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In der deutschsprachigen Literaturgeschichte lassen sich unter dem Begriff Reformationsdialog all jene schriftlichen Texte zusammenfassen die dem literarischen Genre Dialog entsprechen und in der Zeit der Reformation 1517 1560 2 entstanden sind Sie zahlen zur sog Reformationsliteratur die inhaltlich vor allem an die religios konfessionelle Problematik ihrer Zeit gebunden ist Titelblatt zu Ein schoner Dialogus von Martin Luther und der geschickten Botschaft aus der Holle von Erasmus Alberus 1523 1 Inhaltsverzeichnis 1 Kurzcharakteristik 2 Ursprung der Gattung Dialog 3 Die ersten Reformationsdialoge um 1520 4 Der Karsthans Dialog 4 1 Zum Begriff 4 2 Figuren 4 3 Aufbau und Inhalt 4 4 Rezeption 5 Reformationsdialoge von Hans Sachs 5 1 Von einem Schumacher und Chorherren I 5 2 Von den Scheinwercken II 5 3 Wider den Geiz III 5 4 Gesprach eines Evangelischen Christen mit einem Lutherischen IV 6 Liste ausgewahlter Reformationsdialoge 7 Literatur 8 EinzelnachweiseKurzcharakteristik BearbeitenDass in den Reformationsdialogen die aktuellen Themen Diskurse und Ereignisse der damaligen Zeit behandelt werden verdeutlichen allein schon die vielfaltigen Figuren welche in den fiktiven Gesprachen zu Wort kommen Neben prototypischen Figuren wie Monch Pfaffe oder Muntzerischer Schwarmer finden sich bekannte Namen wie Erasmus von Rotterdam Franz von Sickingen Martin Luther und Thomas Murner Zu den eifrigen Disputanten gehoren auch Vertreter der untersten sozialen Schichten Bauer Schneider Weber Schuhmacher u a die als bibelfeste und siegreich argumentierende Befurworter der Reformation erscheinen Letztere stehen erstmals in der deutschen Literaturgeschichte im Zentrum der Darstellung In der Regel diskutieren zwei bis funf Personen in einem solchen Dialog wobei das Streitgesprach zwischen einem Vertreter aus dem Volk und einem Geistlichen Schneider Pfarrer Weber Pfarrer Bauer Monch etc besonders beliebt war Die Gesprache finden nicht an Statten der Gelehrsamkeit sondern an offentlichen fur die breite Bevolkerung zuganglichen Platzen wie Strasse Markt oder Wirtshaus statt Die vorrangige Funktion der Reformationsdialoge bestand darin Prozesse des Uberzeugens und Uberzeugtwerdens 3 darzustellen die Adressaten durch das Lesen bzw Horen der Dialoge im Sinne der Reformation aufzuklaren und ins kritische Argumentieren einzuuben Dabei weisen sie zwar einen szenisch dramatischen Charakter auf waren aber nicht zur dramatischen Auffuhrung gedacht Vor allem in den Kampfjahren 1520 bis 1525 die mit der Niederschlagung der Bauernaufstande endeten hat sich der Dialog als notwendige literarische Gattung bewahrt Er war geistiger Austragungsort der aktuellen Konflikte und bot Gelegenheit sich mit den unterschiedlichsten Anschauungen auseinanderzusetzen und den Gegner mit polemischen und satirischen Mitteln und der Kraft der Argumente zu widerlegen bzw die eigene Position zu profilieren Somit sind die Reformationsdialoge ein ausserordentlich plastisches literarisches Zeugnis 4 des damaligen Streitschriftenkriegs 5 in dem sich neben den Reformatoren auch Humanisten und der niedere Adel gegen die Vorherrschaft der romischen Kirche auflehnten Die Gesamtzahl der Reformationsdialoge wird auf etwa 150 geschatzt Zu deren Verfassern zahlen u a Johannes Agricola Erasmus Alberus Utz Eckstein Johann Eberlin von Gunzburg Caspar Guttel Ulrich von Hutten Andreas Karlstadt Heinrich von Kettenbach Urbanus Rhegius Utz Rychser Hans Sachs und Balthasar Stanberger Die Autorenschaft der meisten Dialoge so z B die des beruhmten Karsthans 1521 konnte aber bis heute nicht hinreichend geklart werden Veroffentlicht und verbreitet wurden die Reformationsdialoge in Form von Flugschriften die oft anonym erschienen vermutlich wollten die Verfasser so der Gefahr von Verfolgung und Beschlagnahmung ihrer Werke entgehen Ursprung der Gattung Dialog BearbeitenSchon in der Antike trat der Dialog griech dialogos Gesprach Wechselrede als literarische Gattung auf wobei besonders Platon Xenophon Cicero und Boethius diese Form genutzt haben Platon versuchte mit Hilfe der in seinen platonischen Dialogen dargestellten sokratischen Methode durch geschicktes Fragen zum Ziel der Wahrheitsfindung zu gelangen Der von ihm praktizierte Wechsel von Frage Antwort und Widerlegung bestimmte nachhaltig die Methodik philosophischer theologischer und wissenschaftlicher Erkenntnis Auch der von Aristoteles begrundete und von Cicero weiterentwickelte peripatetische Dialog als Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Denkpositionen hatte eine weitreichende Wirkung und beeinflusste insbesondere die mittelalterliche Tradition der Lehr und Streitgesprache ebenso wie die Reformationszeit und die Dialogliteratur des Humanismus Das auf Wissensvermittlung ausgerichtete Frage Antwort Spiel zwischen Lehrer und Schuler war aus dem mittelalterlichen Klosterschul und Universitatsbetrieb hervorgegangen Ebenso entstammte die Disputation in Form eines Streitgesprachs z B im Theologenstreit zur Erorterung spitzfindiger scholastischer Lehrsatze oder als Mittel zur rhetorischen Schulung dem mittelalterlichen Universitatsleben Doch erst als neue philosophische Stromungen wie Renaissance und Humanismus lebendig wurden zog der Dialog in die deutsche Literatur ein so z B im Ackermann aus Bohmen um 1401 von Johannes von Tepl und in ein nicht auf religiose Fragen ausgerichtetes Streitgesprach zwischen dem Bauern Markolf und dem Konig Salomo in Handschriften und Drucken vom 14 bis 16 Jh verbreitet Der Dialog existiert als eigenstandige Gattung also schon seit der Antike und wurde auch im Mittelalter verwendet allerdings war er bisher nur in der Reformationszeit wesentlicher Bestandteil einer literarischen Epoche Die ersten Reformationsdialoge um 1520 BearbeitenZu den ersten Reformationsdialogen gehoren vor allem jene des Humanisten Ulrich von Hutten Er hatte seine Dialogkunst am Vorbild des altgriechischen Dichters Lukian geschult und in den Jahren 1518 1520 vier lateinische Gesprache verfasst in denen er sich entschieden auf die Seite der Reformation und gegen alles romische und verweltlichte Religionsgebaren stellt Diese Dialoge ubersetzte er ins Deutsche und veroffentlichte sie 1521 unter dem Titel Gesprachsbuchlein Auch Erasmus von Rotterdam nutzte das Genre Dialog in seinem Werk Colloquia familiaria Vertraute Gesprache aus dem Jahre 1518 Zwei der darin enthaltenen Gesprache die gegen Klosterleben und Habgier der Kirche gerichtet sind werden ebenso zu den ersten Reformationsdialogen gezahlt Sie wurden bereits Anfang der 1520er Jahre aus dem Lateinischen ins Deutsche ubersetzt Der Karsthans Dialog Bearbeiten nbsp Luther Murner Studens Karsthans von links Titelblatt zum Karsthans Strassburg 1521 6 Der Ende 1520 entstandene und im Januar 1521 erstmals gedruckte Dialog Karsthans war seinerzeit eine der wirkungsvollsten und meistgelesenen Flugschriften uberhaupt Er ist der erste Reformationsdialog der im Gegensatz zu seinen Vorgangern gleich in deutscher Sprache geschrieben wurde und stellt nicht nur in sprachlicher Hinsicht das Bindeglied zwischen lateinsprachig gelehrtem Humanistendialog und volkstumlichem Gesprach dar Hochstwahrscheinlich wurde der Karsthans im suddeutschen Raum geschrieben Sein Verfasser ist bis heute unbekannt obwohl in der Forschung bereits Matthias Zell Johann Sapidus Nikolaus Gerbel und Martin Bucer als mogliche Autoren ins Auge gefasst wurden und zuletzt der St Gallener Arzt Joachim von Watt als sicherer Verfasser des Karsthans galt Neben dem gezielten Einsatz der sog Volkssprache zur Erreichung eines grosseren Publikums ist vor allem eine wesentliche Neuerung in diesem Dialog bemerkenswert Zwar wurde schon in der spatmittelalterlichen deutschen Literatur z B in Hans Rosenpluts Der Bauern Lob dem Typus Bauer eine positive Rolle zugesprochen doch im Karsthans wird erstmals ein Vertreter des gemein man fnhd Ausdruck fur Angehorige der sog Unterschicht als ehrbare und durchaus ernstzunehmende Person ins Zentrum der Aufmerksamkeit geruckt Zum Begriff Bearbeiten Der Begriff Karsthans Karst Feldhacke war bis zum Erscheinen dieses Dialogs durchwegs negativ besetzt und stand im alemannischen Sprachraum fur einen groben ruckstandigen Bauernklotz So stellte z B Johann Geiler von Kaisersberg bezeichnenderweise 1498 99 in einer seiner Predigten die er uber Sebastian Brants Narrenschiff im Strassburger Munster gehalten hat die abschatzige rhetorische Frage Was soll ich mit dem Karsthansen oder Bauernklotz zu schaffen haben 7 In diesem Sinne verwendete den Begriff auch der Strassburger Franziskaner Thomas Murner in seiner Schrift An den grossmachtigsten Adel deutscher Nation Dez 1520 Als Reaktion darauf wurde im Reformationsdialog Karsthans der bisherige Schimpfname zum Ehrennamen erhoben Figuren Bearbeiten Seine Bedeutung im Dialog wird schon durch die Positionierung auf dem Titelblatt deutlich Luther und Murner mit Katzenkopf steht aus der Vierergruppe herausgehoben Karsthans gegenuber Er ist der Typus des einfaltigen Bauern als Vorkampfer des Glaubens der im Dialog durch unverbildetes Urteilsvermogen und grundliche Bibelkenntnis positiv charakterisiert wird Ihm fallt die Rolle des Schiedsrichters zu denn er soll im Laufe des Gesprachs entscheiden ob Murner oder Luther recht hat Rechts von Karsthans steht leicht in den Hintergrund geruckt sein Sohn Studens der im Dialog das hierarchische Regiment der Kirche verteidigt und Gehorsam gegenuber der Geistlichkeit fordert Auf dem Titelblatt fehlt die funfte Figur Mercurius der als Kommentator des Gesprachs fungiert und fast ausnahmslos Latein spricht Aufbau und Inhalt Bearbeiten Der Karsthans folgt einem klar strukturierten Aufbau Noch bevor das Gesprach beginnt wird in einer kurzen Vorrede die Hauptstossrichtung vorgegeben Ziel ist es den Franziskaner Thomas Murner einen der vehementesten Luther Gegner als Irrlehrer zu entlarven Das folgende Gesprach ist in zwei Teile gegliedert wobei der erste satirisch polemisch und der zweite programmatisch disputativ ist Der erste Teil hat zur Aufgabe den Kontrahenten und Vertreter der romischen Kirche Thomas Murner nach allen Regeln der Kunst der Lacherlichkeit preiszugeben Einen Hinweis auf die ihm zugewiesene komische Rolle findet man bereits auf dem Titelblatt wo Murner mit einem Katzenkopf dargestellt ist Bezeichnenderweise kann Murner onomatopoetische Bezeichnung fur Katze Kater im 16 Jh bzw Murrnarr Namenskarikierung am Anfang des Dialogs nur Katzentone von sich geben Als Verbindungsstuck zu den beiden Hauptteilen fungiert der Auftritt Luthers Der Reformator der Karsthans zuvor als Ketzer prasentiert worden war wird nun fur den Bauern zum Verkunder des wahren Christentums Er erkennt in Luthers Schriftprinzip die fur seine Anliegen geeignete Waffe die alten uberlebten Ordnungen auch die hierarchische Trennung von Geistlichen und Laien zu uberwinden Im zweiten Teil des Dialogs muss Murner das Feld raumen Der Fokus liegt nun auf einem sachthemenbezogenen Streitgesprach zwischen Karsthans und seinem Sohn Studens Hierbei werden die von Murner vertretenen Aussagen aus dem Bereich der bewahrten Dogmatik argumentativ zuruckgewiesen und zentrale Aspekte der reformatorischen Lehre mit Nachdruck und Uberzeugungskraft prasentiert Dass Karsthans hierbei als rhetorisch gewandter disputationserprobter Gesprachspartner erscheint kann zwar als Uberhohung der argumentativen Fahigkeiten und biblischen Bildung der sog Unterschicht gesehen werden doch ganzlich unrealistisch ist diese Darstellung nicht dies bezeugen aus der Reformationszeit uberlieferte altkirchliche Klagen uber biblisch gebildete und diskutierende gemein man und Nachschriften von offentlichen Laiendiskussionen Rezeption Bearbeiten Mit insgesamt 10 Auflagen fand der Karsthans innerhalb kurzer Zeit reissenden Absatz wobei eine Auflage damals 1000 bis 1500 Exemplaren entsprach So erschienen nach dem Erstdruck in Strassburg innerhalb weniger Monate neun Nachdrucke zwei in Strassburg drei in Basel vier in Augsburg Bald war der Karsthans als Sinnbild des reformatorisch gesinnten mit dem Flegel drohenden Bauern in aller Munde 8 Wanderprediger traten unter seinem Namen auf und zahlreiche Schriften beriefen sich auf ihn Allerdings war die betrachtliche Wirkung dieses Dialogs vor allem auf das burgerlich reformatorische Lager beschrankt In bauerlich plebejischen Kreisen hingegen konnte sich seine Botschaft trotz der zentralen Bauernfigur aus folgenden Grunden nicht durchsetzen Zum einen konnte der zeitgenossische Bauer in der Regel nicht Rezipient der Schrift werden da er die wiederholte Verwendung des Lateinischen und zahlreiche Anspielungen z B Hinweise auf den Reuchlin Streit sowie auf nicht selten lateinisch verfasste Eck und Murner Satiren nicht verstehen konnte Zum anderen wird im Karsthans in Zeiten der Bauernaufstande postuliert dass die im sozialen Bereich existierende Ordnung von Gott selbst eingesetzt sei und daher aufrechterhalten werden sollte Zwar wurden Figur und Dialog geschaffen um breiteren Adressatenkreisen klarzumachen dass die Herrschaft der romischen Kirche abgeschafft werden musse doch ein Aufruf zum bewaffneten Widerstand lasst sich aus dieser Flugschrift nicht ableiten So wird Karsthans wiederholte Drohung Wo ist mein Pflegel im Dialog bezeichnenderweise von der Luther Figur zuruckgewiesen dies erklart auch weshalb Karsthans nicht zum Schlag oder Fahnenwort des Bauernkriegs 9 wurde Auf den popularen Karsthans Dialog folgte noch im selben Jahr das wahrscheinlich von Martin Bucer verfasste sog Gesprachsbuchlein Neu Karsthans und bald darauf eroberten sich fast alle mehr oder minder bedeutenden zeitgenossischen Schriftsteller dieses Genre Reformationsdialoge von Hans Sachs BearbeitenAuch der bekannte Meistersanger und Schuster Hans Sachs hat insgesamt vier Reformationsdialoge verfasst und im Jahre 1524 in Form von Flugschriften veroffentlicht Die ersten beiden Flugschriften dienten vorwiegend dazu die protestantische Lehre nach aussen hin zu rechtfertigen und zu verbreiten In den Dialogen III und IV hingegen lasst Hans Sachs mit innerprotestantischer Kritik am real praktizierten Luthertum aufhorchen nbsp Titelblatt zu Hans Sachs Von einem Schumacher und Chorherren 10 Von einem Schumacher und Chorherren I Bearbeiten Im ersten Dialog bringt der Schuhmacher Hans einem Chorherrn ein Paar Pantoffeln zuruck die er fur ihn geflickt hat und gibt sich bei dieser Gelegenheit gleich als evangelisch zu erkennen Daraufhin entwickelt sich ein Disput uber den wahren Glauben und die Rolle des Laien in der Kirche wobei der Schuhmacher mit fundiertem Bibelwissen punkten kann Interessanterweise findet sich gleich zu Beginn des Dialogs ein Ruckbezug auf das von Hans Sachs verfasste Spruchgedicht Wittenbergisch Nachtigall 1523 mit dessen Titel er sich positiv auf Luther bezieht So stellt Meister Hans des Dichters Alter Ego gleich am Anfang fest dass diese Nachtigall gerade erst zu singen begonnen habe und profiliert sich im Laufe des Gesprachs als ausserst bibelfester Laie der unbeirrbar an seiner Glaubensuberzeugung festhalt Der Chorherr weiss sich hingegen aufgrund mangelnder Bibelkenntnis kaum gegen das Zeugnis der Evangelien zu wehren beruft sich vornehmlich auf die Konzilien die Kirchenvater und die altgewohnten Argumente vom Alleinvertretungsanspruch des Papstes Somit erscheint er als komische Figur was sich besonders in den nahezu lustspielhaften Elementen des Dialogs aussert Frustriert verlangt er an einer Stelle des Dialogs nach der Heiligen Schrift Seine Kochin bringt zunachst irrtumlich das Dekretal Als sie dann doch das richtige Buch herbeischafft muss dieses erst vom Staub befreit werden was der Chorherr mit folgenden Worten zu entschuldigen versucht ich bin nit viel darin umgangen ich weiss wohl nutzers zu lesen Dementsprechend macht ihm das Nachschlagen in der Bibel viel Muhe sodass er schliesslich nach seinem Gehilfen schicken lasst von dem er sich exegetischen Beistand erhofft Dieser ist aber selbst schon vom protestantischen Gedankengut angesteckt weshalb ihn sein Herr schimpfend davonjagt Von den Scheinwercken II Bearbeiten Im Gesprach von den Scheinwercken der Geistlichen und ihren Gelubden treffen zwei Franziskanermonche bei ihrem Bettelgang auf den Schuster Hans und seinen Mitstreiter den Bauern Peter Zwischen den beiden Parteien entfacht ein theologischer Disput uber die fundamentalen Ordensgelubde Armut Keuschheit und Gehorsam die laut Hans und Peter blosse Scheinwerke sind Der Schuster und der Bauer sind der Meinung dass die Monchsarmut faules und parasitares Wohlleben auf Kosten der arbeitenden Bevolkerung sei beim Zolibat handle es sich um ein widernaturliches Gebot und der Gehorsam der Monche beschranke sich bloss auf das Befolgen ausserer Vorschriften wie das Tragen von Kutten Fasten Schweigen Singen Lesen Messegehen Chorstehen Bucken und Knien auswendig heilig und gleissend inwendig aber voll Heuchelei und Untugend so fasst Schuster Hans seine Kritik in diesem Dialog zusammen nbsp Titelblatt zu Dialog III von Hans Sachs 11 Wider den Geiz III Bearbeiten Der vollstandige Titel der Flugschrift lautet Dialogus des Inhalt ein Argument der Romischen wider das Christlich Hauflein den Geiz auch ander offenlich Laster etc betreffend Auch in diesem Dialog wird Kritik geubt in diesem Fall ist sie allerdings an das protestantische Lager gerichtet Paradoxerweise wird hier Romanus ein Vertreter des katholischen Lagers zum Sprachrohr von Hans Sachs und darf im Gegensatz zum Chorherrn aus dem ersten Dialog mit guter Bibelkenntnis glanzen Es geht in diesem theologischen Disput um Missstande in Handel und Gewerbe Dabei erscheint der Nurnberger Kaufmann mit dem sprechenden Namen Reichenburger als Vertreter der sich herausbildenden fruhkapitalistischen Gesellschaft der nur schwachlich argumentieren kann und vom biblisch versierten Romanus zusehends in die Enge gedrangt wird Wegen der Sozial und Kapitalismuskritik die Hans Sachs in diesem Dialog zum Ausdruck bringt hat man in der Forschung versucht den Dichter mit dem Schwarmerwesen und Thomas Muntzer in Verbindung zu bringen Allerdings konnte diese Vermutung bisher nicht hinreichend belegt werden Gesprach eines Evangelischen Christen mit einem Lutherischen IV Bearbeiten Ebenso wie im dritten Dialog geht es um die Missstande im eigenen protestantischen Lager Hierbei wird besonders deutlich dass Hans Sachs um eine differenzierte Sichtweise bemuht ist In diesem Dialog stehen die Themen Nachstenliebe wahrhaft christliches Wesen und vollstandige Lehre im Zentrum Als Diskussionspartner treten wieder Schuster Hans und Bauer Peter auf wobei sie sich in diesem Fall gegenuberstehen Peter hatte an einem der Fastentage Fleisch gegessen was bei seinem katholischen Schwiegervater Meister Ulrich Anstoss erregte Zwar gabe es eigentlich nichts gegen Peters Handeln einzuwenden da sich ein Verbot des Fleischessens an Feiertagen nicht auf das Neue Testament grunden kann doch der Schuster Hans verurteilt Peters Verhalten in diesem Fall trotzdem Er meint Peter hatte damit gegen das Gebot der Nachstenliebe verstossen da er nicht aus Rucksicht auf seinen Schwiegervater auf das Fleischessen verzichtet hat Liste ausgewahlter Reformationsdialoge BearbeitenUlrich von Hutten Gesprach Buchlin Herr Ulrichs von Hutten Feber das Erst Feber das Ander Wadiscus oder die romische Dreyfaltigkeit Die Anschawenden 1521 Online verfugbar in den Sammlungen des Munchner Digitalisierungszentrums Karsthans 1521 Online verfugbar in den Digitalen Sammlungen der Sachsischen Landesbibliothek Staats und Universitatsbibliothek Dresden Martin Bucer Ain schoner dialogus unn gesprech zwischen aim Pfarrer und aim schulthayss betreffend allen ubel Stand der geystlichen Und boss handlung der weltlichen Alles mit geytzigkayt beladen 1521 Online verfugbar in den Sammlungen des Munchner Digitalisierungszentrums Urbanus Rhegius Eyn gesprech D Martini Lutheri vnd Symonis Hessi mit eynander auf dem Reichstag zu Wurms gehalten M D XXI Ein Druck von 1522 ist in der Digitalen Bibliothek der Universitats und Landesbibliothek Sachsen Anhalt online verfugbar Hans Bechler Ein Gesprech aines Fuchs vnd Wolfs so die andere Fuchs vnnd wolff auff den staygerwaldt zusamen geschickt sich zu vnderreden wa vnd wie die bayde partey den winntter sich halten vnnd noren wellen 1523 Ein Druck von 1524 ist in den Sammlungen des Munchner Digitalisierungszentrums online verfugbar Johann Eberlin von Gunzburg Mich wundert das kein gelt ihm land ist 1523 24 Ein Druck von 1565 ist in den Sammlungen des Munchner Digitalisierungszentrums online verfugbar Andreas Karlstadt Dialogus oder ein gesprechbuchlin Von dem grewlichen vnnd abgottischen missbrauch des hochwirdigsten sacraments Jesu Christi 1524 Online verfugbar in den Sammlungen des Munchner Digitalisierungszentrums Hans Sachs Von einem Schumacher und Chorheren ein vast kurtzweilig Christliche disputation 1524 Literatur BearbeitenBerger Wilhelm Richard Hans Sachs Schuhmacher und Poet Frankfurt Societats Verlag 1994 ISBN 3 7973 0577 X Bernstorff Wiebke von Dialog In Metzler Lexikon Literatur Begriffe und Definitionen 3 vollig neu bearb Aufl Hrsg von Dieter Burdorf Christoph Fasbender Burkhard Moennighoff Stuttgart Weimar Metzler 2007 S 152 ISBN 978 3 476 01612 6 Die Wahrheit muss ans Licht Dialoge aus der Zeit der Reformation 2 Aufl Hrsg und mit einer Einleitung von Rudolf Bentzinger Leipzig Reclam 1988 Universal Bibliothek 948 ISBN 3 379 00480 4 Fauser Markus Dialog In Literaturlexikon Begriffe Realien Methoden Bd 13 Hrsg von Volker Meid Gutersloh Munchen Bertelsmann Lexikon Verlag 1992 S 172 173 ISBN 3 570 04713 X Kampe Jurgen Problem Reformationsdialog Untersuchungen zu einer Gattung im reformatorischen Medienwettstreit Tubingen Niemeyer 1997 Beitrage zur Dialogforschung Hrsg von Franz Hundsnurscher und Edda Weigand 14 ISBN 3 484 75014 6 Karsthans Thomas Murners Hans Karst und seine Wirkung in sechs Texten der Re formationszeit Karsthans 1521 Gesprech biechlin neuw Karsthans 1521 Gottliche Muhle 1521 Karsthans Kegelhans 1521 Thomas Murner Von dem grossen lutherischen Narren 1522 Auszug Novella ca 1523 Herausgegeben ubersetzt und kommentiert von Thomas Neukirchen Heidelberg 2011 Beihefte zum Euphorion 68 ISBN 978 3 8253 5976 8 Langer Horst Karsthans Wirkungsstrategie Werkgestalt und Rezeption eines Reformationsdialogs In Zeitschrift fur Germanistik N F 1 1991 S 28 36 ISBN 3 86032 000 9 Neukirchen Thomas Art Karsthans In Fruhe Neuzeit in Deutschland 1520 1620 Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon VL 16 hrsg von Wilhelm Kuhlmann Jan Dirk Muller Michael Schilling Johann Anselm Steiger Friedrich Vollhardt De Gruyter Berlin 2014 Polenz Peter von Deutsche Sprachgeschichte vom Spatmittelalter bis zur Gegenwart Bd 1 Einfuhrung Grundbegriffe Deutsch in der fruhburgerlichen Zeit Berlin New York de Gruyter 1991 Sammlung Goschen 2237 ISBN 3 11 012458 0 Roloff Hans Gert Reformationsliteratur In Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte Begrundet von Paul Merker und Wolfgang Stammler 2 Aufl Hrsg von W Kohlschmidt und W Mohr Bd 3 Berlin New York de Gruyter 1997 S 365 403 ISBN 3 11 007399 4 Walz Herbert Reformationszeit In Literaturlexikon Begriffe Realien Methoden Bd 14 Hrsg v Volker Meid Gutersloh Munchen Bertelsmann Lexikon Verlag 1993 S 278 ISBN 3 570 04714 8Einzelnachweise Bearbeiten Wolfenbutteler Digitale Bibliothek Beginnt mit Luthers Thesenveroffentlichung und endet mit dem Tod von Philipp Melanchtons Vgl Joachim Knape Reformation Reformationsliteratur In Literaturwissenschaftliches Lexikon Grundbegriffe der Germanistik Hrsg von Horst Brunner und Rainer Moritz Berlin Erich Schmidt 1997 S 279 Werner Lenk zitiert nach Jurgen Schutte Was ist vns vnser freyhait nutz wenn wir ir nicht brauchen durffen In Hans Sachs Studien zur fruhburgerlichen Literatur im 16 Jahrhundert Hrsg von Thomas Cramer und Erika Kartschoke Bern Peter Lang 1978 Beitrage zur Alteren Deutschen Literaturgeschichte Hrsg von Joachim Bumke Thomas Cramer Gert Kaiser und Horst Wenzel 3 S 50 Die Wahrheit muss ans Licht Dialoge aus der Zeit der Reformation 2 Aufl Hrsg von Rudolf Bentzinger Leipzig Reclam 1988 Universal Bibliothek 948 Klappentext Horst Langer Karsthans Wirkungsstrategie Werkgestalt und Rezeption eines Reformationsdialogs In Zeitschrift fur Germanistik N F 1 1991 S 28 Sachsische Landesbibliothek Staats und Universitatsbibliothek Dresden Zitiert nach Rudolf Bentzinger Hrsg Die Wahrheit muss ans Licht Dialoge aus der Zeit der Reformation 2 Aufl Leipzig Reclam 1988 Universal Bibliothek 948 S 114 Ebda S 117 H Burckhardt zitiert nach Bentzinger S 117 Wolfenbutteler Digitale Bibliothek Wolfenbutteler Digitale Bibliothek Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reformationsdialoge amp oldid 226624065