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Die Union von Brest lateinisch Unio Brestensis polnisch Unia brzeska ukrainisch Berestejska uniya war ein Vertrag zwischen fuhrenden Vertretern der ruthenischen orthodoxen Kirche und der romisch katholischen Kirche in Polen Litauen Sie beinhaltete einen Anschluss der orthodoxen Eparchien an die Struktur und das Kirchenrecht der katholischen Kirche unter Beibehaltung des byzantinisch orthodoxen Ritus in Liturgie und geistlicher Praxis Sie wurde 1596 in Brest beschlossen und ist eines der zentralen Ereignisse der politischen und konfessionellen Geschichte Ostmitteleuropas in der Fruhen Neuzeit Aus ihr entstand die unierte griechisch katholische Kirche in Polen Litauen Die Union von Brest fuhrte zu einer Spaltung unter den Orthodoxen da ein betrachtlicher Teil der orthodoxen Geistlichen sowie breite Bevolkerungsschichten sie in Anlehnung an das Okumenische Patriarchat von Konstantinopel nicht anerkannten Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Union von Brest 2 1 Verhandlungen in Krakau 2 2 Verhandlungen in Rom 2 3 Synode von Brest 2 4 Ergebnisse 2 5 Unterzeichner 3 Gegner 4 Folgen 4 1 Polen Litauen 4 2 Russisches Reich 4 3 Galizien 4 4 Ukrainische SSR 4 5 Ukraine und Belarus 5 Bewertungen 6 Siehe auch 7 Weblinks 8 Literatur 9 FussnotenVorgeschichte Bearbeiten nbsp Orthodoxe Bevolkerung grun in Polen Litauen 1573 nbsp Jesuit wirbt bei der Bevolkerung von Witebsk fur die Union Zeichnung von Ilja Repin 1893Die westlichen Gebiete der Kiewer Rus gehorten seit 1341 zum Konigreich Polen und dem Grossfurstentum Litauen Die orthodoxe Bevolkerung konnte in den katholischen Landern jedoch ihre Strukturen aufrechterhalten Nach der Union von Lublin 1569 die das Grossfurstentum Litauen und das Konigreich Polen zu einer Personalunion zusammenschloss wuchs in der ruthenischen orthodoxen Kirche das Bestreben nach einer Union mit der romisch katholischen Kirche auch um gleichberechtigt mit dem katholischen Klerus zu sein der im Zuge der Katholischen Reform eine Aufwertung erfahren hatte Mangelnde theologische Ausbildung und verbreiteter moralischer Verfall innerhalb des orthodoxen Klerus mit Amterkauf Simonie und Konkubinaten der Geistlichen erhohten nun den Reformdruck 1 Die Jesuiten warben intensiv um eine Kirchenunion bei der orthodoxen Bevolkerung Einen besonderen Einfluss hatten dabei Schriften von Peter Skarga und Benedikt Herbest 1590 verabschiedeten die ruthenischen orthodoxen Bischofe erstmals eine Erklarung in der sie ihren Willen zu einer Union mit der romisch katholischen Kirche bekundeten 1594 verabschiedeten die Bischofe das Decretum de recipienda et suscipienda communione Sanctae Romanae Ecclesiae in dem sie ihre Vorstellungen formulierten 1592 erklarte Konig Sigismund seine begeisterte Zustimmung Doch der im litauischen Reichsteil einflussreiche Furst Ostroskyj konnte sowohl den niederen Klerus als auch manche um die Selbstandigkeit ihrer eintraglichen Bistumer besorgten Bischofe hinter sich bringen und in Brest unter dem Vorsitz des Vertreters des Patriarchen von Konstantinopel versammeln 2 Union von Brest BearbeitenVerhandlungen in Krakau Bearbeiten Am 12 Juni 1595 schrieben Metropolit Michael Rahoza und die Bischofe von Wolodymyr Luzk und Pinsk Briefe an Papst Clemens VIII und Konig Sigismund III von Polen Im Anschluss reisten die Bischofe Kyrill Terlecki und Hypatios Pociej nach Krakau wo sie mit Vertretern des Konigs und dem Apostolischen Nuntius die Bedingungen einer Union verhandelten Am 2 August erklarte Konig Sigismund dass er die Rechte und Besitzungen der ruthenischen Kirche erhalten werde dass der ruthenische Klerus die gleichen Rechte wie der katholische Klerus erhalte dass die Kirchen und Kloster nicht latinisiert werden und weitere Rechte und Garantien Der apostolische Nuntius bestatigte die Regelungen Verhandlungen in Rom Bearbeiten Daraufhin reisten Kyrill Terlecki und Hypatios Pociej nach Rom wo sie am 25 November ankamen Sie wurden von Papst Clemens VIII und den dortigen Pralaten begeistert empfangen Es wurden Sonderregelungen wie der Verzicht auf das filioque im Glaubensbekenntnis und die Beibehaltung des Julianischen Kalenders vereinbart In der Bulle Magnus Dominus et laudabilis erklarte Papst Clemens VIII die Ruckkehr der ruthenischen Bischofe in die katholische Kirche und berichtete uber die Entstehung der Union die Ankunft der Bischofe in Rom und die besonderen Vereinbarungen In einem Brief vom 7 Februar 1596 forderte er die ruthenischen Bischofe auf in einer Synode ihre Zustimmung zur Union zu erklaren In weiteren Schreiben bat er den Konig die Fursten und Magnaten in Polen Litauen die neue Kirche unter ihren Schutz zu stellen Im Marz 1596 waren die beiden Bischofe wieder in Luzk Im Mai kam es im Sejm in Warschau zu Widerstand der ruthenischen orthodoxen Abgeordneten angefuhrt von Kostjantyn Ostroskyj dem machtigen Woiwoden von Kiew Er hatte den Gesandten an den Papst noch Bewaffnete nachgesandt um sie aufzuhalten aber ohne Erfolg Daraufhin machte er sich in Begleitung einer kleinen Armee orthodoxer Adeliger und mit Unterstutzung protestantischer litauischer Adliger auf den Weg nach Brest 3 Die orthodoxen Bruderschaften in Wilna und Lwiw riefen die Glaubigen zum Widerstand gegen die Union auf Am 12 Juni verkundete Konig Sigismund III dass die orthodoxe Kirche sich der romisch katholischen Kirche anschliessen werde Am 21 August berief Metropolit Michael Rahoza eine Synode fur den 6 Oktober ein Synode von Brest Bearbeiten Am 6 Oktober 1596 versammelten sich sechs orthodoxe Bischofe und weitere Geistliche mit Vertretern der romisch katholischen Kirche und des polnischen Konigs in der Nikolaikirche in Brest Nicht eingeladen waren zwei Bischofe und die orthodoxen Geistlichen die die Union ablehnten Am 9 Oktober verlas nach einem feierlichen gemeinsamen Gottesdienst Erzbischof Germanos Zahorski von Polock die Zustimmung der anwesenden orthodoxen Geistlichen zur Union Danach zogen alle Teilnehmer in die katholische Marienkirche und feierten noch einmal das Te Deum Am 10 Oktober wurden die ablehnenden orthodoxen Bischofe Archimandriten und andere Geistliche offiziell ihrer Amter enthoben Ergebnisse Bearbeiten Die orthodoxen Eparchien unterstellten sich kirchenrechtlich und organisatorisch dem Papst die Liturgie und das geistliche Leben folgten weiter dem byzantinisch orthodoxen Ritus 4 5 Unterzeichner Bearbeiten Die Union von Brest wurde unterschrieben vonOrthodoxe Vertreter Metropolit Michael Rahoza von Kiew Erzbischof Germanos Zahorski von Polock Bischof Kyrill Terlecki von Luck Bischof Hypatios Pociej von Wlodzimierz Bischof Dionysios Zbirujski von Chelm Bischof Jonas Gogol von Pinsk Archimandrit Gedeon Brolnicki des Lawryszawa Klosterssowie einige weitere Geistliche Romisch katholische Vertreter Erzbischof Jan Dymitr Solikowski von Lwiw Bischof Bernard Maciejowski von Luck Bischof Stanislaw Gomolinski von Chelm Pater Piotr Skarga Jesuit Woiwode Mikolaj Krzysztof Radziwill von Troki als Vertreter des polnischen Konigs Grosskanzler Lew Sapieha des Grossherzogtums Litauensowie weitere Geistliche und AdligeGegner BearbeitenDie meisten orthodoxen Geistlichen und der orthodoxe Adel lehnte die Union in der vorgesehenen Form ab Am 6 Oktober trafen sich ihre Vertreter zu einer eigenen Versammlung in Brest Teilnehmer waren Protosynkellos Nikephoros fur den Patriarchen von Konstantinopel Exarch Kyrillos Loukaris des Patriarchen von Alexandria Bischof Gedeon Balaban von Lemberg Bischof Michael Kopystynski von Przemysl Archimandrit Nikephoros Tur des Kiewer Hohlenklosters Woiwode Konstanty Ostrogski von Kiewsowie die Vorsteher der meisten orthodoxen Kloster weitere Geistliche Vertreter der orthodoxen Bruderschaften und des orthodoxen Adels Sie erklarten die Union fur nicht gultig da sie ohne Zustimmung der orthodoxen Patriarchen und eines okumenischen Konzils erfolgt seien Den unierten Bischofen entzogen sie die Anerkennung als orthodoxe Geistliche Folgen BearbeitenPolen Litauen Bearbeiten Die meisten Kirchen und Kloster gingen auf Anordnung des polnischen Konigs zur unierten Kirche uber Die beiden orthodoxen Bischofe die der Unionsversammlung ferngeblieben waren wurden von der unierten Kirche fur abgesetzt erklart und mit dem Bann Anathema belegt Konig Sigismund III entzog ihnen alle geistlichen Rechte Die Eparchien von Lwiw und Przemysl blieben zunachst orthodox ebenso Kloster wie das Kiewer Hohlenkloster und die Kloster von Suprasl Zydaczow und Derman Widerstand kam auch von den orthodoxen Bruderschaften besonders in Lwiw Wilna und Kiew Zwei Bischofe zahlreiche Kloster Tausende von Kirchen und Hunderttausende wenn nicht Millionen orthodoxer Glaubiger galten nun als Gesetzesbrecher 6 Damit hatte der Konig in Galizien mit Lwiw und Przemysl erheblich an Einfluss verloren nur Wolhynien und die belarussischen Eparchien unterstutzten die Union 1620 setzte Patriarch Theophanes III von Jerusalem wieder einen orthodoxen Metropoliten von Kiew und einige weitere orthodoxe Bischofe ein allerdings ohne die Zustimmung des polnischen Konigs und ohne reale Amtsfuhrung der Bischofe Erst 1632 erkannte Konig Wladyslaw IV der orthodoxen Kirche einen Rechtsstatus zu Nachdem sich allerdings die Linksufrige Ukraine sowie Kiew ab 1654 dem Russischen Reich angeschlossen hatten verloren die in Polen Litauen verbliebenen orthodoxen Eparchien an Einfluss und wurden von staatlicher Seite massivem Druck ausgesetzt Bis Ende des 17 Jahrhunderts waren fast alle Kirchen und Kloster zur unierten Kirche ubergetreten 1702 auch die Eparchie Lwiw Russisches Reich Bearbeiten Kiew kam 1648 unter die Kontrolle der Kosaken und 1667 zum Russischen Reich Dort wurde die unierte Kirche aufgelost Nach der Teilung Polens 1795 entstanden in den zum Russischen Reich gekommenen Gebieten wieder orthodoxe Eparchien Die dortigen unierten Gemeinden traten nach dem Beschluss des Konzils von Polozk 1839 der orthodoxen Kirche bei In den zwischenzeitlich zu Kongresspolen zahlenden russischen Gouvernements von Siedlce und Lublin musste die Union 1875 aufgehoben werden die Glaubigen wurden gezwungen zur orthodoxen Kirche uberzutreten Galizien Bearbeiten Eine bessere Position hatte die unierte Kirche im osterreichischen Teilungsgebiet der 1795 untergegangenen alten Rzeczpospolita dem Konigreich Galizien und Lodomerien Hier bestand die Kirche unter der ukrainischen Bevolkerung fort spater auch in der Zeit der Zweiten Polnischen Republik 1918 1939 Sie wurde hier zu einer der Hauptstutzen der ukrainischen Nationalbewegung Ukrainische SSR Bearbeiten 1944 wurde die unierte Kirche in Galizien nach dem Anschluss an die UdSSR verboten die Kirchen und Kloster wurden der orthodoxen Kirche ubereignet Die meisten Priester Monche und Nonnen wurden verhaftet einige ermordet 7 Ukraine und Belarus Bearbeiten 1990 wurde die Ukrainische griechisch katholische Kirche wieder offiziell zugelassen 1991 entstand die Belarussische Griechisch Katholische Kirche Bewertungen BearbeitenPapst Johannes Paul II wurdigte 1995 in einem apostolischen Schreiben anlasslich des 400 Jahrestages die Union von Brest und die griechisch katholischen Kirchen Die orthodoxen Kirchen erkennen die Rechtmassigkeit der Union von Brest bis heute nicht an und kritisieren deren Abspaltung von der orthodoxen Kirche 8 Die Stiftung Pro Oriente bemuht sich seit Jahren um eine Vermittlung durch interkonfessionelle wissenschaftliche Publikationen und Angebote zur Begegnung 9 Siehe auch BearbeitenKatholische Ostkirchen Ukrainische griechisch katholische Kirche Funfundzwanzig Selige der griechisch katholischen Kirche der Ukrainer Belarussische Griechisch Katholische Kirche KirchenunionWeblinks BearbeitenAurelio Palmieri The Union of Brest Catholic Encyclopedia 1913 detaillierte Darstellung mit kleinen Ungenauigkeiten Brester Union Orthodoxe Enzyklopadie 2013 russisch Brester Union Universal Lexikon 2000 kurz Literatur BearbeitenDie Union von Brest In Joachim Bahlcke Stefan Rohdewald Thomas Wunsch Hrsg Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa Berlin 2013 S 897ff Ihor Harasim Die Union von Brest Voraussetzungen und Motive ihrer Entstehung In Johann Marte Hrsg Internationales Forschungsgesprach der Stiftung Pro Oriente zur Brester Union Das ostliche Christentum NF Bd 54 Augustinus Verlag Wurzburg 2004 ISBN 3 7613 0209 6 S 11 38 Johann Marte Oleh Turij Ernst Christoph Suttner Erzbischof Jeremiasz Anchimiuk Hrsg Die Brester Union Teil I Vorgeschichte und Ereignisse der Jahre 1595 1596 Das ostliche Christentum NF Bd 58 Echter Verlag Wurzburg 2010 ISBN 978 3 429 04179 3 70 S interkonfessionelle Publikation Ernst Chr Suttner Klaus Zelzer Michaela Zelzer Dokumente der Brester Union In Ostkirchliche Studien Bd 56 2007 S 273 321 Fussnoten Bearbeiten Serhii Plokhy Das Tor Europas Die Geschichte der Ukraine Aus dem Englischen von Anselm Buhling u a Hoffmann und Campe Hamburg 2022 S 141 143 ISBN 978 3 455 01526 3 Serhii Plokhy Das Tor Europas Die Geschichte der Ukraine Aus dem Englischen von Anselm Buhling u a Hoffmann und Campe Hamburg 2022 S 145 ISBN 978 3 455 01526 3 Serhii Plokhy Das Tor Europas Die Geschichte der Ukraine Aus dem Englischen von Anselm Buhling u a Hoffmann und Campe Hamburg 2022 S 144 ISBN 978 3 455 01526 3 Ernst Chr Suttner Klaus Zelzer Michaela Zelzer Dokumente der Brester Union In Ostkirchliche Studien Bd 56 2007 S 273 321 Artikel der Brester Union Memento vom 14 Dezember 2011 im Internet Archive englisch pdf Serhii Plokhy Das Tor Europas Die Geschichte der Ukraine Aus dem Englischen von Anselm Buhling u a Hoffmann und Campe Hamburg 2022 S 145 ISBN 978 3 455 01526 3 Katrin Boeckh Stalinismus in der Ukraine die Rekonstruktion des sowjetischen Systems nach dem Zweiten Weltkrieg Harrassowitz Verlag 2007 ISBN 978 3 447 05538 3 Habilitation S 25 70 102 478ff Die Union von Brest und die Wunden in der Russischen Kirche bis zur Gegenwart Orthodoxer Kalender deutsch Johann Marte Hrsg Internationales Forschungsgesprach der Stiftung Pro Oriente zur Brester Union Das ostliche Christentum NF Bd 54 Augustinus Verlag Wurzburg 2004 ISBN 3 7613 0209 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Union von Brest amp oldid 229337043