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Das Attentat am Niederwalddenkmal war ein versuchter fehlgeschlagener und der insgesamt vierte Anschlag auf Kaiser Wilhelm I Den Anschlagsversuch am 28 September 1883 unternahmen Anarchisten um August Reinsdorf anlasslich der Einweihung des Niederwalddenkmals in Rudesheim am Rhein Die acht angeklagten AttentaterNiederwalddenkmal mit Auffahrtsstrasse Gemalde von Nikolai von Astudin vor 1920 Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 1 1 Ortlichkeit 1 2 Vorbereitung 2 Ausfuhrung 3 Strafrecht und Politik 4 Wissenswert 5 Verfilmung 6 Literatur 7 Weblinks 8 Anmerkungen 9 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenOrtlichkeit Bearbeiten Das Niederwalddenkmal war in Erinnerung an den Sieg uber Frankreich im Deutsch Franzosischen Krieg oberhalb von Rudesheim auf der Hohe des Niederwaldes uber dem Rhein errichtet worden Es sollte am 28 September 1883 feierlich eroffnet werden unter Beteiligung der hochsten politischen Prominenz des Deutschen Reiches an ihrer Spitze der Kaiser Vorbereitung Bearbeiten Der Anarchist August Reinsdorf damals unter einem Aliasnamen in Elberfeld heute Wuppertal ansassig hatte eine kleine konspirative Gruppe um sich organisiert und beabsichtigte die Einweihung fur ein spektakulares Attentat zu nutzen Er verschaffte sich Dynamit wobei ungeklart ist welchen Anteil ein Polizeispitzel 1 dabei und bei den ubrigen Vorbereitungen fur das Attentat hatte Durch den Spitzel welchen Polizeirat Ludwig Rumpff von der Polizei in Frankfurt am Main in die Gruppe um August Reinsdorf eingeschleust hatte wusste die Polizei bereits im Juli 1883 dass ein Attentat geplant war 2 Reinsdorf zog sich allerdings am 8 September 1883 eine Verletzung am Bein zu Er lag im Krankenhaus und konnte den Anschlag nicht selbst ausfuhren 3 Deshalb beauftragte er zwei Mitglieder seiner Gruppe Franz Reinhold Rupsch und Emil Kuchler den Sprengsatz zu platzieren Kuchler besorgte am 25 September 1883 die Zundschnur 4 eine geteerte Hanfschnur weil sie 50 Pfennige weniger kostete als eine mit Kautschuk abgedichtete wasserfeste 5 Das Dynamit befand sich in einer Flasche oder einem Einmachglas und einem Steinzeugkrug 6 Ausfuhrung Bearbeiten nbsp Festzelt bei der EinweihungsfeierAm 26 September 1883 reisten Rupsch und Kuchler nach Assmannshausen dem Nachbarort von Rudesheim 40 Mark Reisekosten steuerte der Polizeispitzel Palm bei 4 wohl aus Polizeimitteln 5 was er aber spater als Zeuge bestritt 7 Am 27 September 1883 fuhren sie weiter nach Rudesheim Hier stellten sie fest dass sich ihr ursprunglicher Plan das Dynamit unter dem Festzelt des Kaisers am Denkmal selbst zu platzieren nicht durchfuhren liess Dort wurden noch letzte Arbeiten durchgefuhrt 8 und es gab keine Moglichkeit den Sprengstoff unbeobachtet zu deponieren 9 Der Plan wurde geandert Der Anschlag sollte nun auf der Fahrstrasse durchgefuhrt werden die von Rudesheim zum Denkmal hinauf fuhrte 8 Dafur suchten sie eine Stelle aus an der in der Nahe eines Waldes unter der Strasse eine Drainage durchfuhrte Dort schoben sie das Dynamit hinein Die Zundschnur verlegten sie im Graben bis in den Wald 4 Es begann zu regnen 9 Am nachsten Tag beobachtete Kuchler den herannahenden Festzug Anm 1 in dem sich neben dem Kaiser auch der Kronprinz und verschiedene Bundesfursten befanden 4 und gab Rupsch ein vereinbartes Zeichen Der versuchte mit einer Zigarre die Schnur zu entzunden was allerdings nicht gelang Sie war so feucht dass sie kein Feuer fing Die Attentater unternahmen einen zweiten Versuch als der Kaiser nach der Einweihung auf der gleichen Strecke zuruck fuhr Rupsch entzundete dazu die Schnur an einer trockenen Stelle Aber sie brannte nur wenige Zentimeter bevor sie erlosch 10 Kuchler schlug nun vor einen Anschlag gegen das Hoftheater in Wiesbaden zu unternehmen wo der Kaiser am Abend einer Festvorstellung beiwohnte Das aber lehnte Rupsch ab Sie verubten vielmehr einen Anschlag auf die Festhalle in Rudesheim der aber nur Sachschaden hervorrief und kehrten anschliessend nach Elberfeld zuruck 11 Strafrecht und Politik Bearbeiten nbsp Landgericht Leipzig Ort der Gerichtsverhandlung nbsp Roter Ochse in Halle Ort der HinrichtungVermutlich aufgrund der Informationen des Polizeispitzels gelang es der Polizei Reinsdorf der am 23 Oktober aus dem Krankenhaus entlassen worden war am 11 Januar 1884 zu verhaften 12 und in der Folge fast alle Mitwisser Lediglich einem gelang die Flucht nach Amerika 13 Obwohl alle der Tat Verdachtigten in Untersuchungshaft genommen waren wurde in der Presse nicht daruber berichtet Am 23 April 1884 schrieb der Kaiser an Minister Robert von Puttkamer Da ich nun seit Monaten nie eine Silbe uber den entdeckten Frevel gehort habe so scheint die Angelegenheit kurz vor der Debatte uber das Sozialistengesetz wichtig zu verwerten fur die Abstimmung Da ein Gestandnis vorliegt so ist das Geheimnis nun nicht mehr zu bewahren um Mitwisser zu erforschen Sprechen Sie doch gleich mit Frst Bismarck von dieser Mitteilung um die Presse in Bewegung zu setzen Wilhelm I Albert von Puttkamer Staatsminister Robert von Puttkamer Ein Stuck preussischer Vergangenheit 1828 1900 Leipzig 1928 S 139 14 Am nachsten Tag machte Eugen Richter Mitglied der Reichstagskommission fur das Sozialistengesetz Mitteilung dass die Behorden Beweise uber das Attentat am Niederwalddenkmal hatten Damit sollte erreicht werden dass mehr Abgeordnete fur eine bisher nicht sichere Verlangerung des Sozialistengesetzes stimmten 15 Erst durch diese Mitteilung des Reichstagsabgeordneten erfuhr die Offentlichkeit von dem misslungenen Attentat Der Strafprozess gegen die Attentater erregte grosses Aufsehen Als Hochverratsprozess fand er vor dem Reichsgericht in Leipzig unter dem Vorsitz des Senatsprasidenten vor dem II Strafsenat Edwin von Drenkmann statt 16 Da das Reichsgerichtsgebaude noch nicht fertiggestellt war fand die Verhandlung in Raumen des Leipziger Landgerichts statt 17 Angeklagt waren insgesamt acht Manner zum Teil wegen Taterschaft zum Teil wegen Beihilfe 18 Am 22 Dezember 1884 wurden Reinsdorf Kuchler und Rupsch zum Tode verurteilt zwei weitere Angeklagte zu langjahrigen Zuchthausstrafen drei freigesprochen 19 weil ihnen eine Tatbeteiligung nicht nachzuweisen war 20 Im Detail legte das Urteil fest dass 17 der Angeklagte Bachmann wegen versuchten Mordes und Brandstiftung mit 10 Jahren Zuchthaus 10 Jahren Ehrverlust und Polizeiaufsicht Angeklagter Rupsch wegen Hochverrats mit dem Tode und dem Verlust der burgerlichen Ehrenrechte ausserdem wegen versuchten Mordes und Brandstiftung mit 12 Jahren Zuchthaus 10 Jahren Ehrverlust und Polizeiaufsicht der Angeklagte Kuchler wegen Hochverrats mit dem Tode und Verlust der burgerlichen Ehrenrechte ferner wegen versuchten Mordes und Brandstiftung mit 12 Jahren Zuchthaus 10 Jahren Ehrverlust und Polizeiaufsicht der Angeklagte Reinsdorf wegen Anstiftung zum Hochverrat mit dem Tode und Verlust der burgerlichen Ehrenrechte und wegen Anstiftung zum versuchten Morde und zur Brandstiftung mit 15 Jahren Zuchthaus 10 Jahren Ehrverlust und Polizeiaufsicht zu bestrafen dagegen der Angeklagte Reinsdorf wegen Anstiftung eines weiteren versuchten Mordes und Brandstiftung freizusprechen der Angeklagte Holzhauer wegen Beihilfe zum Hochverrat mit 10 Jahren Zuchthaus 10 Jahren Ehrverlust wegen Beihilfe zum versuchten Morde und zur Brandstiftung freizusprechen dass ferner die Angeklagten Sohngen Rheinbach und Tollner von der Anklage wegen Beihilfe zum Hochverrat und wegen Beihilfe zum versuchten Morde und zur Brandstiftung freizusprechen seien Wilhelm I begnadigte Rupsch zu lebenslangem Zuchthaus 21 die beiden anderen wurden am 7 Februar 1885 im Hof des Roten Ochsen in Halle durch Scharfrichter Julius Krautz aus Charlottenburg mit dem Fallbeil hingerichtet zuerst Reinsdorf dann Kuchler 22 Einer der zu langjahrigen Haftstrafen Verurteilten beging noch im selben Jahr Suizid 23 Rupsch verblieb bis zu seinem Tod im Jahr 1918 in Haft 24 Wissenswert BearbeitenAm 14 Januar 1885 wurde Polizeirat Rumpff vor seiner Wohnung erstochen Ob dies von anarchistischer Hand geschah oder Teil einer Auseinandersetzung des Polizisten mit der Zuhalterszene in Frankfurt wurde zumindest in den Augen der Kritiker des bismarckschen Staates nie befriedigend geklart 20 Schuhmacher Lieske aus Bockenheim ein junger Anarchist wurde als Tater verhaftet bestritt die Tat und wurde in einem Indizienprozess zum Tode verurteilt und am 17 November 1885 in der Strafanstalt Wehlheiden Anm 2 gekopft 25 Verfilmung BearbeitenDas Geschehen wurde 1975 vom ZDF unter dem Titel Ein deutsches Attentat verfilmt Regie Gunter Grawert 26 Literatur BearbeitenDieter Fricke Bismarcks Pratorianer Die Berliner politische Polizei im Kampf gegen die deutsche Arbeiterbewegung 1871 1898 Rutten amp Loening Berlin 1962 Hugo Friedlander Das Dynamit Attentat bei der Enthullungsfeier des Niederwald Denkmals In Interessante Kriminal Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung Bd 4 Berlin 1911 Max Schutte August Reinsdorf und die Niederwald Verschworung Eine geschichtliche Schilderung des geplanten Attentats gegen den kaiserlichen Hofzug am 28 September 1883 dem Prozess und die Hinrichtung der Verurteilten Verlag von Neues Leben Berlin 1902 Nachdruck Berlin 1983 ISBN 3 88999 002 9 S Werner Der Anarchisten Prozess Reinsdorf und Genossen verhandelt vor dem 2 und 3 Strafsenat des Reichsgerichts zu Leipzig vom 15 bis 22 Decbr 1884 Verlag der Leipziger Gerichts Zeitung Werner amp Comp Leipzig 1885 Digitalisat Marcus Muhlnikel Der Anschlag auf den Festzug zum Niederwald Denkmal in Marcus Muhlnikel Petra Prietzel Nora Krull Nora Krull Furst sind Sie unverletzt Attentate im Kaiserreich 1871 1914 Verlag Brill Schoningh 2014 ISBN 978 3 506 77860 4Weblinks BearbeitenMarcus Muhlnikel Reinsdorf August und Genossen 1884 In Kurt Groenewold Alexander Ignor Arnd Koch Hrsg Lexikon der Politischen Strafprozesse Stand September 2017 Anmerkungen Bearbeiten Schutte erliegt dem Missverstandnis dass das Attentat dem Hofzug des Kaisers gegolten habe mit dem er nach Rudesheim gekommen war Das wird aber durch die Feststellungen im Strafverfahren Werner Friedlander eindeutig widerlegt Das Attentat sollte auf der Zufahrtsstrasse zum Denkmal stattfinden Schutte S 25 auch sonst in den Details nicht immer zuverlassig schreibt Wehlsheiden Einzelnachweise Bearbeiten Schutte S 11 Dieter Fricke S 160 Fricke S 160 Anm 305 Schutte S 12 a b c d Werner S 94 a b Schutte S 13 Werner S 45 Werner S 26 a b Werner S 34 a b Schutte S 14 Schutte S 15 Schutte S 16 Schutte S 16f Schutte S 17f Albert von Puttkamer Staatsminister Robert von Puttkamer Ein Stuck preussischer Vergangenheit 1828 1900 Leipzig 1928 S 139 Zitiert nach Dieter Fricke S 160 161 Dieter Fricke S 162 ff Werner S 4 a b Friedlander Das Dynamit Attentat S 163f Schutte S 19f Werner S 97 a b Schutte S 22 Schutte S 23f Friedlander Das Dynamit Attentat S 239f Schutte S 24 Muhlnikel 2014 S 68 ff Schutte S 25 Ein deutsches Attentat in der Internet Movie Database englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Attentat am Niederwalddenkmal amp oldid 234292605