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Bei den meisten Stoffen nimmt die Dichte mit abnehmender Temperatur zu auch uber eine Aggregatzustandsanderung hinweg Ein chemischer Stoff zeigt eine Dichteanomalie wenn sich seine Dichte unterhalb einer bestimmten Temperatur bei Temperaturabnahme verringert der Stoff sich also bei Abkuhlung ausdehnt negative thermische Ausdehnung Wegen der Dichteanomalie beim Erstarren von Wasser schwimmt Eis oben Dichteanomalien treten bei den chemischen Elementen Antimon Bismut Gallium Germanium geschmolzenem Lithium 1 Plutonium Silicium und Tellur 2 auf ebenfalls bei Legierungen wie Woodsches Metall und Verbindungen wie Zirkoniumwolframat ZrW2O8 ZrV2O7 HfV2O7 oder Zinkcyanid Wasser ist der wichtigste Stoff bei dem eine solche Anomalie auftritt im Speziellen auch Anomalie des Wassers genannt 3 Hier wird zum einen die maximale Dichte des flussigen Wassers oberhalb von 0 C erreicht zum anderen besitzt Eis eine geringere Dichte als flussiges Wasser Auch manche stark polaren Flussiggase zeigen Dichteanomalien z B Fluorwasserstoff und Ammoniak Auch bei der Umwandlung von b Zinn unterhalb 13 2 C in eine andere Modifikation a Zinn andert sich dessen Dichte hier aber unumkehrbar Inhaltsverzeichnis 1 Anwendung 2 Beispiele 2 1 Wasser 2 1 1 Zahlenwerte zu Dichteanomalie und Ausdehnungskoeffizient von Eis und Wasser bei Normaldruck 2 2 Dichteanomalie und nicht isobarer Ausdehnungskoeffizient von flussigem Ammoniak 2 3 Dichteanomalie und Ausdehnungskoeffizienten von geschmolzenem Lithium 3 EinzelnachweiseAnwendung BearbeitenStoffe mit Dichteanomalie konnen ihre ingenieurwissenschaftliche Anwendung als Kompensator thermischer Ausdehnung finden Dabei bringt man Stoffe mit positiver thermischer Ausdehnung und Stoffe mit negativer thermischer Ausdehnung also mit Dichteanomalie zusammen sodass sich bei einer Temperaturveranderung Ausdehnung und Kontraktion ausgleichen und das Material sein Volumen gar nicht oder genau definiert mit Temperatur verandert Eine thermische Ausdehnung nahe Null garantiert unveranderte Performance bei verschiedenen Temperaturen 4 5 Ein gutes Beispiel aus dem Alltag fur Materialien mit einer thermischen Ausdehnung nahe null sind Glaskeramik Kochfelder wie z B Ceran Diese weisen eine hohe Temperaturwechselbestandigkeit auf sodass das Glas nicht springt wenn es auf einer Seite erhitzt wird wahrend die andere Seite Raumtemperatur aufweist Das liegt darin dass manche in diesen Keramiken enthaltenen Phasen eine Dichteanomalie besitzen Die Glaskeramik wird mit Hilfe der chemischen Zusammensetzung so eingestellt dass die negative thermische Ausdehnung dieser Phasen bei einer Temperaturveranderung die positive thermische Ausdehnung anderer Phasen kompensiert Dann weist das gesamte Kochfeld kaum thermische Ausdehnung auf und das Ceran springt nicht wenn es nicht gleichmassig uberall erwarmt wird Gerade im Ingenieurwesen z B bei der Herstellung von Prazisionsinstrumenten ist man immer auf der Suche nach Materialien mit moglichst konstanter Performance in verschiedenen Temperaturbereichen Dabei eignen sich dann gerade Materialien mit Dichteanomalie und kubischem Gitter da diese isotrope negative thermische Ausdehnung aufweisen d h dass ihre Ausdehnung in alle drei Raumrichtungen gleich ist Beispiele dafur sind unter anderem ZrW 2 O 8 displaystyle ce ZrW2O8 nbsp ZrV 2 O 7 displaystyle ce ZrV2O7 nbsp und HfV 2 O 7 displaystyle ce HfV2O7 nbsp 4 Wahrend ZrW 2 O 8 displaystyle ce ZrW2O8 nbsp uber einen Temperaturbereich von 0 3 bis 1050 K negative thermische Ausdehnung besitzt 6 zeigt sich bei ZrV 2 O 7 displaystyle ce ZrV2O7 nbsp und HfV 2 O 7 displaystyle ce HfV2O7 nbsp die Dichteanomalie allerdings nur in ihrer Hochtemperaturphase beginnend bei 350 bis 400 K 7 Es kann allerdings auch nutzlich sein Materialien mit einer genau definierten thermischen Ausdehnung zu designen Bei Zahnimplantaten ist es wichtig dass sich die Fullung nicht deutlich starker oder schwacher mit Temperatur ausdehnt wenn man z B ein heisses oder kaltes Getrank zu sich nimmt Daher kann es von Vorteil sein die Gesamtausdehnung des Implantats durch die Verwendung von Materialien mit positiver und negativer thermischer Ausdehnung auf die Ausdehnung der Zahne abzustimmen Beispiele BearbeitenWasser Bearbeiten nbsp Dichte von Eis und Wasser in Abhangigkeit von der Temperatur bei NormaldruckBei Normaldruck hat Wasser seine grosste Dichte von ca 1000 Kilogramm pro Kubikmeter bei 3 98 C und ist flussig Unterhalb von 3 98 C dehnt sich Wasser bei weiterer Temperaturverringerung auch beim Wechsel zum festen Aggregatzustand wieder aus Die Anomalie des Wassers besteht also im Bereich zwischen 0 C und 3 98 C das Eis verhalt sich nicht anomal wenn auch untypischerweise die Dichte des Eises geringer ist als die des flussigen Wassers Die derzeit genauesten publizierten Werte fur die maximale Dichte liegen bei 999 974950 0 00084 kg m3 bei einer Temperatur von 3 983 0 00067 C Die Werte stellen einen Mittelwert der von verschiedenen physikalischen Instituten veroffentlichten Zahlen dar Stand 2005 Die Berechnung der Dichte von luftfreiem Wasser DLF in Abhangigkeit von der Temperatur T T C kann mit Hilfe der folgenden Virialgleichung erfolgen D L F g l a 0 a 1 T a 2 T 2 a 3 T 3 a 4 T 4 a 5 T 5 1 b T displaystyle frac D rm LF rm g l frac a 0 a 1 T a 2 T 2 a 3 T 3 a 4 T 4 a 5 T 5 1 bT nbsp mit den Koeffizienten a0 999 83952 a1 16 952577 C 1 a2 7 9905127 10 3 C 2 a3 4 6241757 10 5 C 3 a4 1 0584601 10 7 C 4 a5 2 8103006 10 10 C 5 und b 0 016887236 Fur die Berechnung der Dichte von luftgesattigtem Wasser korrigiert man den Wert nach DLG g l DLF g l 0 004612 0 000106 C 1 T 8 Im festen Aggregatzustand in diesem Fall bei Eis wird normalerweise eine hohe Fernordnung durch Ausbildung eines Kristallgitters im Zuge der Kristallisation erreicht Im flussigen Zustand herrscht eine Mischung von Ordnung und Chaos wobei die Molekule aufgrund ihrer hoheren Geschwindigkeit ein grosseres Volumen ausfullen Es erhoht sich also das Volumen die Dichte wird damit geringer Im gasformigen Zustand ist die maximale Unordnung erreicht d h die Molekule verteilen sich dementsprechend gleichmassig uber den maximal zur Verfugung stehenden Raum nbsp Temperaturverteilung in einem stehenden See im Sommer und WinterDer Grund der Anomalie des Wassers liegt in der Verkettung der Wassermolekule uber Wasserstoffbruckenbindungen Durch sie benotigt die Struktur im festen Zustand mehr Raum als bei beweglichen Molekulen Die Strukturbildung ist ein fortschreitender Vorgang das heisst es sind schon im flussigen Zustand so genannte Cluster aus Wassermolekulen vorhanden Bei 3 98 C ist der Zustand erreicht bei dem die einzelnen Cluster das geringste Volumen einnehmen und damit die grosste Dichte haben Wenn die Temperatur weiter sinkt wird durch einen stetigen Wandel der Kristallstrukturen mehr Volumen benotigt Wenn die Temperatur steigt benotigen die Molekule wieder mehr Bewegungsfreiraum wodurch das Volumen ebenfalls steigt Die Lebensdauer der einzelnen Cluster ist temperaturabhangig und liegt bei 4 C in der Grossenordnung von nur wenige billionstel Sekunden 9 Bei weiterer Abkuhlung wird der instabile Zustand der Cluster aufgrund der abnehmenden Warmebewegung immer stabiler bis sich beim Erstarren schliesslich stabile hexagonale Kristallstrukturen gebildet haben Eis Das Volumen nimmt bei diesem Phasenubergang nochmals deutlich zu Die Dichteanomalie des Wassers ist wichtig fur das Leben in Gewassern kalterer Klimazonen Unterhalb einer Temperatur von etwa 4 C sinkt Oberflachenwasser nicht nach unten Statt des damit verbundenen Auskuhlens tieferer Gewasserschichten und eines vollstandigen Durchfrierens von unten her konnen sich thermische Schichten bilden Wassertiere und pflanzen konnen unter der Eisschicht uberleben Die Temperatur bei der Wasser die grosste Dichte erreicht sinkt mit steigendem Druck von 3 98 C 1 bar uber ca 2 C 100 bar auf ca 0 C 200 bar wobei hier der Gefrierpunkt seinerseits auf 1 5 C gesunken ist 10 Zahlenwerte zu Dichteanomalie und Ausdehnungskoeffizient von Eis und Wasser bei Normaldruck Bearbeiten Der berechnete Ausdehnungskoeffizient ist ein mittlerer Ausdehnungskoeffizient zwischen beiden Temperaturen Substanz T 0 displaystyle T 0 nbsp T 2 displaystyle T 2 nbsp in C r 0 displaystyle rho 0 nbsp r 2 displaystyle rho 2 nbsp in g cm D T displaystyle Delta T nbsp in K mittlere Temperatur T m i t t l displaystyle T mathrm mittl nbsp in C g m i t t l displaystyle gamma mathrm mittl nbsp in 1 K QuellenWasser 0 0 0 918 Eis 0 999840 Wasser 0 0 11 12 0 1 0 918 Eis 0 999899 1 0 5 0 08190 1 0 999840 Wasser 0 999899 1 0 5 0 0000590061 2 0 999899 0 999940 1 1 5 0 00004100252 3 0 999940 0 999964 1 2 5 0 00002400093 3 983 Dichtemaximum 0 999964 0 999975 0 983 3 4915 0 00001190513 4 0 999964 0 999972 1 3 5 0 000008000233 983 Dichtemaximum 4 0 999975 0 999972 0 017 3 9915 0 0001764763 5 0 999964 0 999964 2 4 nah am Dichtemaximum 04 5 0 999972 0 999964 1 4 5 0 000008000285 6 0 999964 0 999940 1 5 5 0 00002400146 7 0 999940 0 999901 1 6 5 0 000039003917 19 0 998773 0 998403 2 18 0 000185319 21 0 998403 0 997991 2 20 0 000206424 26 0 997295 0 996782 2 25 0 0002573Schmilzt Eis bei 0 C zu Wasser so nimmt dessen Volumen um etwa 8 19 dabei ab Beim Gefrieren nimmt es entsprechend um ca 8 92 zu Die mittleren Ausdehnungskoeffizienten g mittl displaystyle gamma text mittl nbsp wurden aus den Dichtewerten berechnet g mittl g D V V 0 D T V 2 V 0 1 D T v 2 v 0 1 D T r 0 r 2 1 D T displaystyle gamma text mittl bar gamma frac Delta V V 0 cdot Delta T frac left frac V 2 V 0 right 1 Delta T frac left frac v 2 v 0 right 1 Delta T frac left frac rho 0 rho 2 right 1 Delta T nbsp Dichteanomalie und nicht isobarer Ausdehnungskoeffizient von flussigem Ammoniak Bearbeiten Bei jeder Temperatur hat das Flussiggas einen anderen Dampfdruck entsprechend seiner Dampfdruckfunktion Daher erfolgt hier die temperaturbedingte Ausdehnung oder Kontraktion des Volumens nicht isobar Die negativen Ausdehnungskoeffizienten sind fett markiert Der berechnete Ausdehnungskoeffizient ist ein mittlerer Ausdehnungskoeffizient zwischen beiden Temperaturen Substanz T 0 displaystyle T 0 nbsp T 2 displaystyle T 2 nbsp C r 0 displaystyle rho 0 nbsp r 2 displaystyle rho 2 nbsp kg m D T displaystyle Delta T nbsp K mittlere Temperatur T m i t t l displaystyle T mathrm mittl nbsp C g m i t t l displaystyle gamma mathrm mittl nbsp 10 3 K Quellenflussiges Ammoniak siedend beim eigenen Dampf druck 70 68 725 27 720 36 2 69 3 408 13 68 66 720 36 720 67 2 67 0 215 66 64 720 67 718 39 2 65 1 587 64 62 718 39 716 08 2 63 1 613 50 48 702 00 699 64 2 49 1 687 30 28 677 64 675 17 2 29 1 829 28 26 675 17 672 63 2 27 1 888 26 24 672 63 674 63 2 25 1 482 24 22 674 63 685 87 2 23 8 194 22 20 685 87 665 03 2 21 15 6680 2 0 641 27 638 57 2 0 1 2 1140 2 2 641 27 635 85 4 0 0 0 2 1310 0 0 2 638 57 635 85 2 0 0 1 2 1390 18 20 613 20 610 28 2 0 19 2 3920 18 22 613 20 607 31 4 0 20 2 4250 20 22 610 28 607 31 2 0 21 2 4450 24 26 604 38 601 32 2 0 25 2 5440 48 50 566 28 563 06 2 0 49 2 859Hinweis Dichtewerte und Ausdehnungskoeffizienten des flussigen Ammoniaks weisen im betrachteten Temperaturbereich zwei Dichteanomalien auf Die mittleren Ausdehnungskoeffizienten g mittl displaystyle gamma text mittl nbsp wurden aus den Dichtewerten berechnet g mittl g D V V 0 D T V 2 V 0 1 D T v 2 v 0 1 D T r 0 r 2 1 D T displaystyle gamma text mittl bar gamma frac Delta V V 0 cdot Delta T frac left frac V 2 V 0 right 1 Delta T frac left frac v 2 v 0 right 1 Delta T frac left frac rho 0 rho 2 right 1 Delta T nbsp Die Dichtequotienten sind den Volumenquotienten oder den Quotienten der spezifischen Volumina v massenspezifisch oder molares Volumen jeweils indirekt proportional Dichteanomalie und Ausdehnungskoeffizienten von geschmolzenem Lithium Bearbeiten Siehe dazu Ausdehnungskoeffizient Zahlenwerte von Metallschmelzen Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Fratzscher Hans Peter Picht Stoffdaten und Kennwerte der Verfahrenstechnik Verlag fur Grundstoffindustrie Leipzig DDR 1979 BRD 1993 Daten von Metallschmelzen Lithium S 176 http iffwww iff kfa juelich de jones PhysRevB 81 094202 pdf Density variations in liquid tellurium Roles of rings chains and cavities S 1 Anomalie des Wassers In Learnattack Duden abgerufen am 20 Januar 2022 a b Martin T Dove Hong Fang Negative thermal expansion and associated anomalous physical properties review of the lattice dynamics theoretical foundation In Reports on Progress in Physics Band 79 Nr 6 1 Juni 2016 ISSN 0034 4885 S 066503 doi 10 1088 0034 4885 79 6 066503 iop org abgerufen am 11 Marz 2020 Koshi Takenaka Negative thermal expansion materials technological key for control of thermal expansion In Science and Technology of Advanced Materials Band 13 Nr 1 Februar 2012 ISSN 1468 6996 S 013001 doi 10 1088 1468 6996 13 1 013001 tandfonline com abgerufen am 11 Marz 2020 R Mittal S L Chaplot Lattice dynamical calculation of negative thermal expansion in ZrV 2 O 7 and HfV 2 O 7 In Physical Review B Band 78 Nr 17 7 November 2008 ISSN 1098 0121 S 174303 doi 10 1103 PhysRevB 78 174303 aps org abgerufen am 11 Marz 2020 Tetsuo Hisashige Teppei Yamaguchi Toshihide Tsuji Yasuhisa Yamamura Phase Transition of Zr1 xHfxV2O7 Solid Solutions Having Negative Thermal Expansion In Journal of the Ceramic Society of Japan Band 114 Nr 1331 2006 ISSN 0914 5400 S 607 611 doi 10 2109 jcersj 114 607 jst go jp abgerufen am 11 Marz 2020 PTB Mitteilungen 100 3 90 Horst Bettin und Frank Spieweck Die Dichte des Wassers als Funktion der Temperatur nach Einfuhrung der Internationalen Temperaturskala von 1990 PTB Mitteilungen 100 3 90 1990 S 195 196 tec science Dichteanomalie des Wassers In tec science 16 Februar 2019 abgerufen am 8 November 2020 Engineering ToolBox Density and specific volume of a liquid versus change in pressure and temperature englisch 2009 abgerufen am 28 Dezember 2018 U Hubschmann E Links Tabellen zur Chemie Verlag Handwerk und Technik Hamburg 1991 ISBN 3 582 01234 4 Dichte von Quecksilber und Wasser bei verschiedenen Temperaturen und Luftdruck S 36 Formeln und Tabellen fur die Sekundarstufen I und II Paetec GmbH 1996 ISBN 3 89517 253 7 S 11 W Fratzscher H P Picht Stoffdaten und Kennwerte der Verfahrenstechnik Verlag fur Grundstoffindustrie Leipzig DDR 1979 BRD 1993 S 144 146 Thermodynamische Daten von Ammoniak Dichtewerte aus spezifischen Volumina v berechnet Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dichteanomalie amp oldid 234725685