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Die herrschende Klasse italienisch Elementi di scienza politica ist das literarische Hauptwerk des italienischen Politikwissenschaftlers Gaetano Mosca Die 1895 erschienene Schrift gilt als bedeutendes Werk der Politiksoziologie und begrundete die klassische Elitesoziologie 1 2 Mosca will mit dem Buch zeigen dass jede Gesellschaft von einer Minderheit beherrscht wird und Demokratie im Sinne einer direkten Herrschaft des Volkes prinzipiell nicht moglich ist Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Kapitel 1 Die Wissenschaft von der Politik 1 2 Kapitel 2 Die politische Klasse 1 3 Kapitel 3 Feudale und burokratische Systeme 1 4 Kapitel 4 Politische Klasse und Kultur 1 5 Kapitel 5 Der Rechtsschutz 1 6 Kapitel 6 Das Wahlrecht und die sozialen Krafte 1 7 Kapitel 7 Kirchen Parteien Sekten 1 8 Kapitel 8 Revolutionen 1 9 Kapitel 9 Die stehenden Heere 1 10 Kapitel 10 Der Parlamentarismus 1 11 Kapitel 11 Der Kollektivismus 1 12 Kapitel 12 Theorie der politischen Klasse 1 13 Kapitel 13 Typen der Herrschaft 1 14 Kapitel 14 Die Entwicklung der Herrschaftsformen 1 15 Kapitel 15 Entstehung und Organisation der politischen Klasse 1 16 Kapitel 16 Herrschende Klasse und Individuum 1 17 Kapitel 17 Die Zukunft des Reprasentativsystems 2 Rezeption und Kritik 3 Ausgaben 4 Literatur 5 BelegeInhalt BearbeitenMoscas Buch ist in 17 Kapitel untergliedert wovon die ersten elf ein in sich geschlossenes Werk darstellen das 1895 erstmals publiziert wurde Hierin legt der Autor die Grundzuge seiner Gesellschaftstheorie dar wie er sie auch schon in seinem Vorwerk der Sulla teorica dei governi e sul governo parlamentare 1884 skizzierte Die ubrigen sechs Kapitel hier Kapitel 12 bis 17 wurden erst 1923 mitveroffentlicht Sie greifen die wichtigsten Aspekte der Urform nochmals auf erganzen und relativieren sie insbesondere aufgrund von Moscas Erfahrung mit dem Faschismus und seiner aus dieser resultierenden Neubewertung der reprasentativen Demokratie Das erste Kapitel stellt den politiktheoretischen Forschungs Ansatz dar das zweite den Kern seiner Herrschaftstheorie In den folgenden neun Kapiteln Kap 3 11 analysiert Mosca Implikationen seiner im zweiten Abschnitt dargelegten Theorie Kapitel 1 Die Wissenschaft von der Politik Bearbeiten Im ersten Kapitel begrundet Mosca die Notwendigkeit einer politischen Wissenschaft Die Erforschung von Herrschafts und Sozialstrukturen erscheint insofern von grosser Bedeutung als das kulturelle Niveau einer Gesellschaft nicht in erster Linie auf naturliche Ursachen wie etwa Topographie Klima oder Rasse sondern vielmehr auf soziale Krafte wie etwa Religionen technischer Fortschritt wirtschaftliche Organisationsformen zuruckgefuhrt werden kann Um allgemeingultige Aussagen uber den Zusammenhang von Herrschafts und Sozialstruktur auf der einen Seite und kulturellem Niveau auf der anderen wissenschaftlich zu begrunden favorisiert Mosca eine historische Methode die alle wesentlichen politischen Entwicklungen grosser Zivilisationen in der Vergangenheit fur eine empirische Verifikation der theoretischen Zusammenhange heranzieht Bei einem solchen Vorgehen darf sich ein Wissenschaftler nicht auf die Betrachtung kulturell homogener Zeitabschnitte beschranken sondern sollte vielmehr unterschiedliche Perioden heranziehen die eine von Kulturspezifitaten unverzerrte Bewertung politologischer Hypothesen ermoglichen Kapitel 2 Die politische Klasse BearbeitenDas zweite Kapitel enthalt den zentralen Kern von Moscas Herrschaftstheorie Unter den bestandigen Tatsachen und Tendenzen des Staatslebens liegt eine auf der Hand In allen Gesellschaften von den primitivsten im Aufgang der Zivilisation bis zu den fortgeschrittensten und machtigsten gibt es zwei Klassen eine die herrscht und eine die beherrscht wird Die erste ist immer die weniger zahlreiche sie monopolisiert die Macht und geniesst deren Vorteile wahrend die zweite zahlreichere Klasse von der ersten befehligt und geleitet wird Ausgehend von der Annahme dass gesellschaftlicher Zusammenhalt nur durch organisierte Herrschaft moglich ist und nur Minderheiten sich organisieren konnen muss in jeder Gesellschaft eine Minderheit die Mehrheit einer Bevolkerung regieren Die Organisationsfahigkeit dieser politischen Klasse fuhrt Mosca auf ihre materielle intellektuelle und moralische Uberlegenheit zuruck welche ihre Angehorigen kraft naturlicher Begabung oder Abstammung aufweisen Politik besteht aus dem Versuch der Herrschenden ihre Macht zu erhalten indem sie ihren Einfluss erblich machen und dabei in Konflikt mit aufstiegswilligen Individuen aus der Masse geraten denen der Aufstieg unter gunstigen Bedingungen gelingt etwa beim Aufkommen neuer Ideale und Interessen in der Bevolkerung welche die Uberlegenheit der bisherigen politische Klasse untergraben Man konnte die gesamte Geschichte der Kulturmenschheit auf den Konflikt zwischen dem Bestreben der Herrschenden nach Monopolisierung und Vererbung der politischen Macht und dem Bestreben neuer Krafte nach einer Anderung der Machtverhaltnisse erklaren Mosca betont dass Machtkampfe zwar die Zusammensetzung der herrschenden Klasse andern konnen niemals jedoch zur Abschaffung der Minderheitenherrschaft fuhren Kapitel 3 Feudale und burokratische Systeme Bearbeiten Im Vordergrund des dritten Kapitels stehen die Legitimation der Minderheitenherrschaft sowie die Differenzierung staatlicher Systeme Die moralische Uberlegenheit mit der sich die Herrschaft einer kleinen Elite gegenuber der Masse rechtfertigen lasst wird laut Mosca durch eine politische Formel gewahrleistet Diese enthalt gesellschaftlich anerkannte Lehren und Glaubenssatze welche die Macht der gegenwartig Regierenden jedem Mitglied der Gesellschaft gerechtfertigt erscheinen lasst und zudem der Befriedigung des psychischen Bedurfnisses der Masse nach legitimer Beherrschung dient Keine politische Klasse urteilt Gaetano Mosca wie immer sie auch zusammengesetzt sei wird unverblumt sagen dass sie herrscht weil ihre Mitglieder dazu am geeignetsten seien Sie wird vielmehr stets versuchen ihre Macht durch eine Abstraktion zu rechtfertigen Aufgrund der dichotomen Struktur jeder Gesellschaft erscheint die Einteilung von Staaten nach der Zahl der Herrschenden wie etwa bei Aristoteles in Monarchie Aristokratie und Demokratie obsolet weil diese nur die oberflachlichen Erscheinungsbilder politischer Herrschaft kategorisiert ohne den jeder Herrschaftsform immanenten oligarchischen Kern zu berucksichtigen Mosca schlagt daher eine Typologie in Abhangigkeit von der dem jeweiligen Staat inharenten politischen Stabilitat und dem zu erwartenden kulturellen Niveau vor Staaten in denen die Mitglieder der politischen Klasse keine funktionale Arbeitsteilung aufweisen sondern alle okonomischen juristischen administrativen und militarischen Kompetenzen auf sich vereinigen bezeichnet Mosca als feudal Wegen der hohen Belastung der Herrschenden mit politischen Entscheidungen auf allen Fachgebieten zeichnen sich feudale Staaten haufig durch politische Delegation aus die eine regionale Zersplitterung grosser Reiche und konfliktreiche Sezessionsbestrebungen machtiger Regionaleliten zur Folge haben konnen Der feudale Staat ist damit politisch instabil und typisch fur Phasen kulturellen Verfalls Der gegenteilige Idealtyp ist der burokratische Staat Er zeichnet sich durch einen hohen Grad an funktionaler Arbeitsteilung und die Professionalisierung politischer Funktionen aus Zudem ist die Herrschaft in einem burokratischen Staat zentralisiert und damit zumeist stabil Mosca betont dass durch die Gewaltenteilung des burokratischen Staates dessen Herrschaft effektiver und weniger willkurlich ist als die des feudalen Burokratische Staaten sind typisch fur Phasen kultureller Blute Ihr Verfall und der Ubergang in den Feudalismus gehen meist mit einer uberbordenden Burokratisierung des Wirtschaftslebens einher welche die okonomischen Produktivkrafte erstickt Kapitel 4 Politische Klasse und Kultur Bearbeiten Im vierten Kapitel ruckt Mosca die Kultur ins Zentrum der Betrachtung Mit dieser bezeichnet er die spezifischen Lebensausserungen der Menschen Menschen tendieren dazu sich unter einer gemeinsamen Herrschaft zusammenzuschliessen und bringen dabei eine politische Klasse hervor Fur die Gesellschaft ist es wichtig kulturell homogen zu bleiben weil sonst die Fuhrer der jeweiligen Kultur versuchen die politische Macht fur sich und ihre Kultur zu monopolisieren Entfremdet sich die politische Klasse durch soziale Isolation kulturell von der Masse untergrabt dies die Legitimitat ihrer Herrschaft weil es den Untergebenen nicht moglich ist sich mit der Elite kulturell zu identifizieren Diese Entfremdung zerstort die Fahigkeit der politischen Klasse mit Krisen umzugehen und provoziert die Bildung von Gegeneliten die sich aus der Masse rekrutieren ihr kulturell naherstehen und die herrschende Klasse bei der ersten Gelegenheit ersetzen Kapitel 5 Der Rechtsschutz Bearbeiten Die Rolle der Moral fur eine Gesellschaft und deren politische Klasse wird im funften Kapitel thematisiert Die Moral einer Gesellschaft die ihren Ausdruck in der Qualitat kodifizierter Rechtsnormen und implizit gultiger Werte findet dient nach Mosca der Kontrolle destruktiver menschlicher Triebe und ist fur ihn damit ein besonderer Ausdruck fur das Zusammengehorigkeitsgefuhl eines Kulturvolkes Ihr Niveau hangt massgeblich von der politischen Klasse ab weil bei amoralischen Fuhrungsschichten die Verachtung von Sitten und Gesetzen schnell auf den gesamten Staatsapparat ubergreift und letztlich die gesamte Gesellschaft erfasst Die moralische Uberlegenheit einer Elite bietet in diesem Fall keine sinnvolle Richtgrosse mehr fur den sozialen Umgang und untergrabt damit die politische Formel Aus dem Mangel an rechtlicher Sicherheit resultiert die Einschrankung der personlichen Freiheit in einer Gesellschaft wodurch die kulturelle Entwicklung gehemmt und durch die Aushohlung der politischen Formel auch die staatliche Stabilitat gefahrdet wird Die Angehorigen der politischen Klasse stehen damit in einem Zwiespalt weil die Beachtung der gesellschaftlichen Moralcodices nicht der Anwendung notwendiger Mittel zur Machterhaltung und damit wiederum der politischen Stabilitat im Wege stehen darf Mosca betont schliesslich dass eine echte Moral auf der Trennung von weltlicher und religioser Gewalt angewiesen ist weil es keine unantastbaren Dogmen geben darf ihre kritische Infragestellung darf nicht verhindert werden Kapitel 6 Das Wahlrecht und die sozialen Krafte Bearbeiten Die WahlenMoscas Einsicht von der dichotomen Struktur jeder Gesellschaft schlagt sich im sechsten Kapitel in einer Kritik gegenuber der reprasentativen Demokratie nieder Da Wahlberechtigte in einem Reprasentativsystem nicht einen beliebigen Kandidaten wahlen konnen sondern nur zwischen den Kandidaten auswahlen durfen die von der eigentlich herrschenden Minderheit nominiert wurden wird die Demokratie im Sinne einer Herrschaft des Volkes zur Farce Immerhin fordert die offentliche Diskussion bei Wahlen die Kritikfahigkeit der Masse insbesondere bei Volksabstimmungen zu konkreten Fragen Der Einfluss professioneller Propagandisten kann diese Kritikfahigkeit jedoch unterlaufen Das Reprasentativsystem bietet machtigen Gruppen sozialen Kraften die Moglichkeit sich durch die Nominierung von Kandidaten und Propaganda politischen Einfluss zu verschaffen Eine besondere Gefahr sieht Mosca in der reprasentativen Demokratie weil der Wettbewerb um Stimmen dazu fuhrt dass deren Kandidaten stets die Wunsche der Wahler zu erfullen suchen und dabei unpopulare aber notwendige Massnahmen meiden Die Folge ist eine inkonsistente Politik welche die Losung echter Probleme ignoriert und damit die politische Stabilitat aufs Spiel setzt Der Staat und die BeamtenschaftIm gleichen Kapitel setzt sich Mosca mit dem Staat auseinander und differenziert dabei seinen Begriff von der politischen Klasse Als Staat bezeichnet Mosca die Organisation der sozialen Krafte von politischer Bedeutung Die Beamtenschaft erscheint hierbei als funktionale Subelite im Dienste der politischen Klasse Das kulturelle Niveau einer Gesellschaft hangt wesentlich vom intellektuellen und moralischen Niveau dieser Funktionselite ab Allerdings darf sie sich nicht ubermassig in das Wirtschaftsleben einmischen womit Mosca bei sonst positiver Bewertung des politischen Zentralismus jeglichen Eingriff in die Wirtschaft oder gar die Verstaatlichung der Okonomie eines Landes strikt ablehnt Er gesteht zwar zu dass auch die Wirtschaftsfuhrer Teil der Elite sind allerdings als Resultat eines freien Wettbewerbs und damit aufgrund okonomischer Kompetenz Ihre Position lasst sich nicht durch ernannte Beamte ersetzen weil diese keinen vergleichbaren Leistungsanreizen ausgesetzt sind Kapitel 7 Kirchen Parteien Sekten Bearbeiten Im siebten Kapitel thematisiert Mosca die Entstehung und Struktur einer politischen Klasse Neuen Eliten geht historisch gesehen meist eine charismatische Fuhrerpersonlichkeit mit eigener Ideologie voraus die ihre Uberzeugung fur die Masse einer Gesellschaft glaubhaft vermitteln kann Das geistige Gedankengut und damit die politische Formel eines Ideologen kann die Herrscherelite uber dessen Tod hinaus nur durch eine Schule im Sinne der Fortentwicklung eines Paradigmas erhalten welche eine inhaltliche und sprachliche Anpassung an die jeweilige Zeit sicherstellt Im Anfangsstadium wachst der leitende Kern einer politischen Klasse meist durch Kooptation weil so notwendige Kompetenzen hinzukommen ohne die innere Stabilitat der Elite zu gefahrden Bestenfalls besteht diese aus heterogenen Charakteren die fur jedes Problem Losungskompetenzen und zu jeder Zeit einen energischen Willen zur Macht besitzen Theorie von der Legierung edlen und unedlen Metalls Im Verlauf ihrer Existenz und der zunehmenden Machtmonopolisierung beschrankt sich die Elitenrekrutierung dann zunehmend auf das Kriterium der Abstammung Kapitel 8 Revolutionen Bearbeiten Im achten Kapitel zeigt Mosca an historischen Beispielen dass Revolutionen stets einer neuen Elite dienen Macht zu erlangen Zugleich besteht in revolutionaren Zeiten immer die Gefahr der Anarchie weil die Profiteure der Umwalzung kein Interesse haben zum Frieden zuruckzukehren Eine besondere Rolle spielt bei Revolutionen in burokratischen Staaten die funktionale Subelite Verfugt ein Staatswesen uber eine gehorsame und von der politischen Klasse administrativ unabhangig operierende Beamtenschaft liegt fur Revolutionare ein besonderer Anreiz zum Umsturz vor weil die wichtigsten Staatsgeschafte zumindest kurzfristig auch im revolutionaren Chaos weitergefuhrt wurden Kapitel 9 Die stehenden Heere Bearbeiten Die Moglichkeit der Revolution in Zeiten moderner Armeen schrankt Mosca ein weil diese bei strikter Fuhrung in seinen Augen jeden Aufstand niederschlagen konnen Die Rolle der stehenden Heere untersucht Mosca im neunten Kapitel genauer Wahrend in einer wirtschaftlich unterentwickelten Gesellschaft alle Manner zu Kriegern werden und in einem Feudalstaat die zentrale Instanz haufig mit Hilfe von unzuverlassigen und damit auch fur sie gefahrlichen Soldnerheeren Sezessionsbestrebungen zu unterdrucken versucht ist das stehende Heer typisch fur burokratische Staaten Das Gleichgewicht zwischen dem Staatswesen sowie der Fuhrung des stehenden Heeres wird dadurch ermoglicht dass die Offiziere Teil der politischen Klasse sind und Abkommlinge der Masse nur schwer Zugang in die hoheren Range erhalten Deren Karrierechance beschrankt sich auch in der Armee weitgehend auf die Positionen der funktionalen Subelite etwa Offiziere unterhalb des Generalsrangs Zudem dient eine zielbewusste Erziehung zu patriotischer Treue diesem Gleichgewicht Fur die Kontrolle eines stehenden Heeres erscheint es schliesslich notwendig seine Teileinheiten nicht zu sehr aufzusplittern sondern die Arbeitsteilung im Militar vielmehr zu begrenzen und seine Macht bei Mitgliedern der politischen Klasse zu konzentrieren Kapitel 10 Der Parlamentarismus Bearbeiten Im zehnten Kapitel kritisiert und verteidigt Mosca das parlamentarische System Dieses stellt wie jede Herrschaftsform nur das Regiment einer Elite dar wobei die Abgeordneten Nominierte der politischen Klasse sind Besondere Kennzeichen des Parlamentarismus sind langsame Entscheidungen ein uberproportionaler Einfluss Reicher in der Politik und die standige Einmischung der Abgeordneten in Rechtsprechung Verwaltung und Verteilung Trotz all dieser Nachteile ist der Parlamentarismus als Regierungssystem anderen gegenuber vorzuziehen weil an seine Stelle nur Formen des Absolutismus traten Diese wurden als rein burokratische Systeme alle die Zentralgewalt kontrollierenden Krafte ausschalten und so zu Willkur und Unfreiheit fuhren Die von Mosca favorisierte Staatsform enthalt eine gewahlte Regierung deren Mitglieder finanziell unabhangig sind moralisch entscheiden und von einem unabhangigen Richterstand kontrolliert werden Kapitel 11 Der Kollektivismus Bearbeiten Mit dem elften Kapitel schliesst Mosca den alteren Teil seiner Theorie der herrschenden Klasse ab Hierin kritisiert er Bestrebungen nach einer egalitaren Gesellschaft weil das politische und okonomische Erfolgsstreben des Menschen stets zur Ungleichheit fuhrt und damit soziale Gleichheit von vornherein ausschliesst Der Kollektivismus welcher zur Beseitigung politischer und als Voraussetzung dafur wirtschaftlicher Ungleichheit Produktion und Verteilung verstaatlichen mochte kann nur in einer totalitaren Herrschaft der fur die Zentralverwaltung zustandigen Beamten munden Aufgrund der enormen Energie die fur eine vollige Burokratisierung des gesellschaftlichen Lebens bzw fur eine Organisierung der naturlicherweise nicht organisierten Masse notwendig ware droht durch eine kollektivistische Herrschaft neben der Diktatur weniger Beamter auch der wirtschaftliche Ruin Mosca vermutet dass der okonomische Untergang eines burokratischen Staates durch Verteilungskampfe machtiger Gruppe wieder zu einem feudalen Staatswesen fuhrt Kapitel 12 Theorie der politischen Klasse Bearbeiten Mosca wiederholt und erganzt die Grundzuge der Herrschaftstheorie ab dem zwolften Kapitel Er unterstreicht dass in allen Staatsformen also auch in der Demokratie stets eine Herrschaft Gebildeter und Besitzender besteht Ihr Einfluss wird allerdings durch das allgemeine Wahlrecht eingeschrankt was eine kritische Auseinandersetzung der Bevolkerung mit politischen Sachverhalten hervorruft Die politische Starke der herrschenden Klasse hangt von ihrer Anpassungsfahigkeit an neue Gegebenheiten ab wozu auch die Rekrutierung fahiger Mitglieder aus der Masse gehort Mosca erganzt dass es fur das Gleichgewicht zwischen Elite und Masse wesentlich auf die Mittelschicht ankommt In seinen Augen erscheint diese als Garant fur eine friedliche Gesellschaft weil sie nicht wie die Masse der Proletarier leicht aufzuwiegeln ist und als zuverlassige Rekrutierungsbasis fur die Verwaltungsfunktionen eines Staates zur Verfugung steht Kapitel 13 Typen der Herrschaft Bearbeiten Die Typologie der Staatsformen aus dem dritten Kapitel entwickelt Mosca im dreizehnten Kapitel Typen der Herrschaft weiter Er betont darin dass Untergebene in einem Feudalstaat zumeist den Regionalfursten ergeben sind womit es diesen leicht fallt ihren Landesteil von der Zentralgewalt zu trennen Mosca begrundet zudem historisch dass in allen Staatsformen Leistung und Herkunft als Auswahlkriterien fur die Elite miteinander konkurrieren Wahrend die Leistungsfahigkeit das notwendige Kriterium fur eine Herrschaft ist stellt die Abstammung zumeist das von der herrschenden Klasse gewunschte Kriterium dar Kapitel 14 Die Entwicklung der Herrschaftsformen Bearbeiten Der Ubergang vom feudalen zum burokratischen Staat bzw der Prozess des Kulturverfalls wird von Mosca im vierzehnten Kapitel auf seine Ursachen untersucht Aus seiner historischen Analyse die sich primar auf das spatantike Rom bezieht schliesst Mosca dass dem politischen Zusammenbruch ein moralischer Verfall vorausgeht Eine Kultur altert indem ihre einenden Werte und Normen verfallen und sich insbesondere die fur staatliche Stabilitat so wichtige Mittelschicht auflost Diese Entwicklung bringt populare Fuhrer hervor die sich um den Massen zu gefallen nach deren Bedurfnissen richten und nicht nach gesellschaftlichen Notwendigkeiten Fuhlt sich die politische Klasse nicht mehr dem Gemeinwohl verpflichtet und busst ihren inneren Zusammenhalt ein fuhrt ein ausserer Anstoss zum Zusammenbruch Der Versuch mit verstarkten Staatseingriffen ins Wirtschaftsleben den Niedergang abzuwenden kann diesen nur beschleunigen Auffalligerweise misst Mosca der wirtschaftlichen Entwicklung beim Ubergang vom feudalen zum burokratischen Staat keine Rolle bei Wahrend umgekehrt die institutionellen Rahmenbedingungen einer Okonomie und insbesondere eine uberbordende Burokratisierung den Verfall eines burokratischen Staates hin zum Feudalwesen bewirken konnen vergleiche drittes Kapitel hat die wirtschaftliche Entwicklung in Moscas Augen keinen nennenswerten Einfluss auf die Entstehung eines burokratischen Staates Den empirischen Beweis hierzu sieht er in den politischen Fortschritten Mittel und Westeuropas insbesondere Englands am Ende des Mittelalters die sich durch keine vergleichbare Veranderung ihrer wirtschaftlichen Produktionsweise auszeichnen Diese Geschichtsanalyse richtet sich gegen die Behauptungen des historischen Materialismus von Karl Marx und dessen Uberbetonung der Bedeutung des wirtschaftlichen Fortschritts fur die Entwicklung von Gesellschaften Kapitel 15 Entstehung und Organisation der politischen Klasse Bearbeiten Liberales und autokratisches PrinzipUm verschiedene Formen der Elitenherrschaft zu charakterisieren pragt Mosca im funfzehnten Kapitel die Begriffe liberales und autokratisches Prinzip Hierunter versteht er zwei gegensatzliche Moglichkeiten die Machtpositionen innerhalb der politischen Klasse zuzuordnen Nach dem liberalen Prinzip erfolgt die Zuweisung vom unteren Teil der Gesellschaft her der nicht zur politischen Klasse gehort Im besten Fall handelt es sich dabei nach Mosca um die administrative Subelite weil diese zum einen nicht selbst fur die Herrscherpositionen kandidiert und zum anderen nicht die Gefuhle der breiten Bevolkerungsmasse berucksichtigen muss was sie fur eine sachliche Wahl pradestiniert Nach dem autokratischen Prinzip erfolgt die Vergabe der Machtpositionen durch einen Monarchen also von der Spitze der Gesellschaft her Historisch handelt es sich dabei meist um sehr arbeitsame und willensstarke Personlichkeiten die sich gegen Beeinflussungen aus der unteren Gesellschaftsschicht zu wehren verstehen Aristokratische und demokratische TendenzDaruber hinaus lassen sich politische Klassen durch das Bestreben der Herrschenden ihre Macht erblich zu machen und sich damit gegen aussere Einflusse zu wehren sowie die Bemuhung aufstiegswilliger Angehoriger der Masse diese Barriere zu durchbrechen kategorisieren Den erstgenannten Trend bezeichnet Mosca als aristokratische Tendenz den letztgenannten als demokratische Tendenz Jedes Ubermass einer dieser Entwicklungen schwacht die politische Klasse weil ihr bei volliger Abschottung die notige Blutauffrischung in Form der Rekrutierung begabter und machtwilliger Individuen aus der Masse fehlt und sie bei totaler Offnung ihre politische Fahigkeit durch den Zustrom machtwilliger aber grosstenteils unfahiger Individuen verliert Mosca sieht die Stabilitat der herrschenden Klasse gesichert wenn durch ein langsames Eindringen fahiger Elemente aus der Unterschicht in die Oberschicht deren politische Qualitat erhalten oder erhoht wird Lehre von der goldenen Mitte Das liberale Prinzip und die demokratische Tendenz sowie das autokratische Prinzip und die aristokratische Tendenz treten geschichtlich nachweisbar haufig gemeinsam auf sind aber zumindest theoretisch nicht aufeinander angewiesen Kapitel 16 Herrschende Klasse und Individuum Bearbeiten Das sechzehnte Kapitel dient Mosca als nochmaliges Pladoyer zugunsten des Individualismus und gegen den Kollektivismus und den historischen Materialismus Insbesondere verteidigt er das Privateigentum als wichtigen Leistungsanreiz und kritisiert die Theorie von der klassenlosen Gesellschaft in der es weder okonomische noch politische Unterschiede gibt Mosca sieht die einzige Moglichkeit soziale Zustande zu verbessern in der Regentschaft einer politischen Klasse welche ihre Zusammensetzung und ihre politische Formel den gesellschaftlichen Umstanden bestmoglich anpasst so den Zusammenhalt in einer Gesellschaft sicherstellt und damit die Voraussetzung fur ein hohes kulturelles Niveau gewahrleistet Verweigert sich eine politische Klasse der allmahlichen Neuaufnahme fahiger Mitglieder aus der Masse busst sie die Fahigkeit sich dem Wandel der Zeit anzupassen und damit auch ihre Legitimationsgrundlage namlich die politische Formel ein Kapitel 17 Die Zukunft des Reprasentativsystems Bearbeiten Im abschliessenden siebzehnten Kapitel Die Zukunft des Reprasentativsystems betont Mosca nochmals seine ablehnende Haltung gegenuber okonomischen Egalisierungsbestrebungen Gerade liberale Staaten fuhren zu einer naturlichen Ungleichheit deren Beseitigung durch staatliche Eingriffe auch die Freiheit beseitigt Daneben erwahnt Mosca auch eine kunstliche Ungleichheit die aus ererbtem Reichtum der Erziehung und der Kultur bestimmter Milieus hervorgeht und gleichermassen nicht durch staatliche Intervention abgeschafft werden kann Eine Sozialpolitik welche die schlimmste Armut durch Umverteilung vermindert ist sinnvoll solange sie finanzierbar bleibt und die Massen weniger gewaltsam macht Mosca erscheint das moderne Reprasentativsystem zur Verteidigung von Freiheit und Moral gegen Kommunismus und Faschismus geeignet weil durch die Gewaltenteilung eine gegenseitige Kontrolle aller wesentlichen Krafte eines Staates moglich wird Rezeption und Kritik BearbeitenJames Hans Meisel bezeichnet in seinem Buch Der Mythus der herrschenden Klasse die Marx Kritik von Gaetano Mosca als oberflachlich und konstruiert Mosca versuche darzulegen dass die Klassenkampftheorie nicht richtig sein konne weil sie zunachst einmal die ausseren Kriege nicht erklare Meisel S 301 Diese Ansicht erscheint laut Meisel unglaubwurdig weil kein Marxist behauptet alle Konflikte der Menschheit seien auf Klassenkampfe zuruckzufuhren Mosca missverstehe den marxistischen Klassenkampf als eine Auseinandersetzung zwischen arm und reich und komme durch seine historischen Interpretationen zu dem Fehlurteil klassenweise Aktionen der Masse gabe es gar nicht bzw wenn es sie gabe waren sie fur die Geschichte ohne Bedeutung Daruber hinaus kritisiert Meisel Moscas Analyse des historischen Materialismus Wahrend Mosca davon ausgeht Marx vertrete den Standpunkt jede Entwicklung sei auf okonomische Ursachen zuruckzufuhren spielen soziookonomische Aspekte in der marxistischen Theorie zwar tatsachlich die wichtigste Rolle der Geschichte nicht jedoch einzige Der historische Materialismus impliziert dass die okonomische Entwicklung jede andere gesellschaftliche Entwicklung beeinflusst nicht jedoch dass jede gesellschaftliche Entwicklung durch eine okonomische begrundet wird Andert sich die Produktionsweise einer Volkswirtschaft nicht konnen sich andere gesellschaftliche Bereiche etwa die Politik sehr wohl verandern Wirtschaftliche Entwicklungen sind anderen gegenuber lediglich dominant nicht aber konstitutiv Daher schlagt Moscas Versuch den historischen Materialismus mit Hilfe historischer Beispiele zu widerlegen die sich durch politische Verwerfungen ohne gleichzeitige okonomische Veranderungen auszeichnen fehl Meisel S 298 305 Ausgaben BearbeitenElementi di scienza politica Fratelli Bocca Rom Florenz Turin Mailand 1896 gedruckt bereits im Oktober 1895 3 bei der Tipografia della Camera dei deputati in Rom Online Elementi di scienza politica Uberarbeitete und erganzte 2 Auflage Fratelli Bocca Turin 1923 Online The ruling class Elementi di scienza politica Ubersetzt von Hannah D Kahn McGraw Hill book company inc New York London 1939 Elementi di scienza politica 3 durchgesehene Auflage Laterza Bari 1939 Mit einem Vorwort von Benedetto Croce Elementi di scienza politica 4 Auflage Laterza Bari 1947 Mit einem Vorwort von Benedetto Croce Die herrschende Klasse Grundlagen der politischen Wissenschaft Nach der 4 Auflage ubersetzt von Franz Borkenau Francke Bern 1950 La classe politica Herausgegeben und eingeleitet von Norberto Bobbio Laterza Bari 1966 gekurzte Ausgabe der Elementi di scienza politica 4 Elementi di scienza politica In Gaetano Mosca Scritti politici Kritische Ausgabe herausgegeben von Giorgio Sola mit einer Bibliografie der Werke Moscas 5 Band II S 539 1158 UTET Turin 1982 Die Politische Klasse Band 1 Nach der 2 Auflage ubersetzt von Andreas Skrziepietz Epuli Berlin 2020 Die Politische Klasse Band 2 Nach der 2 Auflage ubersetzt von Andreas Skrziepietz Epuli Berlin 2020 Literatur BearbeitenEttore A Albertoni 1987 Mosca and the Theory of Elitism Basil Blackwell Oxford James Hans Meisel 1962 Der Mythus der herrschenden Klasse Gaetano Mosca und die Elite Econ Verlag GmbH Dusseldorf Wien Gaetano Mosca 1884 Sulla teorica dei governi e sul governo parlamentare studi storici e sociali Palermo Belege Bearbeiten Michael Hartmann Elitesoziologie Eine Einfuhrung Campus Verlag 2004 ISBN 978 3 593 37439 0 google de abgerufen am 29 November 2016 Klaus von Beyme Politische Theorien im Zeitalter der Ideologien 1789 1945 Springer Verlag 2002 ISBN 978 3 531 13875 6 google de abgerufen am 29 November 2016 Furio Ferraresi Gaetano Mosca in Dizionario biografico degli Italiani vol 77 2012 Online Furio Ferraresi Gaetano Mosca in Dizionario biografico degli Italiani vol 77 2012 Dort ist von einer edizione ridotta die Rede Online Siehe etwa Giorgio Scichilone Gaetano Mosca e la nascita della scienza politica in Italia in Salvatore Constantino Claudia Giurintano Fabio M Lo Verde Hg Letture e riletture sulla Sicilia e sul Meridione FrancoAngeli Mailand 2015 S 194 211 hier S 210 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die herrschende Klasse amp oldid 219027231