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Als Sizilische Goldene Bulle lateinisch Bulla Aurea Siciliae tschechisch Zlata bula sicilska wird das am 26 September 1212 vom sizilischen Konig und kunftigen Kaiser Friedrich II in Basel erteilte Privileg bezeichnet Friedrich II bestatigt darin dem bohmischen Konig Ottokar I Premysl und seinen Nachfolgern die Konigswurde und bestimmt die Rechte und Pflichten der bohmischen Konige innerhalb des Heiligen Romischen Reiches Die Sizilische Goldene Bulle die in Wirklichkeit aus drei Urkunden besteht zahlt zu den bekanntesten und bedeutendsten Dokumenten der bohmischen Geschichte Im 19 Jahrhundert und Anfang des 20 Jahrhunderts wurde sie als ein Beleg fur das historische Recht des tschechischen Volkes auf einen eigenen Staat verwendet Sizilische Goldene Bulle Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Name 3 Inhalt der ersten Bulle 4 Inhalt der zweiten Bulle 5 Inhalt der dritten Bulle 6 Bedeutung 7 Weiteres Schicksal der Urkunden 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenBereits zwei von Ottokars Vorgangern wurde vom Kaiser die Konigswurde verliehen Herzog Vrastislav II im Jahr 1085 und Herzog Vladislav II im Jahr 1158 Sie erhielten diesen Titel fur ihre Unterstutzung des Kaisers aber nur personlich nicht erblich Ihre Nachfolger herrschten wieder als Herzoge Erst Ottokar I Premysl ist es gelungen einen erblichen Konigstitel zu erhalten und damit das Land Bohmen zum Konigreich zu erheben Ottokar machte sich nach dem Tod von Kaiser Heinrich VI die Rivalitat zwischen dem Welfen Otto IV von Braunschweig und dem Staufer Philipp von Schwaben um die Kaiserkrone zunutze Er unterstutzte Philipp erhielt von ihm 1198 den Konigstitel als ein erbliches Privileg und wurde in Boppard als bohmischer Konig gekront Im Jahr 1203 wechselte Ottokar I Premysl die Seiten und unterstutzte Otto IV von Braunschweig der ihm das Privileg bestatigte Daraufhin wurde Ottokar am 24 August 1203 im Heerlager vor Merseburg vom Kardinal Guido von Praeneste erneut gekront Im Jahr 1204 hat auch Papst Innozenz III die erbliche bohmische Konigskrone anerkannt Als Otto IV von Braunschweig 1210 exkommuniziert wurde schlug sich Ottokar I Premysl zusammen mit seinem Bruder dem mahrischen Markgrafen Vladislav Heinrich erneut auf die Seite der Staufer Bei der Wahl des kunftigen Kaisers am 18 November 1211 in Nurnberg gab er seine Stimme Friedrich II dem Neffen vom Philipp von Schwaben der zu dieser Zeit sizilischer Konig war Die Reichsfursten schickten anschliessend eine Delegation nach Sizilien Anselm von Justingen und Heinrich von Neuffen um den jungen Staufer uber die Wahl zu informieren Friedrich II nahm die Wahl an verliess Sizilien und machte sich auf den Weg nach Deutschland Er uberquerte die Alpen und liess dann am 26 September 1212 in Basel fur seine einflussreichen bohmischen Verbundeten Ottokar I Premysl und Vladislav Heinrich drei Privilegien die Sizilischen Goldenen Bullen ausstellen 1 Es gibt keine Hinweise darauf dass Ottokar I Premysl oder Vladislav Heinrich personlich in Basel anwesend gewesen waren Doch die Urkunden entstanden vermutlich unter ihrer Mitwirkung Es ist schwer anzunehmen dass sich im damaligen Umfeld des sizilischen Konigs eine Person befand die gut uber die Verhaltnisse in Bohmen und die Forderungen Ottokars unterrichtet gewesen ware Moglicherweise hatte Ottokar einem der Legaten in Nurnberg eine Liste der bohmischen Forderungen mitgegeben die dem Schreiber Notar Henricus de Parisius in Basel als Grundlage fur die Erstellung der Bullen diente 2 nbsp Goldbulle Friedrichs II als Konig von SizilienName BearbeitenDer Name Sizilische Goldene Bulle leitet sich vom sizilischen Konigssiegel in Gold ab mit dem Friedrich II die drei Urkunden beglaubigte Er besass zu diesem Zeitpunkt noch nicht das Siegel des romischen Kaisers Dieser Name wird von tschechischen Historikern aber erst seit Anfang des 20 Jahrhunderts verwendet fruher sprach man nur von den Basler Privilegien vom 26 September 1212 Das erste der drei Privilegien ist das bekannteste und bedeutendste oft wird nur dieses als die Sizilische Goldene Bulle bezeichnet Friedrich II stellt sich in allen drei Dokumenten nicht nur als rex Sicilie Konig von Sizilien vor sondern auch als Romanorum imperator electus gewahlter romischer Kaiser Es ist nicht klar warum Friedrich II diesen Titel verwendete denn er war zu diesem Zeitpunkt noch nicht Kaiser zutreffende Ubersetzung ware deshalb erwahlter also kunftiger Kaiser 3 Inhalt der ersten Bulle BearbeitenFriedrich II bestatigt dem bohmischen Konig Ottokar I Premysl und seinen kunftigen Nachfolgern die Konigswurde die ihm schon fruher sein Oheim Konig Philipp von Schwaben 1198 verliehen hatte Der Grund dafur ist dass Ottokar ihn unterstutzt und bei der Wahl zum romischen Kaiser fur ihn gestimmt hatte Friedrich II bekraftigt weiter dass er und seine Nachfolger alle vom bohmischen Adel gewahlten Konige im Amt bestatigen werden Damit wurde dem bohmischen Adel das Recht zugesichert ihren Konig selber zu wahlen Der Kaiser hatte lediglich die Aufgabe den in Bohmen gewahlten Konig zu bestatigen Dem bohmischen Staat werden seine territoriale Ausdehnung und Grenzen garantiert ohne sie genauer festzulegen Friedrich II gewahrt den bohmischen Konigen das Recht der Investitur neuer Bischofe im eigenen Land Damit stieg die Macht der bohmischen Konige denn bisher war es das Recht des Kaisers Der bohmische Konig ist nicht zum Besuch von einberufenen Hoftagen verpflichtet es sei denn sie finden in der Nahe der Landesgrenzen statt namlich in Bamberg Nurnberg oder Merseburg Falls der polnische Herzog die Einladung annimmt soll der bohmische Konig ihm ein Geleit zur Verfugung stellen Im Falle einer Kaiserkronung im Rom ist der bohmische Konig verpflichtet ein Gefolge von 300 Berittenen zur Verfugung zu stellen oder einen Betrag von 300 Mark in Silber als Ersatz zu leisten Inhalt der zweiten Bulle BearbeitenFriedrich II verleiht und bestatigt Ottokar I Premysl kleinere Reichsguter und Lehen in der Nahe der Landesgrenzen in der Oberpfalz im Vogtland und in Pleissenland Inhalt der dritten Bulle BearbeitenDie dritte Bulle ist fur Vladislav Heinrich bestimmt der als Markgraf die mahrischen Gebiete verwaltete Er soll ein ratselhaftes Mocran et Mocran erhalten Hinter diesem unverstandlichen Ausdruck vermutet man entweder ein Reichslehen unbekannter Lage oder die Worte Mahren und Mahren die durch ein Versehen bei der Urkundenherstellung zu Mocran et Mocran verstummelt worden waren Im letzteren Fall hatte Vladislav Heinrich wie sein Bruder die Anerkennung seiner Herrschaft erzielt 4 nbsp Detail der Sizilischen Goldenen BulleBedeutung BearbeitenDie Sizilische Goldene Bulle ist eine wichtige Grundungsurkunde des Konigreichs Bohmen und sie regelte die Beziehungen des Konigreiches zum Heiligen Romischen Reich Ihr Zustandekommen zeigt das Prestige der bohmischen Herrscher und den wachsenden Einfluss den sie im 13 Jahrhundert in Mitteleuropa gewonnen hatten Sie hat aber nach Ansicht der heutigen Historiker nicht die uberragende staatsbildende Bedeutung die ihr tschechische Historiker des 19 und Anfang des 20 Jahrhunderts gaben 5 Fur die premyslidischen Konige des 13 Jahrhunderts scheint sie keine grosse Rolle gespielt zu haben Sie wird nicht in der sog Ulmer Goldenen Bulle von 1216 zitiert in der Friedrich II die Nachfolgeregelung der bohmischen Konige bestatigte und es gibt auch keinen Beleg dafur dass sie bei der Inthronisation von Ottokars Nachfolgern eine Verwendung gefunden hatte Es gibt auch keine Anzeichen dafur dass Ottokar I Premysl die Besitzungen beansprucht hatte die ihm mit der zweiten Bulle zugesprochen wurden 6 4 Das Bewusstsein fur die Bedeutung der Sizilischen Goldenen Bulle schuf erst der bohmische Konig und Kaiser Karl IV der sie ins Kronarchiv aufnahm sie zusammen mit neun anderen Schlusselprivilegien des Konigreiches neu herausgab mit neuem Siegel versah und am 7 April 1348 auf den Verhandlungen des Landtages feierlich bestatigen liess Karl IV wollte dadurch mit seinem Konigtum auf alte premyslidische Traditionen anknupfen Nach der Schlacht am Weissen Berg 1620 geriet die Bulle beinahe vollig in Vergessenheit und wurde erst wieder in der Bewegung der tschechischen nationalen Wiedergeburt des 19 Jahrhunderts als eine Schlusselurkunde der tschechischen Geschichte wiederentdeckt Die tschechischen Historiker des 19 Jahrhunderts und Anfang des 20 Jahrhunderts sahen das Jahr 1212 als ein Wendepunkt an dem es Ottokar I Premysl gelang fur die bohmischen Lander den Status einer Erbmonarchie zu erringen und mit der Sizilischen Goldenen Bulle eine weitgehende rechtliche Unabhangigkeit vom Deutschen Reich zu sichern Diese Interpretation fand dann ihren Eingang in die Lehrbucher und in das offentliche Bewusstsein Die Sizilische Goldene Bulle diente auch als ein Beleg fur das historische Recht des tschechischen Volkes auf einen eigenen Staat 5 Weiteres Schicksal der Urkunden BearbeitenEs ist nicht bekannt wie die drei Urkunden 1212 von Basel nach Prag kamen und ob deren Inhalt den Vorstellungen der Empfanger entsprach Sie wurden spater zeitweise auf der Prager Burg und z B wahrend der Hussitenkriege auf der Burg Karlstejn aufbewahrt bis sie im Jahr 1750 zusammen mit dem grossten Teil des bohmischen Kronarchivs nach Wien transportiert wurden Dort blieben sie bis 1920 dann wurde das Kronarchiv im Rahmen des Vertrags von Saint Germain am 21 November wieder nach Prag zuruckgebracht 6 Heute werden die Originale der drei Dokumente im Nationalarchiv der Tschechischen Republik in Prag aufbewahrt im Bestand Archiv der Tschechischen Krone Archiv Ceske koruny Nr 2 Der lateinische Text wurde von G Friedrich im Codex diplomaticus et epistolaris regni Bohemiae II Prag 1912 Nr 96 97 98 S 92 97 veroffentlicht 7 Zum 800 Jahrestag der Herausgabe der Goldenen Sizilischen Bulle wurde das Dokument im September 2012 vier Tage lang unter strengen Sicherheitsvorkehrungen im Nationalarchiv offentlich ausgestellt 8 Literatur BearbeitenMartin Wihoda Zlata bula sicilska Podivuhodny pribeh ve vrstvach pameti Argo Praha 2005 ISBN 80 7203 682 3 tschechisch 316 S Martin Wihoda Die Sizilischen Goldenen Bullen von 1212 Kaiser Friedrichs II Privilegien fur die Premysliden im Erinnerungsdiskurs Bohlau Wien Koln Weimar 2012 ISBN 978 3 205 78838 6 330 S Josef Zemlicka Pocatky Cech kralovskych 1198 1253 Nakladatelstvi Lidove noviny Praha 2002 ISBN 80 7106 140 9 S 109 110 tschechisch 964 S Josef Zemlicka Zlata bula sicilska Melantrich Praha 1987 ISBN 80 7106 140 9 tschechisch 40 S Jan Randak a kol Dejiny ceskych zemi Euromedia Group a s Praha 2016 ISBN 978 80 242 5503 3 S 70 71 tschechisch 432 S Jitka Mladkova Goldene Bulle von Sizilien verschlungener Weg von Premysl zum Konigstitel 2 Teil Radio Prague Archiv des Tschechischen Rundfunks 19 Januar 2013 Weblinks BearbeitenRI V 1 1 n 671 die erste Bulle Regesta Imperii abgerufen am 2 Februar 2018 RI V 1 1 n 672 die zweite Bulle Regesta Imperii abgerufen am 2 Februar 2018 RI V 1 1 n 673 die dritte Bulle Regesta Imperii abgerufen am 2 Februar 2018 Zlata bula sicilska lateinischer Text mit tschechischer Ubersetzung Digitalrepositorium des tschechischen Parlamentes abgerufen am 2 Februar 2018 Zlata bula sicilska listina z nejvzacnejsich bei Stredovek tschechisch abgerufen am 6 Februar 2023 Pred 800 lety byla vydana Zlata bula sicilska CRo Radiozurnal am 26 Oktober 2012 tschechisch abgerufen am 2 Februar 2018Einzelnachweise Bearbeiten Martin Wihoda Die Sizilischen Goldenen Bullen von 1212 Kaiser Friedrichs II Privilegien fur die Premysliden im Erinnerungsdiskurs Bohlau Wien Koln Weimar 2012 ISBN 978 3 205 78838 6 S 38 39 330 S Martin Wihoda Die Sizilischen Goldenen Bullen von 1212 Kaiser Friedrichs II Privilegien fur die Premysliden im Erinnerungsdiskurs Bohlau Wien Koln Weimar 2012 ISBN 978 3 205 78838 6 S 85 92 93 330 S Martin Wihoda Die Sizilischen Goldenen Bullen von 1212 Kaiser Friedrichs II Privilegien fur die Premysliden im Erinnerungsdiskurs Bohlau Wien Koln Weimar 2012 ISBN 978 3 205 78838 6 S 39 95 330 S a b Martin Wihoda Die Sizilischen Goldenen Bullen von 1212 Kaiser Friedrichs II Privilegien fur die Premysliden im Erinnerungsdiskurs Bohlau Wien Koln Weimar 2012 ISBN 978 3 205 78838 6 S 42 44 330 S a b Martin Wihoda Die Sizilischen Goldenen Bullen von 1212 Kaiser Friedrichs II Privilegien fur die Premysliden im Erinnerungsdiskurs Bohlau Wien Koln Weimar 2012 ISBN 978 3 205 78838 6 S 253 260 330 S a b Zlata bula sicilska Josef Zemlicka und Martin Wihoda im Interview am 15 Oktober 2012 tschechisch abgerufen am 2 Februar 2018 CBD II Num 96 97 98 kommentierte Texte der drei Bullen latein digitalisiert bei Czech medieval sources online abgerufen am 6 Februar 2023 Golden Bull of Sicily goes on display at National Archive Memento vom 8 Februar 2014 im Webarchiv archive today Prague Daily Monitor 8 Februar 2014 englisch abgerufen am 2 Februar 2018 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sizilische Goldene Bulle amp oldid 237774474