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Die Stiftskirche Walbeck ist die Ruine einer ottonischen Stiftskirche in Walbeck einem Stadtteil von Oebisfelde Weferlingen im Landkreis Borde Die in weiten Teilen des aufgehenden Bestandes erhaltene auf einem Kalksteinfelsen 25 Meter uber dem Allertal gelegene Ruine erlaubt wertvolle Erkenntnisse uber die Bautechnik in der Ottonenzeit Heute ist die Ruine eine Station an der Strasse der Romanik Ruine der Stiftskirche Walbeck von Sudosten 2018 Inhaltsverzeichnis 1 Das Stift Walbeck 2 Die Kirche 3 Forschungsergebnisse 3 1 Der Ursprungsbau 3 2 Fenster 3 3 Mauerwerk 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDas Stift Walbeck Bearbeiten nbsp Blick ins Kirchenschiff nach Osten 2007Das Stift Walbeck wurde 942 vom Grafen Lothar II auf seiner Burg als Hauskloster der Walbecker Grafen gegrundet 1 Anlass zur Grundung war dass sich Lothar 941 an einer Verschworung des Bayernherzogs Heinrich gegen dessen Bruder Konig Otto I beteiligt hatte die jedoch aufgedeckt wurde Lothar war zunachst wie viele der Verschworer zum Tod verurteilt erlangte aber durch Fursprache seiner Freunde eine Begnadigung 2 Er verlor ausser seinen Allodialgutern allen Besitz und wurde zudem zur Errichtung der Kirche verpflichtet die so in seiner Burg platziert war dass deren militarischer Wert stark gemindert war Die bekannteste Person der Stiftsgeschichte war der Chronist und Bischof Thietmar von Merseburg der als Enkel des Stifters Lothar ab 1002 Propst des Kanonikerstiftes war In dieser Eigenschaft weihte er 1015 die Kirche neu die vier Jahre zuvor durch einen Brand beschadigt worden war Wohl in diesem Zusammenhang entstand auch die Walbecker Glocke eine der altesten noch heute erhaltenen Kirchenglocken die sich derzeit im Fundus des Bodemuseums in Berlin befindet Thietmar uberlieferte auch die Grundungsgeschichte Walbecks 1219 wurden die Reste der Burg nach dem Aussterben der Walbecker Grafen geschleift dabei wurde auch der nach dem Brand errichtete Westturm der Kirche wieder entfernt Das Kanonikerstift St Maria wurde 1229 dem Domkapitel Halberstadt unterstellt 1591 wurde das Stift reformiert In der Folgezeit begann die Kirche zu verfallen 1731 fanden seit vielen Jahren keine Gottesdienste mehr in der Kirche statt 1810 wurde das Stift endgultig aufgehoben Die Kirche Bearbeiten nbsp Der Grundriss des Ursprungsbaus von Walbeck war dem der Saalkirche in Ingelheim vergleichbar Walbeck hatte lediglich ein zusatzliches querrechteckiges Chorjoch zwischen Querhaus und Apsis Die Stiftskirche wurde ab 942 erbaut fertiggestellt wurde der ursprungliche Bau vor 964 da in diesem Jahr der Stifter Lothar in einer Tumba in der Vierung beigesetzt wurde Geweiht war die Kirche den Heiligen Maria Pankratius und Anna Die Form des Ursprungsbaus kann aus dem erhaltenen Mauerwerk erschlossen werden es handelte sich um eine einschiffige Saalkirche mit einem durchgehenden Querhaus einem Chorjoch und einer den Bau nach Osten abschliessenden Apsis Insgesamt war die Kirche etwa 31 Meter lang das Querhaus war 19 Meter breiter als das Kirchenschiff 3 Um 1000 wurde die Kirche stark erweitert und um etwa sieben Meter oder zwei Joche nach Westen verlangert Sie erhielt ein Westwerk mit einer Emporenanlage sowie niedrige Seitenschiffe die die Saalkirche in eine Basilika verwandelten hierzu wurden die ursprunglichen Seitenmauern durchbrochen Dabei wurden Bogenstellungen und Pfeiler in die Langhauswande eingezogen die Baunaht ist bis heute sehr gut zu erkennen Die ursprunglichen Fenster mussten aufgegeben werden und wurden zugemauert Gegen 1100 erfolgte die zweite Erweiterung nach Westen Vor den Eingang wurde ein machtiger sachsischer Westriegel gesetzt der vermutlich zwei Turme umfasste Die teilweise Zerstorung der burgartigen Anlage erfolgte im 12 oder 13 Jahrhundert nach einem gemeinsamen Beschluss von Konig Friedrich Barbarossa und Wichmann dem Magdeburger Erzbischof Die Kirche wurde im 13 Jahrhundert restauriert Der westliche Triumphbogen wurde erneuert der ostliche ist bis heute ottonisch Es wurden neue grossere lanzettformige Fenster angebracht Im 16 Jahrhundert wurde die Nordwand des Querhauses erneuert als die Anlage protestantisches Stift wurde Nach der Aufhebung des Stiftes begann die Kirche zu verfallen Nachdem 1829 die Dacher der Seitenschiffe abgebrochen worden waren wurde die Kirche der Gemeinde Walbeck als Armenhaus geschenkt 1855 wurde die Apsis 1888 das Dach des Hauptschiffes samt Dachreiter abgebrochen 1908 sturzte die nordliche Arkadenwand ein Heute fehlen die nordliche Arkadenwand die Mauern der Seitenschiffe die Apsis und grosse Teile des Westwerkes Ab 1934 wurde die Ruine systematisch erforscht dabei wurde die Grabtumba Lothars II aufgefunden die heute in der Ortskirche von Walbeck aufgestellt ist Es erfolgte eine systematische Ausgrabung und Sicherung der Ruine vor weiterem Verfall Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich die Kirche in der Sperrzone der Innerdeutschen Grenze Aufgrund dieser Lage war die Ruine unzuganglich eine Forschung am Objekt unmoglich allerdings schutzte die Lage im Sperrgebiet die Ruine auch vor schadigenden Veranderungen Seit 1980 steht die Ruine unter Denkmalschutz Erst nach der Wiedervereinigung erfolgte ab 1998 eine Baudokumentation und Neubewertung der Befunde durch die Forscher der TU Berlin Die Ruine wurde erneut restauriert Forschungsergebnisse BearbeitenDer Ursprungsbau Bearbeiten nbsp Deutlich zu erkennen liegt das rechte Obergadenfenster nicht in der Achse der Arkade darunter nbsp Die vermauerten Oculi und die nach oben versetzten FensterIn der alteren Literatur ist die Stiftskirche Walbeck als Pfeilerbasilika mit einem wenig ausladenden Querhaus bezeichnet diese Angabe findet sich auch noch vereinzelt 4 Ursache hierfur war dass die Forschung gewohnt war fur Grosskirchen der Ottonenzeit basilikale Formen und fur nachgeordnete Kirchen Saalkirchen mit Apsis anzunehmen 5 Der Bautypus einer Saalkirche mit romischem Querhaus und Apsis vermittelt zwischen diesen beiden Typen Die Hinzufugung gerade eines durchgehenden Querhauses erhob diese Kirchen uber einfache Saalkirchen und setzte einen deutlichen Akzent Ahnliche Bauten sind beispielsweise mit der Kirche Im Saal in Ingelheim am Rhein erhalten Eine Basilika konnte in Walbeck jedoch wie Cramer und Breitling nachwiesen nicht ursprunglich vorgelegen haben Zum einen liegen die Fenster der Obergaden nicht in der Achse der Arkaden zum anderen fehlt der fur ottonische Basiliken dieser Epoche typische Stutzenwechsel da die Seitenschiffe nur durch Pfeiler ohne eine einzige Saule abgetrennt waren Die Arkaden wurden daher nachtraglich in die ursprunglichen Wande des Kirchensaales gebrochen als die Seitenschiffe angebaut wurden Lediglich Teile der Wand blieben in den Pfeilern erhalten Der Anbau der Seitenschiffe erforderte auch Veranderungen an den Fenstern da die Seitenschiffe mit Pultdachern versehen wurden die sowohl die Fensteroffnungen in der Westwand des sudlichen Querschiffes wie auch die Fensteroffnungen des Saales teilweise uberschnitten Der Baumeister des Umbaus loste dieses Problem indem er die Fenster nach oben verlangerte und nach unten verkurzte so dass sie in den Obergaden passten Zwischen den Fenstern sind knapp unter der Dachtraufe liegende Oculi zu erkennen die beim Umbau vermauert wurden diese Oculi gehoren ebenfalls zur Wandgestaltung des Ursprungsbaus Der Kirchensaal erhielt sein Licht durch diese Oculi und die eine Wandzone tiefer gesetzten grossen Rundbogenfenster mit schrag eingesetzter Laibung Im Sudarm des Querhauses befanden sich zwei ubereinander liegende Rundbogenfenster in der Westwand in der Ostwand ein Rundbogenfenster uber einem Durchgang zur Klausur Im Nordarm des Querhauses befanden sich uberlange Rundbogenfenster die Apsis verfugte uber wenigstens drei Fenster Insgesamt nahmen Fenster ein Funfzehntel der Wandflache des Kirchenschiffs ein im Querhaus sogar ein Elftel der Wandflache Die Kirche war damit sehr lichtreich Ahnliche Verhaltnisse von Fensteranteil und Wandflache lassen sich fur andere ottonische Kirchenbauten nachweisen Ottonische Kirchen waren damit lichtreicher als spatere romanische Kirchen 6 Fenster Bearbeiten Die ehemaligen Stiftskirche zeichnete sich durch einen grossen Variantenreichtum an Fensterformen aus Allen Fensteroffnungen ist jedoch gemeinsam dass keine Gewandesteine die Offnungen umschliessen wie es bei spateren Bauten die Regel ist Die Oculi wie auch die Rundbogen der Fenster werden durch kleine unregelmassig zugehauene Steine gebildet Die senkrechten Laibungen werden stets durch mehrere Steine gebildet Die Fenster waren von holzernen Blockrahmen gefasst die in das Mauerwerk eingebaut und mit diesem errichtet wurden Die Fensterrahmen lagen damit mitten in der Wand Das Holz der Rahmen ist grosstenteils verwittert eine Probe aus dem Bereich eines Oculus konnte jedoch durch das Leibniz Labor der Universitat Kiel mit Hilfe der Radiokohlenstoffdatierung auf das Jahr 943 datiert werden 7 Die Bauweise der Fensterrahmen kann durch Abdrucke im Mortel erschlossen werden danach bestanden die Rahmen der Rundbogenfenster aus vier Bohlen von funf bis acht Zentimeter Starke die sich an den Fensterecken uberlappten Die Rahmen der Oculi waren aus etwa 12 Zentimeter starken Bohlen ausgeschnitten Aus der Konstruktion der Rahmen wird auf einen durchscheinenden Verschluss der Fensteroffnung geschlossen Mauerwerk Bearbeiten nbsp Auf diesem Bild ist die Verwendung sehr unterschiedlich grosser Mauersteine neben dem vermauerten Eingang gut zu erkennen Die Stiftskirche Walbeck wurde in der Art des antiken opus implectum zweischalig aufgemauert Diese Bautechnik war im 10 Jahrhundert nicht ungewohnlich In Walbeck kann am Maueraufbau jedoch festgestellt werden dass die Bautechniker zwar den Grosssteinbau anstrebten ihn aber noch nicht im Geringsten beherrschten In den Wanden sind Steine von vollig unterschiedlicher Grosse sichtbar der Mortelanteil an der Wandflache ist sehr hoch und durchlaufende Horizontalfugen nicht vorhanden An den Gebaudekanten waren die Baumeister um eine klare Kantenquaderung zwar bemuht dennoch blieb die Anordnung der Blocke unsystematisch und mitunter bautechnisch eher fraglich Das Bemuhen um den Grosssteinbau wird auch bei den besonders grossen Steinen in der Wandflache deutlich die zumeist eher dunne Platten sind die hochkant vermauert wurden Bei der etwa ab 1010 also zwei Generationen spater begonnenen Michaeliskirche in Hildesheim ist die in Walbeck vorzufindende unsystematische Grossplattenbauweise bereits stark verfeinert Zwar finden sich dort noch immer hochkant gestellte Platten die den Eindruck massiver Quader hervorrufen die Fugen sind jedoch bereits deutlich enger und gleichmassiger als in Walbeck Weiter verfeinert entwickelte sich aus der in Walbeck nachgewiesenen Bautechnik der Quaderbau der Salierzeit Literatur BearbeitenJohannes Cramer Stephan Breitling Die Stiftskirche in Walbeck In Klaus Gereon Beuckers Johannes Cramer Michael Imhof Hrsg Die Ottonen Kunst Architektur Geschichte 2 Auflage Michael Imhof Verlag Petersberg 2002 ISBN 3 932526 91 0 S 273 278 Hans Feldtkeller Das Stiftergrab in der Domruine Walbeck In Jahrbuch der Denkmalpflege in der Provinz Sachsen und Anhalt 1933 S 34 48 58 Hans Feldtkeller Die Stiftskirche zu Walbeck Burg 1937 Berthold Heinecke Klaus Ingelmann Hrsg Tausend Jahre Kirche in Walbeck Michael Imhof Petersberg 2007 ISBN 3 86568 311 8 Angelika Meyer Ruine der Stiftskirche in Walbeck Grosse Baudenkmaler Heft 437 Munchen Berlin 1993 Walbeck Aller Ruine der Stiftskirche St Marien In Annett Laube Rosenpflanzer Lutz Rosenpflanzer Kirchen Kloster Konigshofe Vorromanische Architektur zwischen Weser und Elbe Halle 2007 ISBN 3 89812 499 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stiftskirche Walbeck Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website aus Walbeck zur Kirche Ruine der Stiftskirche St Marien in 170 Bildern Rundgang mit 360 Fotografien daneben 3D Modell und GrundrissEinzelnachweise Bearbeiten Jurgen Schrader Der Flecken Calvorde Eine 1200 jahrige Geschichte Verlag Die Werkstatt Gottingen 2011 S 71 RI II 1 n 94b in Regesta Imperii Online Abgerufen am 3 Januar 2018 Rosenpflanzer S 133 ff Archivierte Kopie Memento des Originals vom 6 Juni 2007 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot romanik setasign de abgerufen 2 Juni 2007 Cramer Breitling S 275 Cramer Breitling S 277 Cramer Breitling S 274 Fn 9 52 278584412361 11 069692932581 Koordinaten 52 16 42 9 N 11 4 10 9 O nbsp Dieser Artikel wurde am 10 Juni 2007 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stiftskirche Walbeck amp oldid 229875328