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Cisplatin cis Diammindichloridoplatin DDP ist ein Arzneistoff Zytostatikum zur Hemmung des Zellwachstums bzw der Zellteilung und enthalt ein komplexgebundenes Platinatom Die Wirkung beruht auf einer Hemmung der DNA Replikation durch Querverknupfungen zweier benachbarter Guanin Basen eines DNA Strangs So wird die Struktur der DNA gestort und dadurch funktionsunfahig Der Zellstoffwechsel kommt zum Erliegen und die Zelle leitet die Apoptose ein Wie andere Zytostatika auch wirkt Cisplatin daher nicht nur auf schnellwachsende Tumorzellen sondern in gewissem Grad auch auf gesunde Korperzellen Cisplatin ist als Mittel gegen Krebs seit 1978 zugelassen 2 StrukturformelAllgemeinesFreiname CisplatinAndere Namen SP 4 2 Diammindichloridoplatin II IUPAC Summenformel Pt NH3 2Cl2 Kurzbeschreibung Gelbes geruchloses Pulver 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 15663 27 1EG Nummer 239 733 8ECHA InfoCard 100 036 106PubChem 5702198DrugBank DB00515Wikidata Q412415ArzneistoffangabenATC Code L01XA01Wirkstoffklasse ZytostatikumEigenschaftenMolare Masse 300 05 g mol 1Aggregatzustand festDichte 3 7 g cm 3 20 C 1 Schmelzpunkt 270 C Zersetzung 1 Loslichkeit schlecht in Wasser 2 5 g l 1 bei 20 C 1 SicherheitshinweiseBitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht fur Arzneimittel Medizinprodukte Kosmetika Lebensmittel und Futtermittel beachtenGHS Gefahrstoffkennzeichnung 1 GefahrH und P Satze H 300 312 315 318 332 335 350P 330 302 352 304 340 332 313 305 351 338 310 280 1 MAK 0 002 mg m 3 1 Toxikologische Daten 25 8 mg kg 1 LD50 Ratte oral 1 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Chemie 3 Pharmakologie 3 1 Wirkungsmechanismus 3 2 Resistenzmechanismus 3 3 Pharmakokinetik 3 4 Indikation 3 5 Unerwunschte Wirkungen 4 Handelsnamen 5 Literatur 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenCisplatin wurde zuerst 1844 von Michele Peyrone synthetisiert damals bekannt als Peyrones Chlorid Es spielte eine Rolle bei der Entwicklung der Komplexchemie durch Alfred Werner Die Entdeckung der zytostatischen Wirkung von Platinkomplexen erfolgte in den 1960er Jahren zunachst rein zufallig Barnett Rosenberg wollte die Wirkung von Wechselstrom auf das Wachstum von Escherichia coli untersuchen Er benutzte dazu Platinelektroden und stellte dabei fest dass das Zellwachstum gehemmt wurde Nach einiger wissenschaftlicher Detektivarbeit wurde als Ursache dafur nicht der Wechselstrom sondern die Komplexverbindung cis Diammintetrachloridoplatin IV Pt NH3 2Cl4 gefunden die sich aus den vermeintlich inerten Platinelektroden gebildet hatte Anschliessende Versuche mit der am langsten bekannten Komplexverbindung des Platins dem cis Diammindichloridoplatin II Pt NH3 2Cl2 zeigten die gleiche Wirkung bezuglich der Wachstumshemmung Untersuchungen mit der entsprechenden trans Verbindung zeigten dagegen keine Wirkung Das Diammindichloridoplatin II war bereits seit 1844 als Peyrones Salz bzw als Reisets zweites Chlorid bekannt wobei spatere Untersuchungen ergaben dass beide Verbindungen cis und trans Isomere waren Die Existenz der beiden Isomere fuhrten 1894 Alfred Werner zu dem Schluss dass beide Komplexe eine planare Struktur haben In der Krebstherapie wurde Cisplatin erstmals 1974 im Rahmen einer Studie im Universitatsklinikum von Indiana zur Behandlung von Hodenkrebs eingesetzt und fuhrte in den folgenden Jahren bei einer Vielzahl von Patienten zu deutlichen Erfolgen ohne ein Rezidiv Wegen der zur damaligen Zeit noch nicht so verbreiteten Antiemetika war die Therapie fur die Patienten mit einer ausserordentlich starken Ubelkeit verbunden 3 Chemie BearbeitenCisplatin stellt einen planaren Komplex dar der am zentralen Platinatom zwei cis standige Chloridliganden und zwei Amminliganden gebunden hat zur genaueren Erlauterung der Nomenklatur von Komplexverbindungen siehe Komplexchemie Die Verbindung muss zunachst aktiviert werden indem intrazellular durch die niedrigere Chloridkonzentration die Chloridoliganden durch Wasser ersetzt werden es entstehen dabei durch Hydrolyse unterschiedliche Aqua und Hydroxido Komplexe die teilweise uber Hydroxido Brucken oligomerisieren Cisplatin wird durch Reaktion von Dikaliumtetrachloridoplatinat II K2 PtCl4 mit Ammoniak unter Ausnutzung des trans Effekts dargestellt Pharmakologie Bearbeiten nbsp Schematisierter Bildungsmechanismus des Cisplatin DNA Addukts Es werden Querverknupfungen zwischen dem Platin und zwei Guaninen der DNA aufgebaut 4 Wirkungsmechanismus Bearbeiten Cisplatin wirkt ahnlich wie bifunktionelle Alkylantien durch Querverknupfungen von DNA Strangen Der stark elektrophile Aqua Cisplatin Komplex reagiert bevorzugt mit den nukleophilsten Stellen der DNA Basen Die N7 Atome von Guanin und Adenin Es entstehen so Verknupfungen innerhalb eines DNA Stranges Intrastrang Quervernetzung und zwischen benachbarten DNA Strangen Interstrang Quervernetzungen Ein weiteres wichtiges Wirkungsprinzip des Cisplatin ist die Auslosung von Punktmutationen Neben diesen Wirkungen fuhrt Cisplatin auch zur Hemmung der DNA Reparatur und hemmt die Telomeraseaktivitat Durch diese Wirkungsprinzipien des Cisplatin kommt es zur Anschaltung des programmierten Zelltodes Apoptose in schnellteilenden Zellen Resistenzmechanismus Bearbeiten Bedeutung fur die Resistenzentwicklung sollen intrazellulare Konzentrationen an Glutathion und die zahlreiche SH Gruppen tragende Metalloproteine haben die die Platinverbindungen binden und inaktivieren Ebenso spielen Transportproteine bei der Resistenzentwicklung eine wichtige Rolle z B CTR1 ein Transportprotein das normalerweise fur die Aufnahme von Kupfer in die Zelle verantwortlich ist Auch eine vermehrte DNA Reparatur soll beteiligt sein Zu beachten ist die Kreuzresistenz mit Carboplatin Pharmakokinetik Bearbeiten Cisplatin wurde bei oraler Aufnahme von der Magensaure hydrolysiert werden daher wird es intravenos appliziert Es wird zu 90 an Serumproteine z B Albumin gebunden und unterliegt einer dreiphasigen Eliminationskinetik talpha 20 30 min tbeta 40 70 min tgamma 24 h In der tertiaren Phase wird das plasmaproteingebundene Cisplatin eliminiert Die Verteilung von Cisplatin zeigt besonders hohe Konzentrationen in Nieren Leber Gonaden Milz Prostata Harnblase Pankreas Muskulatur und Nebennieren Die Aufnahme ins Gehirn und in den Liquor cerebrospinalis ist gering Indikation Bearbeiten Hauptanwendungsgebiete fur Cisplatin sind das Hoden Ovarial Bronchial Harnblasen und Zervixkarzinom und Plattenepithelkarzinome an Kopf und Hals sowie das Chorionkarzinom Cisplatin wird als Infusion verabreicht und kommt fast ausschliesslich in Kombination mit anderen Chemotherapeutika zum Einsatz Kombinations Chemotherapie Unerwunschte Wirkungen Bearbeiten Cisplatin gehort zu den Zytostatika die am haufigsten zu Ubelkeit Erbrechen und Durchfall fuhren Mittels der modernen Antiemetika wie 5 HT3 Antagonisten z B Ondansetron und Aprepitant lasst sich diese sehr unangenehme Nebenwirkung heute allerdings recht gut beeinflussen Dosislimitierende Nierenschadigung etwa 2 Woche nach Therapiebeginn 5 Durch verstarkte Diurese und ausreichende Flussigkeitszufuhr vor wahrend und nach der Anwendung kann die Nephrotoxizitat verringert werden Diuretika vor allem Schleifendiuretika verstarken die Nephrotoxizitat und sind daher kontraindiziert Horschaden 6 in den hoheren Frequenzen vor allem bei Kindern Nach wiederholter Gabe evtl periphere Neuropathie mit Parasthesien Krampfen und Verlust motorischer Funktionen Myelosuppression In seltenen Fallen anaphylaktoide Reaktionen Anaphylaxie Die negativen Auswirkungen von Cisplatin auf die gesunden Zellen einiger Organe wie beispielsweise die Nieren lassen sich durch den zugelassenen Zytoprotektor Amifostin teilweise unterdrucken 7 8 9 10 Handelsnamen BearbeitenMonopraparate Cis GRY D Platiblastin CH Platinol CH zahlreiche Generika D A CH 11 12 13 Literatur BearbeitenMarkus Galanski Bernhard K Keppler Tumorhemmende Metallverbindungen In Pharmazie in unserer Zeit 35 2 S 118 122 2006 doi 10 1002 pauz 200500160 Ingo Ott Ronald Gust Medizinische Chemie der Platinkomplexe Besonderheiten anorganischer Zytostatika In Pharmazie in unserer Zeit 35 2 2006 S 124 133 doi 10 1002 pauz 200500161 Wieland Voigt Andrea Dietrich Hans Joachim Schmoll Cisplatin und seine Analoga In Pharmazie in unserer Zeit 35 2 2006 S 134 143 doi 10 1002 pauz 200500162 Bernhard Lippert Ed Cisplatin Chemistry and Biochemistry of a Leading Anticancer Drug Wiley VCH 1999 ISBN 3 906390 20 9 Bernhard Lippert Wolfgang Beck Platin Komplexe in der Krebstherapie In Chemie in unserer Zeit 17 Jahrg 1983 Nr 6 S 190 199 doi 10 1002 ciuz 19830170604 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h Eintrag zu Cisplatin in der GESTIS Stoffdatenbank des IFA abgerufen am 14 Januar 2020 JavaScript erforderlich FDA Oncology Tools Approval Summary for cisplatin for Metastatic ovarian tumors Memento vom 8 Februar 2008 im Internet Archive fda gov abgerufen am 21 Oktober 2010 Siddhartha Mukherjee Der Konig aller Krankheiten Krebs eine Biografie DuMont Buchverlag Koln 2012 ISBN 978 3 8321 9644 8 B Lippert Hrsg CISPLATIN Chemistry and Biochemistry of a Leading Anticancer Drug 1999 WILEY VCH S 84 85 K K Filipski R H Mathijssen u a Contribution of organic cation transporter 2 OCT2 to cisplatin induced nephrotoxicity In Clinical Pharmacology and Therapeutics Band 86 Nummer 4 Oktober 2009 S 396 402 doi 10 1038 clpt 2009 139 PMID 19625999 PMC 2746866 freier Volltext S Waissbluth S J Daniel Cisplatin induced ototoxicity Transporters playing a role in cisplatin toxicity In Hearing research Band 299 Mai 2013 S 37 45 doi 10 1016 j heares 2013 02 002 PMID 23467171 J M Yuhas J M Spellman F Culo The role of WR 2721 in radiotherapy and or chemotherapy In Cancer Clinical Trials Band 3 Nummer 3 1980 S 211 216 PMID 6254681 Amifostin zur Zytoprotektion gegen Nebenwirkungen der Kombinationstherapie mit Cyclophosphamid und Cisplatin bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom Memento vom 23 Januar 2011 im Internet Archive In Der Arzneimittelbrief Band 31 1997 6b L G Marcu The role of amifostine in the treatment of head and neck cancer with cisplatin radiotherapy In European Journal of Cancer Care Band 18 Nummer 2 Marz 2009 S 116 123 doi 10 1111 j 1365 2354 2008 01032 x PMID 19267726 Review M Treskes U Holwerda I Klein H M Pinedo W J van der Vijgh The chemical reactivity of the modulating agent WR2721 ethiofos and its main metabolites with the antitumor agents cisplatin and carboplatin In Biochemical pharmacology Band 42 Nummer 11 November 1991 S 2125 2130 PMID 1659819 Rote Liste online Stand September 2009 AM Komp d Schweiz Stand September 2009 AGES PharmMed Stand September 2009 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cisplatin 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