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Steinmannchen auch Steinmandl oder Steindauben genannt sind aufeinander gestapelte Steine in Form kleiner Hugel oder Turmchen Unzahlige Steinmannchen bevolkern die Hardangervidda in Norwegen Sie sind eine archaische Form des Wegzeichens werden aber bis heute weltweit errichtet Die Markierung soll insbesondere in unwegsamem und unubersichtlichem Gelande wie Gebirge Hochgebirge Steppe und Wusten die Orientierung erleichtern Steinmannchen sind in allen besiedelten Gebieten der Erde verbreitet In verschiedenen Kulturen sind mit ihnen weitere oft religiose Gebrauche verbunden Diese Markierungen sind von den manchmal ahnlich aussehenden grosseren Hugelgrabern und Cairns zu unterscheiden in manchen Sprachen etwa Englisch oder Franzosisch werden Steinmanner allerdings ebenfalls als Cairn bezeichnet Ebenfalls zu unterscheiden sind diese Art der Steinhaufen von der sogenannten Steinbalance die ausser dem asthetischen keinem weiteren Zweck dient Inhaltsverzeichnis 1 Steinmanner in den Alpen und als Vermessungszeichen 2 Typische Steinmannchen 3 Steinmannchen in verschiedenen Kulturen 3 1 Skandinavien 3 2 Inuitkulturen 3 3 Nordamerika 3 4 Sudamerika 3 5 Vorderer Orient 3 6 Zentralasien 3 7 Tibet 3 8 Westliche Kulturen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseSteinmanner in den Alpen und als Vermessungszeichen Bearbeiten nbsp Stoanerne Mandln zwischen Sarnthein und MoltenObwohl heute in den Alpen durch die alpinen Vereine viele Steige mit Farbmarkierungen und Schildern bezeichnet sind gibt es noch zahlreiche Steige Wege und Ubergange die lediglich mit wenigen Steinmannern markiert sind Grosse Steinmanner werden oft auch als Gipfelzeichen anstelle eines Gipfelkreuzes errichtet Bisweilen sind sie mit Zement verfestigt und tragen eine Gedenktafel fur Gefallene oder Verungluckte An manchen Stellen in den Alpen findet man regelrechte Steinmannerversammlungen die nicht der Orientierung dienen sondern eher Land Art bilden z B am Schafreuter im Karwendel am Beiljoch in den Stubaier Alpen dem Auenjoch im Sarntal und den Luibisboden einer aufgegebenen Alm im mittleren Pitztal Auch manche auf Gipfeln gelegene Vermessungspunkte werden mit Steinmannern signalisiert wenn eine Zielgenauigkeit von etwa 10 cm ausreicht und die Stelle schwer erreichbar ist Sie mussen mindestens ein besser zwei Meter hoch sein um weit genug und auch bei schlechtem Kontrast sichtbar zu sein Eine solche Steinpyramide aus Bruchsteinen moglichst symmetrisch zu bauen erfordert mehrere Stunden Arbeit In den Gebirgen Vorderasiens und Sudamerikas sind auch zahlreiche Punkte im Grundlagennetz erster Ordnung mit Steinzeichen markiert um den Aufwand beim Bau von Vermessungspfeilern zu sparen Fur die vermessungstechnischen Bedurfnisse in Entwicklungslandern reicht die erzielbare Genauigkeit im Regelfall aus Typische Steinmannchen Bearbeiten nbsp Steinmannchen im Mittelgebirge im Pfalzerwald an einem unmarkierten WanderwegMeist besteht ein Steinmann aus annahernd kegelformig aufgeschichteten grosseren Steinen mit mindestens drei Lagen da eine solche Anordnung als Zufallsergebnis von Naturkraften unwahrscheinlich ist Zylinderformige Bauten gibt es auch sie sind aber weniger stabil und verlieren deswegen schneller ihre Funktion Normalerweise ist ein Steinmann zwischen 0 5 und 1 5 Meter hoch an markanten Stellen auch hoher Heute helfen sie vor allem Freizeitwanderern auf dem richtigen Pfad zu bleiben In fruheren Zeiten als es in unzugangigeren Regionen oftmals kaum Strassen und nur Fuhrwerke gab kennzeichneten Steinmannchen Pfade von Dorf zu Dorf oder Passwege uber Gebirgskamme Vor allem bei Nebel und dichter Bewolkung wenn das umliegende Gelande verhullt war und wenig Orientierung bot und auch bei Schneebedeckung waren sie oft lebenswichtig zumal manche Pfade die einzigen sicheren Ubergange waren die man keinesfalls verfehlen durfte Steinmanner wurden uber Generationen hinweg von Einheimischen instand gehalten Steinmannchen in verschiedenen Kulturen BearbeitenBereits im antiken Griechenland erhielten als Wegmarkierung angelegte Steinmannchen eine zusatzliche kulturelle Bedeutung Aus ihnen entwickelten sich die Hermen an Wegkreuzungen angelegte Kultbilder des Weggottes Hermes dessen Name mit dem altgriechischen Begriff fur einen Steinhaufen hermaion in Verbindung steht 1 Skandinavien Bearbeiten nbsp Steinmannchen am Polarkreis in NorwegenEiner norwegischen Uberlieferung zufolge sollte der Wanderer auf jeden Steinmann norweg Varde einen Stein legen um unbehelligt von Trollen zu bleiben Auch heute sind Wanderer angehalten zumindest bei teilweise abgetragenen oder beschadigten Steinmannern nicht nur jene auf den Gipfeln der Berge mit einem oder mehreren Steinen zur Erhaltung der Wegzeichen beizutragen Jedoch werden von Touristen an vielen Orten Steinmannchen aufgebaut die keinerlei Funktion als Wegmarkierung haben Dieses Verhalten wurde 2015 im norwegischen Rundfunk NRK als Plage bezeichnet 2 In Schweden dienen Steinmannchen unter der Bezeichnung Reichsrosen riksrosen auch als Grenzmarkierung In Island ist die Bedeutung umstritten Einige halten sie tatsachlich fur Talismane zum Schutz vor Trollen wohl besser zum Schutz vor Unwettern andere behaupten sie dienen zur Orientierung bei Nebel der in Island sehr haufig herrscht Ursprunglich standen diese Steinturme tatsachlich in Sichtweite auseinander sind aber meistens uber die Jahrhunderte verfallen Exakte Forschungen dauern an Inuitkulturen Bearbeiten nbsp Inukshuk auf der Flagge des kanadischen Nunavut TerritoriumsBei den Eskimos in der Arktis haben Inuksuk Steinmannchen in Inuktitut der Sprachfamilie der Eskimos genannt vielfaltige Markierungsfunktionen und verweisen auf bedeutende Orte Ein Inuksuk mit zwei getrennten Beinen an einem Ufer zeigt einen befahrbaren Kanal an ein Inuksuk an einem See verweist auf gute Fischgrunde an der markierten Stelle und so weit im See wie das Steinmannchen vom Ufer entfernt ist Bemerkenswert ist die Verwendung von Inuksuk als Helfer bei der Jagd auf Rentiere Die Eskimos bauten Reihen von Steinmannchen mit Haaren aus Rentierflechten von wenigen Menschen aufgescheucht wurden die Tiere dadurch direkt auf die Rotte der Jager zugetrieben so dass auch kleine Jagdgemeinschaften im weitgehend offenen Gelande schnelle Huftiere erlegen konnten Ein Inuksuk war auch das Logo der Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver Kanada Nordamerika Bearbeiten In verschiedenen Indianerkulturen im Sudwesten der Vereinigten Staaten und angrenzenden Gebieten wurden neben Steinhaufen verschiedener Grosse zur Wegmarkierung auch grosse Steingebilde an Orten angelegt die der Verehrung und dem Gebet dienten 3 Bei den Navajo entwickelte sich die Tradition dass jeder Wanderer an einem solchen Steinhaufen einige Blatter auf den Haufen legt und mit einem neuen Stein beschwert 4 Sudamerika Bearbeiten Hauptartikel Apachita Steinhaufen sind in ganz Sudamerika verbreitet und dort unter dem Namen Apacheta 5 bekannt Sie markieren Wege und dienen als Kultstatten zu Ehren der Gottheit Pachamama Vorderer Orient Bearbeiten Der Dominikaner Felix Fabri beobachtete 1483 auf seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land und zum Berg Sinai Der Steinhaufen auf dem Gipfel war aber ein Wegzeiger denn uberall in der Wuste sind auf Bergspitzen Steinhaufen aufgeschichtet mit denen man anzeigt durch welche Taler man gehen muss und wenn es diese Zeichen nicht gabe konnte niemand durch die Wuste ziehen weil die meisten grosseren Taler nicht durchgangig sind sondern sich an den Enden schliessen und so ware man nachdem man dem Talverlauf folgend drei oder vier Tage lang gewandert ist schliesslich zur Umkehr gezwungen So ist es auch bei einem klippenreichen Meer an ihm stellt man auf Anhohen Steinhaufen als Seezeichen auf und wenn es diese nicht gabe wurden viele Schiffe die ihren Kurs auf die Klippen nehmen auf Sandbanke laufen oder in Strudel geraten So wurden auch hier viele Menschen umkommen wenn diese Zeichen nicht auf den Bergen stunden Felix Fabri aus dem Lateinischen ubersetzt von Herbert Wiegandt Zentralasien Bearbeiten nbsp Steinmannchen beim Minarett Mamuns II Auch in Zentralasien finden sich an historischen Orten Steinmannchen beispielsweise in der Ruine des buddhistischen Klosters Kara Tepa an der usbekisch afghanischen Grenze In der Nekropolis Mizdakkhan an der karakalpakisch turkmenischen Grenze stehen die Steinmannchen stellvertretend fur Saulen einer Moscheeruine Im alten Teil von Koneurgenc finden sich insbesondere beim Minarett Mamuns II viele Steinmannchen Tibet Bearbeiten In Tibet sowohl in der alten Religion Bon als auch im buddhistisch gepragten Volksglauben haben Steinmannchen neben der Funktion als Wegmarkierung eine religiose Bedeutung erhalten Zu unterscheiden ist dabei zwischen den Lhathos und den Lhadses Lhathos lha tho lha bezeichnet sogenannte Gotter sind regelmassige Steinsetzungen die immer oben spitz zulaufen Sie werden oft mit Gebetsfahnen Wollbandern Tierhornern oder ganzen Schadeln von Steinbocken geschmuckt Bei mit weisser Kalkfarbe gestrichenen Lhathos bitten die Glaubigen gute Geister im Steinmannchen ihren Wohnsitz zu nehmen Rote Lhathos sollen zornige Geister anziehen die bose Einflusse abschrecken konnen Ein Lhadse ist zumeist unregelmassig geformt traditionell mit einem Reisigbuschel auf der Spitze und ebenfalls mit Gebetsfahnen geschmuckt Er dient als Wohnsitz des lokalen Schutzgeistes einer Familie eines Klosters oder einer Ortschaft Sowohl Lhathos wie Lhadses sind oft mit einzelnen oder Sammlungen von Mani Steinen verbunden Daneben gibt es in derselben Region noch die Obo genannten Steinsetzungen die der lamaistischen Tradition Tibets und der Mongolei entstammen Westliche Kulturen Bearbeiten nbsp Steinmannchen mit Gebetsfahne am Titschen Stadlegg oberhalb von Kohlern bei BozenIn westlichen Kulturen werden Steinmannchen an markanten Orten errichtet Sie dienen Wanderern als Ausdruck ihrer Verbundenheit mit dem Ort der Identifikation mit Traditionen und als symbolische Inbesitznahme der Umwelt In stark von Tourismus gepragten Gegenden werden oft grosse Ansammlungen von Steinmannchen errichtet die keine Funktion als Wegweiser haben Daraus konnen sich Probleme mit dem Naturschutz ergeben 6 Aus Grunden des Naturschutzes sollte vom Bauen von Steinstapeln abgesehen werden So tragt das Entfernen und Bewegen von Steinen zur Bodenerosion bei wodurch unter anderem Pflanzen leiden Ebenso wird der Lebensraum von Tieren wie Spinnen Insekten und Eidechsen zerstort die unter den Steinen Zuflucht suchen und sich vermehren 7 Der internationale Trend zum Steinestapeln wird durch die Sozialen Medien wie Instagram verstarkt So geraten durch rucksichtslose oder unwissende Touristen auch gefahrdete Spezies in weitere Bedrangnis 8 Siehe auch BearbeitenSteinbalance Cairn Steinhugel Apachita TreuddLiteratur BearbeitenHans Haid Mythos und Kult in den Alpen Edition Tau Bad Sauerbrunn 1990 ISBN 3 900977 08 9 Bernhard Tschofen Der Steinmann und andere Wegmarken Uber den Nachhall elementarer alpiner Orientierungszeichen in Kunst und Alltag In Kathrin Dunser Andreas Rudigier Hrsg 2000 m uber dem Meer Vorarlberg Silvretta und die Kunst Residenz Verlag Wien 2021 S 50 59 doi 10 5167 uzh 202049Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Steinmannchen Album mit Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Otto Holzapfel Lexikon der abendlandischen Mythologie Eintrag Hermes Freiburg i Br 1993 ISBN 3 451 22487 9 S 195 Ulovlige varder er blitt en farsott Illegale Steinmannchen sind zur Plage geworden Steven C Jett Cairn Trail Shrines among the Navajo Apache and Puebloans and in the Far North In David T Kirkpatrick and Mehila S Duran Hrsg Collected Papers in Honor of Gordon Page The Archaeological Society of New Mexico Papers 20 1994 Stephen C Jett Physical Characteristics of Navajo Trails Canyon de Chelly Area Arizona In Material Culture Vol 26 No 1 Spring 1994 S 37 48 45 Apacheta Brigitte Kramer Touristenritual stort Mallorcas Okosystem An Spaniens Stranden nehmen Steinmandln uberhand In Der Standard 7 September 2017 abgerufen am 8 September 2017 Artikel im Spiegel How the rockstacking Instagram trend is putting endangered species at risk In ABC News 16 Januar 2020 abgerufen am 19 Mai 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steinmannchen amp oldid 239335026