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Ab August 2004 fanden in der Bundesrepublik Deutschland als Reaktion auf die durch das Hartz Konzept bedingten Arbeitsmarktreformen grossere Demonstrationen statt die von den Demonstranten und den Massenmedien als Hartz IV Demonstration oder als Montagsdemonstration bezeichnet wurden Anti Hartz Demonstration Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Begriffskritik 3 Verlauf der Demonstrationen 4 Teilnahme von Neonazis 5 Organisation durch die MLPD 6 Bundesweite Koordinierung 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenAls Ausgangspunkt fur den tiefgreifenden Umbau des Sozialstaates Sozialabbau gegen den sich die Proteste 2004 richteten wird die Regierungserklarung des Bundeskanzlers Gerhard Schroder am 14 Marz 2003 angesehen in der er unter dem Namen Agenda 2010 als Programm ankundigte Wir werden Leistungen des Staates kurzen Eigenverantwortung fordern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern mussen 1 Gegen diese Politik wandten sich nach verschiedenen kleineren Protesten etwa 100 000 Teilnehmer einer gewerkschaftsgestutzten zentralen Demonstration am 1 November 2003 in Berlin 2 Begriffskritik BearbeitenDie Verwendung des Begriffes Montagsdemonstration war umstritten 3 Einige DDR Burgerrechtler kritisierten die Herstellung einer Analogie zur friedlichen Revolution von 1989 Die Montagsdemonstrationen 1989 hatten der Uberwindung einer totalitaren Diktatur gedient Vera Lengsfeld sagte beispielsweise Es ging um Freiheit Wolf Biermann verwendete den Begriff Etikettenschwindel Besonders scharf wies der damalige Wirtschaftsminister Clement als politisch Verantwortlicher den Begriff zuruck 4 In der Berliner Zeitung nannte Joachim Gauck den Begriff toricht und geschichtsvergessen Er fuhrte jedoch aus dass es positiv sei wenn die Menschen demonstrieren wer meine gute Grunde fur Demos zu haben braucht kein falsches Etikett 5 Dagegen verteidigte der Leipziger Pfarrer Christian Fuhrer die Verwendung des Begriffs Es kann nicht nach dem Motto gehen Wir begrussen dass Ihr gegen die Kommunisten auf die Strasse gegangen seid aber jetzt habt Ihr die Klappe zu halten So geht das echt nicht 6 Aber gerade dann sprach er sich fur Hartz IV als endlich eingeleitete n Beginn notwendiger Reformen unseres Sozialstaates 7 aus als am Tage zuvor am 29 August 2004 die Erklarung von Angehorigen ehemaliger DDR Oppositionsgruppen gegen Hartz IV mit 60 Unterzeichnern erschienen war Wir protestieren gegen Hartz IV Wir sind einverstanden mit der Wiederbelebung der Montagsdemonstrationen Es ging und geht um Gerechtigkeit Selbstbestimmung Mundigkeit Menschenwurde und Freiheit 8 Verlauf der Demonstrationen BearbeitenIn Leipzig gab es bereits im Herbst 2003 9 und verstarkt ab dem 29 Marz 2004 wochentliche Montagsdemonstrationen 10 In Magdeburg galt spater Andreas Ehrholdt als Initiator ein arbeitsloser Burokaufmann der dort die ersten Montagsdemonstrationen organisierte 11 Auf ihrem Hohepunkt am 30 August 2004 demonstrierten in uber 200 Stadten mindestens 200 000 Menschen gegen das Hartz IV Reformpaket und die damit verbundene Ersetzung der Arbeitslosenhilfe durch das Arbeitslosengeld II unterhalb des bisherigen Niveaus der Sozialhilfe 12 13 Bei der Berliner Demonstration am 20 September 2004 wurde die Ehefrau des Anmelders Fred Schirrmacher verletzt 14 Ab Mitte Oktober 2004 brach die Teilnehmerzahl deutlich ein und zahlreiche Gruppierungen zogen sich von den Demonstrationen zuruck Edmund Stoiber bezeichnete bei einer Rede in Deggendorf die Montagsdemonstranten in Jena und Eisenach als dumme Kalber die ihre Metzger selber wahlten weil sie Plakate von Oskar Lafontaine gezeigt hatten der gegen die Einbeziehung der Ostdeutschen in die Rentenversicherung und die sozialen Sicherungssysteme gewesen sei 15 Lafontaine stufte die Montagsdemos als Beweis dafur ein dass sich das Volk die Politik wieder aneignen wolle 16 nbsp Bundesprasident Kohler begrusst Bremer MontagsdemonstrantenBundesprasident Horst Kohler der Bremen am 10 September 2007 mit einem Gefolge von 180 Diplomaten besuchte sagte am Offenen Mikrofon Wenn wir uns hier treffen glaube ich haben Sie das Recht zu demonstrieren Die Botschafter aus der ganzen Welt sehen dass Deutschland in diesem Fall Bremen und Bremerhaven ebenfalls mit Problemen kampft Das ist wichtig denn aus der Sicht vieler Botschafter aus Afrika geht s uns in Deutschland riesig gut Ich mochte ihnen eben dann zeigen Auch hier wird gekampft ist nicht alles rosig Deshalb mussen wir weiterarbeiten und deshalb ist es gut dass wir zur Kenntnis nehmen was Sie sagen und was Sie beschwert 17 18 Probst Joachim Hempel der den Braunschweiger Dom selbstverstandlich nach dem Vorbild der Leipziger Montagsdemonstrationen fur eine Auftaktandacht zur Verfugung stellte weil das Thema auch fur kunftige Generationen wichtig sei rief zu mehr Gerechtigkeit auf Menschen die mit 1 500 Euro brutto eine Familie ernahren mussen konnen nichts fur eine private Altersvorsorge tun 19 Fur den Herbst rief Bromberger zur bundesweiten Sternfahrt nach Berlin auf 20 Teilnahme von Neonazis BearbeitenIn Erfurt war es eine Auflage der Polizei dass Demonstranten einen offentlichen Platz mit den Rechtsextremen teilen mussten Die Demonstration fand dort in Anlehnung an die Erfurter Tradition des Jahres 1989 immer donnerstags statt Ab etwa November 2004 wurde an Stelle der Demonstration eine Kundgebung auf dem Erfurter Anger durchgefuhrt Dabei kam es zu einem Zwischenfall bei dem der Verdi Funktionar Angelo Lucifero mit einer Schreckschusspistole in die Luft schoss nachdem stadtbekannte Neonazi Kader ihn bedrangten 21 In anderen Stadten reihten sich Neonazis in die Montagsdemonstrationen ein was von den Demonstranten nicht immer verhindert wurde Zu den Ursachen dafur zahlten erstens dass die Organisatoren zu wenige Ordner stellten um einen Ausschluss der Neonazis durchzusetzen in Einzelfallen wurden in kleineren Ortschaften Ordner aus dem rechtsextremen Spektrum rekrutiert Zweitens waren manche der Organisatoren politisch so unerfahren dass ihnen die Notwendigkeit einer Ausgrenzung von Neonazis nicht klar war Alle Opfer des Sozialabbaus hatten ein Recht zu protestieren argumentierten sie Drittens hatte die Polizei erst dann eine Handhabe besessen Rechtsextremisten von der Demonstration abzudrangen wenn es bereits zu strafbaren Handlungen gekommen ware beispielsweise dem volksverhetzenden Aufstacheln zum Hass gegen Teile der Bevolkerung Von den Gewerkschaftsspitzen wurde die Beteiligung von Rechtsextremisten als Grund dafur genannt nicht bundesweit zur Teilnahme an Demonstrationen gegen Sozialabbau aufzurufen Zwar haben deren Veranstalter uberwiegend von Anbeginn den Ausschluss von Neonazis gefordert doch konnten die Grundsatze der Montagsdemonstrationen wegen der Auseinandersetzungen um das Offene Mikrofon und die basisdemokratischen Abstimmungen teilweise erst nach Monaten schriftlich fixiert und beschlossen werden 22 Einer dieser Grundsatze neben dem der Uberparteilichkeit lautet Wir grenzen uns entschieden von Faschisten ab Sie haben auf der Montagsdemo nichts zu suchen 23 24 25 26 Organisation durch die MLPD Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Wahrend die Gliederungen der Gewerkschaften anfingen sich den Montagsdemos anzuschliessen zogere die DGB Spitze vor den Wahlen in Nordrhein Westfalen Thuringen und Sachsen Die Bewegung in Ostdeutschland finde aber noch keine Entsprechung in Westdeutschland Hier seien die Attac Gruppen gefordert Der Bewegung abtraglich seien Versuche von politischen Kleinstgruppen wie der MLPD die Montagsdemo unter ihre Kontrolle bringen zu wollen Das uberregionale Koordinationstreffen in Leipzig am 28 August 2004 drohe von der MLPD unterwandert zu werden Da viele Leute die die alten Auseinandersetzungen der westdeutschen Linken nicht miterlebt hatten das Problem mit der MLPD nicht verstunden solle ein erklarendes Papier vorbereitet und an die Gruppen verschickt werden Eine bundesweite Struktur zur Koordinierung der Demos werde nicht fur notwendig erachtet und sei derzeit unbedingt zu vermeiden ebenso aber auch eine Schlammschlacht uber die Presse Eine grosse Demonstration am 3 Oktober 2004 die von der MLPD unter dem vollig inakzeptablen Motto Marsch auf Berlin ins Gesprach gebracht worden sei finde in Ostdeutschland grossen Anklang Sie laufe aber Gefahr als Endpunkt der Montagsdemos zu wirken und in den Medien mit dem Protesttag am 3 April 2004 verglichen zu werden In Bremen trat das Bundnis gegen Sozialkahlschlag im Januar 2005 die Organisation der Montagsdemonstration an eine Gruppe unabhangiger parteiloser Burger und Vertreter der MLPD ab Diese Gruppe hatte auch vorher schon die Vorbereitung bei zusatzlichen Besprechungen durchgefuhrt Die Aufrechterhaltung wochentlicher Montagsdemos wurde laut Trennungsbeschluss von Teilen des Bundnisses nicht mehr fur sinnvoll gehalten Man musse eine Kampagne zu einem geordneten Ende fuhren bevor sie klaglich auseinanderlaufe Eine weitere Zusammenarbeit mit der MLPD wurde abgelehnt da sie mangelnde Solidaritat mit Bundnispartnern zeige und in der bundesweiten breiten Bewegung gegen Sozialkahlschlag nur die unter ihrem Einfluss stehende Richtung unterstutze Die Montagsdemo sehe sie nicht als Protestform sondern als gesonderte Bewegung unter ihrer Fuhrung Dazu strebe sie deren bundesweite Vernetzung nach ihrem Organisationsschema an Ihre Bremer Vertreter hatten sich organisatorisch stark beteiligt und seien bemuht gewesen Richtlinien ihrer Partei durchzudrucken Es genuge aber nicht sich fur die Verabschiedung von Prinzipien einer Bewegung starkzumachen in denen man sich entschieden gegen Faschismus abgrenzt denn dies konnten auch rechte Populisten unterschreiben Forderungen und Parolen wie Weg mit Hartz IV das Volk sind wir seien ebenfalls nicht geeignet sich von ihnen abzugrenzen Bundesweite Koordinierung BearbeitenAm 28 August 2004 fand in Leipzig auf Einladung des dort die Montagsdemo verantwortenden Aktionsbundnisses ein erstes Treffen zur bundesweiten Koordinierung der Anti Hartz Bewegung statt an dem 186 Menschen aus 66 Stadten teilnahmen Sie waren zumeist in den jeweiligen die Montagsdemo verantwortenden Organisationsrahmen als Delegierte gewahlt worden Die Versammlung beschloss mit grosser Mehrheit eine bundesweite Vernetzung der Montagsdemonstrationen aufzubauen und einen bundesweiten Sternmarsch nach Berlin am Tag der Deutschen Einheit 2004 Am 2 Oktober 2004 demonstrierten in Berlin uber 50 000 Menschen am Folgetag auf dem Alexanderplatz etwa 25 000 Teilnehmer Am 24 Februar 2007 nahmen 142 Delegierte und 51 Gaste aus 68 Stadten an der funften Bundeskonferenz der Montagsdemonstrationen in Kassel teil und beschlossen im Herbst erneut eine Protestaktion durchzufuhren Am 13 Oktober 2007 nahmen rund 7000 Menschen an der vierten bundesweiten Demonstration der Montagsdemo Bewegung in Berlin teil Sie verlangten unter anderem eine Rucknahme der Hartz IV Reformen und der Rente mit 67 Demonstranten forderten auf Plakaten und Transparenten Mindestlohne und die Einfuhrung der 30 Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich Sie schwenkten die Fahnen linker Parteien und Gruppierungen sowie von Gewerkschaften wie der IG Metall und Verdi Die Polizei lobte den friedlichen Verlauf der von der bundesweiten Koordinierungsgruppe der Bewegung organisierten Veranstaltung Im Demonstrationsaufruf hiess es Wir wollen Arbeit von der man leben kann Wir lassen uns nicht in Arbeiter und Arbeitslose spalten Wir wollen eine lebenswerte Zukunft 27 28 Sprecher der Koordinierungsgruppe der bundesweiten Montagsdemo Bewegung war der ehemalige DDR Burgerrechtler und MLPD Anhanger Fred Schirrmacher Anmelder der Berliner Montagsdemo 29 30 31 Weblinks BearbeitenDie Montagsburger In Der Spiegel Nr 13 2006 online 27 Marz 2006 Linksammlung zur MontagsdemonstrationEinzelnachweise Bearbeiten Gerhard Schroder Abgabe einer Regierungserklarung durch den Bundeskanzler Mut zum Frieden und zur Veranderung In Deutscher Bundestag Hrsg Plenarprotokoll 15 32 Stenografischer Bericht PDF 663 kB S 2479 2493 Zitat S 2479 Martin Upchurch Graham John Taylor Andy Mathers The Crisis of Social Democratic Trade Unionism in Western Europe The Search for Alternatives Ashgate Farnham 2009 ISBN 978 0 7546 7053 7 Contemporary Employment Relations S 75 Stern vom 9 August 2004 Stern vom 9 August 2004 Wer gute Grunde fur Demos hat braucht kein falsches Etikett In Berliner Zeitung 9 August 2004 Umstrittener Begriff Pfarrer der Nikolaikirche verteidigt Montagsdemonstration Memento vom 11 August 2004 im Internet Archive In Suddeutsche de 9 August 2004 Kopie der Originalversion im Internet Archive Stand 11 August 2004 Lafontaine brauchen wir bei unseren Protesten nicht Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV Interview mit Pfarrer Christian Fuhrer von der Leipziger Nikolaikirche In Braunschweiger Zeitung 29 August 2004 Erklarung ehemaliger DDR Oppositioneller gegen Hartz IV vom 29 August 2004 sowie in Sonderausgabe Nr 1 PDF 123 kB Telegraph 13 September 2004 S 2 SozialForum Leipzig Aufruf zum Protest gegen die Schroderschen Konterreformen Leipziger Aufruf zur Montagsdemonstration am 29 Marz 2004 Fur ein Contra wider die Konter Reformen ahnlich das Flugblatt zum 19 April 2004 Financial Times Deutschland vom 8 August 2004 Memento vom 1 August 2012 im Webarchiv archive today Sachsische Zeitung vom 17 August 2004 stern de vom 9 August 2008 Tageszeitung vom 26 Februar 2007 Die dummsten Kalber In Der Spiegel Nr 33 2005 online Auszuge aus einer Rede Edmund Stoibers am 5 August Gut gebraunt zum Sozialismus Spiegel Online 27 August 2005 149 Bremer Montagsdemo am 10 September 2007 Kreiszeitung Syke vom 11 September 2007 Gottinger Tageblatt vom 21 April 2008 1 2 Vorlage Toter Link www goettinger tageblatt de Seite nicht 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ab 2004 amp oldid 238236323