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Die Volkerkundesammlung der Hansestadt Lubeck war ein von 1893 bis 2002 bestehendes Lubecker ethnologisches Museum Inhaltsverzeichnis 1 Ursprunge 2 Museum fur Volkerkunde 1893 1942 3 Auslagerung der Sammlung 1942 1985 4 Volkerkundesammlung der Hansestadt Lubeck 1985 2002 5 Die Sammlung seit 2003 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseUrsprunge Bearbeiten nbsp Jacob von MelleSeit dem 17 Jahrhundert ist fur Lubeck nachweisbar dass sich Privatpersonen mit dem Sammeln von Kulturgegenstanden fremder Volker beschaftigten So befand sich beispielsweise ab spatestens 1696 eine altagyptische Mumie im Eigentum des Ratsapothekers Jacob Stolterfoht und Jacob von Melle Hauptpastor an St Marien besass eine umfangreiche und seinerzeit beruhmte Kollektion ethnographischer Objekte unter anderem aus Island Schweden Finnland dem Osmanischen Reich und Japan Nach dem Tod Jacob von Melles Sohn Franz Jacob von Melle im Jahre 1770 erwarb Johann Caspar Lindenberg den Grossteil der Sammlung fur sein Kunst und Naturalienkabinett sein Sohn Adolph Friedrich Lindenberg 1740 1824 Generalkonsul der Hansestadte in Lissabon fugte der Sammlung eine bedeutende Zahl weiterer Objekte hinzu und verfugte testamentarisch dass sie nach seinem Tod in den Besitz der Gesellschaft zur Beforderung gemeinnutziger Tatigkeit ubergehen sollte 1831 erfullte sein Sohn und Erbe diese Bestimmung Die Gemeinnutzige ordnete die volkerkundlichen Objekte der eigenen Kunst und Naturaliensammlung zu und stellte sie teils in den Raumen der Gesellschaft teils im Chor der Katharinenkirche aus Im Laufe der Jahrzehnte wurde die ethnographische Sammlung bestandig durch Schenkungen erweitert 1860 erfolgte eine Trennung von den naturwissenschaftlichen Objekten die kunst und ethnographischen Exponate wurden zunachst als Sammlung Lubeckischer Kunstalterthumer ab 1864 dann als Culturhistorische Sammlung bezeichnet Zu Beginn der 1870er Jahre war die Sammlung so sehr angewachsen dass die Unterbringung in einem eigenen Museumsgebaude immer deutlicher notwendig wurde 1874 wurde zu diesem Zweck ein Fonds ins Leben gerufen aber erst das testamentarische Vermachtnis des Kaufmanns Georg Ludwig Blohm 1801 1878 in Hohe von 150 000 Mark ermoglichte konkrete Planungen Am 8 Mai 1887 beschlossen Senat und Burgerschaft dass auf dem Gelande des einstigen Domklosters der Neubau aufgefuhrt werden solle Ferner wurde die Trennung der ethnographischen von der kulturhistorischen Sammlung festgelegt das zu grundende Museum fur Volkerkunde sollte als eigenstandige Einrichtung in Tragerschaft der Gemeinnutzigen betrieben werden Die Gemeinnutzige wiederum ubertrug die Verwaltung des Museums ihrer Tochtereinrichtung der Geographischen Gesellschaft die mit der Ausarbeitung des Ausstellungskonzepts begann 1892 wurden die volkerkundlichen Objekte in das nach vierjahriger Bauzeit fertiggestellte neue Museum am Dom transferiert Museum fur Volkerkunde 1893 1942 Bearbeiten nbsp Das Museum am Dom 1893 Am 16 Mai 1893 wurde das Museum am Dom das insgesamt sechs stadtische Museen unter seinem Dach vereinte feierlich eroffnet Das Museum fur Volkerkunde nahm drei Sale im ersten Geschoss des Bauwerks ein Es stand unter Leitung einer von der Gemeinnutzigen gewahlten Vorsteherschaft aus sechs ehrenamtlich tatigen Mitgliedern der Geographischen Gesellschaft denen ein bezahlter Konservator zur Seite stand 1896 wurde der Nasen und Ohrenarzt Richard Karutz ein Autodidakt auf dem Gebiet der Ethnologie zum Konservator berufen Er setzte sich zum Ziel den wissenschaftlichen Rang und zugleich auch die Breitenwirkung des Museums zu steigern Zu diesem Zweck ordnete und beschrieb er die gesamten Bestande nach wissenschaftlichen Massgaben gab dem Museum Prasenz durch Veroffentlichung in Fachpublikationen und erweiterte die Sammlung erheblich durch Erwerb von Objekten aus aller Welt Karutz unternahm zu Sammel und Forschungszwecken selber zahlreiche Reisen in Europa Nordafrika und Zentralasien auf denen er eine grosse Zahl von Exponaten zusammentrug und auch als einer der fruhesten Ethnologen Tonaufzeichnungen anfertigte An der bedeutendsten Forschungsreise seiner Amtszeit der Lubecker Pangwe Expedition von 1907 bis 1909 nahm er zwar nicht personlich teil doch er hatte sie konzipiert organisiert und Gunther Tessmann als Expeditionsleiter gewonnen Im Verlaufe von Karutz Amtszeit wuchs der Bestand des Museums von ungefahr 4000 unsystematisch angesammelten Objekten im Jahre 1896 auf uber 20 000 systematisch zusammengetragene Exponate 2000 Fotoplatten und 200 Tondokumente an mehrheitlich durch Schenkungen Ferner gestaltete Karutz die didaktische und asthetische Konzeption des Museums mehrfach nach neuesten Gesichtspunkten 1917 1921 und sogar noch einmal 1928 sieben Jahre nach seinem Weggang aus Lubeck 1921 ging die Leitung des Museums an Dr Theodor Hansen 1867 1938 uber gleichfalls ein Mediziner der jedoch im Unterschied zu Karutz keinerlei Aktivitaten entfaltete Die eigentliche Fuhrung des Museums lag in den Handen von Margarete Schmidt Obersekretarin in der Lubecker Museumsverwaltung die die Sammlung mit Hilfe von per Brief ubermittelten Anweisungen Karutz verwaltete Nach Hansens Tod im Jahre 1938 wurde kein neuer Konservator bestellt so dass Margarete Schmidt faktisch diesen Posten ausfullte jedoch ohne offizielle Ernennung 1931 1932 baute Julius Carlebach eine judische Abteilung im Museum auf 1 Diese Sammlung von Judaica mit uber 100 Exponaten beinhaltet bis auf wenige Bestandsobjekte aus der Sammlung des Museums die bis auf die Sammlung des Burgermeisters Lindenberg zuruckzufuhren sind von ihm selbst beschaffte Die neue Abteilung sollte durchaus politisch motiviert in Lubeck Verstandnis von judischer Kultur wecken und wurde in Lubeck von Presse und Offentlichkeit zunachst wenig beachtet Sie uberlebte die Zeit des Nationalsozialismus und den Luftangriff auf Lubeck 1942 so im Museumsmagazin Eine von der Judischen Gemeinde in Bad Segeberg auf Ersuchen Carlebachs 1932 als Leihgabe uberlassene Torarolle konnte ihr 2007 durch den Lubecker Museumsdirektor Hans Wisskirchen zuruckgegeben werden 1934 ging das Volkerkunde Museum wie alle bis dahin von der Gemeinnutzigen getragenen Museen an den Staat uber Mangelndes Engagement des neuen Tragers sowie die im Dritten Reich vorherrschende Geringschatzung der Kulturleistungen anderer insbesondere nichteuropaischer Volker fuhrten zu einer Stagnation der Einrichtung und zu einem Popularitatsverlust Auslagerung der Sammlung 1942 1985 BearbeitenBeim Bombenangriff auf Lubeck 1942 dem auch das Museum am Dom zum Opfer fiel konnten durch den Einsatz Margarete Schmidts etwa 80 Prozent der Bestande gerettet werden wenn auch viele wertvolle Exponate vernichtet wurden In den folgenden Jahren wurden die Objekte an verschiedenen wechselnden Orten gelagert wobei durch Diebstahl und Beschadigung weitere Verluste eintraten Von 1945 an lagerte die Sammlung im Luftschutzbunker in der Schildstrasse und wurde ab 1947 durch die Geographische Gesellschaft betreut 1952 ging die Sammlung als Leihgabe an das Museum fur Volkerkunde in Hamburg und kehrte 1969 nach Lubeck zuruck wo sie im Haus Dr Julius Leber Strasse 67 untergebracht und uber die folgenden Jahre im Rahmen einer Bestandsaufnahme neu katalogisiert wurde 1971 erhielt die nach wie vor eingelagerte Sammlung den neuen Namen Volkerkundesammlung der Hansestadt Lubeck Leiterin wurde Dr Helga Rammow die sich neben ihrer wissenschaftlichen Tatigkeit bemuhte den Lubeckern die Existenz der mittlerweile vergessenen Kollektion wieder ins Gedachtnis zu rufen und die Errichtung eines neuen Museums zu propagieren 1977 beschloss der Kulturausschuss der Hansestadt Lubeck die Sammlung wieder offentlich zu zeigen vorgesehen war hierfur das in stadtischem Besitz befindliche Gebaude Konigstrasse 21 Das Vorhaben zerschlug sich jedoch da das Haus fur Schulzwecke benotigt wurde Volkerkundesammlung der Hansestadt Lubeck 1985 2002 Bearbeiten nbsp Das ZeughausIm Jahre 1984 konnten die Planungen wieder aufgenommen werden da mit dem Zeughaus erneut ein geeignetes Gebaude bereitstand Eine Spende von Rodolfo Groth ermoglichte die Umsetzung des Plans und 1985 wurde das Erdgeschoss des Zeughauses zum Domizil der Volkerkundesammlung das 1988 um das erste Obergeschoss erweitert wurde Die Unterstutzung durch die Stadt hielt sich jedoch in Grenzen was unter anderem in erheblich eingeschrankten Offnungszeiten Ausdruck fand Nachdem Helga Rammow 1990 in den Ruhestand getreten war bestimmte die Stadt Lubeck keinen neuen Leiter fur die Sammlung die stattdessen dem Museum fur Kunst und Kulturgeschichte unterstellt wurde und fortwahrende Etatkurzungen und Personaleinsparungen erfuhr 2002 schliesslich beschloss die Burgerschaft den Ausstellungsbetrieb der Volkerkundesammlung einzustellen Die Sammlung seit 2003 BearbeitenDie Fortfuhrung des Museumsbetriebs ubernahm die im November 2002 gegrundete Gesellschaft fur Geographie und Volkerkunde e V hervorgegangen aus dem Zusammenschluss der Geographischen Gesellschaft und dem seit 1998 existierenden Freundeskreis Volkerkundesammlung der Hansestadt Lubeck e V Bis zum 18 Marz 2007 konnte sie das Museum geoffnet halten Seitdem ist die Sammlung im Zeughaus magaziniert und nicht mehr der Offentlichkeit sondern nur zu Forschungs und Studienzwecken zuganglich Seit 2010 wird die Sammlung durch das Zentrum fur Kulturwissenschaftliche Forschung Lubeck ZKFL eine Gemeinschaftseinrichtung der Hansestadt Lubeck und der Universitat zu Lubeck mit finanzieller Unterstutzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft digitalisiert 2 Leiter der Sammlung als Nachfolger von Brigitte Templin ist Lars Fruhsorge 3 Im Jahr 2021 kam die Sammlung afrikanischer Kunst des 2020 gestorbenen Unternehmers und Kunstsammlers Bernd Muhlack als Schenkung nach Lubeck 4 Literatur BearbeitenBrigitte Templin Claudia Kalka Einblicke in den Bestand der Volkerkundesammlung der Hansestadt Lubeck Die Lubecker Museen 2011 ISBN 978 3 942310 02 4 Richard Karutz Das Museum fur Volkerkunde zu Lubeck Lubeck 1897 Richard Karutz Fuhrer durch die Abteilung Sudsee des Museums fur Volkerkunde zu Lubeck Lubeck 1917 Richard Karutz Die estnische Sammlung des Museums fur Volkerkunde zu Lubeck Lubeck 1919 Richard Karutz Fuhrer durch das Museum fur Volkerkunde zu Lubeck Lubeck 1921 mit Veroffentlichungsverzeichnis R Karutz Richard Karutz Vom Sinn und Ziel des Museums fur Volkerkunde zu Lubeck Lubeck 1921 Helga Rammow Richard Karutz In Alken Bruns Hrsg Lubecker Lebenslaufe Neumunster 1993 S 199 ff ISBN 3 529 02729 4 Brigitte Templin O Mensch erkenne dich selbst Richard Karutz 1867 1945 und sein Beitrag zur Ethnologie Lubecker Beitrage zur Ethnologie Bd 1 Lubeck 2010 380 S m 33 Abb ISBN 978 3 7950 1297 7 Weblinks BearbeitenGesellschaft fur Geographie und Volkerkunde zu Lubeck Volkerkundesammlung Die Lubecker Museen Zeughaus Volkerkundesammlung Afrikanische Spurensuche im Volkerkundemuseum Lubeck NDR Erstsendung 30 November 2020 Video 4 00 Minuten Einzelnachweise Bearbeiten Von der Rolle Bad Segeberg Gemeinde erhalt Sefer Tora aus dem Museum zuruck in Judische Allgemeine vom 17 Mai 2007 ZKFL Webseite der Sammlung Linda Ebener Die grosste Schenkung in der Geschichte der Lubecker Museen bei NDR 17 Marz 2021Museen in Lubeck Behnhaus Brahms Institut Buddenbrookhaus Europaisches Hansemuseum Grenz Dokumentationsstatte Lubeck Schlutup Gunter Grass Haus Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk Lubecker Theaterfigurenmuseum Museum Haus Hansestadt Danzig Museumshafen Lubeck Museumskirche St Katharinen Naturhistorisches Museum Niederegger Marzipanmuseum St Annen Museum Stadtmuseum Holstentor Seebadmuseum Travemunde Volkerkundemuseum Willy Brandt Haus Lubeck Museen fur Volkerkunde in Deutschland Ethnologisches Museum in Berlin Dahlem Museum Europaischer Kulturen in Berlin Dahlem Volkerkundliche Abteilung des Stadtischen Museums in Braunschweig Ubersee Museum in Bremen Indianermuseum in Derenburg Museum fur Volkerkunde in Dresden Volkerkundliche Abteilung des Missionsmuseums 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