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Diethelm Scheer 6 Marz 1909 in Berlin 18 Februar 1996 ebenda war ein deutscher Ichthyologe Hochschullehrer kommunistischer Widerstandskampfer gegen den Nationalsozialismus Opfer der NS Justiz und KZ Haftling Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft Studium und Berufseinstieg 1 2 Antifaschistische Betatigung Verhaftung und Verurteilung 1 3 Haft in NS Haftstatten und Konzentrationslagern 1 4 Kriegsende 1 5 Karriere als Funktionar und Wissenschaftler in der DDR 2 Ehrungen 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Studium und Berufseinstieg Bearbeiten Diethelm Scheer war der Sohn eines Versicherungsangestellten und Buchhandlers In Berlin Tegel beendete er 1928 seine Schullaufbahn mit dem Abitur Danach absolvierte er an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin ein Studium der Zoologie mit dem Schwerpunkt Fischereiwissenschaft und wurde 1934 zum Dr phil promoviert Ab 1933 war er als Volontarassistent an der Preussischen Landesanstalt fur Fischerei in Berlin Friedrichshagen bei Wilhelm Schaperclaus tatig 1 Zur Zeit des Nationalsozialismus stellte der nach aussen politisch unauffallige Kommunist im Mai 1935 einen Forderungsantrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft fur seine Untersuchungen an der Preussischen Landesanstalt fur Fischerei Dieser Forderungsantrag wurde von dem Dozentenschaftsfuhrer der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin aufgrund der NS Funktionarstatigkeit von Scheers Vater positiv aufgenommen 2 In dem Gutachten findet sich folgende Einschatzung Scheer ist als Sohn eines langjahrigen politischen Leiters der NSDAP der Ortsgruppe Tegel im nationalsozialistischen Geiste erzogen worden Er ist Nicht Parteimitglied was wohl mit seiner geringen politischen Aktivitat zusammenhangt Seit 1933 gehort er dem Segelflieger Sturm 1 21 in Bln Friedrichshagen an er ist heute Scharfuhrer Der Dozentenschaftsfuhrer der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin in einem Gutachten zu Scheer am 19 Mai 1935 3 Antifaschistische Betatigung Verhaftung und Verurteilung Bearbeiten Im Gegensatz zu seinem nationalsozialistischen Vater gehorte Scheer ab 1927 dem Sozialistischen Schulerbund ab 1928 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands sowie ab 1929 dem Berliner Arbeitersportverein Fichte an 1930 trat er der Kommunistischen Partei Deutschlands bei Scheer war zudem Mitglied der Reichsleitung der kommunistischen Studentengruppen 4 Er hielt 1931 32 Vortrage an der Marxistischen Arbeiterschule 2 Mit der Studentin Liselotte Herrmann die spater durch das NS Regime hingerichtet wurde verband ihn eine enge Freundschaft Als Dietrich Helm verschriftlichte er zusammen mit Herrmann kritische Thesen zur NS Rassentheorie 4 5 Schliesslich geriet Scheer in das Visier der Gestapo Er wurde im September 1935 aufgrund illegaler kommunistischer Betatigung zunachst im Gestapo Gefangnis Prinz Albrecht Strasse 8 und danach im KZ Columbia Haus inhaftiert 6 Nach der Untersuchungshaft wurde Scheer mit sechs weiteren Beschuldigten im Verfahren Boy und andere vor dem Volksgerichtshof angeklagt Die weiteren Beschuldigten waren der Chemotechniker Martin Hirschberg der Posthelfer Kurt Laskowsky die Stenotypistinnen Hildegard Boy und Erika Havemann sowie Havemanns Ehemann und der Buchdrucker Arthur Gruneberg 7 Den Beschuldigten war die Vorbereitung eines hochverraterischen Unternehmens und der Verrat von Staatsgeheimnissen vorgeworfen worden 2 Mitte April 1937 wurde Scheer trotz unzureichender Beweislage unter Anrechnung seiner bisherigen Haftzeit zu einer funfjahrigen Zuchthausstrafe verurteilt 7 Haft in NS Haftstatten und Konzentrationslagern Bearbeiten Nacheinander war Scheer in dem Zuchthaus Brandenburg dem Aussenkommando Rosslau und dem Polizeiprasidium Berlin inhaftiert Im Dezember 1940 wurde er in das KZ Sachsenhausen eingewiesen und von dort Ende Marz 1941 in das KZ Auschwitz uberstellt wo er als politischer Gefangener die Haftlingsnummer 11 111 erhielt KZ Kommandant Rudolf Hoss wies Scheer an die Teichwirtschaft bei den Landwirtschaftsbetrieben des KZ Auschwitz zu leiten Im Rahmen dieser Aufgabe leitete er eine Gruppe von etwa zehn Haftlingen an deren Existenzbedingungen wesentlich besser als in anderen Lagerteilen waren 6 Im Geflugel und Fischzuchtbetrieb Harmense betrieb Scheer wissenschaftliche Begleitforschung zur Fischzucht das von ihm geleitete Laboratorium fur Fischkunde war in dem Haus eines vertriebenen polnischen Landwirts untergebracht 8 Am 27 Juli 1942 wurde Scheer mit Genehmigung des Lagerkommandanten offiziell aus dem Lager entlassen musste jedoch im Rahmen einer Zwangsdienstverpflichtung in Auschwitz seine Tatigkeiten gegen ein Gehalt bis zur kriegsbedingten Raumung des Lagers Mitte Januar 1945 fortfuhren 9 Wahrend dieser Zeit konnte er im Oktober 1944 in der Zeitschrift fur Parasitenkunde einen Artikel zum Thema Ein neuer parasitarer Pilz aus dem Darm der Wasserassel Asellus Aquaticus L veroffentlichen 10 Kriegsende Bearbeiten Nach seiner endgultigen Entlassung und Ruckkehr nach Berlin war er ab Anfang Marz 1945 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fur Binnenfischerei in Berlin Friedrichshagen angestellt Infolge der durch Kriegsschaden zerstorten Einrichtung konnte er einen kriegswirtschaftlichen Forschungsauftrag zum Thema Seeplankton als potentielle Nahrungsquelle nicht mehr durchfuhren Wahrend eines Fliegerangriffs erlitt er am Berliner Helmholtzplatz durch Bombensplitter schwere Verletzungen 10 Karriere als Funktionar und Wissenschaftler in der DDR Bearbeiten Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war er von Juni 1945 bis Anfang 1946 im Fischereiamt von Gross Berlin tatig und trat bald darauf der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands SED bei Danach war Scheer als Assistent an der Universitat Greifswald beschaftigt leitete vertretungsweise das dortige Fischereiinstitut und habilitierte sich 1949 ebenda mit einer Schrift uber die Parasiten von Fischnahrtieren Von 1949 bis 1953 oblag ihm die Binnenfischerei im Ministerium fur Industrie der DDR Von 1953 bis 1956 war er in Rostock Direktor des neugegrundeten Instituts fur Hochseefischerei und Fischverarbeitung 11 Bereits ab 1950 nebenamtlich an der Humboldt Universitat zu Berlin lehrend wirkte er dort am Institut fur Fischereiwesen ab 1956 als Privatdozent ab 1958 als Professor mit Lehrauftrag und ab 1961 als ordentlicher Professor Nachfolger von Wilhelm Schaperclaus 1962 wurde er Institutsleiter Von 1964 bis zu seiner Emeritierung 1969 fuhrte Scheer zudem als Direktor das Berliner Institut fur Binnenfischerei der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin 12 Er publizierte in Fachzeitschriften zur Fischereiwissenschaft Scheer der wissenschaftlich im Schatten seiner Mentoren Wilhelm Schaperclaus und Hans Helmuth Wundsch blieb befand sich ganz auf Linie der SED Laut Ilko Sascha Kowalczuk beteiligte er sich 1964 an der Parteikampagne gegen Robert Havemann 12 Als Inoffizieller Mitarbeiter Rotbarsch des Ministeriums fur Staatssicherheit der DDR lieferte er von 1957 bis 1963 jedoch keine wichtigen Informationen 11 Im Zuge des zweiten Frankfurter Auschwitzprozesses wurde Scheer als Zeuge vernommen 13 Scheer war verheiratet das Paar bekam vier Kinder 6 Ehrungen BearbeitenEhrenspange zum Vaterlandischen Verdienstorden in Gold 1989 2 Schriften BearbeitenDie Farbstoffe der Chironomidenlarven Schweizerbart Stuttgart 1934 In Archiv fur Hydrobiologie Band 27 1934 zugleich Dissertation an der Universitat Berlin Literatur BearbeitenIlko Sascha Kowalczuk Geist im Dienste der Macht Hochschulpolitik in der SBZ DDR 1945 bis 1961 Ch Links Verlag Berlin 2003 ISBN 3 86153 296 4 S 338 348 Ilko Sascha Kowalczuk Scheer Diethelm In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 2 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Hans Rainer Sandvoss Die andere Reichshauptstadt Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945 Lukas Verlag Berlin 2007 ISBN 978 3 936872 94 1 S 408f Lothar Mertens Nur politisch Wurdige Die DFG Forschungsforderung im Dritten Reich 1933 1937 Akademie Verlag Berlin 2004 ISBN 3 05 003877 2 S 141 Weblinks BearbeitenFoto Portrat Diethelm Scheer auf den Seiten der Wissenschaftlichen Sammlungen an der Humboldt Universitat zu BerlinEinzelnachweise Bearbeiten Ilko Sascha Kowalczuk Geist im Dienste der Macht Hochschulpolitik in der SBZ DDR 1945 bis 1961 Berlin 2003 S 338 a b c d Lothar Mertens Nur politisch Wurdige Die DFG Forschungsforderung im Dritten Reich 1933 1937 Berlin 2004 S 141 Zitiert bei Lothar Mertens Nur politisch Wurdige Die DFG Forschungsforderung im Dritten Reich 1933 1937 Berlin 2004 S 141 a b Ilko Sascha Kowalczuk Geist im Dienste der Macht Hochschulpolitik in der SBZ DDR 1945 bis 1961 Berlin 2003 S 338f Lothar Letsche Im Widerstand gegen die Kriegsvorbereitungen der Nazis Die Berliner Studentin Lilo Herrmann Presseportal der Humboldt Universitat zu Berlin Berlin 2009 a b c Ilko Sascha Kowalczuk Geist im Dienste der Macht Hochschulpolitik in der SBZ DDR 1945 bis 1961 Berlin 2003 S 339 a b Hans Rainer Sandvoss Die andere Reichshauptstadt Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945 Berlin 2007 S 408 f Andrea Rudorff Harmense In Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 5 Hinzert Auschwitz Neuengamme C H Beck Munchen 2007 ISBN 978 3 406 52965 8 S 248 Danuta Czech Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz Birkenau 1939 1945 Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1989 ISBN 3 498 00884 6 S 258 a b Ilko Sascha Kowalczuk Geist im Dienste der Macht Hochschulpolitik in der SBZ DDR 1945 bis 1961 Berlin 2003 S 341 a b Ilko Sascha Kowalczuk Geist im Dienste der Macht Hochschulpolitik in der SBZ DDR 1945 bis 1961 Berlin 2003 S 344 a b Ilko Sascha Kowalczuk Geist im Dienste der Macht Hochschulpolitik in der SBZ DDR 1945 bis 1961 Berlin 2003 S 345 Staatsanwaltschaft am Landgericht Frankfurt am Main Findbuch 2 Frankfurter Auschwitz Prozess Strafsache gegen Burger u a 4 Ks 3 63 Hauptakten Bd 1 Bd 124 Verzeichnis der im Vor und Hauptverfahren vernommenen Personen veroffentlicht vom Fritz Bauer InstitutNormdaten Person GND 1179206207 lobid OGND AKS VIAF 20196154 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Scheer DiethelmKURZBESCHREIBUNG deutscher Ichthyologe Hochschullehrer kommunistischer Widerstandskampfer gegen den Nationalsozialismus Opfer der NS Justiz und KZ HaftlingGEBURTSDATUM 6 Marz 1909GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 18 Februar 1996STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Diethelm Scheer amp oldid 221567892