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Die Stadtbefestigung Hannover war ein System von Verteidigungsanlagen der Stadt Hannover in der Zeit von etwa 1200 bis 1800 Die im Mittelalter entstandene Stadtbefestigung umschloss die damalige Stadt die heutige Altstadt Zu ihr gehorte eine um 1300 entstandene Stadtmauer mit Mauer und Torturmen sowie Stadttoren wovon kaum noch Reste vorhanden sind Von der im Vorfeld der Stadt gelegenen Hannoverschen Landwehr zeugen noch Graben Walle und Wartturme Die nahezu hochste Ausbaustufe der Stadtbefestigung war Anfang des 17 Jahrhunderts als Bastionarsbefestigung nach niederlandischem Vorbild erreicht 1646 wurde die Calenberger Neustadt als vorgelagerter neuer Stadtteil in die sternschanzenformige Anlage einbezogen Im Siebenjahrigen Krieg bis 1763 nochmals reaktiviert begann unmittelbar danach die Schleifung der Befestigungsanlagen in Ermangelung eines militarischen Wertes und zur Raumgewinnung fur neue stadtplanerische Vorhaben Hannover 1745 als sternformige Festungsstadt mit Schanzen Bastionen und Wassergraben Westlich der Leine die einbezogene Calenberger Neustadt Walle der Stadtbefestigung und Wasser nachtraglich koloriertModell der Stadt Hannover um 1689 nahezu hochste Ausbaustufe der Befestigung Inhaltsverzeichnis 1 Stadtmauer 1 1 Mauerkonstruktion 1 2 Stadttore und Durchlasse 1 3 Mauerturme 2 Wall und Graben 3 Landwehr und Vorposten 4 Ausbau des Befestigungssystems 4 1 Letzter Ausbau im Siebenjahrigen Krieg 5 Abriss der Stadtbefestigung 6 Heute noch erhaltene Reste 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseStadtmauer Bearbeiten nbsp Rest der StadtmauerDie Stadtmauer entwickelte sich aus der um 1150 entstandenen Befestigung mit Wall Palisade und Graben Im 13 Jahrhundert erfolgte die Verbreiterung und Vertiefung des Grabens sowie Ersetzung der Palisade durch eine Mauer Erstmals urkundlich erwahnt wird eine im Bau befindliche Stadtmauer durch Herzog Otto 1297 Der Ausbau zum geschlossenen Mauerring hat sich wahrscheinlich hingezogen ist aber Mitte des 14 Jahrhunderts anzunehmen Wie eine Urkunde von 1314 berichtet gab es zu dieser Zeit Verhandlungen des Herzogs mit der Stadt zum Abbruch von 30 Hausern am Steintor die die Befestigungsanlagen storten Wahrend des Mittelalters hatte die Mauer eine Lange von fast 1 8 km Nach dem Einbeziehen der Calenberger Neustadt Mitte des 17 Jahrhunderts war die Mauer etwa 2 8 km lang Ausserhalb der Stadtbefestigung lag im 13 und 14 Jahrhundert auf dem gegenuber liegenden Ufer der Leine die Burg Lauenrode die 1371 durch Schleifung verschwand Mauerkonstruktion Bearbeiten Die Mauer war 7 bis 8 m hoch und trug zum Schutz gegen Witterungseinflusse auf der Mauerkrone eine Abdeckung Die Mauerstarke betrug am Boden etwa 1 2 m und an der Krone etwa 0 8 m An der Aussenseite gab es zur Stutzung Schragstreben Als Baumaterial diente Kalkbruchstein vom nahegelegenen Lindener Berg von dem Berechnungen zufolge etwa 13 000 m verbaut wurden An der Innenseite der Mauer fuhrte zu ebener Erde ein Wachtergang entlang ein Wehrgang in der Hohe ist nicht nachgewiesen Stadttore und Durchlasse Bearbeiten nbsp Steintor 1689 mit Torturm und ausseren TorgebaudenUrsprunglich gab es vier Stadttore die dem Verkehr als Durchlasse dienten und jeweils von einem viereckigen Torturm uberbaut waren Anfangs waren es holzerne Tore die ab dem 13 Jahrhundert durch steinerne Tore ersetzt wurden Auf das Baumaterial Stein weist der Name des Steintores hin Steintor im Norden 1314 erstmals erwahnt 1741 abgetragen Leintor im Westen 1340 1798 abgetragen Aegidientor im Sudosten 1300 1748 abgetragen Bruhltor 1646 beseitigt wegen Eingliederung der Calenberger NeustadtUm 1650 kamen noch das Clevertor und das Calenberger Tor hinzu Die Stadttore erhielten um 1500 im Vorfeld der Stadtmauer weitere Befestigungsanlagen Sie schutzen den Durchlass durch den vorgelagerten Wall Dazu entstanden Torgebaude neben denen sich jeweils ein runder Zwingerturm befand Neben den Stadttoren gab es in der Stadtmauer Mauerdurchlasse Sie dienten dazu die Verteidigungsanlagen und Walle ausserhalb der Stadt auf kurzem Wege erreichen zu konnen Im 18 Jahrhundert entstanden weitere Mauerdurchbruche als Pforten da die Mauer ihre Verteidigungsfunktion verloren hatte Mauerturme Bearbeiten nbsp Mauerturm mit Stadtmauerrest 1890 am Loccumer Hof Wirtschaftshof des Klosters Loccum nbsp Beginenturm mit Stadtmauerrest links Vorderseite rechts Ruckseite offen als SchalenturmZur Sicherung der Maueranlage wurden eine Reihe von Turmen gebaut Insgesamt entstanden 34 Mauerturme im Verlauf der Mauer 1352 wurden erst vier Mauerturme erwahnt spater standen die vielen Turme teilweise nur 30 m voneinander entfernt Die alteren Turme wurden aus Steinquadern errichtet Sie hatten eine Halbkreisform und waren zur Stadt hin offen Die jungeren Turme waren rechteckig und bestanden aus Ziegelsteinen 1357 entstand der dreigeschossige Beginenturm als der machtigste Turm der Stadt mit 3 m starken Mauern Er ist noch heute vorhanden Zunachst wurde der Turm als De nye Torn Der neue Turm bezeichnet Spater wurde er nach dem klosterahnlich betriebenen Haus der Beginen benannt in dessen Garten er sich befand Um 1930 bestanden noch Reste von 4 Mauerturmen heute sind nur noch der Beginenturm am Hohen Ufer und der Borgentrickturm im ehemaligen Gebaude der Volkshochschule Hannover vorhanden Der Turm ist nach dem Olmuller Cord Borgentrick benannt der am 24 November 1490 von diesem Turm aus einen Uberfall auf die Stadt vereitelte Wall und Graben Bearbeiten nbsp Wallgraben der ehemaligen Stadtbefestigung Holzstich von George Wilmot Bonner um 1830 nbsp Verfullter Abschnitt des mittelalterlichen Stadtgrabens durch Ausgrabung freigelegt 2016Die einstigen Wall und Grabenanlagen sind bei der Schleifung der Verteidigungsanlagen Ende des 18 Jahrhunderts weitestgehend zerstort worden Archaologische Untersuchungen von 1926 ergaben dass es anfangs einen Wall gab der der Stadtmauer in 25 m Abstand vorgelagert war Er stammte aus dem Bodenaushub fur ein doppeltes Grabensystem mit einem inneren und einem ausseren Graben das Teile der Stadt umgab Es wird von 13 m breiten Graben ausgegangen In ihnen sammelte sich nur Regenwasser da sie fur eine Wasserzufuhr aus der Leine zu hoch lagen Das Grabensystem erubrigte sich im Westen und Suden der Stadt da dort die Leine und ihre feuchte Niederung Leinemasch Schutz boten Landwehr und Vorposten Bearbeiten nbsp Graben und Wallrest der Hannoverschen Landwehr in der Eilenriede Hauptartikel Hannoversche Landwehr Als die Stadtmauer bereits stand wurde das Vorgelande der Stadt Mitte des 14 Jahrhunderts durch eine Landwehr gesichert Sie entstand an den Grenzen der Bannmeile der Stadt und bestand aus einem heckenbestandenen Wall mit Graben An den Strassendurchgangen gab es Wartturme und hauser die sich bis heute als Ausflugsgaststatten erhalten haben Vermutlich umgab die Landwehr die gesamte mittelalterliche Stadt Reste finden sich heute nur im ostlichen Teil im Stadtwald Eilenriede Ausbau des Befestigungssystems BearbeitenDie Weiterentwicklung der Artillerie fuhrte im 15 Jahrhundert zum Ausbau der Stadtbefestigung Dazu entstand im Norden und Osten ein 35 m breiter Graben die anderen Seiten waren von der Leine und ihren Niederungen geschutzt Im Stadtbereich erhielte das Ostufer der Leine einen Wall das daher als das Hohe Ufer bezeichnet wurde Ab 1632 wurde die Stadtbefestigung zu einer Bastionarsbefestigung nach niederlandischem Vorbild 1 ausgebaut Die Starke der Befestigung beruhte dann nicht mehr auf der Stadtmauer sondern auf Wall und Graben vor der Mauer Dazu zog man breite Wassergraben und polygonale Erdwalle mit der Ausbildung von Kurtinen Ravelins und Glacis 1646 wurde der neu vorgelagerte Stadtteil Calenberger Neustadt in die Festung mit einbezogen Der Wall um die Altstadt hatte acht Bastionen nbsp Befestigungsanlagen eingefarbt von Hannover um 1636 mit gelber Stadtmauer braunen Wallen blauen Wassergraben und roten Mauerturmen sowie Bastionen nbsp Hannover vom Nordosten gesehen schwer befestigt mit Wassergraben Wall und Stadtmauer mit Mauerturmen 1641 erstmals veroffentlichter Merian Stich nbsp Vorgelagerte Norder Bothfelder Bastion 1689Bastion hinterm Reithause Bastion vor dem Steintor Norder Bothfelder Bastion Bastion hinterm neuen Hause Suder Bothfelder Bastion Windmuhlen Bastion Bastion auf dem Himmelreiche Bastion hinterm ArchivDie Neustadt war in ihrem Wall durch sechs Bastionen gesichert Bastion hinterm Holzhof Calenberger Tor und Windmuhlenbastion Bastion hinter Grafen Platens Hof Bastion hinter der rom kath Kirche Bastion vor dem Clevertor SparrenbergLetzter Ausbau im Siebenjahrigen Krieg Bearbeiten Nach uber einhundertjahrigem Frieden wurde Kurhannover in den Siebenjahrigen Krieg einbezogen Frankreich suchte durch die Besetzung Kurhannovers Grossbritannien zu schadigen Die hannoverschen Festungsanlagen wurden nochmals reaktiviert nbsp Die Festung Hannover im grossten Ausbauzustand auf der Karte Vorstellung der Neuen Fortification Werker und Projectirten Schantzen 1763Die Massnahmen blieben jedoch erfolglos Nach der Schlacht bei Hastenbeck besetzten die siegreichen franzosischen Truppen am 9 August 1757 kampflos Hannover mit zeitweilig bis zu 20 000 Soldaten zogen sich aber am 28 Februar 1758 wieder zuruck nachdem die Stadt eine Kontribution von 100 000 Reichstalern gezahlt hatte u a durch Versteigerung von burgerlichem Silberzeug auf dem Rathaus und sich zur Vernichtung der stadtischen Waffenvorrate verpflichtet hatte Rund 2 200 franzosische Soldaten blieben als Kranke und Invaliden in der Stadt zuruck 2 Nach dem Abzug der Franzosen wurden weitere Verstarkungen vor allem in aussen liegenden Schanzen gebaut So entstanden vier sternformige Erdwerke rund um die Stadt Die grosste Anlage sollte die 1761 entstandene Georgenschanze auf dem Lindener Berg werden Gebaut wurde jedoch nur der innere Ring der Sternschanze Weitere Schanzen waren die Eduard und die Ferdinand Schanze sowie eine Redoute Ausgebaut wurden auch Schwachstellen der engeren Stadtbefestigung durch Ravelins Die Westseite des Ihmeufers in Linden erhielt ein Befestigungswerk zum Schutz der Brucke Abriss der Stadtbefestigung Bearbeiten nbsp Stadtplan Hannover von 1834 mit den noch vorhandenen RavelinsUnmittelbar nach Ende des Siebenjahrigen Krieges 1763 begann die Schleifung der Festungsanlagen Sie engten die Altstadt ein und behinderten die stadtebauliche Erweiterung Die Stadtmauer hatte seit langem ihre militarische Funktion eingebusst Die Burger hatten Mauerdurchbruche vorgenommen und nutzten Mauerturme anderweitig Nach dem Siebenjahrigen Krieg versteigerte die Stadt als erstes Palisaden an Burger 1767 wurde im Suden ein Wall abgetragen um eine Esplanade anzulegen aus der sich spater der Exerzierplatz am Waterlooplatz bildete Ab 1780 erfolgte die systematische Niederlegung indem Walle abgetragen und mit deren Erdreich Graben zugeschuttet wurden Auf den so entstandenen flachen Wallpromenaden legte man Baumalleen an oder es entstanden neue Strassenzuge wie 1783 der Friedrichswall und 1787 die Georgstrasse wo Mitte des 19 Jahrhunderts die Ernst August Stadt entstand Auch die Aussenwerke und Torbauten wurden abgebrochen Einzelne Teile der Stadtmauer wurden beim Bau von Gebauden eingezogen Heute noch erhaltene Reste Bearbeiten nbsp Stadtmauerrest und Borgentrick Turm innerhalb und ausserhalb des ehemaligen Hauptgebaudes der VolkshochschuleNur noch an wenigen Stellen finden sich heute oberirdisch sichtbare Reste der Stadtmauer und der Mauerturme von unterirdischen Fundamentresten ist dagegen an vielen Stellen auszugehen Bis zum Zweiten Weltkrieg haben sich vor allem auf Hintergrundstucken Uberreste erhalten Durch Bombardierungen bei den Luftangriffen auf Hannover sowie Abriss in der Nachkriegszeit Ara Hillebrecht wie der des erhaltenen Stadtmauerturms am Loccumer Hof er wurde 1952 nach Verkauf des ostlichen Teils des Grundstucks beim Erweiterungsbau der Landeszentralbank abgebrochen trat ein bedeutender Substanzverlust ein Heute gibt es funf Stellen mit erhaltenen Resten von Stadtmauer und Mauerturmen Beginenturm 3 mit Mauerstuck als Teil des heutigen Historischen Museums an der Leine Ehemaliges Hauptgebaude der Volkshochschule Hannover Theodor Lessing Platz fruher Knappenort mit Stadtmauer aussen und Stadtmauer mit Rest des alten Borgentrick Turms innen 4 Fussgangerdurchgang vom Georgsplatz zur Osterstrasse neben der Bundesbank 5 Hinterhofe zwischen Oster und Georgstrasse Hinterhofe zwischen Friedrichswall und EbhardtstrasseEin letzter Rest einer wasserbautechnischen Einrichtung der Stadtbefestigung ist eine Bahre an der Leine am Friedrichswall Es handelt sich um eine 20 m lange Ufermauer aus Steinquadern mit einem Sielturmchen Das fruhere Siel regulierte den Wasserstand zwischen Leine und Stadtgraben nbsp Stadtmauerrest zwischen Oster und Georgstrasse links Aussenseite rechts Innenseite nbsp Sielturmchen an Verbindungsstelle von Leine und ehemaligen Stadtgraben nbsp Mauerrest zwischen Ebhardtstrasse und Friedrichswall nbsp 1915 noch bestehender Stadtmauerturm Neuer WegSiehe auch BearbeitenListe der verschwundenen Bauwerke des alten Hannover Geschichte der Stadt HannoverLiteratur BearbeitenArnold Noldeke Befestigung in ders Die Kunstdenkmaler der Provinz Hannover Heft 19 des Gesamtwerkes Teil 1 Regierungsbezirk Hannover Heft 2 in zwei Teilen Stadt Hannover Teil 1 Denkmaler des Alten Stadtgebietes Hannover Eingemeindungsstand bis 1 Januar 1870 Hannover Selbstverlag der Provinzialverwaltung Theodor Schulzes Buchhandlung 1932 S 41 74 Neudruck Osnabruck Wenner 1979 ISBN 3 87898 151 1 Gerd Weiss Marianne Zehnpfennig Die Befestigung der Altstadt In Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Baudenkmale in Niedersachsen Stadt Hannover Teil 1 Bd 10 1 hrsg von Hans Herbert Moller Niedersachsisches Landesverwaltungsamt Veroffentlichungen des Instituts fur Denkmalpflege Friedr Vieweg amp Sohn Braunschweig Wiesbaden 1983 ISBN 3 528 06203 7 S 51f Siegfried Muller Die Stadtbefestigung in ders Leben im alten Hannover Kulturbilder einer deutschen Stadt Schlutersche Hannover 1986 ISBN 3 87706 033 1 S 19f Franz Rudolf Zankl Hrsg Hannover Archiv passim Helmut Knocke Stadtbefestigung In Klaus Mlynek Waldemar R Rohrbein Hrsg u a Stadtlexikon Hannover Von den Anfangen bis in die Gegenwart Schlutersche Hannover 2009 ISBN 978 3 89993 662 9 S 585 Klaus Mlynek Stadttore In Klaus Mlynek Waldemar R Rohrbein Hrsg u a Stadtlexikon Hannover Von den Anfangen bis in die Gegenwart Schlutersche Hannover 2009 ISBN 978 3 89993 662 9 S 594 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons City walls in Hannover Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Beschreibung der Stadtmauer und Fotos ihrer Reste bei myheimatEinzelnachweise Bearbeiten Klaus Mlynek Waldemar R Rohrbein Hrsg Stadtlexikon Hannover Von den Anfangen bis zur Gegenwart Schlutersche Hannover 2009 S 585 Klaus Mlynek in Stadtlexikon Hannover S 564 Fotovergleich Beginenturm fruher heute Stadttafel Nr 35 Borgentrick Turm Stadttafel Nr 23 Stadtmauerrest Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stadtbefestigung Hannover amp oldid 229749079