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Christian Friedrich Ernst Fuhrer 5 Marz 1943 in Leipzig 30 Juni 2014 ebenda war ein deutscher evangelisch lutherischer Pfarrer Er war ab dem 13 Oktober 1980 Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche und wurde durch seinen Einsatz vor und wahrend der Friedlichen Revolution 1989 in der DDR bekannt Christian Fuhrer 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Friedensgebete 1 2 Nach der Friedlichen Revolution 2 Ehrungen und Auszeichnungen 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFuhrer stammte aus einer Pfarrersfamilie Sein Vater war 40 Jahre lang Pfarrer in Langenleuba Oberhain wo Christian zusammen mit zwei alteren Schwestern aufwuchs Er besuchte den altsprachlichen Zweig der Ernst Abbe Oberschule in Eisenach Von 1961 bis 1966 studierte Fuhrer an der Karl Marx Universitat Leipzig evangelische Theologie Nach der Ordination 1968 war er Pfarrer in Lastau und gleichzeitig in Colditz In dieser Zeit kamen die vier Kinder des Ehepaares Fuhrer zur Welt 1980 wurde Christian Fuhrer zum 122 Gemeindepfarrer der Leipziger Nikolaikirche seit der Reformation berufen Friedensgebete Bearbeiten Im Rahmen der Friedensdekade die 1980 als gemeinsame Protestaktion der evangelischen Jugendpfarramter in Ost und West entstand ermoglichte Fuhrer die seit dem 20 September 1982 jeden Montag in der Nikolaikirche stattfindenden Friedensgebete des Liebertwolkwitzer Diakons Gunter Johannsen gegen das Wettrusten in Ost und West Ab 1986 wurden die Friedensgebete durch Christoph Wonneberger den Pfarrer der Lukasgemeinde koordiniert 1 1986 liess Christian Fuhrer Schilder mit der Aufschrift Nikolaikirche offen fur alle anbringen von denen eins noch heute Stand 2020 am Haupteingang der Nikolaikirche steht 1987 organisierte er einen Pilgerweg im Rahmen des Olof Palme Friedensmarsches und einen Gesprachskreis Hoffnung fur Ausreisewillige 1988 moderierte er die Furbittandachten fur die anlasslich der Liebknecht Luxemburg Demonstration in Berlin Verhafteten Mit dem Vortrag Leben und Bleiben in der DDR wandte er sich an Ausreisewillige Im September 1988 stimmte er nachtraglich der Entscheidung von Friedrich Magirius dem Superintendenten fur Leipzig Ost zu die Eigenverantwortung bei der Gestaltung der Friedensgebete die bisher z B auch bei Leipziger Burgerrechtsgruppen lag in die Hande des Kirchenvorstands der Nikolaikirchgemeinde zu legen 2 Erst nach mehreren Monaten intensiver Protestaktionen konnten Christoph Wonneberger und die organisierte Leipziger Opposition wie Arbeitsgruppe Menschenrechte Arbeitskreis Gerechtigkeit Leipzig Initiativgruppe Leben Arbeitsgruppe Umweltschutz Frauen fur den Frieden einen Kompromiss erreichen der den Gruppen die Gestaltung der Friedensgebete unter der Leitung und Verantwortung jeweils eines Pfarrers ermoglichte Die Gruppen wurden dann neben Christoph Wonneberger von den Pfarrern Klaus Kaden und Rolf Michael Turek sowie dem Priester Hans Friedrich Fischer unterstutzt 3 Die Staatsorgane der DDR ubten weiter Druck aus um die Friedensgebete einzustellen Seit Fruhjahr 1989 spitzte sich die Situation zu Zufahrtsstrassen wurden kontrolliert Verdachtige zugefuhrt Am 26 Juni 1989 verlas Christian Fuhrer im Friedensgebet einen Protestbrief von 30 Personen an die chinesische Botschaft um gegen die Exekutionen in China zu protestieren 4 Am 9 Oktober gab es ein grosses Aufgebot von Angehorigen der NVA Kampfgruppen der Arbeiterklasse Polizei und Mitarbeitern des Ministeriums fur Staatssicherheit in Zivil Man hatte etwa 1000 SED Mitglieder in die Nikolaikirche beordert von denen bereits gegen 14 Uhr etwa 600 das Kirchenschiff fullten Ab Mittag wurde der Appell zur Gewaltlosigkeit dreier subversiver Leipziger Gruppen Arbeitsgruppe Menschenrechte Arbeitskreis Gerechtigkeit Leipzig und der Arbeitsgruppe Umweltschutz als illegal gedrucktes Flugblatt verteilt und nachmittags in den Kirchen der Innenstadt verlesen 5 Kurz vor Schluss des Friedensgebetes in der Nikolaikirche vor dem Segen des Bischofs wurde ein Aufruf des Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur des Kabarettisten Bernd Lutz Lange des Theologen Peter Zimmermann und dreier Sekretare der SED Bezirksleitung der so genannte Aufruf der Leipziger Sechs verlesen der ebenfalls zur Gewaltlosigkeit aufrief Tatsachlich verlief die folgende Demonstration mit uber 70 000 Teilnehmern manche Quellen sprechen von bis zu 100 000 ohne jede Gewaltanwendung 6 Nach der Friedlichen Revolution Bearbeiten Nach 1989 setzte sich Fuhrer besonders fur Arbeitslose ein es entstand die Kirchliche Erwerbsloseninitiative Leipzig 1993 die Koordinierungsgruppe Kirchlicher Erwerbslosigkeitsinitiativen Sachsen Ende Oktober 1989 erlitt Christoph Wonneberger einen Hirnschlag und so ubernahm der nominelle Hausherr der Nikolaikirche auch die Koordination der Friedensgebete 1999 engagierte er sich mit Christian Wolff gegen den Kosovokrieg im ehemaligen Jugoslawien 7 Im Dezember 2001 unterzeichnete Fuhrer als einziger Leipziger den Aufruf aus der ehemaligen DDR Opposition Wir haben es satt der von den anderen Leipzigerinnen und Leipzigern aus dem einstigen organisierten Widerstand seines ausschliesslich aus Frustration gespeisten Inhaltes wegen abgelehnt worden war 8 Zusammen mit Wolfgang Tiefensee meldete Fuhrer im Marz 2002 den Ausspruch Wir sind das Volk als Marke Klasse 35 Werbung an um einen Missbrauch des Satzes zu verhindern 9 Seit dem Beginn der Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV in Leipzig 10 hatte er wieder zu Friedensgebeten vor den Demonstrationen in die Nikolaikirche eingeladen Nach anfanglicher Beteiligung an diesen Demonstrationen gegen Hartz IV sprach sich Christian Fuhrer gerade dann fur Hartz IV als endlich eingeleitete n Beginn notwendiger Reformen unseres Sozialstaates 11 aus als am Tage zuvor am 29 August 2004 die Erklarung von Angehorigen ehemaliger DDR Oppositionsgruppen Wir protestieren gegen Hartz IV 12 erschienen war Nachdem am 24 Januar 2006 zwei im Irak tatige Ingenieure aus Leipzig entfuhrt worden waren mobilisierte der Pfarrer in der Tradition der Montagsgebete hunderte Menschen zu Mahnwachen Auch bei den in Leipzig immer wieder stattfindenden Aufmarschen des Hamburger Rechtsextremisten Christian Worch wie zuletzt am 3 Oktober 2006 zahlte Fuhrer zu den Initiatoren der friedlichen Gegendemonstrationen nach dem Vorbild von 1989 Am 30 Marz 2008 hielt Fuhrer seinen Abschiedsgottesdienst in der Nikolaikirche und ging in den Ruhestand 13 Bei einer Predigt in der Kieler Ansgarkirche zum Ausklang eines Vernetzungstreffens okumenischer Friedensgruppen am 2 September 2012 rief Fuhrer dazu auf sich aktiv fur die Abschaffung des kapitalistischen Wirtschaftssystems einzusetzen da der globale Kapitalismus nicht zukunftsfahig sei Er zerstore die Umwelt und die Menschen Stattdessen musse eine Wirtschaftsform des Teilens entwickelt werden 14 15 Das Deutsche Patent und Markenamt entschied am 6 Februar 2013 die von Fuhrer 2002 beantragte Wortmarke Wir sind das Volk wegen fehlender gewerblicher Nutzung wieder zu loschen Die Burgerrechtlerin Angelika Kanitz hatte die Loschung beantragt da der Satz so frei bleiben solle wie er 1989 formuliert worden ist 16 nbsp Grab von Christian FuhrerChristian Fuhrer starb am 30 Juni 2014 im Alter von 71 Jahren im Universitatsklinikum Leipzig an den Folgen einer Lungenfibrose Er wurde nach einer Trauerfeier in der Nikolaikirche in der Familiengrabstatte in Langenleuba Oberhain einem Ortsteil von Penig beigesetzt 17 18 Ehrungen und Auszeichnungen Bearbeiten1991 Theodor Heuss Medaille gemeinsam unter anderem mit Joachim Gauck Ulrike Poppe und Jens Reich 1995 Bundesverdienstkreuz 1 Klasse 19 2002 Johann Philipp Palm Preis 2004 Goldene Henne 2005 Augsburger Friedenspreis zusammen mit Michail Gorbatschow 2008 Hans Bockler Medaille des DGB 20 2008 Verleihung der Heissen Kartoffel durch den Mitteldeutschen Presseclub des mdr 21 2011 Scheidegger Friedenspreis 2014 Markgrafin Wilhelmine Preis der Stadt Bayreuth 2014 Deutscher Nationalpreis zusammen mit Christoph Wonneberger und Uwe Schwabe als Reprasentanten der Leipziger Montagsdemonstrationen zur Erinnerung an die friedliche Revolution in der DDR und den Fall der Mauer vor 25 Jahren 22 Schriften BearbeitenChristian Fuhrer Und wir sind dabei gewesen Die Revolution die aus der Kirche kam Der Pfarrer der Nikolaikirche erzahlt sein Leben Ullstein Berlin 2008 ISBN 978 3 550 08746 2 Christian Fuhrer Frech fromm frei Worte die Geschichte schrieben Mit einem Vorwort von Margot Kassmann Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2013 ISBN 978 3 374 03743 8 Literatur BearbeitenThomas Rudolph Oliver Kloss Rainer Muller Christoph Wonneberger Hrsg im Auftrage des IFM Archivs e V Weg in den Aufstand Chronik zu Opposition und Widerstand in der DDR vom August 1987 bis zum Dezember 1989 Bd 1 Araki Leipzig 2014 ISBN 978 3 941848 17 7 Vorwort als Leseprobe zum Download Rainer Eckert Opposition Widerstand und Revolution Widerstandiges Verhalten in Leipzig Mitteldeutscher Verlag Halle Saale 2014 Erich Loest Nikolaikirche Linden Leipzig 1995 ISBN 3 88243 382 5 Hermann Geyer Nikolaikirche montags um funf die politischen Gottesdienste der Wendezeit in Leipzig Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2007 Universitat Leipzig Habil Schr 2006 ISBN 978 3 534 18482 8 Inhaltsverzeichnis Karl Czok Hrsg auf Grundlage der Handakten von Christian Fuhrer und Friedrich Magirius Nikolaikirche offen fur alle Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 1999 ISBN 3 37401 740 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Christian Fuhrer Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Christian Fuhrer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Christian Fuhrer in der Deutschen Digitalen Bibliothek Christian Fuhrer in der Internet Movie Database englisch Kurzbiografie zu Fuhrer Christian In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Einzelnachweise Bearbeiten Christoph Wonneberger Der vergessene Held MDR 2009 abgerufen am 6 Oktober 2016 Christian Fuhrer Und wir sind dabei gewesen 6 Auflage Ullstein Berlin 2009 ISBN 978 3 550 08746 2 S 192 Christian Dietrich Fallstudie Leipzig 1987 1989 Die politisch alternativen Gruppen in Leipzig vor der Revolution Enquete Kommission Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED Diktatur in Deutschland Band VII 1 1995 Freunde und Feinde Dokumente zu den Friedensgebete in Leipzig zwischen 1981 und dem 9 Oktober 1989 Herausgegeben von Christian Dietrich und Uwe Schwabe im Auftrag des Archiv Burgerbewegung e V Leipzig Leipzig 1994 und Peter Wensierski Handeln statt Beten in Der Spiegel Nr 43 19 Oktober 2009 S 42 46 Arbeitsgruppe Menschenrechte Arbeitskreis Gerechtigkeit Hrsg Leipziger Chronik Teil 4 vom 4 Juni bis 4 September 1989 in Ost West Diskussionsforum Nr 10 Februar 1990 S 18 20 Appell des organisierten Widerstandes zur Gewaltlosigkeit am 9 Oktober 1989 Vgl Leipziger Menschenrechtsgruppen 1989 Blatt 9 1999 9 Oktober 1989 Tag der Entscheidung Christian Wolff und Christian Fuhrer Gedanken zum Kosovo Krieg Aufruf Wir haben es satt PDF 20 kB vom 13 Dezember 2001 auch als Beilage zur taz erschienen Eintrag beim Deutschen Patent und Markenamt Aufruf zur Wiederaufnahme der Montagsdemonstrationen ab 19 April 2004 in Leipzig Christian Fuhrer im Interview am 30 August 2004 Erklarung von Angehorigen ehemaliger DDR Oppositionsgruppen Wir protestieren gegen Hartz IV vom 29 August 2004 Stefan Klotz Der Bergprediger von Sankt Nikolai faz net vom 31 Marz 2008 Christian Fuhrer fordert Wirtschaftsform des Teilens Nordkirche Evangelisch Lutherische Kirche in Norddeutschland abgerufen am 1 Juli 2014 Christen sollen Kapitalismus abschaffen Unsere Kirche Evangelische Zeitung fur Westfalen und Lippe abgerufen am 1 Juli 2014 Peter Schilder Leipzig Uns ist das Volk Frankfurter Allgemeine Zeitung 22 Februar 2013 Dominic Welters Christian Fuhrer ist tot Leipzigs ehemaliger Nikolaikirchenpfarrer starb am Montagvormittag Memento vom 6 Oktober 2014 im Internet Archive Nachruf in der Onlineausgabe der Leipziger Volkszeitung vom 30 Juni 2014 abgerufen am 30 Juni 2014 knerger de Das Grab von Christian Fuhrer ist in seinem Geburtsort Bernd Lindner Gottes friedlicher Revolutionar In Zeit de 1 Juli 2014 abgerufen am 24 Februar 2021 Ex Pfarrer Fuhrer erhalt Hans Bockler Medaille ddp Meldung vom 5 Mai 2008 auf derNewsticker de abgerufen am 5 Mai 2008 Mitteldeutscher Presseclub des Mitteldeutschen Rundfunks 21 November 2008 abgerufen am 10 Februar 2014 Deutscher Nationalpreis 2014 fur die Leipziger Montagsdemonstrationen PDF Nicht mehr online verfugbar Die Deutsche Nationalstiftung 2014 archiviert vom Original abgerufen am 12 Marz 2014 Normdaten Person GND 129670014 lobid OGND AKS LCCN no00004616 VIAF 85504778 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Fuhrer ChristianALTERNATIVNAMEN Fuhrer Christian Friedrich ErnstKURZBESCHREIBUNG deutscher evangelischer Pfarrer Organisator von Montagsdemonstrationen in LeipzigGEBURTSDATUM 5 Marz 1943GEBURTSORT LeipzigSTERBEDATUM 30 Juni 2014STERBEORT Leipzig 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