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Joseph Christoph Alfred Schliz 18 September 1849 in Heilbronn 22 Juni 1915 ebenda war ein deutscher Arzt Amateur Anthropologe und Archaologe der die steinzeitliche Grossgartacher Kultur entdeckte Er gilt zu seiner Zeit als einer der bedeutendsten deutschen Prahistoriker und befasste sich vor allem mit der Urgeschichte Suddeutschlands und des Alpengebietes Er hat sich ausserdem um die Forderung des Heilbronner Museumswesens verdient gemacht Alfred Schliz 1877 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Familie 1 2 Stadtarzt und Bauherr 1 3 Anthropologe und Archaologe 2 Tod 3 Wurdigung 4 Veroffentlichungen 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksLeben BearbeitenFamilie Bearbeiten Alfred Schliz entstammt einer ursprunglich in der Wetterau ansassigen Familie die mit seinem Grossvater Joseph Christian von Schliz 1780 1861 dem fur seine Verdienste geadelten wurttembergischen Oberamtmann von Heilbronn zu Beginn des 19 Jahrhunderts in Heilbronn angelangt war Alfred Schliz Vater Adolf Schliz 1813 1877 war ab 1843 Arzt ab 1873 Stadtarzt in Heilbronn und hatte ausser Sohn Alfred noch zwei Tochter Maria Charlotte Katharina 1848 und Pauline Caroline Mathilde 1858 Alfred Schliz war in erster Ehe ab 1877 mit Eugenie Amalie Meissner verheiratet mit der er den Sohn Alfred hatte und die bei der Geburt der Tochter Herta 1880 verstarb Vier Jahre nach ihrem Tod heiratete er Bertha Emilie Link Tochter des Heilbronner Kommerzienrats Louis Link mit der er weitere drei Kinder bekam Gerolf Manfred und Renate Stadtarzt und Bauherr Bearbeiten nbsp Stadthaus von Schliz an der Hohen Strasse in HeilbronnAlfred Schliz studierte ab 1867 Medizin in Tubingen Leipzig und Freiburg Wahrend seines Studiums wurde er im Wintersemester 1867 68 Mitglied der Burschenschaft Germania Tubingen 1 Im Deutsch Franzosischen Krieg 1870 1871 wurde er als Kriegsfreiwilliger Feldarzt Nach dem Krieg blieb er als Assistenz Arzt des Landwehrregiments in Heilbronn noch bis 1882 in militarischem Dienst 1873 schrieb er seine Abschlussarbeit uber Elefantiasis und liess sich im Folgejahr als Arzt in Heilbronn nieder 1877 trat er wie sein 1876 verstorbener Vater Adolf Schliz eine Stelle als Stadtarzt in Heilbronn an wo er sich u a der offentlichen Gesundheitspflege als Schularzt und der Tuberkulosevorsorge widmete 1898 erhielt er vom Statistischen Landesamt in Stuttgart den Auftrag zur Beschreibung der Abstammung und Entwicklung der Bevolkerung im Oberamt Heilbronn Aus den nachfolgenden Messungen und Untersuchungen erwuchs sein Interesse an anthropologischen Themen die er spater auch durch Grabungen und ahnliches zu ergrunden suchte nbsp Buste der Sigilgaita am Sommerhaus Villa Schliz in HeilbronnObwohl sich sein spates Lebenswerk insbesondere durch archaologische und regionalgeschichtliche Taten und Werke auszeichnet wirkte er bis zu seinem Tod weiterhin als Arzt in Heilbronn Er war Leiter des Erholungshauses spaterer Katharinenstift in Heilbronn und er war an der Einrichtung eines Sanatoriums auf Schloss Horneck in Gundelsheim beteiligt 1899 wurde er fur seine arztlichen Verdienste zum Hofrat ernannt 1913 schied er als Stadtarzt aus nahm dieses Amt dann nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 nochmals kurz auf und betreute ein Hilfslazarett legte das Amt jedoch krankheitsbedingt noch im selben Jahr wieder nieder Schliz hinterliess auch als Bauherr Spuren in Heilbronn Seine Stadthaus liess er 1885 von den prominenten Berliner Architekten Heinrich Kayser und Karl von Grossheim in der Hohen Strasse in Heilbronn errichten Das Gebaude war ein reprasentatives Stadt Schlosschen im Stil des Historismus mit prachtvollem Ziergiebel und Erker mit Zwiebeldach Auf dem Heilbronner Lerchenberg folgte dann 1901 als Sommerhaus mit Wirtschaftshof die Villa Schliz als Landhaus im Jugendstil Die heute denkmalgeschutzte Villa zahlt zu den architektonisch auffalligsten Bauwerken in Heilbronn da der an ihr zu sehende florale Jugendstil sonst selten in Wurttemberg ist 1904 wurde ausserdem auf Schliz Initiative der aus dem 16 Jahrhundert stammende Siebenrohrenbrunnen bei der Heilbronner Kilianskirche wiederhergestellt und ist seitdem eines der Wahrzeichen der Stadt Anthropologe und Archaologe Bearbeiten Im Alter von 50 Jahren veroffentlichte Schliz 1899 seine erste Schrift die die Abstammung und Korperbeschaffenheit der Bevolkerung im Oberamtsbezirk Heilbronn zum Gegenstand hatte Seine zeitliche Zuordnung historischer Relikte ist darin zwar schon sicherer als es fruhere Autoren wie Karl Wilhelmi waren aber auch Schliz ist noch nicht frei von mythologischen Vorstellungen wie Volksburgen Fur die Kategorisierung der Bevolkerung des Oberamts von der Steinzeit bis zum Mittelalter nach verschiedenen Rassetypen hatte er 1898 mehr als 1400 zwolf bis 14 jahrige Schuler nach Kopfform Haarfarbe usw untersucht Die Klassifikation von Rassen beschaftigte ihn zeitlebens Noch 1912 beschrieb er in seiner Klassifikation der diluvialprahistorischen Rassen beispielsweise die Herkunft des Menschen vom Neandertaler uber Brunner Form Cro Magnon Mensch und Grimaldirasse bis zu drei Endformen den schmalen und breiten Langkopfrassen sowie den Kurzkopfrassen Sein anthropologisches und prahistorisches Wissen eignete sich Schliz rein autodidaktisch an Er stand dem Historischen Verein Heilbronn nahe der 1879 bereits ein Historisches Museum im Heilbronner Fleischhaus eroffnete und damals schwerpunktmassig die Vor und Fruhgeschichte durch Bodenforschung betrieb Da er sah wie ungenugend bei bisherigen Grabungen beobachtet worden war unternahm er ab 1898 eigene Grabungen 1899 wurde er als Nachfolger von Friedrich Betz Vorsitzender des Historischen Vereins und damit auch Leiter des Heilbronner Museumswesens Nach dem Auftauchen eines angeblich 1898 am Heuchelberg bei Grossgartach auf der heutigen Gemarkung von Leingarten gefundenen Serpentinitbeils begann Schliz 1899 mit Hilfe des Ingenieurs Albrecht Bonnet an der vorgeblichen Fundstelle zu graben da er die topographischen Gegebenheiten des Ortes im Gewann Sumpfworschig als gunstig fur eine vorzeitliche Siedlung erkannte An der Stelle die zuvor bereits von Dritten auf der Suche nach verkauflichen Funden durchwuhlt worden war verortete er mehrere rechteckige steinzeitliche Wohnstellen Die von Bonnet und Schliz entwickelte Grabungsmethode die sich auf ausgesuchte einzelne interessante Stellen anstelle grossflachig auf ein ganzes Areal konzentriert tragt bis heute den Namen Bonnet Schlizsche Methode Bei den 13 Jahre andauernden Grabungen wurde neben Gebaudespuren auch Keramik gefunden die Schliz auf das 3 4 Jahrtausend v Chr datierte und die mit bisherigen Funden nicht vergleichbar war Schliz pragte den Begriff Grossgartacher Kultur fur die von ihm gefundene Linearkeramik Der Grossteil von Schliz eigenen Fundstellen liegt um Grossgartach siehe Steinzeitliche Siedlung von Grossgartach da er nach dem grossen dortigen Fund nur noch in Ausnahmefallen andernorts grub Er beschaftigte sich jedoch auch mit den Hugelgrabern auf dem Heilbronner Schweinsberg und verortete auf dem Wartberg die Uberreste einer bronzezeitlichen Hohenburg mit Ringwall und Graben Schliz stellte Funde aus allen bedeutenden Epochen der Besiedlung des Heilbronner Raums von der Steinzeit bis ins Mittelalter sicher Er registrierte auch rund 40 Graber aus der Ubergangszeit der alemannischen zur frankischen Zeit um 500 n Chr auf dem Heilbronner Rosenberg und beschrieb deren Grabbeigaben u a das Beinkastchen von Heilbronn Bildtafeln zu einer Veroffentlichung Schliz zu Grabbeigaben aus Heilbronn nbsp nbsp nbsp nbsp Durch seine Funde konnte Schliz das Historische Museum bedeutend erweitern ausserdem hat er die Sammlung neu geordnet 1905 erfuhr das Museum im Fleischhaus eine Umgestaltung und wurde neu eroffnet Am 25 November 1914 wurde ein weiteres Heilbronner Naturkunde Museum in der ehemaligen Leichenhalle des Alten Friedhofs eroffnet das unter seiner Forderung entstanden war In den rund 15 Jahren von seiner ersten Veroffentlichung 1899 bis zu seinem Tod 1915 verfasste er mehr als 100 Schriften zur Anthropologie und Archaologie Seine anthropologischen Gedanken und seine Interpretationen mancher Funde sind zwar inzwischen teilweise uberholt sein unbestreitbares Verdienst bleibt dennoch die Erfassung der zahlreichen vorgeschichtlichen Funde in und um Heilbronn die insbesondere bei den vielen grossen Bauvorhaben in der wirtschaftlich prosperierenden Zeit am Ende des 19 Jahrhunderts sowie durch das tiefere Pflugen der Felder mit den damals neuartigen Dampfpflugen zu Tage traten 1901 erschien seine Veroffentlichung Das steinzeitliche Dorf Grossgartach mit der er die von ihm rekonstruierte Siedlungsform umfassend darstellte Aus seiner Neuordnung des Historischen Museums im Fleischhaus resultierte 1906 ein bedeutender Katalog mit dem er bereits ein luckenloses Bild der Kultur und der geschichtlichen Entwicklung des unteren Neckarlandes von der altesten Ur und Vorgeschichte an bis zur Neuzeit zeichnete und auf dessen Grundlage 1911 der Beitrag Siedlungswesen und Kulturentwicklung des Neckarlandes in vorgeschichtlicher Zeit entstand Er fertigte auch zahlreiche plastische Modelle von ihm rekonstruierter Siedlungsformen an 1909 hatte er den Vorsitz beim Kongress der Deutschen Gesellschaft fur Anthropologie Ethnologie und Urgeschichte in Posen 1911 fand der Kongress in Schliz Heimatstadt Heilbronn statt Die wurttembergische Regierung entsandte Schliz 1913 als offiziellen Regierungsvertreter zum Anthropologen Kongress nach Monaco Tod Bearbeiten nbsp Schliz Familiengrab auf dem Hauptfriedhof in HeilbronnNoch 1914 hat sich Schliz krankheitsbedingt von allen Tatigkeiten zuruckgezogen auch wurde er depressiv aufgrund des Kriegsgeschehens Er verstarb am 22 Juni 1915 im Alter von 65 Jahren und wurde im Schliz Familiengrab auf dem Heilbronner Hauptfriedhof beigesetzt Die Grabstatte ist ein von ihm entworfener imposanter Megalithbau dessen Eingang von zwei lebensgrossen trauernden Kinderfiguren flankiert wird Die Namen der hier bestatteten Familienangehorigen sind auf einer im Inneren angebrachten Steintafel verzeichnet die in ihrer Grosse und Gestaltung mittelalterlichen Grabplatten ahnelt Wurdigung BearbeitenAuf Betreiben seines gleichnamigen Sohnes Alfred wurde das Naturhistorische Museum im Heilbronner Alten Friedhof 1935 erweitert und nach Alfred Schliz benannt Das Gebaude und seine Sammlung wurden beim Luftangriff auf Heilbronn 1944 zerstort Schliz wurde 1999 aus Anlass seines 150 Geburtstages mit einer Sonderausstellung der Stadtischen Museen Heilbronn bedacht Die Schlizstrasse in Heilbronn ist jedoch nicht nach Alfred Schliz sondern nach seinem Grossvater Joseph Christian von Schliz benannt dem ersten Oberamtmann und Heilbronner Ehrenburger Veroffentlichungen BearbeitenDer Entwicklungsgang der Erd und Feuerbestattung in der Bronze und Hallstattzeit in der Heilbronner Gegend In Veroffentlichungen des Historischen Vereins Heilbronn Bd 6 1896 1900 ISSN 0175 9833 S 1 18 Grabstein einer Edelfrau aus dem Geschlecht von Bockingen aus dem Jahr 1288 aufgefunden beim Umbau der Kirche zu Bockingen Sommer 1900 In Veroffentlichungen des Historischen Vereins Heilbronn Bd 6 1896 1900 S 63 67 Das steinzeitliche Dorf Grossgartach seine Keramik und die spatere Besiedlung der Gegend In Fundberichte aus Schwaben Bd 8 1900 ISSN 0016 2752 S 47 59 Das steinzeitliche Dorf Grossgartach Seine Kultur und die spatere vorgeschichtliche Besiedlung der Gegend Enke Stuttgart 1901 Der Anteil der Alamannen an den Grabfeldern des fruhen Mittelalters im Neckargau In Veroffentlichungen des Historischen Vereins Heilbronn Bd 7 1900 03 S 1 42 Frankische und alamannische Kunsttatigkeit im fruhen Mittelalter nach dem Bestand der schwabischen Grabfelder Verlag des historischen Vereins Heilbronn Heilbronn 1904 in Verbindung mit Beinkastchen von Heilbronn abgerufen am 19 Mai 2012 Die gallischen Bauernhofe der Fruh La Tene Zeit im Neckargau und ihr Hausinventar In Fundberichte aus Schwaben Bd 13 1905 S 30 57 Fuhrer durch die Sammlungen des historischen Museums in Heilbronn In Veroffentlichungen des Historischen Vereins Heilbronn 8 1903 06 S 1 114 Heilbronner Urgeschichtsforschung und ihre Ergebnisse fur das Historische Museum In Veroffentlichungen des Historischen Vereins Heilbronn 9 1906 09 S 1 23 Siedlungswesen und Kulturentwicklung des Neckarlands in vorgeschichtlicher Zeit In Veroffentlichungen des Historischen Vereins Heilbronn 10 1909 12 S 1 56 Die vorgeschichtlichen Schadeltypen der deutschen Lander in ihrer Beziehung zu den einzelnen Kulturkreisen der Urgeschichte In Archiv fur Anthropologie Bd 35 NF Bd 7 1909 ZDB ID 206983 0 S 239 267 und Bd 37 NF Bd 9 1910 S 205 251 Siedlungswesen und Kulturentwicklung des Neckarlandes in vorgeschichtlicher Zeit Beigedruckt in Festschrift zur 42 Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft V gemeinsame Versammlung der Deutschen und Wiener Anthropologischen Gesellschaft in Heilbronn a N Landerer Heilbronn 1911 ZDB ID 1046364 1 separate Zahlung Literatur BearbeitenPeter Goessler Alfred Schliz Der Mensch Arzt und Forscher 1849 1915 In Veroffentlichungen des Historischen Vereins Heilbronn Bd 20 1951 ISSN 0175 9833 S 180 191 Christina Jacob Hofrat Dr med Alfred Schliz Stadtarzt Familienvater und engagierter Burger In Christina Jacob Helmut Spatz Schliz ein Schliemann im Unterland 100 Jahre Archaologie im Heilbronner Raum Museo 14 Stadtische Museen Heilbronn 1999 ISBN 3 930811 81 2 S 22 41 Ausstellungskatalog Christina Jacob Ein Pionier der Siedlungsforschung Alfred Schliz 1849 1915 In Heilbronner Kopfe II Stadtarchiv Heilbronn 1999 S 131 140 Christina Jacob Archaologische Funde im Heilbronner Raum von Alfred Schliz 1898 In Historischer Verein Heilbronn Jahrbuch 34 2001 S 119 130 Christina Jacob Schliz Joseph Christoph Alfred In Neue Deutsche Biographie NDB Band 23 Duncker amp Humblot Berlin 2007 ISBN 978 3 428 11204 3 S 95 Digitalisat Uwe Jacobi Dr Alfred Schliz Der grabende Hofrat In Heilbronn Sie machten Geschichte Zwolf Portrats aus dem Leben und Wirken beruhmter Heilbronner Reihe uber Heilbronn Bd 7 ZDB ID 599663 6 Druckerei und Verlagsanstalt Heilbronn Heilbronn 1977 S 10 17 Friedrich Klein Siedlungsfunde der ausgehenden Spathallstatt und fruhen Latenezeit in Wurttemberg Tubingen 2004 Dissertation Universitat Tubingen 1985 Ulrich Maier Alfred Schliz entdeckt die Grossgartacher Kultur In ders Zeitreise Heilbronner Land Menschen Orte und Ereignisse die Geschichte schrieben Silberburg Verlag Tubingen 2022 ISBN 978 3 8425 2374 6 S 10f Einzelnachweise Bearbeiten Karl Philipp Burschenschaft Germania Tubingen Gesamtverzeichnis der Mitglieder seit der Grundung 12 Dezember 1816 Tubingen 1989 S 93 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Alfred Schliz im Katalog der Deutschen NationalbibliothekNormdaten Person GND 11732924X lobid OGND AKS LCCN no2001078725 VIAF 67240005 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Schliz AlfredALTERNATIVNAMEN Schliz Joseph Christoph Alfred vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Arzt und AnthropologeGEBURTSDATUM 18 September 1849GEBURTSORT HeilbronnSTERBEDATUM 22 Juni 1915STERBEORT Heilbronn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alfred Schliz amp oldid 225669424