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Als Deismus Gotteslehre von lateinisch deus Gott bezeichnet man eine Religionsauffassung nach der nur Vernunftgrunde nicht die Autoritat einer Offenbarung zur Legitimation theologischer Aussagen dienen konnen Die deistischen Gottesvorstellungen sind allerdings sehr unterschiedlich Im engeren Sinne sind Deisten diejenigen die das Gottliche als Ursprung alles Seienden annehmen konkretes gottliches Eingreifen aber als nicht begrundbar ansehen 1 Im weiteren Sinne wird der Deismus als freidenkerische Glaubensstromung im Zeitalter der Aufklarung angesehen Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsbestimmung 2 Geschichte 2 1 England 2 2 Deutschland 3 Siehe auch 4 Quellen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBegriffsbestimmung BearbeitenDie Begriffe Deismus und Deist kamen um die Mitte des 16 Jahrhunderts in Frankreich auf Es handelt sich um gelehrte Wortbildungen durch Ableitung aus dem Lateinischen Der alteste Beleg stammt aus der Instruction Chrestienne die der Reformator Pierre Viret im Jahr 1564 in Genf veroffentlichte 2 Verbreitung fanden die Begriffe dann vor allem in Grossbritannien Im Deutschen ist Deist erstmals 1683 bezeugt Deismus ab 1711 3 Die Gemeinsamkeit mit dem Theismus besteht darin dass beide einen Gott annehmen der die Schopfung vollzogen hat Der Unterschied besteht im weiteren Verhalten Gottes Wahrend der Deismus annimmt dass Gott nicht weiter in die Welt eingreift nimmt der Theismus an dass Gott jederzeit als Kausalursache in die Welt eingreifen kann 1 Fur Deisten gibt es keine Wunder ein Ereignis das den Naturgesetzen widerspricht und letztlich auch keine Offenbarung Ein Einfluss nehmender Gott wie zum Beispiel im Buch Hiob stunde ferner im Gegensatz zum freien Willen des Menschen Der Deismus postuliert eine vollige Trennung von Gott und Welt der Pantheismus dagegen nimmt an dass Gott und Welt letztendlich eine Einheit bilden 1 Geschichte BearbeitenZahlreiche Vordenker der Aufklarung verbreiteten eine Form des Deismus Gottfried Wilhelm Leibniz 1646 1716 sprach von Gott als einem Uhrmacher der das von ihm hergestellte perfekte Uhrwerk in Gang setzte welches seitdem von selbst weiterlauft John Locke einer der Hauptvertreter des Empirismus begrundete einen naturlichen Gottesglauben christlich konnotiert mit Wahrnehmungen und Nachdenken Voltaire vertrat einen toleranten rationalistischen Gottesglauben Jean Jacques Rousseaus naturliche Religion grundete nicht auf Offenbarungen und Buchern sondern seine Gotteserkenntnis ergab sich aus eigener Erfahrung und Vernunft raison 4 Neben religionsphilosophischen Uberlegungen seit der Antike hat der Deismus als wichtige Quelle den Antitrinitarismus oder Unitarismus der im 17 Jahrhundert als Sozinianismus in Europa weit verbreitet war Siegfried Wollgast bezeichnete den Sozinianismus als direkten Vorlaufer des Deismus 5 England Bearbeiten In England wo seit 1664 die Anhanger des Sozinianismus mit dem Tod bedroht wurden entwickelte sich die Bewegung der Free Thinker und am Anfang der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts kam der Begriff Deismus auf Den Hauptvertretern des Deismus wie etwa John Locke oder dessen Schuler John Toland ging es vor allem darum naturliche Gesetze der Vernunft dem Offenbarungsglauben entgegenzustellen nbsp John Locke Portrat von Godfrey Kneller 1697 nbsp John TolandIsaac Newton erklarte die Naturkrafte durch das Eingreifen Gottes spirituelle Krafte Dagegen wandte Leibniz ein Newton betrachte Gott als einen schlechten Uhrmacher der sein Werk nicht vollendet gestaltet habe Dies war Ausdruck des klassischen Deismus Das alte Uhrmacherargument das in der Schopfung eine Ausserung gottlichen Planens sah wird verscharft Gott habe der Welt nur am Anfang einen Plan gegeben Jedes spatere Eingreifen seinerseits wird als Mangel der ursprunglichen Schopfung interpretiert Fur Lord Henry Bolingbroke waren Christentum und Kirche lediglich Mittel die dem Staat dazu dienen die Instinkte des Menschen im Zaum zu halten Nur soweit das Christentum mit den Grundsatzen der Vernunft zu vereinbaren sei wohne ihm Wahrheit inne Der Kirchenglaube dagegen sei nichts als Menschenwerk werde nur aus Grunden der Staatswohlfahrt aufrechterhalten und von gut bezahlten Pastoren dem aberglaubischen Volk trugerisch als gottliches Gebot vermittelt nbsp Henry St John 1 Viscount BolingbrokeMatthew Tindal veroffentlichte im Jahr 1730 sein Werk Christianity as old as Creation or the Gospel a republication of the religion of nature das sehr bekannt wurde und bald als Bibel des Deismus galt Unter allen Religionen hielt er allein ein von Offenbarung befreites Christentum die deistische Urreligion fur wahrhaftig Die Bibel sei das Dokument dieser naturlichen Religion welches vernunftig zu interpretieren sei Wunder und Prophezeiungen die in der Bibel geschildert werden lehnte er ebenso ab wie jede anthropomorphe Gottesvorstellung Offenbarung bezeichnete er als Schwindel der der Welt durch Priester untergeschoben worden sei Die Religion solle auf moralischen Grundsatzen beruhen und eine tolerante Haltung gegenuber Andersdenkenden einnehmen ausgenommen Atheisten die die Religion zerstoren wollten Bereits im Jahr 1741 wurde der Text ins Deutsche ubersetzt und gewann danach einigen Einfluss in protestantischen aufgeklarten Kreisen der deutschen Lander Ein Buch Tindals wurde 1710 auf Veranlassung des Unterhauses verbrannt Auch ein Freund Lockes Anthony Collins trat fur einen deistischen Gottesglauben ein und wurde deshalb wie Bolingbroke und Tindal angefeindet und verfolgt sodass er Grossbritannien mehrmals zeitweise verlassen musste in den Niederlanden fand er Zuflucht Der irische Philosoph und Theologe George Berkeley formulierte anknupfend an Locke und Rene Descartes und in Abgrenzung zu Newtons und Leibniz Uhrmacherbild idealistische deistische Thesen Natur und Dasein haben ihren Ursprung in Gott und existieren durch Gott Der Mensch entwickelt durch seine Wahrnehmungen Ideen die Gottes Geist in ihm hervorbringt Auch David Humes religionsphilosophische Werke The Natural History of Religion Die Naturgeschichte der Religion 1757 und die posthum veroffentlichten Dialoge uber naturliche Religion haben deistische Tendenzen In einigen Landern gab es Deisten in der Freimaurerbewegung beispielsweise Voltaire in Frankreich Thomas Paine einen der Grundungsvater der Vereinigten Staaten sowie Thomas Jefferson Verfasser der Grundungserklarung und 3 Prasident der USA der sich fur die Trennung von Religion und Staat einsetzte In seinem Werk Age of Reason Zeitalter der Vernunft begrundete Paine seinen unitarischen Glauben an nur einen Gott und verband ihn mit der Hoffnung auf einen glucklichen Zustand nach diesem Leben Laut Paine besteht die wahre Religion darin gerecht zu handeln Mitleid zu zeigen und die Mitmenschen glucklich zu machen Sowohl in England als auch in Frankreich geriet er in Konflikt mit den staatlichen Machten und war Verfolgungen ausgesetzt sodass er schliesslich in die USA zuruckkehrte Deutschland Bearbeiten nbsp Gerloff Hiddinga Hermann Samuel Reimarus 1749 Der Deismus war im aufgeklarten Absolutismus grosser Teile Deutschlands weniger verbreitet als in seinem Herkunftsland Neben Adam Weishaupt dem Grunder des Illuminatenordens ist Hermann Samuel Reimarus zu nennen Er war ein Wegbereiter der Bibelkritik hielt sich in der Offentlichkeit aber zuruck Die von Gotthold Ephraim Lessing zwischen 1774 und 1778 veroffentlichten Fragmente seiner Schriften Fragmente eines Ungenannten fuhrten zum so genannten Fragmentenstreit der wichtigsten polemisch gefuhrten Auseinandersetzung zwischen Aufklarung mit mehr oder weniger deistischen Positionen verbunden mit detaillierter radikaler Bibelkritik einerseits und der protestantischen Orthodoxie auf der anderen Seite Die Hauptkontrahenten waren Lessing und Johann Melchior Goeze Siehe auch BearbeitenTheologischer Rationalismus Naturliche Theologie Naturliche ReligionQuellen BearbeitenThomas Paine The Age of Reason Book Tree San Diego 2003 ISBN 1 58509 213 4 Matthew Tindal Christianity as Old as the Creation Frommann Stuttgart Bad Cannstatt 1967 Nachdruck der Ausgabe London 1730 Literatur BearbeitenUbersichtsdarstellungen in Handbuchern Edward Baert Deismus In Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Enzyklopadie Philosophie Band 1 Meiner Hamburg 2010 ISBN 978 3 7873 1999 2 S 355 358 Peter Byrne u a Deismus In Religion in Geschichte und Gegenwart 4 neu bearbeitete Auflage Mohr Siebeck Tubingen 1999 ISBN 3 16 146942 9 Sp 614 623 Gunter Gawlick Deismus In Historisches Worterbuch der Philosophie Band 2 Schwabe Basel 1972 Sp 44 47 Christof Gestrich Deismus In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 8 de Gruyter Berlin New York 1981 ISBN 3 11 008563 1 S 392 406 Ernest Campbell Mossner Deism In Donald M Borchert Hrsg Encyclopedia of Philosophy 2 Auflage Band 2 Thomson Gale Detroit u a 2006 ISBN 0 02 865782 9 S 680 693 John Vladimir Price Deism In The Continuum Encyclopedia of British Philosophy Band 2 Thoemmes London New York 2006 ISBN 1 84371 141 9 S 809 812Gesamtdarstellungen und Untersuchungen Peter Byrne Natural Religion and the Nature of Religion The Legacy of Deism Routledge London New York 1989 ISBN 0 415 04104 X Christopher Voigt Der englische Deismus in Deutschland Eine Studie zur Rezeption englisch deistischer Literatur in deutschen Zeitschriften und Kompendien des 18 Jahrhunderts Mohr Siebeck Tubingen 2003 ISBN 3 16 147872 XWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Deismus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Deismus Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Anonymous English Deism In J Fieser B Dowden Hrsg Internet Encyclopedia of Philosophy Anonymous French Deism In J Fieser B Dowden Hrsg Internet Encyclopedia of Philosophy Einzelnachweise Bearbeiten a b c Peter Knauer Der Glaube kommt vom Horen Okumenische Fundamentaltheologie Styria Graz Wien Koln 1978 S 49 ff Gunter Gawlick Deismus In Historisches Worterbuch der Philosophie Band 2 Basel 1972 Sp 44 47 hier 44 Heidrun Kamper Deist In Hans Schulz Otto Basler Hrsg Deutsches Fremdworterbuch 2 neubearbeitete Auflage Band 4 Berlin 1999 S 128 132 Kurt Flasch Der Teufel und seine Engel Die neue Biographie C H Beck Munchen 2015 S 310 ff Siegfried Wollgast Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklarung 1550 1650 2 Aufl Akademie Verlag Berlin 1993 ISBN 3 05 002099 7 S 414 Normdaten Sachbegriff GND 4149020 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deismus amp oldid 237556738