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53 627847 9 912833 Koordinaten 53 37 40 2 N 9 54 46 2 O Reitergrab von SchnelsenFundbezeichnung Hamburg Schnelsen Fundplatz 3 Befund I 1p1Urne aus einer Urnenbestattung der Volkerwanderungszeit im Bereich des Grabhugels IUrne aus einer Urnenbestattung der Volkerwanderungszeit im Bereich des Grabhugels ILage Hamburg DeutschlandFundort Graberfeld von SchnelsenReitergrab von Schnelsen Hamburg Wann zweite Halfte des 8 JahrhundertsWo Heidlohstrasse 104 106 Hamburg Schnelsen Hamburgausgestellt Archaologisches Museum HamburgDas Reitergrab von Schnelsen ist das Begrabnis eines sachsischen Kriegers zusammen mit einem Hauspferd Das Grab wurde 1952 bei Bauarbeiten in Hamburg Schnelsen gefunden 1 Das an einem bronzezeitlichen Grabhugel angelegte Grab gehort zu den wenigen Reiter und Pferdebestattungen des fruhen Mittelalters nordlich der Elbe und es ist eines der fruhesten spatsachsischen Korpergraber 2 Das Grabinventar wird in der archaologischen Dauerausstellung des Archaologischen Museums Hamburg in Hamburg Harburg gezeigt 3 Inhaltsverzeichnis 1 Fundplatz 2 Befunde 2 1 Waffenausstattung 2 2 Reitzeug 2 3 Datierung 3 Deutung 4 Parallelen 5 Literatur 6 EinzelnachweiseFundplatz BearbeitenDer Fundplatz liegt auf einem seit dem 17 Jahrhundert landwirtschaftlich genutzten Hochacker nordlich der Heidlohstrasse in Hamburg Schnelsen 4 Der Boden des Feldes war an dieser Stelle sehr sandig mit nur geringen Humusanteilen Dass es archaologische Funde auf dem Feld gab war unter den Anwohnern bekannt Diese Funde wurden uber viele Jahre undokumentiert von den Feldern abgesammelt oder vergraben 1880 existierten auf dem Feld noch mindestens drei Grabhugel die jedoch 1951 anlasslich einer Feldbegehung im Zuge der geplanten Bauarbeiten fur eine Siedlung bereits alle niedergepflugt und nur noch als Bodenverfarbungen erkennbar waren Nachdem bei den Bauarbeiten dann archaologische Funde zu Tage gekommen waren wurden die Bauplatze ab Marz 1952 archaologisch untersucht Bei Nachgrabungen 1955 wurde nordlich bei den ehemaligen Grabhugeln II und III ein fruhmittelalterliches Graberfeld mit mehreren Brand und Korperbestattungen geborgen Bei Grabhugel III wurde eine weitere eisenzeitliche Urnenbestattung und bei Grabhugel II zwei Korpergraber aus der Volkerwanderungszeit entdeckt Der Grabhugel I lag auf dem Bauplatz der Hauser Heidlohstrasse 104 106 und enthielt eine beigabenfuhrende bronzezeitliche Bestattung und zwei Brandgrubengraber der Volkerwanderungszeit 5 Das Reitergrab von Schnelsen wurde 1952 am nordlichen Rand des bronzezeitlichen Grabhugels I entdeckt Das Grab war in Nord Sud Ausrichtung als Nachbestattung an dem bestehenden Grabhugel angelegt worden Verrottete Holzreste zeigten dass die Bestattung in einer Holzernen Grabkammer von 210 150 cm angelegt war und mit Lesesteinen abgedeckt wurde Die zusammengesunkene Grabgrube hatte eine Tiefe von nur noch 70 cm unterhalb der Humusschicht Das sudliche Ende der Grabkammer war durch Baggerarbeiten angeschnitten und gestort 6 Befunde Bearbeiten nbsp Die erhaltenen Pferdezahne aus dem ReitergrabDie Erhaltungsbedingungen fur organisches Material waren aufgrund des lockeren gut durchlufteten und kalkarmen Sandbodens an den Fundstellen ausgesprochen ungunstig Von den Verstorbenen haben sich nur in wenigen Korpergrabern schwache Leichenschatten erhalten Der saure Boden bot ebenso ungunstige Bedingungen fur den Erhalt von Metallgegenstanden In welchem Masse archaologische Befunde durch den vorangegangenen Ackerbau durch Raubgrabungen und schliesslich durch die Bauarbeiten verloren gingen ist nicht mehr abschatzbar Zudem wurden die Rettungsgrabungen durch Arbeiter und Anwohner erschwert die Funde ubersahen storten oder vernichteten Im Reitergrab von Schnelsen waren von der Leiche des Bestatteten keine sicheren Spuren erkennbar Im Nordwesten des Grabes lagen die erhaltenen Ober und Unterkiefer eines Pferdes mit Zahnen jedoch waren die Knochen so fragil dass nur noch die Zahne geborgen werden konnten Eine genauere Bestimmung ob im Grab der Korper eines Menschen bestattet wurde war nicht moglich ebenso war nicht erkennbar ob nur ein Pferdekopf oder ein ganzes Pferd beigegeben wurde Das Grab enthielt eine fur das 8 Jahrhundert typische Waffenausstattung bestehend aus einem sachsischen Langsax mit den Resten einer verzierten Saxscheide ein Messer mit ebenfalls verzierter Scheide und eine Lanzenspitze Die Waffen wurden mit ihren Spitzen in Richtung Norden abgelegt Am sudlichen Ende der Grabkammer lag der eiserne Buckel eines vergangenen Schildes Des Weiteren wurden zahlreiche Schnallen Riemenbeschlage ein Paar dreieckige Schlaufen mit eingehangten Osen und eine einfache Ringtrense gefunden deren Lage im Grab jedoch nur grob dokumentiert wurde 6 Waffenausstattung Bearbeiten Der Langsax lag mit der Spitze in Richtung Norden also der Fusse des Toten Die Saxklinge entspricht der fur die Zeit typisch sachsischen Form und ist eine sorgfaltige Schmiedearbeit jedoch ohne weitere schmiedetechnische Besonderheiten Die Gesamtlange betragt 635 mm die Klinge hat eine Lange von 520 mm und eine Breite von 45 mm Der Ort liegt auf Hohe der Schneidenlinie Bei der Bergung waren Reste einer holzernen Scheide mit einer Dicke von drei bis vier mm erkennbar Reinhard Schindler beschrieb eine Wicklung der Saxscheide aus Leder oder Leinen die mit silbernen rosettenformigen Nietkopfen besetzt war Der holzerne Griff des Saxes war ebenfalls mit einer Wicklung aus Leder versehen daruber lagen sehr dunne Streifen aus Silberblech mit ebenfalls silbernen Nieten befestigt waren Der Griff war bei der Auffindung weitgehend erhalten zerfiel aber bei der Bergung Halb unter der Saxscheide lag ein Messer mit teilweise erhaltener verzierter Scheide Das Messer hatte eine geknickte Ruckenlinie und lag ebenfalls mit der Spitze in Richtung der Fusse des Verstorbenen Das Eisen des Messers war sehr stark korrodiert und ist jetzt nicht mehr erhalten Im Sudwesten der Grabgrube lag eine stark korrodierte eiserne Lanzenspitze mit einem flachen lanzettformigen Blatt und schmaler Tulle Die Gesamtlange der Lanzenspitze betragt 423 mm Das Blatt hat seine breiteste Stelle mit 55 mm im unteren Drittel Die Tulle hat eine Lange von 115 mm Als Schutzwaffe war ein Schild beigeben von dem sich nur der eiserne Schildbuckel und ein Teil der Schildfessel erhalten hat Der Schildbuckel hat eine fur das 8 Jahrhundert typische Zuckerhutform 7 wie sie aus zahlreichen Grabfunden und historischen Abbildungen bekannt ist Der Buckel hat eine Hohe von 175 mm einen Durchmesser von 155 mm und einen Nietrand von 15 mm Breite An dem Nietrand waren Reste von sechs Nieten erhalten Ursprunglich war der Schild mit seiner Front gegen die Kopfwand der Grabkammer gelehnt so als ob er seinen bestatteten Trager schutzte Angaben zur qualitativen Ausstattung der organischen Waffenteile lassen sich aufgrund der schlechten Erhaltung nicht mehr treffen 8 Reitzeug Bearbeiten Von der Pferdeausstattung waren sieben Schnallen ein Paar rechteckige Riemenbeschlage ein Paar Dreipassbeschlage ein Paar dreieckige Schlaufen mit eingehangten Osen zwei Riemenzungen eine einfache Ringtrense zwei runde Osen mit auslaufenden Zwingen und eingehangten Beschlagen ein Ring mit dem Uberrest einer Zwinge ein Ring mit rechteckigem Querschnitt ein eiserner Nietstift mit erhaltenen Holzresten zwei Lederbeschlage und einen Riemenendbeschlag erhalten Einige dieser Teile sind jetzt nicht mehr im Bestand des Museums auffindbar 9 Datierung Bearbeiten Die Datierung der Grablege erfolgte typologisch aufgrund der raumlichen Ausrichtung des Grabes und vor allem der charakteristischen Waffenausstattung des Saxes des Schildbuckels und der verzierten Riemenbeschlage in die zweite Halfte des 8 Jahrhunderts n Chr 6 Naturwissenschaftliche Datierungen mittels Dendrochronologie oder Radiokohlenstoffdatierung waren bisher aufgrund der schlechten Erhaltung organischer Materialien im Grab nicht moglich Deutung BearbeitenDas Geschlecht des Toten sowie seine Lage in der Grabkammer konnten nur aus der Lage der Grabbeigaben abgeleitet werden Die Beigabe von Waffen Pferde und Reitzeug sprechen relativ sicher fur einen mannlichen Verstorbenen Die Ausrichtung der Waffen im Grab die allesamt mit ihren Spitzen in Richtung Norden abgelegt waren sprechen dafur dass der Tote der mit dem Kopf in Richtung Suden mit Blick in Richtung Norden bestattet wurde 6 Aufgrund der Tatsache dass bei der Bergung keine Spuren von dem Toten erkennbar waren lasst ebenfalls die Moglichkeit zu dass das Grab ohne Bestatteten als Leergrab Kenotaph angelegt wurde 10 Aufgrund von Vergleichsfunden aus Reitergrabern wie in Rullstorf lassen sich die Ringtrense die verschiedenen Zwingen Osen und Riemenbeschlagteile relativ sicher einer Pferdeausstattung bestehend aus Zaumzeug Reitsattel und Trense zuordnen Die Dreieckschlaufen mit eingehagten Osen lassen sich zu Steigbugeln erganzen 6 9 Die Reitzeugteile und die Pferdekiefer deuten darauf hin dass dem Toten ein Pferd beigegeben wurde 6 Jedoch ergab die Zahnaltersschatzung der Pferdezahne durch Wolf Herre ein Lebensalter des Tieres von drei bis vier Jahren Somit ware das Pferd noch nicht ausgewachsen und als Reitpferd zu jung gewesen 11 Ob jedoch nur ein Pferdekopf pars pro toto oder ein ganzes Pferd beigegeben wurde lasst sich heute nicht mehr klaren 6 Die Grosse der Schnelsener Grabkammer ware fur die Beigabe eines ganzen Pferde ausreichend dimensioniert gewesen wie Vergleichsfunde aus Liebenau oder dem Mahndorfer Graberfeld in Bremen Mahndorf bestatigten 10 Das im Vergleich zu normalen Korperbestattungen seltene Vorkommen von Pferdebestattungen und die gehobene Beigabenausstattung des Grabes sowie dessen Anlage an einem bestehenden alteren Grabhugel lassen vermuten dass der Verstorbene eine besondere Stellung in seinem sozialen Umfeld innehatte oder dort eine hohe Wertschatzung genoss 8 Parallelen Bearbeiten20 Reitergraber danisch Ryttergraven wurden auch auf der Kimbrischen Halbinsel Fregerslev Grimstrup und in Torgard in Norwegen gefunden Eines der markantesten Graber der Wikingerzeit Norwegens ist das Grab eines Reiters Das Gjermundbugraven auch Gjermundbufunnet von Ringerike in Buskerud Es ist reich an Ausrustungen aber weltberuhmt gemacht hat es der Helm und die Ringbrunne der im Grab war Dies ist der einzige Helm und die einzige Ringbrunne in der Wikingerzeit Neben einer grosseren Anzahl sogenannter Reiterbestattungen des fruhen Mittelalters liegt mit der Bestattung aus Grab Nr 3 aus Hollenstedt Landkreis Harburg ein nahezu identisch ausgestattetes Reitergrab der gleichen Zeitstellung sudlich der Elbe vor Bei diesem Grab war das Pferd jedoch ausserhalb der Grabkammer beigesetzt worden 12 Literatur BearbeitenMirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen Befund und Deutung ein Beitrag zur Sachsenforschung Hrsg Universitat Hamburg Hamburg 2011 Magisterarbeit Ralf Busch Hrsg Verborgene Schatze in den Sammlungen 100 Jahre Helms Museum Wachholtz Neumunster 1998 ISBN 3 529 02001 X S 82 83 Ingrid Sudhoff Pferd und Reiter aus Hamburg Schnelsen In Ralf Busch Hrsg Fund und Deutung Alte und neue Funde aus den archaologischen Sammlungen Hamburger Museum fur Archaologie und die Geschichte Harburgs Helms Museum Hamburg Harburg 1995 S 90 91 Reinhard Schindler Ausgrabungen in Alt Hamburg neue Ergebnisse zur Fruhgeschichte der Hansestadt Ges der Freunde des Vaterland Schul und Erziehungswesens Hamburg 1957 S 103 111 Reinhard Schindler Ein sachsisches Reitergrab in Hamburg Schnelsen In Hammaburg Nr 3 VIII 1952 ISSN 0173 0886 S 132 ff Erstpublikation Einzelnachweise Bearbeiten Hamburg Schnelsen Fundplatz 3 Befund I 1 Rudiger Articus Jochen Brandt Elke Forst Yvonne Krause Michael Merkel Kathrin Mertens Rainer Maria Weiss Archaologisches Museum Hamburg Helms Museum Ein Rundgang durch die Zeiten Veroffentlichungen des Archaologischen Museums Hamburg Helms Museum Nr 101 Hamburg 2009 ISBN 978 3 931429 20 1 S 104 Themenbereich Naturlandschaft Vitrine Nr 76 Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 30 Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 18 28 a b c d e f g Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 34 39 IX nach HUBENER a b Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 50 79 a b Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 210 265 a b Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 294 295 Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 281 283 Mirjam Briel Das Reitergrab von Hamburg Schnelsen 2011 S 266 269 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reitergrab von Schnelsen amp oldid 233096582