll zitterte Beim Auffuhren aller 12 Etuden op 10 in einem Durchgang zogerte er und ubersprang manchmal dieses zweite kleine aber gefahrliche Stuck Und er war damit nicht allein 15 Gottfried Galston glaubte dass wer sie im Tempo MM 144 spielen wolle in der Lage sein musse sie zu Hause im stillen Kammerlein im Tempo MM 152 oder besser noch 160 zu beherrschen 14 Horprobe Bearbeiten source source In dieser Aufnahme spielt die Pianistin Martha Goldstein das Werk auf einem Klavier von Sebastien Erard von 1851 Bearbeitungen und Arrangements Bearbeiten nbsp Die ersten zwei Takte der Etude op 365 Nr 19 von Carl Czerny 1836Drei Jahre nach dem Erscheinen der Etude op 10 Nr 2 veroffentlichte der osterreichische Klavierpadagoge Carl Czerny der Chopin oft zu sich nach Wien einlud 1836 in seiner Schule des Virtuosen ein Stuck das wie eine Parodie der Chopin schen Etude anmutet Im Verlauf dieses Ubungsstuckes erscheinen die chromatischen Tonfolgen mit ihrer zweistimmigen Begleitung in allen Varianten fur die linke die rechte Hand und beide Hande gleichzeitig 16 Der italienische Komponist Ferruccio Busoni prasentierte in seiner Klavierubung eine ausgedehnte Ubung die an Chopins Etude erinnert 17 In den 53 Studien uber Chopins Etuden des polnischen Pianisten Leopold Godowsky gibt es zwei Versionen Die erste ist fur die linke Hand solo wahrend die bekanntere zweite Version Ignis Fatuus Irrlicht eine eindrucksvolle polyrhythmische Ubung ist in der Chopins Part fur die rechte Hand in die linke transponiert wird wahrend die rechte Hand mit Zweiklangen begleitet Das Stuck erscheint schneller als das angegebene Tempo MM 120 bis 132 Der deutsche Pianist Friedrich Wuhrer veroffentlichte eine Version die Godowskys Studie mit einer Begleitung fur die rechte Hand vereinigt 18 Der kanadische Pianist Marc Andre Hamelin kombiniert in seiner Triple Etude after Chopin aus dem Jahre 1992 die Etuden op 10 Nr 2 a Moll mit den Nummern 4 und 11 aus dem Opus 25 und versucht damit Godowsky nachzueifern dessen Tripeletude verloren gegangen ist 19 Weblinks BearbeitenAnalyse der Etuden Chopins engl Beschreibung engl Etudes op 10 Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Notenblatt Chopin Etude Op 10 No 2 gespielt von Alfred Cortot Chopin Etude Op 10 No 2 gespielt von Wilhelm Backhaus Chopin Etude Op 10 No 2 and Chopin Godowsky Etude op 10 No 2 zweite Version gespielt von dem Godowsky Schuler David Saperton Chopin Godowsky Etude op 10 No 2 Ignis Fatuus gespielt von Marc Andre HamelinEinzelnachweise Bearbeiten Franzosische Edition M Schlesinger Paris Juni 1833 Memento des Originals vom 29 Oktober 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www cfeo org uk englisch Edition Wessel amp Co London August 1833 Memento des Originals vom 29 Oktober 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www cfeo org uk Paul Badura Skoda Chopin Etudes Op 10 Wiener Urtext Edition Editio Musica Budapest Wien 1973 S 7 ff Jan Ekier Red National Edition Source Commentary Chopin Etudes Warschau Polskie Wydawnictwo Muzyczne 1999 Willard A Palmer Chopin Etudes for the Piano Alfred Publishing Co Inc 1992 S 10 a b James Huneker The Studies Titanic Experiments In Chopin The Man and His Music Charles Scribner s Sons New York 1900 a b Hugo Leichtentritt Die Etuden In Analyse der Chopin schen Klavierwerke Band II Max Hesses Verlag Berlin 1922 S 92 Robert Schumann Die Pianoforte Etuden ihren Zwecken nach geordnet Neue Zeitschrift fur Musik Nr 11 6 Februar 1836 S 45 Alfred Cortot Frederic Chopin 12 Etudes op 10 Edition de travail des oeuvres de Chopin Editions Salabert Paris 1915 Alfredo Casella F Chopin Studi per pianoforte Edizioni Curci Milano 1946 Ignaz Moscheles Studien fur das Pianoforte zur hoheren Vollendung bereits ausgebildeter Klavierspieler bestehend aus 24 charakteristischen Tonstucken in verschiedenen Dur und Molltonarten H A Probst Leipzig 1827 Nachdruck Fr Kistner 1860 S 20 Hugo Leichtentritt Die Etuden In Analyse der Chopin schen Klavierwerke Band II Max Hesses Verlag Berlin 1922 S 90 Alfred Cortot Frederic Chopin 12 Etudes op 10 Edition de travail des oeuvres de Chopin Editions Salabert Paris 1915 S 14 a b Gottfried Galston Studienbuch III Abend Frederic Chopin Bruno Cassirer Berlin 1910 S 15 a b Alan Kogosowski Mastering the Chopin Etudes A compendium to Chopin Genius of the Piano E Book 2010 Carl Czerny Schule des Virtuosen Haslinger Wien 1836 Nr 19 Ferruccio Busoni Klavierubung in zehn Buchern zweite umgestaltete und bereicherte Ausgabe Buch 8 Variationen und Varianten nach Chopin Breitkopf amp Hartel Leipzig 1925 Friedrich Wuhrer Achtzehn Studien zu Frederic Chopins Etuden in Motu Contrario Suddeutscher Musikverlag Heidelberg 1958 Marc Andre Hamelin Triple Etude nach Chopin in 12 Etudes in allen Moll Tonarten Edition Peters EP68235 1992 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Etude op 10 Nr 2 Chopin amp oldid 237987804