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Die Westukraine ist ein uberwiegend agrarisch gepragtes und eher strukturschwaches Gebiet das sich innerhalb der Ukraine in historischer und politischer Hinsicht von anderen Landesteilen unterscheidet Das mit Abstand grosste stadtische Zentrum dieser Region ist Lemberg Westukraine 1940 annektierte polnische Gebiete in gelb Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Religionen und Bevolkerung 2 1 Religionen 2 2 Bevolkerung 3 Kritik am Modell einer bipolaren Ukraine 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Konigreich Galizien 1772 1918 Im Laufe der Geschichte gehorten der Osten und Suden der Ukraine wiederholt und langerfristig zu den Steppenreichen der eurasischen Nomaden und Reitervolker der Chasaren Kyptschaken Hauptstadt Scharuchan bei Charkiw und Tataren Goldene Horde an der Wolga wahrend die Bauernschaft im Westen der Ukraine die Kiewer Rus stutzte Seit dem 14 Jahrhundert dominierte im Westen der Ukraine Polen Litauen Hier setzte eine Katholisierung der Ukraine ein die nach der Kirchenunion von Brest zunachst auch weite Teile der westlichen Ukraine erfasste mit dem Austritt Kiews aus der Union aber 1630 ein vorlaufiges Ende fand Nach dem Zusammenbruch der tatarischen und litauischen Herrschaft erhoben sich die orthodoxen Kosaken der Zentralukraine 1648 gegen das katholische Polen Litauen und stellten sich mitsamt Kiew 1654 unter russischen Schutz Die Westukraine blieb 1668 noch bei Polen 1793 und 1795 und 1809 fiel aber bei den Teilungen Polens auch der Grossteil der ubrigen Ukraine an Russland Parallel zu den polnischen Gebietsverlusten an Russland wurde auch das Gebiet der Unierten Kirche von den orthodoxen Kirchen zuruckgedrangt Bei den Teilungen Polens 1772 und 1795 fiel Galizien an das Kaisertum Osterreich Isoliert von den Russen und Kiew fuhrten die Westukrainer in Galizien einen Selbstbehauptungskampf gegen Polen und Osterreicher Katholiken und Unierte und weckte das Gefuhl wahre Ukrainer zu sein Hochburg eines im 19 Jahrhundert aufkommenden ukrainischen Nationalismus war daher nicht etwa das unter russischer Herrschaft stehende Kiew sondern Ostgalizien nbsp Gefangene Russen in Ostgalizien 1916 Beim Zerfall Osterreich Ungarns und des russischen Zarenreiches entstand in Galizien kurzzeitig die Westukrainische Volksrepublik die allerdings zwischen dem expandierenden Sowjetrussland und der Zweiten Polnischen Republik zerrieben wurde Mit der sowjetischen Niederlage im Sowjetisch Polnischen Krieg und der Niederschlagung der ukrainischen Unabhangigkeitsbestrebungen wurde Galizien Teil Polens weitere Gebiete kamen an die Tschechoslowakei und das Konigreich Rumanien Innerhalb der Sowjetunion wurde zunachst 1920 1934 das ostukrainische Charkiw anstelle Kiews Hauptstadt der Ukrainischen Sowjetrepublik Die Sowjets forderten Industrie im Osten des Landes und Schifffahrt im Suden gegenuber der Landwirtschaft im Westen die zur Kornkammer wurde Nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens im September 1939 wurden etwa eine Million Polen und Ukrainer nach Sibirien deportiert Das NKWD ermordete 24 000 politische Gefangene 1 Nach dem deutschen Uberfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 war die Bevolkerung zwar erleichtert die Herrschaft des Reichskommissars Erich Koch machte sie aber zum Feind Als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges kam 1946 auch Ostgalizien mit Lemberg sowie die bis dahin tschechoslowakische Karpatoukraine unter sowjetische Herrschaft Bis 1947 vereinzelt sogar bis 1954 widersetzten sich Westukrainer bewaffnet der sowjetischen Herrschaft Auch danach blieb Lemberg eine Hochburg der nationalen und religiosen Opposition Nach dem Zerfall der Sowjetunion kam es 1991 zum Referendum uber die Unabhangigkeit der Ukraine Seither spiegeln Prasidentschafts und Parlamentswahlen die Ausrichtung der Westukraine zu Westeuropa Alle ukrainischen Wahlsieger waren jedoch auch auf Stimmen aus den eher Russland zugewandten Gebieten in der Ostukraine angewiesen so auch beim Stichwahlgang der Prasidentschaftswahlen in der Ukraine 2004 Wahrend der von Russland unterstutzte Wiktor Janukowytsch in allen Regionen des Ostens und der Sud Ukraine Mehrheiten erzielte setzte sich der selbst aus dem Nordosten stammende Kandidat Wiktor Juschtschenko mit vielen Stimmen aus der Westukraine Kiew und der Zentralukraine aber auch mit genugend Stimmen aus den bevolkerungsreichen Oblasten im Osten durch nbsp Zweite Stichwahl 2004 die Westukraine wahlte orange Im Gegensatz zu weniger deutlichen Mehrheiten in Kiew und der zentralen Ukraine erzielte Juschtschenko im aussersten Westen Mehrheiten von uber 90 Im April 2014 forderte Viktor Orban fur die 200 000 ethnischen Ungarn in der Oblast Transkarpatien die doppelte Staatsburgerschaft und mehr Autonomie 2 3 Religionen und Bevolkerung BearbeitenReligionen Bearbeiten Die meisten Bewohner der Westukraine und Kiews sind Katholiken Unierte und Ukrainisch Orthodoxe Romisch katholische Kirche in der Ukraine Ruthenische griechisch katholische Kirche Ukrainische Griechisch Katholische Kirche Orthodoxe Kirche der UkraineBevolkerung Bearbeiten Wahrend im Osten und Suden der Ukraine zwischen Charkiw und Odessa grossere russische Minderheiten vorhanden sind stellen Ukrainer in den zentralen Regionen sowie Kiew um drei Viertel und mehr der Bevolkerung Im Westen liegt dieser Anteil noch hoher In Galizien gibt es kleine polnische und deutsche Minderheiten die zumeist Angehorige der romisch katholischen Kirche lateinischen Ritus sind In der Karpatoukraine leben zahlreiche weitere nichtukrainische Minderheiten die zum Teil auch Protestanten sind Die ukrainische Sprache ist weiter verbreitet als die russische die im aussersten Westen teilweise uberhaupt nicht gesprochen wird Eine weit verbreitete mundliche Mischform der ukrainischen Sprache mit dem Russischen ist der Surschyk Am Ende des 19 Jahrhunderts wurde die sog Jungruthenische Bewegung von der osterreichischen Regierung auch gegen die Polen und die Rumanen unterstutzt Damit sollte eine Differenzierung gegenuber dem Russischen dem die sog Altruthenen treu geblieben waren stimuliert werden So wurde die ukrainische Sprache erstmals in Czernowitz von dem Linguisten Stepan Smal Stozkyj einem fuhrenden Jungruthenen kodifiziert Siehe auch Juden in der Ukraine und Karpato russinische SpracheKritik am Modell einer bipolaren Ukraine BearbeitenInsbesondere wahrend der Berichterstattung infolge der Prasidentschaftswahlen in der Ukraine 2004 wurde in westlichen Medien das Bild einer Ost West Spaltung des Landes bemuht um die politische Trennung zwischen Wiktor Juschtschenko und Wiktor Janukowytsch zu illustrieren Da die Gebiete der heutigen Ukraine durch Vielvolkerreiche gepragt wurden haben sich die Regionen kulturell anders entwickelt was sich auch im Sprachgebrauch niederschlagt Die Darstellung einer Ost West Dichotomie gepragt durch einen russischsprachigen angeblich sowjet nostalgischen Osten und einen ukrainischsprachigen nationalistischen und angeblich an demokratischen Werten orientierten Westen verkannte aber das Spektrum nationaler und sprachkultureller Identitaten in der Ukraine Laut der Volkszahlung 2001 bezeichneten sich von den etwa 48 Millionen ukrainischen Burgern 77 8 als ethnische Ukrainer wobei 67 5 Ukrainisch als ihre Muttersprache angaben und 17 3 als ethnische Russen Zu den weiteren Minderheiten gehorten Weissrussen 0 6 Moldauer 0 5 und Krimtataren 0 5 Daruber hinaus gab es bulgarische ungarische rumanische polnische und judische Minderheiten Die Bevolkerung der Ukraine lasst sich also hauptsachlich in ukrainischsprachige Ukrainer russischsprachige Ukrainer und russischsprachige Russen unterteilen der Wandel zwischen den Identitaten ist fliessend Die Selbstdefinition als Ukrainer kann auch mit einer Verbundenheit zur russischen Sprache einhergehen 4 Siehe auch BearbeitenWestukrainische Volksrepublik Ukrainische Befreiungsarmee Ukrainische Aufstandische Armee Wolhynien Massaker in Wolhynien und OstgalizienLiteratur BearbeitenAndreas Kappeler Kleine Geschichte der Ukraine 5 uberarbeitete und aktualisierte Auflage C H Beck Munchen 2019 ISBN 978 3 406 73558 5 Weblinks BearbeitenKonrad Schuller Jahrhundertelang gehorte der Westen der Ukraine nicht zu Russland FAZ 2 Marz 2014Einzelnachweise Bearbeiten Konrad Schuller Die Vorgeschichte Frankfurter Allgemeine Zeitung 1 August 2009 S 40 Jan Jessen Kiew befurchtet Destabilisierung in der Westukraine Der Westen 14 Mai 2014 Westukraine Ungarische Minderheit will mehr Rechte RIA Novosti Memento vom 17 Mai 2014 im Internet Archive Wilfried Jilge Gespalten in Ost und West Sprachenfrage und Geschichtspolitik in der Ukraine im Kontext der Wahlkampfe 2004 und 2006 Memento vom 20 Juli 2009 im Internet Archive Normdaten Geografikum GND 4329560 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Westukraine amp oldid 227058221