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Die Volksabstimmung in Odenburg und Umgebung fand im Dezember 1921 statt Sie war eine der Volksabstimmungen im Gefolge des Vertrags von Saint Germain Durch sie wurde entschieden dass die Stadt Odenburg ungarisch Sopron und die umliegenden Dorfer bei Ungarn verblieben Damit war Osterreichs Absicht obsolet Odenburg zur Hauptstadt seines neuen Bundeslandes Burgenland zu machen Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 1 1 St Germain Osterreich erhalt Deutsch Westungarn zugesprochen 1 2 Trianon Der Konflikt um das Burgenland spitzt sich zu 1 3 Venediger Protokolle 2 Volksabstimmung 2 1 Vorbereitung und Verlauf 2 2 Historische Beurteilungen 3 Festlegung der Grenze 1922 23 4 Resumee 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenErste Vorschlage zur verwaltungstechnischen Vereinigung des vorwiegend deutschsprachigen Westungarn mit den angrenzenden osterreichischen Kronlandern tauchten Anfang des 20 Jahrhunderts auf so im Marz 1905 in den Debatten des Reichsrats am 17 Juni 1906 im Alldeutschen Tagblatt am 1 September 1906 in der Reichspost 1906 in Aurel Popovicis Buch Die Vereinigten Staaten von Gross Osterreich und im Oktober 1907 im niederosterreichischen Landtag 1 Folgen zeitigten diese Initiativen kaum gab es doch in der Region selbst kaum ein Echo Uber die Haltung der Bevolkerung kann es daher nur Vermutungen geben die zudem nur von einer ruckwirkenden Legitimation und Ethnisierung der gegenwartigen Verfasstheit des Burgenlandes gepragt sein konnen Auch anderte sich die Stimmung wahrend des entscheidenden Zeitraums offensichtlich immer wieder Sie hing im Wesentlichen von der politischen Konstellation ab davon ob in Ungarn gerade die Raterepublik die Westungarn Autonomie gewahrte an der Macht war oder ein konservativer Kurs herrschte bzw welche Regierung in Wien gerade am Ruder war Der osterreichische Gesandte in Budapest Hans von Cnobloch formulierte 1919 in einem Bericht Es scheint mir vor allem kein Zweifel daruber zu bestehen dass die Begeisterung selbst der rein deutschen Bevolkerung Westungarns keine so tiefgehende ist als man es bei uns vielfach anzunehmen geneigt ist Die zahlreichen Kundgebungen fur den Anschluss scheinen wenigstens zum Teil kunstlich hervorgerufen 2 nbsp Geplantes Territorium der Republik Deutschosterreich laut Staatserklarung vom 22 November 1918Von einem konsistenten ethnischen Bewusstsein der Bevolkerung kann also kaum gesprochen werden Die Frage der staatlichen Zugehorigkeit wurde von Kleinbauern Burgern und aristokratischen Grossgrundbesitzern gleichermassen vielmehr aus den moglichen politisch okonomischen Alternativen abgeleitet Land und Gutsbesitz zusammenzuhalten sich Absatz und Umschlagmarkte zu sichern Die Staatserklarung uber Umfang Grenzen und Beziehungen des Staatsgebietes von Deutschosterreich 3 vom 22 November 1918 erhob den Anspruch Osterreichs auf Deutsch Westungarn nach einer abzuhaltenden Volksabstimmung Forderungen nach der sofortigen Annexion des Gebietes scheiterten jedoch schon in den Debatten der Nationalversammlung 4 nicht zuletzt weil Ungarn drohte die fur Wien lebenswichtigen Lebensmittellieferungen einzustellen Im Dezember 1918 kam es in Westungarn zu mehreren pro osterreichischen Demonstrationen Am 6 Dezember wurde in Nagymarton heute Mattersburg die Republik Heinzenland proklamiert und am 15 Dezember 1918 forderten vierzig Gemeinden in Heiligenkreuz den Anschluss an die Steiermark Auch hier standen nicht so sehr nationale oder ethnische Grunde im Vordergrund sondern die Frage der wirtschaftlichen Verflechtungen mit den Markten in Graz Furstenfeld und Feldbach In Sankt Margarethen 5 und einigen weiteren Ortschaften kam es auch zu unter nicht erforschten Bedingungen abgehaltenen Abstimmungen die beispielsweise in Klingenbach fur den Verbleib bei Ungarn ausgingen 6 Insgesamt wurden aber solche oder ahnliche Aktionen von der ungarischen Exekutive unter deren Oberhoheit das Gebiet noch stand sehr rasch unterdruckt St Germain Osterreich erhalt Deutsch Westungarn zugesprochen Bearbeiten Obwohl die ersten Entwurfe der Friedensbedingungen der Entente noch die Beibehaltung der historischen Grenze zwischen Osterreich und Ungarn vorgesehen hatten wurden im Vertrag von Saint Germain von den Alliierten im September 1919 Osterreich Teile der mehrheitlich deutschsprachigen Komitate Westungarns Komitat Wieselburg Komitat Odenburg und Komitat Eisenburg einschliesslich der Stadt Odenburg zugesprochen Dieser Meinungsumschwung bei der Entente wird allgemein auf den Druck Italiens zuruckgefuhrt die Realisierung des von der Tschechoslowakei geforderten slawischen Gebietskorridors zwischen der Tschechoslowakei und dem neuen Staat der Serben Kroaten und Slowenen ab 1929 Konigreich Jugoslawien durch Westungarn hindurch zu verhindern bzw auch darauf dass Ungarn fur sein raterepublikanisches Experiment zwischen Marz und August 1919 bestraft werden sollte als Truppen der ungarischen Roten Armee versuchten einige abgefallene Teile Altungarns zuruckzuerobern und dabei vorubergehend auch erfolgreich waren Das nach dem Sturz der Raterepublik an die Macht gekommene rechtsautoritare Horthy Regime weigerte sich aber Deutsch Westungarn vor der Unterfertigung des ungarischen Friedensvertrags zu raumen in der Hoffnung an den Friedensbedingungen doch noch etwas andern zu konnen Der osterreichische Staatskanzler Karl Renner schloss im Janner 1920 mit der Tschechoslowakei ein Abkommen in dem sich Osterreich der Unterstutzung Prags in der Burgenlandfrage versicherte Die im selben Monat auf Wunsch der osterreichischen Regierung in Odenburg eingerichtete Interalliierte Militarkommission die die Ubergabe der Stadt kontrollieren sollte forderte im August 1920 ultimativ aber vergeblich die Raumung der Stadt durch Ungarn Die ungarische Regierung stand in Kontakt mit rechtsextremen Kreisen in Osterreich um die Staatsregierung Renner III eine Koalitionsregierung zu sturzen und durch eine in der Burgenlandfrage kooperativere Regierung zu ersetzen Dazu finanzierte man die osterreichische Heimwehr mit Die Plane an denen auch konservative osterreichische Politiker wie Carl Vaugoin und Ignaz Seipel beteiligt waren wurden mit dem Sieg der Christlichsozialen bei der Nationalratswahl in Osterreich 1920 im Herbst 1920 hinfallig Die folgenden konservativen osterreichischen Kabinette Bundesregierung Mayr II und Schober I verhielten sich nicht zuletzt auch aus Sympathie gegenuber Horthy vorerst abwartend auch wenn es in Osterreich laufend und von unterschiedlichen Seiten immer wieder Stimmen fur die sofortige militarische Besetzung des neuen Staatsgebiets gab Trianon Der Konflikt um das Burgenland spitzt sich zu Bearbeiten Bis zur Unterfertigung des Friedensvertrages von Trianon am 4 Juni 1920 bzw bis zu dessen Ratifizierung durch Ungarn im Juli 1921 setzte in der Folge intensives Feilschen um das Burgenland ein Es gab laufend direkte aber nicht immer offizielle Gesprache zwischen den beiden Staaten in deren Rahmen Ungarn mehrmals versuchte Osterreich zu einem Verzicht zumindest auf Teile Deutsch Westungarns darunter auch Odenburg zu bewegen Ungarn verhandelte weiters mit Frankreich uber die eventuelle Unterstutzung in Revisionsfragen Die ungarische Regierung Istvan Bethlen und aristokratische Grossgrundbesitzer begannen im April 1921 in Deutsch Westungarn Freischarler unter anderem unter der Fuhrung von Pal Pronay und Gyula Ostenburg zum Widerstand gegen Osterreich zu finanzieren Der Einmarsch der osterreichischen Gendarmerie stiess so auf heftigen Widerstand ungarischer Rechtsextremisten Die schwersten Kampfe gab es bei Kirchschlag und Agendorf insgesamt hatten beide Seiten einige Dutzend Tote zu beklagen Insgesamt befand sich die osterreichische Aussenpolitik nach vielen Erfolgen im Herbst 1921 in der Defensive unter anderem auch weil die Entente ihr unmittelbares Interesse am Abzug Ungarns aus Deutsch Westungarn verloren hatte Im Gefolge der militarischen Kampfe um das Burgenland boten sich die Tschechoslowakei und Italien als Vermittler an Bundeskanzler Johann Schober akzeptierte schliesslich die Vermittlung Italiens Venediger Protokolle Bearbeiten nbsp Venediger Protokoll vom 13 Oktober 1921Am 4 Oktober 1921 wurde in Oberwart Felsoor die kurzlebige Republik Lajtabansag dt Leitha Banat ausgerufen deren erklartes Ziel der Verbleib des gesamten Burgenlandes bei Ungarn nach einer Volksabstimmung war Am 13 Oktober 1921 wurden die Venediger Protokolle unterzeichnet Die ungarische Regierung verpflichtete sich innerhalb von drei Wochen fur den Abzug der bewaffneten Einheiten zu sorgen und das Gebiet den osterreichischen Behorden ordnungsgemass zu ubergeben Osterreich wiederum willigte in die Abhaltung einer Volksabstimmung in Odenburg und in acht fur die Wasserversorgung der Stadt wichtigen umliegenden Ortschaften ein Die ungarische Regierung verlor in der Folge die Kontrolle uber die Freischarler die erst auf ausdrucklichen Befehl Horthys aufgaben Nach der Besetzung durch das osterreichische Bundesheer wurde das Leitha Banat offiziell am 5 Dezember 1921 von Ungarn an Osterreich ubergeben Die diplomatischen Moglichkeiten Osterreichs rund um die Protokolle wurden von der Geschichtsschreibung unterschiedlich bewertet Eduard Hochenbichler formulierte die auch ihm selbst zufolge gewagte These Schober habe das Vermittlungsangebot der CSR ausgeschlagen weil er das Angebot des Monarchietoters Edvard Benes nicht annehmen wollte Bei einer tschechoslowakischen Vermittlerrolle hatte die ganze burgenlandische Frage eine andere fur Osterreich zweifellos gunstigere Losung gefunden 7 Irmtraut Pozza Lindeck wiederum vertrat die Ansicht das Burgenland den Freischarlern zu uberlassen hatte zum Verlust des ganzen Burgenlandes gefuhrt eine Eroberung zu Krieg der Preis Odenburg sei daher fur das Restburgenland gewissermassen zwingend gewesen Norbert Leser brachte weiters die Moglichkeit einer Annaherung an die Kleine Entente ins Spiel Einigkeit der osterreichischen Historiker besteht aber darin dass das Ergebnis der Abstimmung von vornherein festgestanden sei und man in Venedig nur mehr uber die konkreten Modalitaten verhandelt habe Volksabstimmung BearbeitenVorbereitung und Verlauf Bearbeiten Trotz des ausdrucklichen Verbots jeder Form von Agitation in den Venediger Protokollen kam es im Vorfeld der Abstimmung auf beiden Seiten zu einer wahren Propagandaschlacht Fur den Anschluss der Stadt an Osterreich agitierte der nach dem Muster des Karntner Abwehrkampfes eingerichtete Odenburger Heimatdienst der mittels Flug und Streuzetteln Geruchten Drohungen Irrefuhrung Polemik und Humor Propaganda betrieb Entgegen den Wunschen der ungarischen Seite wurde schliesslich von den italienischen Schiedsrichtern eine geheime Abstimmung anberaumt Wahlberechtigt waren alle Burger die am 1 Janner 1921 zwanzig Jahre alt waren in der Stadt geboren oder zustandig waren bzw entweder vor dem 1 Janner 1919 oder nach 1 Janner 1921 ihren Wohnsitz im Abstimmungsgebiet hatten source source source source source source Britische franzosische und italienische Generale treffen am 14 Dezember 1921 zur Wahlbeobachtung ein nbsp Stimmzettel fur UngarnDie osterreichische Regierung zog ihre Vertreter in den Wahlkommissionen kurzfristig zuruck da sie den unparteiischen Verlauf der Wahl nicht gesichert sah Die Volksabstimmung wurde am 14 Dezember 1921 in Odenburg und am 16 Dezember 1921 in acht umliegenden Ortschaften durchgefuhrt Es gab einen orangegelben Stimmzettel fur Osterreich und einen blauen fur Ungarn auf beiden waren die Landernamen in Deutsch Ungarisch und Kroatisch angefuhrt Der Stimmzettel des Landes fur das man nicht stimmte musste zerrissen werden Beide Stimmzettel der zerrissene und der ganze mussten danach in einen Umschlag gelegt werden Von den laut ungarischen Wahllisten 27 069 Berechtigten machten 24 063 von ihrem Stimmrecht Gebrauch 502 Stimmen waren ungultig 15 338 hatten fur Ungarn 8 223 fur Osterreich gestimmt In der Stadt selbst hatten 72 8 fur Ungarn gestimmt in den Ortschaften der Umgebung nur 45 4 Obwohl Fertorakos Kroisbach Agfalva Agendorf Balf Wolfs Harka Harkau und Sopronbanfalva Wandorf gegen Ungarn gestimmt hatten verblieben sie dennoch mit Odenburg bei Ungarn Kreis Bevol kerung1910 Sprachen 1910 Zahl der Sprecher Stimmbe rechtigte Abge gebene Stimmen Stimmen in ProzentDeutsch Unga risch Kroa tisch Andere Ins gesamt furOster reich furUngarn ungultig furOster reich furUngarnOdenburg Brennberg 33 932 17 318 15 022 781 811 18 994 17 298 4 620 12 327 351 27 2 72 8 Agendorf 1 922 1 830 85 2 5 1 148 848 682 148 18 82 2 17 8 Harkau 1 062 1 031 26 5 0 668 581 517 55 9 90 4 9 6 Holling 518 490 26 2 0 349 342 74 257 11 22 3 77 7 Kohlnhof 1 855 38 44 1 773 0 948 813 243 550 30 30 0 70 0 Kroisbach 2 980 2 766 150 4 60 1 525 1 370 812 525 33 60 7 39 3 Wandorf 2 789 2 570 205 5 9 1 538 1 177 925 217 35 81 0 19 0 Wolfs 1 393 1 161 208 4 20 668 595 349 229 17 60 4 39 6 Grosszinken dorf 1 740 97 1 625 7 11 1 041 1 039 5 1 026 8 0 5 99 5 Insgesamt 8 48 191 27 301 17 391 2 583 916 26 879 24 063 8 227 15 334 512 34 9 65 1 Historische Beurteilungen Bearbeiten Osterreichische Darstellungen beschrieben den Ablauf der Volksabstimmung einhellig als Betrug und Falschung In der Regel beriefen sie sich auf das unmittelbar nach dem Plebiszit entstandene Buch von Viktor Miltschinsky Diesem zufolge seien die Wahlerlisten von den ungarischen Behorden gefalscht gewesen 2000 Fluchtlinge hatten an der Wahl nicht teilnehmen konnen circa 2800 Deutschsprachige seien am Abstimmen gehindert worden die Hochschuler die Schuler der achten Klasse des Lyzeums und eine grosse Anzahl junger Madchen hatten falsch abgestimmt 9 Ein Memorandum an die osterreichische Regierung stellte fest Eine stichprobenartige Uberprufung der Listen ergab dass die Eintragungen durchwegs eine objektive Erfassung aller Stimmberechtigten vermissen liessen und in jedem Hause dortwohnende Personen nicht eingetragen waren wahrend wieder in den Listen aufgenommene Personen dort teils ganzlich unbekannt waren teils seit Jahren nicht mehr dort wohnten und in vielen Fallen sogar verstorben waren 10 nbsp Titelblatt des vertraulichen Berichts von Frigyes VillaniZeitgenossische ungarische Darstellungen sahen die Umstande der Volksabstimmung anders Aber auch wissenschaftliche Beitrage ungarischer Historiker widersprachen unter Berufung auf ungarisches Quellenmaterial das in den osterreichischen Darstellungen in der Regel nicht herangezogen wird der osterreichischen Sichtweise und druckten ihre Skepsis aus Ein vertraulicher Bericht des ungarischen Vertreters in der Wahlkommission Frigyes Villani bestatigte viele Anschuldigungen der osterreichischen Seite Fur Massnahmen im Rahmen der Wahlen wurden dreihundert Studenten der Forst und Bergbauakademie sowie vierzig Staatspolizisten aktiviert die osterreichisches Agitationsmaterial bereits am Bahnhof abfingen und pro osterreichische Aktivisten drangsalierten Zudem wurden Wahler aus dem Landesinneren mobilisiert ob diese wahlberechtigt waren oder nicht bleibt im Bericht unerwahnt Uber direkte Betrugereien und Falschungen berichtet Villani nicht Ein offizieller osterreichischer Bericht zu den Wahlen liegt nicht vor da ja Osterreich seine Beobachter kurz vor den Wahlen abgezogen hatte Osterreichische Darstellungen gingen in der Regel unabhangig von der Plausibilitat der Anschuldigungen von der absoluten ethnischen Spaltung der Stadt aus Viele Deutsche traten aber fur den Verbleib der Stadt bei Ungarn ein oder waren Verfechter einer Autonomie Zieht es den einen Teil unserer Deutschen nach Deutschosterreich so hat der andere Teil berechtigtes Interesse bei Ungarn zu bleiben und es gilt jedes Fur und Wider in dieser Beziehung genau zu erwagen schrieb die Odenburger Halbmonatsschrift Die Lupe im Janner 1919 in ihrem Editorial Bei der Volksabstimmung wurde evident wie sehr die Deutschen Odenburgs zu dieser Zeit gespalten und keineswegs politisch einheitlich orientiert waren Neuere Studien uber die Wahl liegen nicht vor Whereas the voting records have since disappeared it is doubtful if the degree of inaccuracy in the balloting can ever be proven hiess es in dem 1974 geschriebenen aber noch immer aktuellen Werk von Jon D Berlin uber die Burgenlandfrage 1918 1920 11 Festlegung der Grenze 1922 23 BearbeitenDer konkrete Verlauf der Grenze war in den beiden Friedensvertragen von der Entente nur in groben topographischen Fixpunkten vorgegeben worden die genaue Festlegung sollte durch einen Grenzregelungsausschuss erfolgen der kleinere Revisionen vornehmen konnte Im Sommer 1920 forderten die Alliierten die beiden Staaten auf den Verlauf der neuen Grenze bilateral und in geringstmoglicher Abweichung von der Linie der Friedensvertrage zu fixieren Die Verhandlungen dazu wurden im Februar 1921 aufgenommen Da Ungarn unter Berufung auf die sog Millerandsche Mantelnote vom 6 Mai 1920 die Ungarn franzosische Unterstutzung bei Grenzrevisionen in Aussicht gestellt hatte sehr grosse Grenzkorrekturen im Seewinkel bei Odenburg und im unteren Pinkatal unter Einschluss der ungarischen Sprachinsel in der Wart vorschlug waren diese Verhandlungen nicht erfolgreich In der Folge ubernahm der im Juli 1921 eingerichtete Grenzregelungsausschuss diese Aufgabe Er sollte Vorschlage unterbreiten uber die letztlich der Volkerbundrat entscheiden wurde Im Herbst 1921 wurde Deutsch Westungarn an Osterreich ubergeben Mit Vertretern aus Grossbritannien Italien Japan Osterreich und Ungarn hielt der Ausschuss im Fruhling 1922 mehrere Anhorungen in den strittigen Gebieten ab Ungarn hatte seine ursprunglichen Forderungen bereits erheblich reduziert Die Stimmung war anlasslich der Begehungen stark emotionalisiert Beide Seiten versuchten immer wieder die Bevolkerung mit Druck und Einschuchterung fur die eigene Sache zu motivieren Bei den Bittschriften und Memoranden der einzelnen Ortschaften an den Volkerbund standen nicht so sehr sprachliche oder ethnische Uberlegungen im Vordergrund sondern in erster Linie wirtschaftliche Fragen des Zusammenbleibens von Feldern Ackern und Grossgrundbesitz Erreichbarkeit von Markten Auch der Ausschuss war letztlich von wirtschaftlichen wasserrechtlichen und verkehrstechnischen Prioritaten geleitet Pornoapati Pernau sollte z B bei Ungarn bleiben weil es ein lokal wichtiges E Werk beheimatete Im Marz 1922 formulierte der Grenzregulierungsausschuss seinen definitiven Vorschlag und legte die strittigen Fragen Pamhagen Pomogy im Seewinkel einige Ortschaften im unteren Pinkatal und zwei Vororte von Guns Koszeg dem Volkerbundrat zur Entscheidung vor Dieser er fand schliesslich eine dritte Linie die keiner der beiden Streitparteien recht war und deshalb wie es der osterreichische Kommissionsvertreter Stefan Neugebauer formulierte 12 in gewissem Sinn auch als objektiv zu betrachten ist An Ungarn zuruck kamen die Ortschaften Alsocsatar Unterschilding und Felsocsatar Oberschilding beide bilden heute die Gemeinde Felsocsatar Horvatlovo Kroatisch Schutzen Kisnarda Klein Nahring und Nagynarda Gross Nahring beide bilden heute die Gemeinde Narda Pornoapati Pernau und Nemetkeresztes Deutsch Grossdorf und Magyarkeresztes Ungarisch Grossdorf beide bilden heute die Gemeinde Vaskeresztes Durch Entscheidung der Interalliierten Grenzkommission kam am 10 Janner 1923 Luising Lovaszad an Osterreich zuruck Auf Vorschlag der Burgenlandischen Landesregierung wurden ausserdem im Janner bzw Marz 1923 die deutschsprachigen Ortschaften Liebing Rendek und Rattersdorf Rotfalva die heute zu Mannersdorf gehoren an Osterreich gegen die kroatischsprachigen Orte Szentpeterfa Prostrum und olmod Bleigraben an Ungarn getauscht Technisch und topographisch war die neue Grenze bis Juli 1924 markiert die Grenzregulierungskommission hielt ihre letzte Sitzung am 2 August 1924 in Odenburg ab Uber die Arbeiten entstand die Dokumentation Ausfuhrliche Beschreibung und Plan der Staatsgrenze zwischen der Republik Osterreich und dem Konigreich Ungarn mit Landkarte in insgesamt achtzehn Heften und mit 180 Landkarten Resumee BearbeitenDer Verlust Odenburgs fur Osterreich bzw der Verbleib Soprons bei Ungarn leitete einen sehr wichtigen Befriedungsprozess an der osterreichisch ungarischen Grenze ein der im Wesentlichen bis heute anhalt Osterreich fand sich mit dem Ergebnis ab und die Ruckerlangung des Burgenlands gehorte spater nicht ernsthaft zu den revisionistischen Zielen Ungarns Die Ungarn konnten sich mit der Abtrennung des Burgenlandes abfinden weil sie wie der ungarische Staatswissenschaftler Istvan Bibo schreibt eine Beruhigung im Verbleib der Stadt mit so vielen und bedeutenden ungarischen historischen Reminiszenzen bei Ungarn fanden Dies fuhrte dazu dass obwohl Sopron Odenburg nach allen wirtschaftlichen und vernunftigen Standpunkten gesehen die naturliche Hauptstadt des Burgenlandes ware die osterreichisch ungarische Grenze eine der Grenzen der Jahre 1918 und 1919 wurde entlang derer sich psychologische Beruhigung und Ausgeglichenheit herausbildete 13 Siehe auch BearbeitenGeschichte des Burgenlandes Pariser VorortvertrageLiteratur BearbeitenKlaus Koch Walter Rauscher Arnold Suppan Hrsg Aussenpolitische Dokumente der Republik Osterreich Band 1 Selbstbestimmung der Republik 21 Oktober 1918 bis 14 Marz 1919 Wien Munchen 1993 ADO Band 1 Band 2 Im Schatten von St Germain 15 Marz bis 10 September 1919 Wien Munchen 1994 ADO Band 2 Band 4 Zwischen Staatsbankrott und Genfer Sanierung 11 Juni 1921 bis 6 November 1922 Wien Munchen 1998 Dokument 625 Memorandum an Regierung 19 Dezember 1921 ADO Band 4 Laszlo Fogarassy Die Volksabstimmung in Odenburg Sopron und die Festsetzung der osterreichisch ungarischen Grenze im Lichte der ungarischen Quellen und Literatur In Sudostforschungen Internationale Zeitschrift fur Geschichte Kultur und Landeskunde Sudosteuropas 35 1976 S 150 182 Eduard Hochenbichler Republik im Schatten der Monarchie Das Burgenland ein europaisches Problem Europaverlag Wien Frankfurt Zurich 1971 Norbert Leser Vom Sinn der burgenlandischen Geschichte In Richard Berczeller Norbert Leser mit Osterreich verbunden Burgenlandschicksal 1918 1945 Jugend und Volk Wien Munchen 1975 S 11 71 Irmtraut Lindeck Pozza Zur Vorgeschichte der Venediger Protokolle In 50 Jahre Burgenland Burgenlandische Forschungen Sonderheft III Rotzer Eisenstadt 1971 S 15 44 Bela Rasky Vom Scharfen der Unscharfe Die Grenze zwischen Osterreich und Ungarn 1918 bis 1924 In Helmut Konrad Wolfgang Maderthaner Hrsg der Rest ist Osterreich Das Werden der Ersten Republik Band 1 Gerold Wien 2008 ISBN 978 3 9502631 0 7 S 139 158 Gerald Schlag Die Grenzziehung Osterreich Ungarn 1922 23 In Burgenland in seiner pannonischen Umwelt Festgabe fur August Ernst Burgenlandische Forschungen Sonderband 7 Eisenstadt 1984 S 333 346 Weblinks BearbeitenSopron Odenburg 16 Dezember 1921 Die Volksabstimmung von 1921 und deren Folgen fur eine ganze Region Von der Osterreichischen Nationalbibliothek digitalisierte Ausgaben Tagesuberblick vom 18 Dezember 1921 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung keineZtg Protokoll von VenedigEinzelnachweise Bearbeiten Norbert Leser Vom Sinn der burgenlandischen Geschichte In Richard Berczeller Norbert Leser mit Osterreich verbunden Burgenlandschicksal 1918 1945 Jugend und Volk Wien Munchen 1975 S 15 Klaus Koch Walter Rauscher Arnold Suppan Hrsg Aussenpolitische Dokumente der Republik Osterreich Band 2 Im Schatten von St Germain 15 Marz bis 10 September 1919 Wien Munchen 1994 Dokument 349 StGBl Nr 41 1918 Stenographische Protokolle uber die Sitzungen der Provisorischen Nationalversammlung fur Deutschosterreich 1918 und 1919 Bd I 14 November 1918 S 95 Soos G Katalin Magyar bajor osztrak titkos targyalasok es egyuttmukodes 1920 1921 Ungarisch bayrisch osterreichische geheime Verhandlungen und Zusammenarbeit 1920 1921 Szeged 1967 S 12 Norbert Leser Vom Sinn der burgenlandischen Geschichte In Richard Berczeller Norbert Leser mit Osterreich verbunden Burgenlandschicksal 1918 1945 Jugend und Volk Wien Munchen 1975 S 18 Eduard Hochenbichler Republik im Schatten der Monarchie Das Burgenland ein europaisches Problem Europaverlag Wien Frankfurt Zurich 1971 S 50 Zahlen nach Oskar Helmer 40 Jahre Burgenland Ein Land wahlt die Freiheit Wiener Volksbuchhandlung Wien 1961 S 50 Viktor Miltschinsky Das Verbrechen von Odenburg Kommissionsverlag Literaria Wien 1922 S 99 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3D 7B 7B 7B1 7D 7D 7D GB 3D IA 3Dbub gb FUg5AQAAIAAJ MDZ 3D 0A SZ 3D doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D Klaus Koch Walter Rauscher Arnold Suppan Hrsg Aussenpolitische Dokumente der Republik Osterreich Band 4 Zwischen Staatsbankrott und Genfer Sanierung 11 Juni 1921 bis 6 November 1922 Wien Munchen 1998 Dokument 625 Memorandum an Regierung 19 Dezember 1921 S 205 Jon Dale Berlin The Burgenland Question 1918 1920 From the collapse of Austria Hungary to the treaty of Trianon Madison phil Diss 1974 S 352 Gerald Schlag Die Grenzziehung Osterreich Ungarn 1922 23 In Burgenland in seiner pannonischen Umwelt Festgabe fur August Ernst Eisenstadt 1984 S 343 Istvan Bibo Die Misere der osteuropaischen Kleinstaaterei neue kritik Frankfurt am Main 1992 S 85 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Volksabstimmung in Odenburg amp oldid 230430832