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Das Prostitutionsgesetz oder Gesetz zur Regelung der Rechtsverhaltnisse der Prostituierten ProstG ist ein aus drei Paragraphen bestehendes Bundesgesetz das die rechtliche Stellung von Prostitution in Deutschland als Dienstleistung regelt um die rechtliche und soziale Situation von Prostituierten zu verbessern Das Gesetz wurde am 20 Dezember 2001 verkundet und gilt seit dem 1 Januar 2002 BGBl I 2001 S 3983 FNA 402 39 Gleichzeitig wurde das Strafgesetzbuch StGB in 180a Ausbeutung von Prostituierten und 181a Zuhalterei dahingehend geandert dass das Schaffen eines angemessenen Arbeitsumfeldes nicht mehr strafbar ist so lange keine Ausbeutung von Prostituierten stattfindet BasisdatenTitel Gesetz zur Regelung der Rechtsverhaltnisse der ProstituiertenKurztitel ProstitutionsgesetzAbkurzung ProstGArt BundesgesetzGeltungsbereich Bundesrepublik DeutschlandRechtsmaterie Burgerliches RechtFundstellennachweis 402 39Erlassen am 20 Dezember 2001 BGBl I S 3983 Inkrafttreten am 1 Januar 2002Letzte Anderung durch Art 2 G vom 21 Oktober 2016 BGBl I S 2372 2385 Inkrafttreten derletzten Anderung 1 Juli 2017 Art 7 G vom 21 Oktober 2016 GESTA I012Weblink Text des ProstGBitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten Durch Vereinbarungen uber sexuelle Handlungen als Gegenstand eines Prostitutionsvertrags sollen seit Inkrafttreten des Gesetzes klagbare Entgeltforderungen begrundet werden konnen Das hat nicht nur Bedeutung fur das Zivilrecht sondern auch Auswirkungen auf das Strafrecht Vermogensdelikte Ausserdem konnen sich Prostituierte nun regular in den gesetzlichen Kranken Arbeitslosen und Rentenversicherungen versichern Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung und Inhalt 1 1 Rechtliche Entwicklung 1 2 Regelungsgehalt 2 Wahrnehmung 2 1 Kritik 2 2 Novellierung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseEntstehung und Inhalt BearbeitenRechtliche Entwicklung Bearbeiten Vor Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes wurden Vertrage uber sexuelle Dienstleistungen nach allgemeiner Auffassung als sittenwidrig im Sinne des 138 Abs 1 BGB angesehen Rechtsfolge der Sittenwidrigkeit ist die Nichtigkeit des Vertrages Daher entstand weder ein Anspruch des Kunden auf Erbringung der Dienstleistung noch ein Anspruch der Prostituierten auf die vereinbarte Gegenleistung Folge war die Praxis der Vorauskasse eine Ruckforderung des Entgelts war in diesem Fall gemass 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen Nach Ansicht des Berliner Verwaltungsgerichtes war die Prostitution bereits vor dem Prostitutionsgesetz nicht mehr sittenwidrig die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenwurde Art 1 Abs 1 Satz 2 GG darf nicht dazu missbraucht werden den Einzelnen durch einen Eingriff in die individuelle Selbstbestimmung gleichsam vor sich selbst zu schutzen 1 Der Europaische Gerichtshof hat klargestellt dass Prostitution zu den Erwerbstatigkeiten gehort die Teil des gemeinschaftlichen Wirtschaftslebens im Sinne von Art 2 EG sind 2 Entscheidungen die die Sittenwidrigkeit in Zweifel zogen sind im Zivilrecht aber nicht ergangen da sich hier sofort die Anschlussfrage nach Einklagbarkeit der Dienstleistung Schadensersatz fur Schlechtleistung usw stellt Diese zivilrechtliche Beurteilung hatte auch Auswirkung auf den strafrechtlichen Vermogensbegriff und damit insbesondere auf den Betrugstatbestand der einen Vermogensschaden erfordert Konnte die Arbeitsleistung der Prostituierten keine Forderung begrunden gehorte sie auch nicht zum strafrechtlich geschutzten Vermogen Wer also sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nahm und dabei uber seine Zahlungswilligkeit tauschte beging mangels Vermogensschaden keinen Betrug Der Bundesgerichtshof hatte diese Konsequenz im Dirnenlohnfall bestatigt Andererseits beging die Prostituierte die Geld annahm und dabei den Kunden uber ihre Bereitschaft zur Erbringung sexueller Dienste tauschte sehr wohl einen Betrug da das gute Geld des Kunden nach uberwiegender Ansicht trotz des sittenwidrigen Zwecks zum geschutzten Vermogen des Kunden gehorte Diese Rechtslage wurde vom Gesetzgeber als reformbedurftig beurteilt Das Gesetzgebungsverfahren wurde im Mai 2001 eingeleitet und umfasste mehrere Expertenanhorungen Ausser den Fraktionen der Regierungsparteien SPD und Bundnis 90 Die Grunen stimmten am 19 Oktober 2001 im Bundestag auch die Oppositionsfraktionen der FDP und der PDS fur den von der Regierung eingebrachten Gesetzesentwurf Lediglich die CDU CSU Fraktion lehnte das Gesetz ab 3 Regelungsgehalt Bearbeiten Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden so begrundet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung Das Gleiche gilt wenn sich eine Person insbesondere im Rahmen eines Beschaftigungsverhaltnisses fur die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt fur eine bestimmte Zeitdauer bereithalt 1 ProstG In 1 wird angeordnet dass nach Erbringung vorgenommen worden der sexuellen Dienste ein Anspruch auf Zahlung der versprochenen Gegenleistung besteht Damit wird klargestellt dass nicht etwa ein Leistungsanspruch des Kunden auf Erbringung der Dienstleistung entsteht oder diese gar einklagbar ware Angesichts der Tatsache dass selbst Urteile auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht vollstreckbar sind 120 Abs 3 FamFG ware das ein kaum erklarlicher Widerspruch und hochstwahrscheinlich auch wegen Verstosses gegen Art 1 GG Achtung der Menschenwurde verfassungswidrig Die Forderung kann nicht abgetreten und nur im eigenen Namen geltend gemacht werden Gegen eine Forderung gemass 1 Satz 1 kann nur die vollstandige gegen eine Forderung nach 1 Satz 2 auch die teilweise Nichterfullung soweit sie die vereinbarte Zeitdauer betrifft eingewendet werden Mit Ausnahme des Erfullungseinwandes gemass des 362 des Burgerlichen Gesetzbuchs und der Einrede der Verjahrung sind weitere Einwendungen und Einreden ausgeschlossen 2 ProstG 2 des Gesetzes stellt sicher dass die Einwendung der Sittenwidrigkeit wegen der Art der erbrachten Dienstleistung ebenso ausgeschlossen ist wie die der Schlechterfullung Es soll vor Gericht nicht Beweis erhoben werden mussen uber die Qualitat der erbrachten Dienste Entgegen dem Gesetzestext sind allerdings andere Einwendungen wie Geschaftsunfahigkeit und wohl auch Sittenwidrigkeit wegen Wuchers nicht ausgeschlossen Zudem soll die Entgeltforderung nicht abgetreten werden konnen Uber den Wortlaut hinaus soll die Forderung auch nicht im Wege der Einziehungsermachtigung bzw Prozessstandschaft geltend gemacht werden konnen wahrend Stellvertretung Handeln in fremdem Namen moglich bleibt Dadurch wird der Handel mit solchen Forderungen unmoglich gemacht Bei Prostituierten steht das eingeschrankte Weisungsrecht im Rahmen einer abhangigen Tatigkeit der Annahme einer Beschaftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechtes nicht entgegen 3 ProstG In 3 werden die Voraussetzungen fur die Aufnahme in Sozialversicherungen geschaffen Die Einklagbarkeit von Entgelten hat in der Praxis nur geringe Bedeutung da praktisch immer mit Vorkasse gearbeitet wird Das Werbeverbot fur die Ausubung sexueller Dienstleistungen 119 OWiG wurde mit dem Prostitutionsgesetz nicht aufgehoben Unverandert geblieben sind auch die Ordnungswidrigkeit 120 OWiG und der Straftatbestand 184f StGB der verbotenen Prostitution also der Zuwiderhandlung gegen eine auf Grundlage von Art 297 Einfuhrungsgesetz zum Strafgesetzbuch erlassene Sperrbezirksverordnung Wahrnehmung BearbeitenKritik Bearbeiten Es wird argumentiert dass die Formulierung es seien weitere Einwendungen und Einreden ausgeschlossen zu weit geraten sei und einer teleologischen Reduktion bedurfe Denn auch die Geschaftsunfahigkeit insbesondere die Minderjahrigkeit des Kunden ist eine rechtshindernde Einwendung die nach dem Wortlaut ausgeschlossen ware Es konne nicht vom Gesetzgeber gewollt sein dass etwa der Minderjahrige der nicht einmal wirksame Vertrage uber den Erwerb alltaglicher Gegenstande abschliessen kann nun wirksame Entgeltforderungen fur sexuelle Dienste gegen sich begrunden kann Da die Menschenwurde als oberster Verfassungswert Art 1 GG nicht zur Disposition des Staates steht auch nicht durch Gesetz ist die Prostitution nach Auffassung mancher Juristen auch weiterhin sittenwidrig 4 Dafur sprache insbesondere dass 2 ProstG lediglich die Einwendung der Sittenwidrigkeit ausschliesst und 1 nur von einer rechtswirksame n Forderung spricht dagegen nicht positiv anordnet dass der Vertrag nicht sittenwidrig oder auch nur wirksam sei Auch die fehlende Einklagbarkeit der sexuellen Leistung zeige deutlich dass es sich nach wie vor nicht um einen gewohnlichen Vertrag handelt Das alles kann jedoch insoweit dahinstehen als die Rechtsverhaltnisse durch das Prostitutionsgesetz abschliessend geregelt sind Auch fur das Strafrecht gehoren jetzt erbrachte Dienstleistungen zum geschutzten Vermogen die Dirnenlohn Rechtsprechung ist damit uberholt 180a StGB sanktioniert zwar die Ausbeutung von Prostituierten Der Paragraph wird aber selten angewandt da sowohl wirtschaftliche Abhangigkeit als auch personliche Abhangigkeit schwierig zu beweisen sind und es strittig ist ab wann eine Abhangigkeit besteht Eine Verurteilung im Strafverfahren ist allerdings ohne Aussage der Betroffenen eher unwahrscheinlich Die Zeitschrift Emma kritisiert dass das Prostitutionsgesetz vor allem die Zwangsprostitution fordere Die Kritik vom Emma richtet sich allerdings nicht speziell gegen das Prostitutionsgesetz sondern gegen Prostitution als solche 5 Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 6 Mai 2009 festgestellt dass das Prostitutionsgesetz zum Schutz der Beschaftigten und nicht zur Forderung des Geschafts erlassen wurde 6 Ein Bordellbetreiber kann demnach nicht von der Bundesagentur fur Arbeit die Vermittlung von Prostituierten verlangen Novellierung Bearbeiten Hauptartikel ProstituiertenschutzgesetzIm von CDU CSU und SPD nach der Bundestagswahl 2013 ausgehandelten Koalitionsvertrag wurde eine umfassende Uberarbeitung des Prostitutionsgesetzes angekundigt In diesem Zusammenhang sollte die gesetzliche Grundlage fur Kontrollen von Prostitutionsstatten durch die Ordnungsbehorden verbessert werden Im selben Abschnitt des Koalitionsvertrags wenn auch ohne direkten rechtlichen Zusammenhang zum Prostitutionsgesetz kundigten die Regierungsparteien auch Massnahmen gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel an So sollten die Opfer besser geschutzt und entsprechende Straftater konsequenter bestraft werden Auch sollte kunftig gegen Menschen vorgegangen werden die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen 7 8 Im September 2016 wurde hierzu das Prostituiertenschutzgesetz verabschiedet mit dem eine Anmeldepflicht fur Prostituierte eine Erlaubnispflicht fur das Prostitutionsgewerbe sowie weitere Regelungen etwa eine regelmassige verpflichtende Gesundheitsberatung und eine Kondompflicht eingefuhrt wurden Literatur BearbeitenMargarete Grafin von Galen Rechtsfragen der Prostitution Das ProstG und seine Auswirkungen Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 51005 1 zugleich Bern Universitat Dissertation 2004 Christian F Majer Der Prostitutionsvertrag und die guten Sitten In Jura Studium amp Examen Ausgabe 3 2012 S 5 22 zeitschrift jse de PDF 3 5 MB Christian Friedrich Majer Sittenwidrigkeit und das Prostitutionsgesetz bei Vermarktung und Vermittlung In Neue Juristische Wochenschrift Bd 61 Nr 27 2008 S 1926 1929 Kerstin Trede Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhaltnisse der Prostituierten ProstG auf das Straf und Ordnungswidrigkeitenrecht Kovac Hamburg 2007 ISBN 978 3 8300 2618 1 zugleich Heidelberg Universitat Dissertation 2006 Weblinks BearbeitenText des Gesetzes BT Drs 16 4146 Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhaltnisse der Prostituierten PDF 584 kB vom 25 Januar 2007 Joachim Renzikowski Reglementierung von Prostitution Ziele und Probleme Eine kritische Betrachtung des Prostitutionsgesetzes PDF Berlin 2007 Frauenforschungsinstitut der Kontaktstelle fur praxisorientierte Forschung der Evangelischen Fachhochschule Untersuchung Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes Berlin und Freiburg 2005 Hydra e V 10 Jahre Prostitutionsgesetz Ein halber Schritt fuhrt nicht zum Ziel PDF Stellungnahme zum zehnjahrigen Bestehen des Prostitutionsgesetzes 1 Dezember 2011 Nicht die Huren profitieren Zehn Jahre deutsches Prostitutionsgesetz In Deutschlandfunk Hintergrund 11 Januar 2012 deutschlandfunk de Barbara Schmidt Mattern Gudula Geuther Reform des Prostitutionsgesetzes Heikle Mission im Rotlicht Milieu In Deutschlandfunk Hintergrund 26 Februar 2015 deutschlandfunk de Einzelnachweise Bearbeiten VG Berlin Urteil vom 1 Dezember 2000 VG 35 A 570 99 EuGH v 20 November 2001 Rs C 268 99 Frauenforschungsinstitut der Kontaktstelle fur praxisorientierte Forschung der Evangelischen Fachhochschule Untersuchung Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes Memento des Originals vom 30 Oktober 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www bmfsfj de S 3 Berlin und Freiburg 2005 Abgerufen von der Webseite des Bundesministeriums fur Familie Senioren Frauen und Jugend Vgl Palandt Heinrichs 138 BGB Rn 52 Appell gegen Prostitution Themenschwerpunkt auf der Webseite von Emma abgerufen am 29 Dezember 2013 focus de Arbeitsagentur muss keine Prostituierten suchen Der Koalitionsvertrag im Wortlaut 4 1 Zusammenhalt der Gesellschaft Miteinander starken In Focus Online vom 27 November 2013 abgerufen am 29 Dezember 2013 Eva Hogl Neuregelung der Prostitution in Deutschland Nicht verboten In The European vom 18 Dezember 2013 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Werk GND 7570541 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Prostitutionsgesetz amp oldid 239119212