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Residualton oder Residuum von lateinisch residuum Rest ist ein von Jan Frederik Schouten eingefuhrter Begriff fur ein psychoakustisches Phanomen Bei der Prasentation eines akustischen Signals in Form einer periodischen Schwingung bei der der Grundton nur sehr schwach oder gar nicht vorhanden ist ergibt sich trotzdem die Wahrnehmung einer Tonhohe die diesem fehlenden Grundton entspricht Auch von der Klangfarbe her wird das Fehlen des Grundtons oft weniger deutlich empfunden als zu erwarten ware Diesen hinzugefugten Grundton bezeichnet man als Residualton Inhaltsverzeichnis 1 Erklarung 2 Anwendung 2 1 Orgelbau 2 2 Sonstige Instrumente 3 Einfluss tiefer Tone auf den Horeindruck 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseErklarung Bearbeiten nbsp Die Uberlagerung zweier Schwingungen z B 200 Hz und 300 Hz ergibt eine Schwingung mit der Frequenz des Residualtons von 100 HzEs gibt zwei wesentliche Effekte zur Erklarung des Phanomens der Residualtone das Gehor wertet stets nicht nur das Frequenzspektrum sondern auch die Periode des akustischen Signals aus wenn die Grundfrequenz nicht zu hoch ist Bei einem harmonischen Obertonspektrum bleibt die Periode des Zeitsignals erhalten selbst wenn der Grundton entfernt wird Aus der Auswertung der Periode liesse sich somit der Grundton rekonstruieren Nach einer vielfach vertretenen Theorie der letzten Jahrzehnte leistet der zentrale Kern des Colliculus inferior im auditorischen Mittelhirn der Saugetiere die Ermittlung der Tonhohe des Grundtons von komplexen Tonen wie Lautausserungen von Tieren Vokalen und Tonen von Musikinstrumenten Hierbei wird angenommen dass die unteren harmonischen Teiltone der komplexen Tone in den Frequenzband Schichten Laminae des o g Kerngebiets isoliert und die ubereinstimmende Periodizitat der Signale mehrerer Laminae durch neuronale Periodizitats Detektoren herausgefiltert werden 1 Anwendung BearbeitenOrgelbau Bearbeiten Das Phanomen der Residualtone wird seit langem im Orgelbau bei sog akustischen Registern eingesetzt Bei gleichzeitigem Einsatz des 8 Fuss und des 51 3 Fuss der eine Quinte daruber liegt hort man den 16 Fuss also eine Oktave unter dem 8 Fuss So lasst sich ein fehlender Grundton simulieren indem zwei Tonerzeuger auf der Oktave und der reinen Duodezime zu dem real nicht vorhandenen Grundton gleichzeitig erklingen Bei der Orgel wird so z B ein 32 Register gespart indem ein vorzugsweise offenes 16 Labialregister mit einem vorzugsweise gedeckten 102 3 Labialregister kombiniert wird Sonstige Instrumente Bearbeiten Bei Sackpfeifen und Drehleiern sind die Bordune oft im Quintabstand gestimmt wodurch der daraus gebildete Residualton fur zusatzliche Klangfulle sorgt Bei Glocken ist der Nominal Schlagton physikalisch nicht messbar wird aber trotzdem wahrgenommen da er sich aus den Teiltonen Oktave Duodezime und ggf Doppeloktave bildet Bei Streichinstrumenten sind die Grundtone der tiefen Tone oft sehr schwach ausgepragt werden von Zuhorern aber dennoch deutlich wahrgenommen 2 Einfluss tiefer Tone auf den Horeindruck BearbeitenAus der Moglichkeit des Gehors den Grundton einer streng periodischen Schwingung abzuleiten selbst wenn dieser nur schwach oder uberhaupt nicht ubertragen wird folgern manche dass eine Ubertragung tiefer Tone unnotig sei Dieses ist jedoch eine zu begrenzte Sichtweise So ist z B beim Telefon die untere Frequenzgrenze bei 300 Hz der Grundtonbereich erwachsener Sprecher also ausgeblendet Die Tonlage der Stimme wird jedoch vom Gehor erkannt Allerdings geht das Merkmal der Klangfarbe dabei verloren der Klang einer Telefonstimme unterscheidet sich erheblich vom Original Ein streng periodisches Signal ist ein mathematischer Grenzfall der i a in der Natur nicht anzutreffen ist und nur mit elektronischen Mitteln hinreichend genau dargestellt werden kann Daher gibt es bei Schallereignissen i d R auch nichtperiodische oder gerauschhafte Anteile bei denen von einem Grundton schon theoretisch gar nicht die Rede sein kann Am Telefon ist daher die Erkennung von Umweltgerauschen sehr schwierig Fehlen bei Ubertragung die tiefen Tone so sind z B bestimmte Instrumente im Orchester oder bestimmte Orgelregister gar nicht mehr horbar was den Charakter von Musik erheblich verandert Dieses wird deutlich wenn von einer linearen Wiedergabe bis hinab zu 20 Hz direkt auf eine Hochpass gefilterte Wiedergabe umgeschaltet wird Grosse Raume haben Moden die in diesen tiefen Bereichen liegen und die leise von Umweltgerauschen angeregt stets mitklingen Dieses macht einen grossen Teil des Raumempfindens aus das man z B beim Betreten einer Kathedrale hat Das Fehlen tieffrequenter Information verfalscht also auch das Raumempfinden Tiefe Frequenzanteile sind oft charakterbestimmend fur bestimmte Musikstile Drum and Bass oder akustische Ereignisse z B entfernte Explosionen Donner Bodenerschutterungen daher ist das fur schlechte tontechnische Wiedergaben typische Fehlen der Tiefen hierbei besonders nachteilig Die genannten Beispiele enthalten keine Oberwellen die der Synthese eines Residualtones dienen konnten Siehe auch BearbeitenKombinationstone Akustische Tauschung Fourieranalyse Obertone Liste von Audio Fachbegriffen Giuseppe TartiniLiteratur BearbeitenThomas Gorne Tontechnik Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag Munchen u a 2006 ISBN 3 446 40198 9 Angela Lohri Kombinationstone und Tartinis terzo suono Schott Campus 2016 ISBN 978 3 95983 080 5 urn nbn de 101 1 201610148535 mit kostenlosem PDF Download Einzelnachweise Bearbeiten Xiaoqin Wang Daniel Bendor Pitch In Adrian Rees Alan Palmer Hrsg The Oxford Handbook of Auditory Science The Auditory Brain Oxford University Press 2010 ISBN 0 19 923328 4 S 149 172 hier S 157 159 englisch Linienspektren einer Flote einer Klarinette einer Oboe einer Trompete und der G Saite einer Violine Studio fur Elektronische Musik Universitat Mozarteum Salzburg abgerufen am 29 August 2019 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Residualton amp oldid 199693535