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Aristeides Quintilianus war ein antiker Musiktheoretiker Seine Lebenszeit lasst sich nicht genau bestimmen Da er Cicero in seinem Werk erwahnt und Martianus Capella ihn verwendet lasst sie sich zwischen Mitte 1 Jahrh v Chr und 5 Jahrh n Chr einschranken Inhalt und Grundhaltung seines Werkes lassen die Wende vom 1ten zum 2ten Jahrh wahrscheinlich erscheinen 1 Uber sein Leben ist nichts uberliefert Bekannt ist nur dass er die aus drei Buchern bestehende Schrift Peri moysikῆs Uber die Musik 2 in griechischer Sprache verfasste Es ist eine enzyklopadieartige umfangreiche Darstellung des musikalischen Umfeldes in der Antike Sie umfasst die Musiktheorie Harmonik Rhythmik Metrik Erziehung und Heilung durch Musik Instrumentenkunde arithmetische Intervalllehre und philosophische Aspekte der Musik 3 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungszeit und Verfasser 2 Aufbau und Inhalt des Werkes 2 1 Harmonik 2 2 Rhythmus und Metrik 2 3 Lob der Musik 2 4 Vortrags und Ausdruckslehre 2 5 Mathematische Musiklehre 2 6 Musikalische Seinslehre 3 Nachwirkung und Uberlieferung 4 Textausgaben 5 Literatur 6 BelegeEntstehungszeit und Verfasser BearbeitenDie Entstehungszeit des Buches ist umstritten Die ausseren Grenzen sind die zweite Halfte des 1 Jahrhunderts v Chr da Aristeides in Buch II Cicero erwahnt und das Ende des 5 Jahrhunderts n Chr da Martianus Capella das Werk als Quelle benutzt 4 Die Zeitvorstellungen variieren zwischen Ende des 1 Jahrhunderts n Chr auf Grund eines Vergleichs mit den Schriften des Ptolemaius Marcus Meibom und dem 3 Jahrhundert n Chr wegen seiner Nahe zum Neuplatonismus Carl Julius Caesar Zwingend lassen sich diese und andere Uberlegungen nicht beweisen 5 Die Vermutung einiger Gelehrter des 19 Jahrhunderts dass Aristeides ein Freigelassener des Marcus Fabius Quintilianus sei und zur Zeit des Kaisers Hadrian geschrieben habe 6 lasst sich nicht belegen Aus der in seinem Werk gezeigten distanzierten Haltung zum Romischen Reich Buch II p 71 und dem Gedenken des ehrenvollen griechischen Volkes Buch II p 73 kann man schliessen dass er Grieche war Aufbau und Inhalt des Werkes BearbeitenDas Werk ist in drei Bucher unterteilt Durch die Verwendung verschiedener Quellen werden manche Themen an verschiedener Stelle unterschiedlich beleuchtet Es ist auch die Vermutung aufgetaucht dass durch spatere Kopierer Umstellungen vorgenommen wurden 7 Im Folgenden werden die wesentlichen Themenkomplexe einzeln dargestellt Die Zitierung wird nach der Seitenzahlung in der Ausgabe Marcus Meiboms in der Form Buch n p m vorgenommen Die deutschen Zitate folgen der Ubersetzung Rudolf Schafkes Harmonik Bearbeiten Aristeides stellt die Harmonik Buch I p 9 30 der Musik der griechischen Antike dar die Tone mit ihren Bezeichnungen die Tongeschlechter die griechische Notenschrift etc Da er einen grossen zeitlichen Bereich abdeckt und dabei nur ungenaue Angaben wie bei den Alten macht sind die Texte nicht leicht zu interpretieren Die grundsatzliche Einteilung der Geschlechter in Diatonik Ganz und Halbtone Enharmonik und Chromatik Vierteltone bzw eine andere Unterteilung des Ganztons Buch I p 18 und der Tonarten in dorisch phrygisch und lydisch Buch I p 25 wird zu einem umfangreiches System ausgeweitet Eine wesentliche Quelle war vermutlich Aristoxenos von Tarent 8 den er auch einmal namentlich nennt und seine Tonarten zitiert Buch I p 23 Rhythmus und Metrik Bearbeiten Zur Definition des Begriffs Rhythmus benutzt Aristeides das Gegensatzpaar Hebung Senkung Arsis und Thesis Buch I p 31 Er erortert das Thema in funf Unterabschnitten die Zeiten und die Versfusse die Geschlechter der Versfusse das Zeitmass die Veranderungen und die Rhythmusbildung Diese Einteilung und ein Grossteil der Ausfuhrungen ist von Aristoxenos ubernommen 9 Die Versfusse sind aus Hebungen und Senkungen aufgebaut und unterscheiden sich auf vielfaltige Weise Verwandte Versfusse werden zu rhythmischen Geschlechtern zusammengefasst dem daktylischen bei dem Hebungen und Senkungen gleichermassen also im Verhaltnis n n vorhanden sind z B Spondeus mit langer Senkung und langer Hebung dem iambischen mit dem Verhaltnis n 2n z B Trochaus mit doppelter Senkung und kurzer Hebung und dem paonischen Buch I p 36 38 Zur Metrik besteht eine enge Beziehung Das Wesen der Rhythmik besteht im Wechsel von Hebung und Senkung das der Metrik in der Ungleichheit der Silben 10 Dem Versfuss entspricht das Versmass Unter den neun angefuhrten finden sich auch das daktylische das iambische und das paonische Lob der Musik Bearbeiten Aristeides hat ein begeistertes Lob der Musik geschaffen Sie sei geeignet zur Erziehung junger Menschen Buch II p 62 diene im Kultus Kampf und handwerklicher Tatigkeit unterstutzend und wirke heilend und lindernd fur den der dessen bedurfe Buch II p 65 Von Platon ubernimmt er dass dies durch die besondere Beziehung der Seele zur Musik moglich ist 11 Platonisches Gedankengut wird auch ausgebreitet um darzulegen wie die Alten die Musik zur Jugenderziehung und Staatsfuhrung benutzt und auch reglementiert haben 12 Den Romern bescheinigt er allerdings ein sachlicheres Verhaltnis zur Musik Hauptsachlich ruhmt er ihre Militarmusik auch als Signalgeber im kriegerischen Kampf Buch II p 70 Der Autor beendet die musikalische Volkerkunde mit dem schonen Lob Das Volk nun das die Musik liebevoll auf dem Ehrenplatz aufnahm ich meine das griechische ist der Tugend wie des gesamten Wissens wegen vom Schicksal gesegnet und uberragend an Humanitat Buch II p 73 Vortrags und Ausdruckslehre Bearbeiten werde ich teils die Lehren gewisser alter Musiker teils Theorien die bis heute mit Schweigen ubergangen worden sind vortragen Buch II p 75 beginnt der Textabschnitt Moglicherweise gibt Aristeides hier zum Teil eigene Gedanken wieder Allerdings nennt er an anderer Stelle auch den Musiktheoretiker Damon von Athen als Quelle Buch II p 95 Die Darstellung des kunstlerischen Vortrags ist nicht auf die Musik beschrankt vielmehr wird auch Tanz und Dichtung miteinbezogen und diese insbesondere durch mehrere Homer Zitate erlautert Eine besondere Rolle spielt der Gegensatz mannlich weiblich Dabei wird das mannliche als hart straff das weibliche als gelockert schlaff bzw das mannliche als sturmisch kraftvoll das weibliche als weinerlich schreiend Buch II p 91 p 96 beschrieben Auch diese musikalische Geschlechterkunde hat ihre Wurzel bei Platon 13 Allerdings stellt Aristeides die weibliche Seite wesentlich negativer dar Mathematische Musiklehre Bearbeiten Die mathematische Musiklehre des Aristeides orientiert sich an Pythagoras den er auch zitiert Schriften des Pythagoras zur Musik haben sich nicht erhalten das Gedankengut der Pythagoreer wurde aber von mehreren Musiktheoretikern wie Nikomachos von Gerasa weitergegeben Im ersten Teil wird dargelegt wie sich auf dem Monochord durch unterschiedlich verkurzte Saiten die Tone insbesondere der bevorzugten Intervalle Quarte Quinte Oktave erzeugen lassen Buch III p 116 118 Der Autor berichtet aber auch von den fruhesten Musikern protoi die unterschiedliche Tone durch verschieden schwere an eine Saite gehangte Gewichte hergestellt hatten Buch III p 113 Hier uberliefert er wie auch andere antike Schriftsteller die falsche Aussage dass ein linearer Zusammenhang bestehe ein Gewichtsverhaltnis von 1 2 also zur Oktave eines von 3 2 zur Quinte usw fuhre Richtig ist ein quadratischer Zusammenhang 1 4 bzw 9 4 14 Wichtiger ist ihm allerdings die Harmonie der Zahlen Die gehorte Konsonanz wird in Bezug gesetzt und erklart durch arithmetische und geometrische Proportionen Buch III p 119 120 Es folgt eine metaphysische Darstellung der Zahlen 1 bis 12 Buch III p 122 123 die zum Teil auf pythagoreischem Gedankengut basiert 15 Aus Musikerkreisen konnte die Vorstellung von der 12 als musikalischster Zahl stammen da sich bei einer 12 Einheiten langen Saite die Quarte Quinte und Oktave ganzzahlig abteilen lassen Musikalische Seinslehre Bearbeiten Nun wollen wir im einzelnen die musikalischen Lehrgegenstande durchgehen und bei jedem seine Gleichartigkeit mit dem Universum ins Licht rucken So leitet Aristeides seine musikalische Seinslehre ein Er stellt umfassende Beziehungen von der Musik zu der Seele den Tugenden dem Weltall mit den Spharen und der Zahlenmystik her Die Autoren die er als Quelle benutzt oder die auf Grund gemeinsamer Quellen ahnliches uberliefern sind zahlreich und reichen von Damon von Athen uber Poseidonios bis zu Apuleius 16 Trotz der Vielzahl der Bezuge ist die Nahe zu dem Timaios des Platon nicht zu verkennen Insbesondere die Lehre von der Seele Buch III p 155 f mit der Darstellung der Tetraktys ist Platons Zahlenproportionen bezuglich der Weltseele 17 verpflichtet Fast am Ende seiner Schrift formuliert Aristeides nochmals ein Lob der Musik Die Musik ubermittelt die Anfange und Grundlagen arxh des gesamten Wissens madhsis die Philosophie die hochsten Gipfel akroths Nachwirkung und Uberlieferung BearbeitenAristeides wird von den Autoren der Antike und des Fruhmittelalters nicht genannt Es gilt aber als gesichert dass Martianus Capella ihn als Quelle benutzt hat Erst ab dem 12 Jahrhundert wurden die uberlieferten Handschriften wieder gelesen und verwendet Die alteste erhaltene Handschrift ist der Codex Venetus Marcianus VI 10 Ende des 12 Jahrhunderts 18 Marcus Meibom erstellte 1652 die erste gedruckte Fassung aus dem Codex Scaligeri einem Text aus der Pariser Nationalbibliothek und einem Text aus der Bibliotheca Oxoniensis mit einer lateinischen Ubersetzung und Kommentar 19 In der Folge wurde der Text von zahlreichen Musiktheoretikern bearbeitet Zum Teil wurde Aristeides Quintilianus als Dilettant und gedankenloser Exzerptor abqualifiziert 20 Da aber keine andere Schrift einen solchen Reichtum an Informationen liefert hat Aristeides Quintilianus eine grosse Bedeutung und wird bis in die Gegenwart in vielen Arbeiten zur antiken griechischen Musik zitiert Textausgaben BearbeitenReginald Pepys Winnington Ingram Hrsg Aristidis Quintiliani De musica libri tres 1963 Rudolf Schafke Aristeides Quintilianus Von der Musik Berlin Schoneberg 1937 Literatur BearbeitenBruno Centrone Aristide Quintilien In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Band 1 CNRS Paris 1989 ISBN 2 222 04042 6 S 369 Christoph Riedweg Pythagoras Leben Lehre Nachwirkung Munchen 2002 Rudolf Schafke Einleitung zu Aristeides Quintilianus Von der Musik Berlin Schoneberg 1937 Karl von Jan Aristeides 25 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band II 1 Stuttgart 1895 Sp 894 896 Belege Bearbeiten Rudolf Schafke Aristeides Quintilianus Einleitung S 47 55 Karl von Jan In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band II 2 Stuttgart 1896 Sp 894 896 Carl Julius Caesar Die Grundzuge der Griechischen Rhythmik im Anschluss an Aristides Quintilianus Marburg 1861 S 6 12 Carl Julius Caesar Die Grundzuge der Griechischen Rhythmik S 3 Rudolf Schafke Aristides Quintilianus S 47 57 Rudolf Westphal Die Musik des griechischen Altertums S 251 Rudolf Schafke Aristeides Quintilianus S 73 Rudolf Westphal Die Musik des griechischen Altertums Leipzig 1883 S 97 Carl Julius Caesar Die Grundzuge der Griechischen Rhythmik S 81 Rudolf Schafke Aristeides Quintilianus Einleitung S 90 Platon Timaios 47d Platon Politeia 401c 412a 424c 425a Platon Nomoi 802 ff Christoph Riedweg Pythagoras S 46 Christoph Riedweg Pythagoras S 108 110 Rudolf Schafke Aristeides Quintilianus S 147 f Platon Timaios 35b 36b Rudolf Schafke Aristides Quintilianus Einleitung S 41 f Marcus Meibom Antiquae musicae auctores septem S 199 Rudolf Westphal Die Musik des griechischen Altertums S 253 Normdaten Person GND 100735339 lobid OGND AKS LCCN n82148820 VIAF 59438804 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Aristeides QuintilianusKURZBESCHREIBUNG griechischer MusiktheoretikerGEBURTSDATUM zwischen 1 Jahrhundert und 5 JahrhundertSTERBEDATUM zwischen 1 Jahrhundert und 5 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aristeides Quintilianus amp oldid 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