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Fruhe europaische Bronzeglocken werden aufgrund ihrer Form als Bienenkorb Bienenkorbglocken genannt Je nach Provenienz werden sie gelegentlich auch als karolingische oder salische Glocken bezeichnet Sie wurden vom 8 bis zum 12 Jahrhundert im Wachsausschmelzverfahren gegossen In Deutschland existieren rund 20 historische Bienenkorbglocken sowie einige wenige gegossene Kopien und Rekonstruktionen Auf den Typus der Bienenkorbglocke folgte ab der Mitte des 12 Jahrhunderts die Zuckerhutglocke Die Glocke von Haithabu um 950 Die Glocke von Hachen 11 Jahrhundert Die Walbecker Glocke 11 Jahrhundert Die Lullusglocke Mitte des 11 Jahrhunderts in Bad HersfeldDie Kunigundenglocke um 1185 des Bamberger DomesModernes Bienenkorbglockchen aus Bronze mit zwei dominanten Partialtonen der Grundton liegt bei 1133 Hertz und der lautere Partialton bei 3100 Hertz im Sangerformanten source source Inhaltsverzeichnis 1 Herstellung 2 Form und Klang 3 Theophilusglocken 4 Bienenkorbglocken Auswahl 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHerstellung BearbeitenAuf einen aus Lehm geformten Kern der mit einer Kurbel gedreht wurde modellierte der Giesser mit Wachs die Glocke Anschliessend ummantelte man die Wachsglocke mit Lehm und erhitzte alles so dass der Lehm fest wurde das Wachs ausfloss und einen Hohlraum bildete 1 In diesen wurde die durch Erhitzen in Schachtofen verflussigte Bronze gegossen Das Verflussigen von Bronze in Tiegeln war bekannt aber wegen der Grosse der Glocken nicht praktikabel umzusetzen Das Wachsausschmelzverfahren ist ein Verfahren mit verlorener Form Form und Klang BearbeitenAuf der Haube sitzt mittig eine der Befestigung der Glocke dienende Ose mit zwei bis sechs Henkeln die zunachst nur eine stutzende Funktion haben Erst bei spateren und schwereren Glocken kommt ihnen als Krone auch eine tragende Funktion zu Die Haube der Glocke ist nicht plan sondern kalottenformig gewolbt Bei Glocken spaterer Zeit die im Mantelabhebeverfahren gefertigt wurden ist stets ein gusstechnisch bedingter Grat zwischen Ober und Unterplatte vorhanden Insofern ist das Fehlen eines solchen Grates was bei Bienenkorbglocken der Fall ist ein wesentliches Indiz fur die Herstellung im Wachsausschmelzverfahren Von der deutlich gerundeten Schulter verlauft die Flanke zylindrisch bis schwach kegelig geradlinig oder auch leicht geschweift zum Schlagring Dieser ist noch nicht besonders stark und springt meist markant nach aussen vor Der Halsdurchmesser ist gross im Verhaltnis zum Scharfendurchmesser Bienenkorbglocken sind in der Regel dunnwandig und ihre Wandstarke ist uberall gleich Die Rippe ist sehr leicht oder leicht Bei spaten Glocken sind Wandung und Schlagring etwas starker Um 1150 begann sich allmahlich die Gestalt der Glocken von der Bienenkorb zur Zuckerhutform zu andern Glocken dieses Ubergangsstadiums weisen einen etwas geringeren Halsdurchmesser und eine starkere Schweifung auf Ihre Form wird Ubergangsform genannt Fur die Zuordnung einer Glocke zur Bienenkorb Ubergangs oder Zuckerhutform ist das Giessverfahren Wachsausschmelz oder Mantelabhebeverfahren von untergeordneter Bedeutung wesentlich sind vielmehr die geometrischen Proportionen Das Verhaltnis Hohe zu Scharfendurchmesser ist bei Bienenkorbglocken geringer als bei Zuckerhutglocken das Verhaltnis Halsdurchmesser zu Scharfendurchmesser ist bei Bienenkorbglocken grosser als bei Zuckerhutglocken Tonhohe und Innenharmonie der Bienenkorbglocken sind nicht vom Giesser gezielt herbeigefuhrt sondern reine Zufallsprodukte Weil die Frequenzen der Teiltone oft nicht in einem geeigneten Verhaltnis zueinander stehen das eine Residualtonbildung ermoglichen wurde ist ein Schlagton meist entweder nicht vorhanden oder seine Lage ist unklar Theophilusglocken BearbeitenDer Benediktinermonch Theophilus beschrieb um 1125 in seinem Werk Schedula diversarum artium 2 unter anderem auch die Herstellung von Glocken Daher nennt man Glocken die seinen Anweisungen entsprechend gefertigt wurden Theophilusglocken Weil Theophilus den Glockenguss nicht erfunden hat sondern die ubliche Praxis seiner Zeit beschrieb konnen Theophilusglocken zeitlich auch vor Theophilus Schedula gegossen worden sein Besonderes Kennzeichen einer Theophilusglocke sind dreieckige Locher in der Haube der Glocke Diese als Foramina Singular Foramen bezeichneten Schalllocher sollten den Klang der Glocke verbessern quatuorque foramina triangula iuxta collum ut melius tinniat formabis Theophilus Schedula diversarum artium um 1125 Bei spaten Theophilusglocken sind die dreieckigen Foramina nicht mehr als Locher ausgefuhrt sondern nur noch als Vertiefungen angedeutet vermutlich weil man beobachtet hatte dass die Offnungen keinen Einfluss auf den Klang haben Bienenkorbglocken Auswahl BearbeitenDie Vatikanischen Museen beherbergen eine Glocke des 9 Jahrhunderts aus Canino Ihr Durchmesser betragt 390 mm Bronzeglocke in Bojna Slowakei aus dem 8 oder 9 Jahrhundert Die Karolingerglocke im Glockenmuseum der Stiftskirche in Herrenberg wurde mit Hilfe von Fundstucken des 9 Jahrhunderts aus Vreden rekonstruiert 3 Beim Dorf Csolnok unweit von Esztergom wurde 1966 eine Glocke aus dem 10 Jahrhundert gefunden Sie befindet sich heute im Museum in Esztergom Ihre Masse betragt 16 kg ihr Durchmesser 360 mm Die Glocke von Haithabu um 950 ist die alteste vollstandig erhaltene Lauteglocke nordlich der Alpen Sie wurde 1978 entdeckt und befindet sich heute im Wikinger Museum in Haithabu Eine Kopie der Glocke ist vor dem Museumsgebaude installiert eine weitere Kopie befindet sich im Glockenmuseum in Herrenberg und wiegt 29 kg 4 Die Walbecker Glocke Datierung umstritten 11 oder 12 Jahrhundert stammt aus der Stiftskirche Walbeck und befindet sich heute in der Skulpturensammlung des Bode Museums 5 in Berlin Ihr Durchmesser betragt 50 cm sie wiegt ca 100 kg Die Lullusglocke um 1040 hangt im Katharinenturm der Stiftsruine in Bad Hersfeld Sie wiegt rund 1000 kg und hat einen Durchmesser von 1120 mm Ihr Schlagton liegt bei h0 c1 Die ursprunglich aus der Burgkapelle in Hachen stammende Bienenkorbglocke 11 Jahrhundert hing bis 1938 in der dortigen Marienkirche und befindet sich heute im Glockenmuseum Grassmayr in Innsbruck Seit 2006 hangt in der Hachener Marienkirche eine Kopie der Glocke Eine Glocke in Ubergangsform um 1200 der Kirche St Laurentius in Mintard zahlt mit ihren rund 900 kg zu den grossen erhaltenen romanischen Glocken Ihr Durchmesser betragt 1074 mm ihr Schlagton ist g1 Der Merseburger Dom beherbergt ausser einer 113 kg schweren Bienenkorbglocke fruhes 12 Jahrhundert mit 472 mm Durchmesser eine um 1180 gegossene Glocke in spater Bienenkorbform mit kraftigem Schlagring die den Namen Clinsa tragt Sie wiegt 1960 kg und hat einen Durchmesser von 1312 mm Ihr Schlagton ist f1 Die Bienenkorbglocke Anfang des 12 Jahrhunderts aus der Kirche in Aschara ist die alteste Glocke Thuringens und hangt im Glockenmuseum in Apolda Sie hat den Ton es2 und wiegt rund 200 kg Eine Kopie der Ascharaglocke befindet sich im Glockenmuseum Herrenberg 6 In der Pfarrkirche St Jakobus in Thurndorf hangt eine Bienenkorbglocke 12 Jahrhundert mit 36 cm Durchmesser Sie ist der Aschara Glocke ahnlich In der Drohndorfer St Marien Kirche hangt eine ca 100 kg schwere Bienenkorbglocke aus der ersten Halfte des 12 Jahrhunderts Ihr Durchmesser betragt 517 mm der Schlagton liegt bei h2 In der Pfarrkirche in Iggensbach befindet sich eine Bienenkorbglocke aus dem Jahr 1144 Sie wurde im Mantelabhebeverfahren hergestellt und tragt eine erhabene Inschrift Sie wiegt 25 kg und hat den Schlagton fis2 In Lutter am Barenberge hangt in der Kirche St Georg eine Bienenkorbglocke genannt Ribernus Glocke aus der Mitte des 12 Jahrhunderts Sie wiegt 39 kg und hat den Schlagton as2 Zum Gelaut des Bardowicker Domes gehort ein Paar von Bienenkorbglocken aus der zweiten Halfte des 12 Jahrhunderts Die grossere hat 68 cm Durchmesser und eine Masse von 234 kg die kleinere mit 57 cm Durchmesser wiegt 159 kg Die Schlagtone liegen bei fis2 und a2 Die Bienenkorbglocke 12 Jahrhundert der Wallfahrtskirche Maria Zell in Boll ist vermutlich die alteste Glocke im Raum Baden Hohenzollern Sie wiegt rund 110 kg und hat den Schlagton fis2 Im Grafschaftsmuseum in Wertheim wird eine Bienenkorbglocke aus der evangelischen Kirche in Bettingen verwahrt Ihr Schlagton ist g2 In der Kirche Mariae Virginis zu Rieder hangt eine Bienenkorbglocke aus dem 12 Jahrhundert Die Kunigundenglocke um 1185 im Bamberger Dom ist mit ca 3450 kg die schwerste Bienenkorbglocke Deutschlands Die Dodelinusglocke im Bremer Focke Museum stammt vermutlich nicht ursprunglich von dem Gut Auburg im Landkreis Diepholz ihre Inschrift nennt einen Dodelinus als Auftraggeber 12 Jahrhundert 28 5 kg Dm 34 cm H 42 cm 7 Das Lumpenglockchen der Mainzer Kirche St Quintin um 1250 erklingt taglich zum Angelus Es hat die Schlagtone c3 und cis3 und wiegt 115 kg Literatur BearbeitenPaul Liebeskind Die Theophilusglocken in Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums Nurnberg 1905 S 156 ff online in der Google Buchsuche USA Ernst Grohne Die alteste Glocke Nordwestdeutschlands in Alte Kostbarkeiten aus dem bremischen Kulturbereich Bremen 1956 S 28 40 Hans Drescher Hans Gerd Rincker Die Technik des Glockengusses in Geschichte und Gegenwart In Konrad Bund Hrsg Frankfurter Glockenbuch Kramer Frankfurt 1986 ISBN 3 7829 0211 0 Kurt Kramer Formenentwicklung der Glocke im Mittelalter In Das Munster 1989 ISSN 0027 299X Jorg Poettgen Zu Inschrift und Alter der romanischen Glocke in Mintard In Jahrbuch fur Glockenkunde Band 7 8 1995 1996 Konrad Bund Die Entwicklung der mittelalterlichen Glocke vom Signalgeber zum Musikinstrument In Kurt Kramer Beratungsausschuss fur das Deutsche Glockenwesen Hrsg Glocken in Geschichte und Gegenwart Beitrage zur Glockenkunde Band 2 Badenia Karlsruhe 1997 ISBN 3 7617 0341 4 Claus Peter Die musikalischen und gusstechnischen Entwicklungsstufen der Glocke In Kurt Kramer Beratungsausschuss fur das Deutsche Glockenwesen Hrsg Glocken in Geschichte und Gegenwart Beitrage zur Glockenkunde Band 2 Badenia Karlsruhe 1997 ISBN 3 7617 0341 4 Hans Drescher Zwei besonders fruhe christliche Glocken und bisher unbekannte Randprofile von Lauteglocken des 9 bis 11 Jahrhunderts In Jahrbuch fur Glockenkunde Band 9 10 1997 1998 Matthias Friske Mittelalterliche Glocken in Anhalt bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts In Jahrbuch fur Glockenkunde Band 19 20 2007 2008 Jorg Poettgen Der Beitrag der Inschriften und ihrer Gestaltung zur Altersbestimmung von Theophilusglocken In Jahrbuch fur Glockenkunde Band 21 22 2009 2010 Matthias Friske Uberlegungen zur Datierung fruher Glocken des Wachsausschmelzverfahrens und zum Zeitpunkt der Entstehung des Mantelabhebeverfahrens In Jahrbuch fur Glockenkunde Band 23 24 2011 2012 Bastian Asmus Theophilus und der Guss einer Bienenkorbglocke Ein Experiment Der Anschnitt 68 2016 S 45 60 Einzelnachweise Bearbeiten Asmus 2016 Theophilus und der Guss einer Bienenkorbglocke Der Anschnitt 68 S 45 60 Theophilus Presbyter Schedula diversarum artium Digitale Edition der Uni Koln Karolingerglocke Glockenmuseum Abgerufen am 7 Mai 2017 Haithabuglocke Glockenmuseum Abgerufen am 7 Mai 2017 Frank Matthias Kammel Die Glocken der Berliner Skulpturensammlung In Jahrbuch Preussischer Kulturbesitz 33 1996 1997 S 175 197 Ascharaglocke Glockenmuseum Abgerufen am 7 Mai 2017 Inv Nr 1941 021 Ernst Grohne Die alteste Glocke Nordwestdeutschlands in Alte Kostbarkeiten aus dem bremischen Kulturbereich Bremen 1956 S 28 40 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bienenkorbglocke amp oldid 239456007 Theophilusglocken