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Das neugotische Schloss Ketschendorf befindet sich im Coburger Stadtteil Ketschendorf am Fusse des Buchbergs Schloss Ketschendorf ParkseiteDie Baronin von Stolzenau liess es am Anfang des 19 Jahrhunderts inmitten eines ausgedehnten Parks errichten Das Schloss zahlt zu den vollkommenen Bauten des Neugotischen Gurtels Coburgs und hatte neun verschiedene Besitzer Ab 1956 folgte die Nutzung als Jugendherberge die am 1 Dezember 2010 geschlossen wurde Im Jahr 2013 erwarb das Coburger Unternehmens Kaeser Kompressoren das Anwesen und liess es zu einem Seminar und Schulungszentrum umbauen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Ursprungsbau 1 2 Rosine Stoltz 1 3 Schlossneubau 2 Park 3 Nutzung 4 Literatur 5 WeblinksGeschichte BearbeitenUrsprungsbau Bearbeiten nbsp Obere Klinge 3 Keczendorff wie Ketschendorf vor rund 900 Jahren hiess war ein schutzloses Dorfchen ausserhalb der Stadtmauern Coburgs am Westhang des Buchbergs Die wenigen Einwohner litten 1430 sehr unter Hussiten Einfallen und 1525 unter den Schrecken des Bauernkrieges Zweimal 1567 und 1626 suchte die Pest den Ort heim 1632 bezog Wallenstein wahrend der Belagerung der Veste Coburg unter hohen Forderungen sein personliches Quartier in Ketschendorf und zwei Jahre spater zerstorte der kaiserliche Oberst Schlitz mit seinen Kroaten den Ort Gut 150 Jahre dauerte es bis Ketschendorf die Folgen dieser Katastrophe einigermassen uberwunden hatte aber erst als 1804 die Herzogin Auguste die Gemahlin Franz Friedrich Antons von Sachsen Coburg Saalfeld ein Sommerschlosschen im Empire Stil als ersten Adelssitz des Ortes errichten liess setzte eine wirtschaftliche Blute ein Nach dem Tod des Herzogs blieb das Ketschendorfer Schloss Augustens Witwensitz Ausser ihren sieben Kindern weilten viele Fursten zu Besuch bei der Herzogin so ihre Schwiegersohne Herzog Alexander Friedrich Karl von Wurttemberg Grossfurst Konstantin Pawlowitsch von Russland und Eduard August Herzog von Kent und Strathearn Auch Friedrich Ludwig Erbprinz von Mecklenburg Schwerin und die Eltern Konstantins Paul I und Sophia von Wurttemberg sowie sein Bruder Zar Alexander I von Russland waren Gaste im Schloss 1831 nach dem Tod der Herzogin Witwe Auguste zog die zweite Gemahlin Ernsts I Marie von Wurttemberg in das Schloss Ketschendorf und wohnte dort bis sie 1860 starb Eigentumer des Anwesens war nun Herzog Ernst II 1868 verkaufte er das angeblich marode Gebaude an die Franzosin Victorine Noel Rosine Stoltz Bearbeiten nbsp Victorine Noel Rosine Stoltz um 1850Die 1815 in Paris geborene Victorine Noel war bereits mit 22 Jahren unter ihrem Kunstlernamen Rosine Stoltz eine gefeierte Opernsangerin Sie trat in beruhmten Hausern wie dem Theatre de la Monnaie in Brussel der Pariser Oper dem Theatro Municipal in Rio de Janeiro und der Mailander Scala auf Die Komponisten Giacomo Meyerbeer und Gaetano Donizetti sollen Rollen speziell fur sie komponiert haben Sie genoss obwohl als exzentrische Intrigantin und notorische Lugnerin bekannt in Fachkreisen und beim adligen Publikum allerhochste Anerkennung Herzog Ernst II von Sachsen Coburg und Gotha war nicht nur ein Freund von Kunst und Sangerinnen sondern komponierte selbst unter anderem die Oper Santa Chiara Die Hauptrolle in diesem romantischen Werk sang an der Brusseler Oper Rosine Stoltz 1856 Spatestens dort lernte Ernst die skandalumwitterte Diva kennen Es entwickelte sich ein inniges Verhaltnis in dessen Verlauf Rosine Stoltz immer ofter und auch langer als Gast des Coburger Herzogs in Gotha weilte ohne jemals an den Hoftheatern in Gotha oder Coburg aufgetreten zu sein Ernst II erhob sie schliesslich 1865 in den Adelsstand Sie durfte sich jetzt Freifrau von Stolzenau und ab 1868 Baronin von Ketschendorf nennen Nach 1865 erfullte sie nur noch ihren Gastvertrag an der Mailander Scala und trat danach nicht mehr offentlich als Sangerin auf Ihr grosses Vermogen ermoglichte der frisch geadelten Freifrau und Baronin Schloss Ketschendorf mit den dazugehorigen Parkgrundstucken fur 100 000 Francs zu erwerben angeblich fur ihren unehelichen Sohn Charles dessen Vater nach Aussage der Baronin kein Geringerer als Napoleon Bonaparte war und der sich nun einigermassen standesgemass Karl Freiherr von Ketschendorf nennen durfte Sein wirklicher Erzeuger konnte Ernst II gewesen sein der sich durchaus offentlich damit brustete ausserhalb seiner Ehe keinesfalls kinderlos gewesen zu sein Schlossneubau Bearbeiten nbsp Schloss KetschendorfNoch 1868 beauftragte die Baronin von Ketschendorf den Coburger Baurat Georg Konrad Rothbart der zwei Jahre zuvor das Edinburgh Palais schuf mit der Renovierung des herzoglichen Empire Schlosschens Rothbart jedoch entwarf ein neues grosseres und festeres Schloss neben dem Ursprungsbau und verurteilte das erst 63 Jahre alte Gebaude zum Abriss da dessen Umfassungswande grosstenteils total morsch waren Innerhalb eines knappen Jahres realisierte er unter Einsatz von 70 Handwerkern den Neubau wobei den Steinmetzen als Werkstatt der Saal im alten Schloss zur Verfugung stand und so auch im strengen Winter des Jahres weitergearbeitet werden konnte Im Juni 1869 war das neue Schloss Ketschendorf fertig und das alte konnte abgetragen werden Das Abbruchmaterial wurde zum Bau einer Villa in der Oberen Klinge 3 in Coburg benutzt die in der Gesamtanlage und durch die Verwendung der im Original erhaltenen Altane mit ihren klassizistischen Saulen recht genau das Aussehen des alten Ketschendorfer Gebaudes wiedergibt Diese Villa wird deshalb auch Altes Ketschendorfer Schloss genannt Das neue Schloss mit nahezu quadratischem Grundriss wurde aus Sandsteinen und roten Ziegeln errichtet und gilt als Musterbeispiel des neugotischen Burgenstils des Historismus im Coburger Land Alle vier Seiten sind von achteckigen zinnengekronten Eckturmen flankiert und haben jeweils in der Mitte einen uber die Traufenkante hinaus ragenden Vorbau mit masswerkverzierten Treppengiebeln Der Vorbau an der Sudseite ist als Parkzugang besonders aufwandig gestaltet Uber dem Tor erhebt sich eine Loggia mit daruber liegender Terrasse vor dem Schlafzimmer der Baronin Saulenaltane an der nordlichen Eingangsfront imitieren den Mittelrisalit der Sudseite auf schlichtere Weise Am nordwestlichen Eckturm liess die Bauherrin ihr neues Familienwappen in Sandstein geschlagen anbringen Der Schild des Wappens zeigt eine Harfe und einen Helm mit einer Freiherrenkrone und zwei geschlossenen Flugeln Der Sinnspruch darunter lautet Vis in Corde Kraft im Herzen Im Giebel ist das Wappen des spateren Besitzers Freiherr von Mayer zu sehen das Wappen zeigt Gespalten links einen steigenden Lowen rechts drei Kornahren daruber einen Spangenhelm mit einer Krone und daruber einen steigenden Lowenrumpf Das Motto darunter lautet Fortes Fortuna Adjuval Im Innern des Gebaudes bildet das Treppenhaus mit den gusseisernen Ziergelandern und dem Blick durch die Masswerkkirchenfenster der Sudfront den reprasentativen Schlossmittelpunkt Stuckierte Decken in fast allen Raumen und ein fein getafeltes grosses Musikzimmer spiegeln den vornehmen Anspruch der neuen Schlossherrin wider Auch ein Speisenaufzug aus der Kuche in den daruber liegenden Saal auf dessen Einbau sie grossten Wert legte wurde installiert Schon nach zwei Jahren 1871 verkaufte die Baronin von Ketschendorf den gesamten Besitz fur nur 90 000 Francs wieder und zog zuruck nach Paris um sich wohltatigen Diensten zu widmen Bei ihrem Tod 1903 besass sie keinen Centime mehr und wurde auf Kosten der Armenbehorde in Paris im gemeinsamen Armengrab beigesetzt Neuer Besitzer des Schlosses wurde fur wenige Monate der Coburger Stadtbaumeister Julius Martinet als Architekt der Luther und der Ruckertschule bekannt 1872 erwarb der Amerikaner William Tilden das Anwesen und verausserte es bereits 1873 an den Kommerzienrat Karl Rudolf Epner aus Berlin 1891 setzte der judische Freiherr von Mayer den Immobilienspekulationen ein Ende und kaufte Schloss und Park als Familiensitz Er liess 1893 von Johannes Kohler eine Freitreppe mit Masswerkbrustung als Parkzugang anlegen 1940 kam es unter der nationalsozialistischen Verwaltung des Landkreises zu einer Zwangsversteigerung wegen angeblicher Schuld von 145 000 Mark Reichsfluchtsteuer und der Vertreibung der Familie von Mayer Die Stadt Coburg ersteigerte fur 45 000 Mark Schloss Ketschendorf einschliesslich Inventar und Park und richtete eine Unterkunft fur bessarabiendeutsche Migranten ein 1942 bis Kriegsende wurde das Schloss als Teillazarett des Hauptlazaretts in der Coburger Gewerbeschule genutzt dann bis 1955 als Tbc Station des Landkrankenhauses Egon Freiherr von Mayer erhielt den Familienbesitz durch ein Wiedergutmachungsverfahren 1954 zuruck zog jedoch nicht wieder nach Ketschendorf sondern verkaufte ihn 1955 wieder an die Stadt Coburg die das Anwesen seit 1956 als Jugendherberge im DJH Landesverband Bayern e V betrieb Am 1 Januar 1990 ging die Tragerschaft fur das bauliche Ensemble Schloss und Neu Anbau von 1979 an den DJH Landesverband uber Ein Teil des historischen Parks ausgestattet mit Spiel Sport Wiesen und Teichflachen verblieb bei der Stadt Park Bearbeiten nbsp Schlossteich im Park Ketschendorf nbsp Karlsquelle im Park KetschendorfDer heute offene Schlosspark wurde 1868 beim Neubau des Schlosses um einige hinzu erworbene Grundstucke erheblich erweitert Hierdurch wurde auch der ehemalige fur die Wasserversorgung der Ketschendorfer Haushalte wichtige Gemeindebrunnen in das Areal einbezogen Die alte Quelle speist den inmitten des Parks gelegenen Schlossteich Als Ersatz fur den nicht mehr erreichbaren Gemeindebrunnen stiftete die Baronin die nach ihrem Sohn benannte Karlsquelle neben der ehemaligen Schmiede in der Wassergasse Diese hubsche Anlage tragt das Sandsteinwappen derer von Stolzenau Ketschendorf und eine Inschrifttafel Diese Quellfassung wurde nach Offnung des Parks fur die Allgemeinheit nach 1974 dorthin versetzt Am Rand des Schlossteichs stand das massive Gewachshaus das zum Park gehorte In den Nachkriegsjahren war es dem Verfall preisgegeben und wurde 1959 schliesslich an den Sportverein Ketschendorf verkauft der es zu einer Trainingshalle fur Gewichtheber und einem Vereinslokal umbaute und dem Lokal 1995 an der Seeseite eine grosse Freiterrasse anfugte Nutzung BearbeitenAb 1956 beherbergte das romantische Schloss Ketschendorf eine Jugendherberge 130 Betten bis 1979 Die historischen Ausstattungen im Eingangs Treppenhaus stucko lustro und im Musikzimmer Wandpaneele sind zum Teil noch vorhanden vollstandig jedoch in den reprasentativen Raumen der Beletage die prachtigen farblich gefassten Stuck und Gemaldedecken sowie Supraporten 1960 wurden die Saulenaltane an der nordlichen Eingangsfront wegen Baufalligkeit abgerissen 1979 80 erhielt das heutige Baudenkmal ostlich einen Neubau Neben zwei neuen Gastetagen mit 88 Betten wurde nach hier die Gasteversorgung Leiterwohnung und Technische Zentrale ausgelagert Die Umsetzung der Planungen eines etwa 7 1 Mio Euro teuren Umbaus einschliesslich einer Sanierung der Jugendherberge kam wegen Finanzierungsproblemen nicht zur Ausfuhrung Die Altes Ketschendorfer Schloss genannte Villa in der Oberen Klinge erhielt 2005 zwei Auszeichnungen fur vorbildlichen und detailgetreuen Ausbau im Sinne des Denkmalschutzes In den Jahren 2012 und 2013 diente das Schloss als Filmset fur die Filme der Romanreihe Rubinrot Im Jahre 2013 wurde das Schloss an die Firma Kaeser Kompressoren verkauft die es nach einer Sanierung und einem Umbau als Schulungszentrum nutzt Das zum Sportheim umgebaute ehemalige Gewachshaus am Schlossteich ging 1996 in den Besitz der Stadt uber 2002 erwarb der Seemanns Chor Coburg den Gastwirtschaftsteil des Gebaudes und fuhrt ihn seither als Kajute seinem Vereinslokal Der Chor veranstaltet regelmassig Sommerkonzerte im Schlosspark Der zweite Teil des Doppelgebaudes die Trainingshalle nebst Sanitaranbau gelangte 2012 durch Mietvertrag mit der Stadt Coburg in die Hande des ortlichen Burgervereines Coburg Ketschendorf e V Nach umfangreichen Umbauarbeiten im Wesentlichen durch Eigenleistung von Vereinsmitgliedern nutzt der Verein den Gebaudeteil als Vereinsheim mit grossem Versammlungsraum fur 50 Personen sowie einer Freiterrasse zum Schlosspark hin Durch den Park fuhrt seit einigen Jahren der Radwanderweg Coburg Bamberg Literatur BearbeitenFritz Mahnke Schlosser und Burgen im Umkreis der Frankischen Krone Druck und Verlagsanstalt Neue Presse Coburg 1974 Seite 25 30 Otto Friedrich Ketschendorf Arthur Pougin La Stoltz L intermediaire des chercheurs curieux Nr 1208 Vol LIX Paris 1909 Renate Reuther Villen in Coburg Veste Verlag Rossteuscher Coburg 2011 ISBN 978 3 925431 31 9 S 97 106Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Schloss Ketschendorf Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Biografie der Rosine Stoltz franz bei Societe d Histoire du Vesinet50 243055555556 10 974444444444 Koordinaten 50 14 35 N 10 58 28 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schloss Ketschendorf amp oldid 235137727