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Bisphosphonate auch Diphosphonate sind chemische Verbindungen die uber zwei Phosphonat Gruppen verfugen Basisstruktur der Bisphosphonate Inhaltsverzeichnis 1 Verwendung 2 Wirkmechanismus 3 Wirkstoffe 4 Pharmakokinetik 5 Nebenwirkungen 6 EinzelnachweiseVerwendung BearbeitenBisphosphonate gehoren einer Medikamentengruppe an die seit den 1980er Jahren fur diagnostische und therapeutische Zwecke bei Knochen und Calciumstoffwechselkrankheiten entwickelt wurde Einige Verbindungen dieses Typs werden in Medikamenten zur Behandlung der Osteoporose verwendet Sie sind in Deutschland zur Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen der Osteodystrophia deformans und der Tumor assoziierten Hyperkalzamie zugelassen Daruber hinaus finden sie Einsatz bei der Behandlung von Knochenmetastasen und Fibroser Dysplasie 1 In einer Studie aus dem Jahr 2009 wurde ausserdem durch Hinzufugen von Zoledronat eine Substanz aus der Gruppe der Bisphosphonate zur endokrinen Therapie bei hormonsensiblem Brustkrebs eine langere rezidivfreie Uberlebenszeit erzielt 2 Bisphosphonate dienen auch in Verbindung mit 99mTechnetium als Tracer in dem nuklearmedizinischen Untersuchungsverfahren Skelettszintigrafie Dabei werden sie in einer sehr niedrigen pharmakologisch nicht wirksamen Dosis angewendet Das Bisphosphonat Lexidronam wird in Verbindung mit dem uberwiegenden Beta Strahler 153Samarium zur palliativen analgetischen Therapie bei Knochenmetastasen eingesetzt Radionuklidtherapie Wirkmechanismus BearbeitenBisphosphonate konnen Biomembranen zwar nur sehr schwer uberwinden die Osteoklasten nehmen Bisphosphonate aber im Rahmen des Abbaus von Knochensubstanz durch Phagozytose auf Diese Aufnahme fuhrt dazu dass die Lebensdauer der Osteoklasten verkurzt wird Dies wiederum bewirkt letztlich die therapeutisch erwunschte Verringerung des Knochenabbaus Bisphosphonate uben mehrere Effekte auf den Knochen aus Durch Anlagerung an die Knochenoberflache hemmen sie einerseits die Mineralisation der Knochensubstanz andererseits hemmen sie den Knochenabbau durch Hemmung der Osteoklasten Aktivitat Insbesondere die stickstoffreichen Bisphosphonate hemmen die Protonen ATPase direkt toxischer Effekt und hemmen die Enzyme des Mevalonsaurestoffwechsels Experimentell und klinisch belegt ist ausserdem ihr direkter Einfluss auf das Monozyten Makrophagen System indem sie die Rekrutierung und Fusionierung der Osteoklasten Vorlaufer torpedieren Ausserdem bewirken sie die Verkurzung der osteoklastaren Lebensdauer durch Induktion der Apoptose wahrscheinlich verbunden mit einer Verlangerung der osteoblastaren Lebensdauer Durch Hemmung der Farnesylpyrophosphat Synthase konnen die Produkte dieses Enzyms Farnesyl und Geranylpyrophosphat kleine G Proteine u a Ras nicht mehr in der Zellmembran verankern Fehlen diese G Proteine haben an Zellrezeptoren gebundene Wachstumsfaktoren keine Auswirkung auf die Zelle mehr Infolgedessen sterben die Osteoklasten im Rahmen der Apoptose ab 3 Und schliesslich bewirken sie die Hemmung von Prostacyclinen und anderen Cytokininen im Knochengewebe 4 Wirkstoffe Bearbeiten nbsp MethylendiphosphonsaureDie Bisphosphonate sind Ester und Salze der Methylendiphosphonsaure Medronsaure Sie sind Diphosphat Analoga in denen der Sauerstoff der P O P Bindung durch Kohlenstoff ersetzt ist Verbindungen dieses Typs zahlen zu den Phosphonaten Sie unterliegen im Korper keiner enzymatischen Hydrolyse Bevor man ihre therapeutische Wirkung bei Osteoporose entdeckte wurden Bisphosphonate unter anderem als Waschmittelzusatze verwendet Durch Modifikationen der Molekulstruktur wurden ihre therapeutischen Eigenschaften schrittweise verbessert So sind die neuesten Bisphosphonate 20000 mal potenter als Etidronat das Bisphosphonat der ersten Generation Sie unterscheiden sich in den Seitenketten und bilden demnach vier Gruppen Bisphosphonat ohne Stickstoff Etidronat Clodronat Tiludronat Aminobisphosphonate Pamidronat Alendronat am Stickstoff substituierte Aminobisphosphonate Ibandronat Bisphosphonate mit einem basischen Heterocyclus Risedronat Zoledronat In Deutschland sind folgende Bisphosphonate zugelassen Alendronat Clodronat Etidronat Ibandronat Pamidronat Risedronat Tiludronat und Zoledronat Zur Skelettszintigrafie wird unter anderem Oxidronat HDP nur in der Schweiz zugelassen verwendet In der Medizin verwendete Bisphosphonate nbsp Alendronsaure zur Behandlung der Osteoporose nbsp Hydroxyethyliden Diphosphonat HEDP Etidronsaure zur Skelettszintigrafie nbsp 2 3 Dicarboxypropan 1 1 Diphosphonat DPD zur Skelettszintigrafie nbsp Ibandronsaure zur Behandlung von Knochenmetastasen bei Brustkrebs und von Osteoporose nbsp Zoledronsaure zur Behandlung der Osteoporose der TIH und von Knochenmetastasen nbsp Risedronsaure zur Behandlung von auch steroidinduzierter Osteoporose und Paget KrankheitPharmakokinetik BearbeitenBisphosphonate werden im Darm schlecht resorbiert und bilden mit Calcium unlosliche Komplexe Die Resorptionsquote nach oraler Einnahme liegt zwischen 1 und 10 der eingenommenen Dosis teilweise ist sie noch geringer Die Einnahmevorschriften mussen daher genau eingehalten werden Bisphosphonate sollten morgens nuchtern mindestens 30 Minuten vor weiterer Nahrungsaufnahme oder anderen Medikamenten mit einem vollen Glas Leitungswasser eingenommen werden Diese Vorschriften entfallen bei intravenoser Gabe durch Infusion oder Spritze Etwa 20 50 der resorbierten Menge wird im Knochen gespeichert Der Rest wird innerhalb von 24 Stunden mit dem Urin oder Stuhl ausgeschieden Die Halbwertszeit der Bisphosphonate im Skelett betragt viele Jahre ahnlich wie bei Tetracyclinen oder Strontium Nebenwirkungen BearbeitenBei oraler Gabe treten bei zwei bis zehn Prozent der Patienten gastrointestinale Beschwerden wie Ubelkeit Bauchschmerzen Erbrechen und Durchfall auf Aufrechte Haltung wahrend der Einnahme kann einen Ruckfluss in die Speiserohre gastroosophagealer Reflux und damit gastrointestinale Storungen vermeiden Durch Komplexbildung mit Calciumionen im Darm konnen gelegentlich Hypokalzamien vorkommen In Schwangerschaft und Stillzeit sind Bisphosphonate kontraindiziert In jungster Zeit mehren sich Hinweise auf bisphosphonatassoziierte Knochennekrosen im Kieferbereich BONJ bisphosphonate associated osteonecrosis of the jaw oder BRONJ bisphosphonate related osteonecrosis of the jaw die klinisch sehr den Symptomen einer Osteoradionekrose ahneln und sehr therapieresistent sind Ein relevantes Risiko fur eine BP assoziierte ONJ besteht wenn aufgrund einer malignen Grunderkrankung Bisphosphonate intravenos in hohen Dosen und uber einen langeren Zeitraum verabreicht werden Das Committee for Medicinal Products for Human Use CHMP der EMA European Medicines Agency Europaische Arzneimittelagentur hat mit einer Mitteilung vom 24 September 2009 diese unerwunschten Wirkungen aus den Daten des Eudravigilance Vorhabens bestatigt und weitere Ursachenforschungen gefordert 5 Aber auch bei alleiniger oraler Medikation sind mittlerweile Falle von Kieferknochennekrosen bekannt meist im Zusammenhang mit einer vorhergehenden Zahnextraktion Die Bisphosphonate inhibieren endotheliale Zellen und storen damit die intraossare Angiogenese des Knochens Der geschadigte Knochen ist somit in seiner Fahigkeit auf Infekte oder Traumata zu reagieren eingeschrankt Bisphosphonat assoziierte Kiefernekrosen wurden nach einer Latenzzeit von gut zehn Jahren nach Zulassung der ersten Bisphosphonate in den spaten 1980er Jahren als Syndrom beschrieben 6 Diese Kiefernekrosen ahnelten den Phosphornekrosen des Kiefers englisch phossy jaw nach Vergiftungen durch weissen Phosphor wie sie im 19 Jahrhundert aus der Streichholz Industrie bekannt waren Die klinische Diagnose der Bisphosphonat assoziierten Kiefernekrose ist nur schwer zu stellen Definitionsgemass ergibt sie sich aus der Anamnese mit einer Vorbehandlung mit oralen oder intravenos verabreichten Bisphosphonaten In einigen Studien hat der Gesichtsschadel eine bis zu 20 fach hohere knocherne Umbauaktivitat als das ubrige Skelett was die verstarkte Bisphosphonateinlagerung im Kieferknochen erklaren konnte 7 Eine Zahnsanierung vor der Behandlung und eine Verlangerung der Dosierungsintervalle konnten nach den Ergebnissen einer Beobachtungsstudie in JAMA Oncology das Risiko senken 8 In der Skelettszintigrafie verwendete Bisphosphonate haben aufgrund der extrem niedrigen Dosierung keine Nebenwirkungen Lediglich bei fehlerhafter Injektion in das Gewebe neben der Vene kommt es zu einem sehr kurz anhaltenden brennenden Gefuhl Die Einschrankungen der Indikation nuklearmedizinischer Untersuchungen in Schwangerschaft und Stillzeit sowie die Strahlenexposition durch das Radionuklid sind zu beachten Laut der HORIZON Studie trat bei Behandlung mit dem Bisphosphonat Zoledronsaure bei nicht wenigen Patientinnen 1 3 Prozent auch schweres Vorhofflimmern auf das bisher bei Bisphosphonaten nicht beobachtet worden war Das Vorhofflimmern lag unter der fur diese Altersgruppe zu erwartenden Rate und wurde in anderen Studien mit Zoledronsaure nicht beobachtet 9 Studien von 2011 zur Langzeitanwendung der Alendronsaure fuhrten zu einem Hinweis im WHO Pharmaceuticals Newsletter in der Rubrik Safety of Medicines auf die Veroffentlichung des MHRA bezuglich moglicher atypischer Frakturen des Femurschafts Corpus ossis femoris 10 Atypische Frakturen des Femurs traten meist am proximalen Schaft auf und zeigen typische radiologische Merkmale Sie konnen durch ein minimales Trauma ausgelost werden kommen jedoch auch ohne Trauma vor Die Frakturen sind haufig bilateral und weisen eine schlechte Heilungstendenz auf 11 Der Verdacht dass Bisphosphonate langfristig den Knochenumbau storen und das Risiko fur Frakturen deutlich erhohen wird durch eine neuere Studie erhartet Nach funf Jahren Behandlung sei jedoch das Verhaltnis von Nutzen zu Risiko immer noch gunstig 12 Aufgrund von epidemiologischen Hinweisen hat das CHMP bei der Europaischen Arzneimittelagentur EMA einen moglichen Zusammenhang von atypischen Femurfrakturen mit der Gabe von Bisphosphonaten auf Basis der vorhandenen Daten umfassend bewertet 13 Weitere mogliche Nebenwirkungen von Bisphosphonaten sind Verwirrtheit sowie optische akustische und olfaktorische Halluzinationen Einzelnachweise Bearbeiten R Chapurlat Current pharmacological treatment for fibrous dysplasia and perspectives for the future In Joint Bone Spine Band 72 Nummer 3 2005 S 196 198 doi 10 1016 j jbspin 2004 08 001 M Gnant B Mlineritsch W Schippinger u a Endocrine therapy plus zoledronic acid in premenopausal breast cancer In N Engl J Med Band 360 Nummer 7 Februar 2009 S 679 691 PMID 19213681 Heinz Lullmann Klaus Mohr Lutz Hein Pharmakologie und Toxikologie Thieme Stuttgart 2006 ISBN 978 3 13 368516 0 S 262 264 R Bartl C Bartl R Gradinger Einsatz der Bisphosphonate in der Orthopadie und Unfallchirurgie In Der Orthopade Band 37 Nr 6 Juni 2008 S 595 614 doi 10 1007 s00132 008 1280 y Bisphosphonates and osteonecrosis of the jaw PDF 171 kB EMA 24 September 2009 abgerufen am 9 Juni 2017 englisch Robert E Marx Pamidronate Aredia and zoledronate Zometa induced avascular necrosis of the jaws a growing epidemic In Journal of Oral and Maxillofacial Surgery Band 61 Nr 9 September 2003 S 1115 1117 doi 10 1016 S0278 2391 03 00720 1 Stefan Lachmann Siegmar Reinert Sebastian Hoefert Thema mit grosser Praxisrelevanz Tubinger Bisphosphonat Symposium In ZM Band 102 Nr 6A 16 Marz 2012 S 716 720 online Catherine H Van Poznak Joseph M Unger u a Association of Osteonecrosis of the Jaw With Zoledronic Acid Treatment for Bone Metastases in Patients With Cancer In JAMA Oncology doi 10 1001 jamaoncol 2020 6353 Ergebnis der randomisierten HORIZON Studie Once Yearly Zoledronic Acid for Treatment of Postmenopausal Osteoporosis In New England Journal of Medicine Band 356 2007 S 1809 1822 doi 10 1056 NEJMoa067312 Hier zitiert nach Deutsches Arzteblatt 3 Mai 2007 online Bisphosphonates atypical femoral fractures In Drug Safety Update Band 4 Nr 11 Juni 2011 online E Shane D Burr P R Ebeling u a Atypical subtrochanteric and diaphyseal femoral fractures report of a task force of the American Society for Bone and Mineral Research In J Bone Miner Res Band 25 Nr 11 2010 S 2267 2294 doi 10 1002 jbmr 253 Laura Y Park Wyllie Muhammad M Mamdani David N Juurlink et al Bisphosphonate Use and the Risk of Subtrochanteric or Femoral Shaft Fractures in Older Women In JAMA Band 305 Nr 8 Februar 2011 doi 10 1001 jama 2011 190 European Medicines Agency concludes class review of bisphosphonates and atypical fractures EMA 15 April 2011 abgerufen am 9 Juni 2017 englisch Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bisphosphonate amp oldid 226301169