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Ein bedeckungsveranderlicher Stern oder fotometrischer Doppelstern ist ein Doppelsternsystem dessen Bahn so im Raum liegt dass sich die beiden Sterne von der Erde aus gesehen periodisch verdecken Animation eines bedeckungsveranderlichen Doppelsterns mit resultierender Lichtkurve Der Prototyp dieser Doppelsterne ist Algol b Persei im Sternbild Perseus den die Araber im Mittelalter Teufelsstern nannten Seine Veranderlichkeit wurde bereits in der Antike bemerkt und seine genaue Periodizitat 1783 84 von John Goodricke in den Philosophical Transactions veroffentlicht 1 Algols Helligkeit sinkt alle 2 87 Tage auf ein Drittel ab und zeigt in der halben Periode ein kleines Nebenminimum Inhaltsverzeichnis 1 Analyse der Lichtkurve 2 Klassifizierung 2 1 Lichtkurve 2 2 Geometrische Verhaltnisse 3 Sonderformen 4 Nutzen fur die Astrophysik 5 Periodenanderungen 6 Anderung der Lichtkurve 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAnalyse der Lichtkurve BearbeitenAus der Lichtkurve der Anderung der Helligkeit des nicht aufgelosten Doppelsternsystems wahrend eines Umlaufs um den gemeinsamen Schwerpunkt konnen die folgenden Parameter abgeleitet werden Die Umlaufzeit Die Dauer des Haupt und des Nebenminimums Die eventuelle Dauer des Stillstands im Minimum im Fall einer totalen Bedeckung Die Amplituden der Minima Der Helligkeitsverlauf im Abfall und Anstieg der MinimaAus diesen Daten kann auf die Flachenhelligkeiten der Sterne die relativen Radien die Bahnneigung die Randverdunkelung die Gravitationsverdunkelung die Abweichung von der Kugelform durch Zentrifugalkrafte und den relativen Abstand geschlossen werden Wird die Beobachtung in einem fotometrischen System in mehreren Wellenlangen durchgefuhrt kann auch auf die Oberflachentemperatur der Sterne geschlossen werden Da Sterne nur einen begrenzten Bereich von Zustandsgrossen annehmen konnen ist damit eine Bestimmung der absoluten Parameter wie Leuchtkraft und von geometrischen Parametern z B Sternradien moglich Wird der Verlauf der Radialgeschwindigkeit mittels des Dopplereffekts bestimmt konnen auch die Massen der Sterne sowie die Bahnexzentrizitat berechnet werden Da nur bei bedeckungsveranderlichen Sternen die Bahnneigung eines optisch nicht in seine Komponenten auflosbaren Doppelsternsystems bestimmt werden kann sind sie die wichtigste Quelle zur Bestimmung von Sternmassen 2 Klassifizierung BearbeitenEs gibt zwei Hauptklassifizierungen fur Bedeckungsveranderliche anhand der Lichtkurve und den geometrischen Verhaltnissen 3 Lichtkurve Bearbeiten Algolsterne zeigen eine annahernd konstante Helligkeit zwischen den Minima Bei Beta Lyrae Sternen ist der Lichtwechsel kontinuierlich veranderlich mit abgerundeten Maxima aber unterschiedlich tiefen Minima Die Umlaufdauer liegt zwischen einem und bis zu 20 Tagen Die W Ursae Majoris Sterne ahneln den Beta Lyrae Sternen ohne Stillstande wobei die Minima annahernd gleich tief sind Die Umlaufdauer ist kurzer als ein Tag Geometrische Verhaltnisse Bearbeiten Getrennte Systeme die zwischen den Komponenten keinen Materieaustausch zeigen Halbgetrennte Systeme bei denen eine Komponente die maximale Ausdehnung im Doppelsternsystem eingenommen hat Bei jeder weiteren Expansion dieser Komponente wurde Materie zum Begleiter fliessen Bei Kontaktsystemen hat jede Komponente die maximale Ausdehnung angenommen und es besteht ein bestandiger Materieaustausch zwischen den beiden Sternen nbsp Detached binary Doppelsterne umkreisen einander beeinflussen sich aber nicht so stark dass sie die Roche Grenze uberschreiten nbsp Semidetached binary Doppelsterne beeinflussen sich so stark dass die Roche Grenze uberschritten wird nbsp Contact binary Doppelsterne im physischen Kontakt Unter Umstanden bilden sie sogar eine gemeinsame Hulle Siehe auch Wechselwirkender DoppelsternSonderformen BearbeitenNeben Sternen konnen auch nichtleuchtende Begleiter eine Bedeckung verursachen Dazu gehoren Exoplaneten Braune Zwerge und Staubscheiben wie im Fall Epsilon Aurigae Weil diese Objekte nicht selbst leuchten wird nur ein Ruckgang der Helligkeit bei einem Bedeckungsveranderlichen pro Umlauf beobachtet Planeten und braune Zwerge haben einen wesentlich kleineren Durchmesser als Sterne und deshalb ist die Helligkeitsanderung im Minimum gering Die notwendige Messgenauigkeit lasst sich ausserhalb der Erdatmosphare mit wesentlich geringerem Instrumentenaufwand erreichen speziell bei der gleichzeitigen und lange andauernden Uberwachung einer grossen Anzahl von Sternen zur Suche nach solchen Minima So sind zum Beispiel die primaren Ziele der Satellitenmissionen Kepler und COROT die Suche nach Exoplaneten mittels der Transitmethode 4 Daneben gibt es auch Dreifach Bedeckungssysteme wie KOI 126 Hier umlauft in einer exzentrischen Bahn ein Stern ein enges Doppelsternsystem wobei beide Sterne des engen Systems von dem ausgedehnten Begleiter bedeckt werden konnen Die Lichtkurve erscheint unregelmassig veranderlich aufgrund der Uberlagerung der Minima 5 Nutzen fur die Astrophysik Bearbeiten nbsp Kunstlerische Darstellung eines Doppelsternsystems Ein kompakter Stern akkretiert Gas der Atmosphare seines Partners Der astrophysikalische Nutzen dieser Sternenklasse besteht in der Moglichkeit durch Messung der Lichtkurve auf die Bahndaten und physikalischen Zustandsgrossen der Sterne in dem Doppelsternsystem schliessen zu konnen So ist es mit Hilfe der neuen Generation von Grossteleskopen moglich bedeckungsveranderliche Sterne innerhalb der lokalen Gruppe zu finden und zu untersuchen Durch die Ableitung der Leuchtkraft aus der Lichtkurve konnten die Entfernungen zu den Magellanschen Wolken dem Andromedanebel dem Dreiecksnebel und einigen Zwerggalaxien der lokalen Gruppe mit einer Genauigkeit von bis zu 6 bestimmt werden 6 Bedeckungsveranderliche erlauben weiterhin die raumliche Auflosung von Strukturen auf oder nahe den Sternen des Doppelsternsystems Dazu gehoren Die einander zugewandten Hemispharen der Sterne sind heller durch den Reflexionseffekt bei engen Doppelsternsystemen Sternflecken ahnlich den Sonnenflecken Fackeln ahnlich den Sonnenfackeln Materiestrome zwischen den Sternen Ringe und Akkretionsscheiben um den Masseempfanger Heisse Flecken an der Sternoberflache wo Materiestrome aufprallen und ihre Bewegungsenergie freisetzen Bei den Zeta Aurigae und VV Cephei Systemen wird ein Hauptreihenstern als Lichtquelle zur Durchleuchtung und Analyse der ausgedehnten Atmosphare eines Roten Riesen genutzt Die Beobachtung einer Apsidendrehung der Bahn eines Bedeckungsveranderlichen ist relativ einfach da in diesem Fall sich die Position des Haupt und des Nebenminimums relativ zueinander verandern Da die Apsidendrehung auch abhangig von dem Aufbau der Sterne in dem Doppelsternsystem ist konnen Bedeckungsveranderliche auch zur Verifizierung von Modellen der inneren Struktur von Sternen genutzt werden 7 Allerdings mussen dafur die Rotationsparameter und die Ausrichtung der Achsen bekannt sein wie im Falle DI Herculis 8 Die Apsidendrehung kann auch zur Falsifikation von alternativen Gravitationstheorien genutzt werden Mit diesen Hypothesen konnen die beobachteten Abweichungen der Rotationskurven von Galaxien die dynamische Stabilitat von Galaxienhaufen und die Gravitationslinsen durch Galaxien oder Cluster ebenso gut erklart werden wie durch die Annahme von dunkler Materie Die beobachteten Apsidendrehungen bei bedeckungsveranderlichen Sternen mit einer grossen Bahnexzentrizitat sollten in einigen Jahren von den nach der Relativitatstheorie berechneten Werten abweichen und eine Unterscheidung ermoglichen 9 Da mit dem Abstand auch die Wahrscheinlichkeit einer gegenseitigen Bedeckung der Sterne abnimmt haben die meisten Bedeckungsveranderlichen kurze Perioden und daher eine kleine Bahnhalbachse im Verhaltnis zu den Sternradien Dadurch kann die Entwicklung der Sterne in Doppelsternsystemen von der von Einzelsternen abweichen aufgrund von Masseaustausch zwischen den Komponenten beschleunigter Rotation und magnetischer Aktivitat Periodenanderungen BearbeitenAnderungen in dem Gesamtdrehimpuls des Doppelsternsystems oder in der Verteilung des Drehimpuls sollten zu einer Verschiebung des Zeitpunkts minimaler Helligkeit fuhren Da sich die Anderung mit jedem Umlauf kumuliert sind kleinste Abweichungen messbar und Beobachtungen zeigen dass die Umlaufzeiten vieler bedeckungsveranderlicher Sterne nicht konstant sind 10 11 Dabei sind folgende Phanomene bekannt die eine Periodenanderung auslosen oder vortauschen konnen Apsidendrehung Beim Lichtlaufzeiteffekt umkreist ein dritter Korper das Doppelsternsystem und verschiebt damit den Schwerpunkt um den sich die beiden Sterne des Bedeckungsveranderlichen bewegen Aufgrund der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit verschiebt dies den Zeitpunkt minimaler Helligkeit Massenaustausch zwischen den Komponenten Massenverlust aus dem Doppelsternsystem z B durch Sternwinde Abstrahlung von Gravitationswellen Der magnetische Drehimpulsverlust entsteht wenn ein Stern ionisiertes Gas entlang der Magnetfeldlinien des Sterns verliert Das Gas ist in den Magnetfeldlinien eingefroren bis zu dem Radius bei dem das Magnetfeld mit Lichtgeschwindigkeit rotiert Die Folge ist eine Abnahme der Rotationsgeschwindigkeit des Sterns und damit ein Verlust von Drehimpuls im Doppelsternsystem Beim Applegate Mechanismus wird Drehimpuls im Laufe eines magnetischen Zyklus umverteilt zwischen der inneren und ausseren Konvektionszone eines Sterns Dies fuhrt zu einer Anderung der Rotationsabplattung und damit indirekt auch der Umlaufdauer die dabei sowohl zunehmen und als auch abnehmen kann Nach Beobachtungen treten zyklische Periodenzu und abnahmen fast ausschliesslich nur bei bedeckungsveranderlichen Sternen auf bei denen wenigstens eine Komponente magnetische Aktivitat zeigt 12 Eine asymmetrische Helligkeitsverteilung auf der zu bedeckenden Hemisphare durch Sternflecken Durch Gezeitenkrafte ausgeloste Pulsationen die haufig in Resonanz mit der Umlaufdauer des Doppelsterns sind Die meisten beobachteten Periodenanderungen bei bedeckungsveranderlichen Sternen werden dem Massenaustausch zwischen den Komponenten der Doppelsternsysteme zugeschrieben Allerdings ist die Ursache vieler zyklischer Periodenanderungen nicht bekannt Anderung der Lichtkurve BearbeitenLauft ein dritter Stern um das gemeinsame Massenzentrum und liegt seine Umlaufbahn dabei nicht in der Ebene des Bedeckungsveranderlichen so fuhrt dies zu einer Prazession der Bahn des engen Doppelsternsystems In der Folge verandert sich die Inklination der Bahn und damit auch die Tiefe der Minima Insgesamt ist nur eine geringe Zahl an Dreifachsystemen bekannt mit einer veranderlichen Tiefe der Minima aufgrund des gravitativen Einflusses eines dritten Korpers Zu diesen Sternen gehoren Algol und HS Hydrae 13 Daneben kann auch die Normalhelligkeit schwanken aufgrund von Anderungen an der Oberflache von einer oder beiden Komponenten des Bedeckungsveranderlichen Zu den bekanntesten Beispielen gehoren die RS Canum Venaticorum Sterne Auf der Oberflache eines spaten Riesen bilden sich Sternflecken mit einem Radius bis zu 20 und einer Temperatur die circa 1500 K unterhalb der ungestorten Sternoberflache liegt Dies fuhrt zu Einsenkungen in den Lichtkurven die im Laufe von Monaten bis Jahren durch die Lichtkurve wandern Bei Bedeckungsveranderlichen ist aufgrund der gebundenen Rotation die Rotationsperiode identisch mit der Bahnumlaufdauer Das langsame Wandern der Sternflecken uber die Oberflache ist daher die Folge einer differentiellen Rotation in den spaten Riesen 14 Auch bedeckungsveranderliche BY Draconis Sterne zeigen eine vergleichbare Modulation der Lichtkurve Bei dieser Sternklasse handelt es sich um spate Zwerge mit Sternflecken auf ihren Oberflachen 15 nbsp Kunstlerische Darstellung der vom Planeten KIC 12557548b ausgehenden StaubwolkeWenn ein Planet seinem Zentralstern zu nahe kommt heizt er sich so weit auf dass Teile seiner Oberflache verdampfen und die Materie das Gravitationsfeld des Super Mercury verlassen konnen Wenn die Bahn des Planeten von der Erde aus gesehen vor dem Stern vorbeifuhrt kann es zu einer veranderlichen Tiefe und Dauer des Bedeckungsminima kommen Dabei ist die Umlaufdauer konstant wie im Fall von KIC 12557548 wo die Tiefe der Minima zwischen 0 2 und 1 2 schwankt Die verdampfte Materie kondensiert in einer Entfernung vom Stern wieder zu Staub und absorbiert das Sternlicht sehr effektiv Die Bedeckungslichtkurve ist asymmetrisch und wie bei allen Planetentransits fehlt das sekundare Minimum 16 Siehe auch Doppelperiodischer VeranderlicherWeblinks BearbeitenSternwarte Hagen interaktives Java Applet zur Veranschaulichung der Geometrie und der resultierenden Lichtkurven nebst theoretischer Behandlung Einzelnachweise Bearbeiten z B Zdenek Kopal Dynamics of Close Binary Systems 1978 1914 S 3 unten The Philosophical Transactions of the Royal Society of London from Their Commencement in 1665 to the Year 1800 veroffentlicht 1809 S 456ff W Strohmeier Veranderliche Sterne Treugesell Verlag Dusseldorf 1974 John R Percy Understanding Variable Stars Cambridge University Press Cambridge 2007 ISBN 978 0 521 23253 1 A Weigert H J Wendker Lutz Wisotzki Astronomie und Astrophysik Ein Grundkurs 5 Auflage Wiley VCH 2009 Joshua A Carter u a KOI 126 A Triply Eclipsing Hierarchical Triple with Two Low Mass Stars In Astrophysics Solar and Stellar Astrophysics 2011 arxiv 1102 0562v1 Alceste Z Bonanos Eclipsing Binaries Tools for Calibrating the Extragalactic Distance Scale In Binary Stars as Critical Tools and Tests in Contemporary Astrophysics International Astronomical Union Symposium no 240 held 22 25 August 2006 in Prague Czech Republic S240 008 2006 arxiv astro ph 0610923 P Zasche On the apsidal motion of thirteen eclipsing binaries In Astrophysics Solar and Stellar Astrophysics 2012 arxiv 1204 5578v1 S Albrecht S Reffert I Snellen Misaligned spin and orbital axes cause the anomalous precession of DI Herculis In Nature Band 461 2009 S 373 376 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