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Die Begriffe Einwendung und Einrede bezeichnen im deutschen Zivilrecht materiell rechtliche Verteidigungsmittel des Schuldners gegen die Realisierung von Anspruchen des Glaubigers Einwendungen und Einreden bewirken dass der Anspruch entweder nicht entsteht wieder erlischt oder trotz Bestehens nicht durchsetzbar ist Inhaltsverzeichnis 1 Systematik 2 Einteilung der Einwendungen 2 1 Rechtshindernde Einwendungen 2 2 Rechtsvernichtende Einwendungen 2 3 Einreden Rechtshemmende Einwendungen 3 Beweislast 4 LiteraturSystematik Bearbeiten nbsp Systematik der Einreden im prozessualen SinnUnterschieden wird zwischen rechtshindernden rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen Rechtshindernde Einwendungen verhindern das Entstehen eines Anspruchs weil beispielsweise die Geschaftsfahigkeit 104 BGB des Gegenubers fehlt oder weil ein gesetzliches Verbot besteht 134 BGB das ein wirksames Rechtsgeschaft von vornherein verhindert Rechtsvernichtende Einwendungen bringen einen entstandenen Anspruch zum Erloschen oder verandern ihn beispielsweise durch Erfullung 362 BGB des Vertrages oder aufgrund Rucktritts 346 BGB von selbigem Rechtshemmende Einwendungen werden im materiell rechtlichen Sinne auch Einreden genannt Die Besonderheit liegt darin dass der entstandene Anspruch bestehen bleibt jedoch nicht durchgesetzt werden kann sofern sich der Schuldner darauf beruft wozu er aber nicht verpflichtet ist Als sogenannte peremptorische Einrede kann insoweit beispielsweise die Verjahrung im Sinne des 214 BGB geltend gemacht werden Peremptorisch deshalb weil sie dann zu einer dauerhaften Undurchsetzbarkeit des geltend gemachten Anspruchs fuhrt Als sogenannte dilatorische Einrede fungiert andererseits beispielsweise die zeitweilige Einrede des nicht erfullten Vertrags nach 320 BGB die lediglich ein Zuruckbehaltungsrecht gewahrt solange die vom Glaubiger geschuldete Leistung selbst noch nicht erbracht ist vorubergehende Verhinderung der Rechtsdurchsetzung Mit der zuletzt beschriebenen Einrede im materiell rechtlichen Sinne ist nicht die Einrede im prozessualen Sinne gleichzusetzen Das Zivilprozessrecht versteht unter Einrede jede Norm die einem Anspruch im Prozess entgegengehalten werden kann Gegenrecht Der prozessuale Begriff der Einrede umfasst damit nicht nur die Einwendungen des Zivilrechts einschliesslich der Einrede im materiell rechtlichen Sinne sondern auch Gegenrechte die aus dem Zivilprozessrecht stammen prozessuale Einreden Zwischen Anspruchsvoraussetzungen und Verteidigungsmitteln gegen einen Anspruch wird letztlich auch zu dem Zweck unterschieden die Beweislast zwischen Schuldner und Glaubiger sinnvoll zu verteilen Beide stehen zueinander in einem Regel Ausnahme Verhaltnis Die Anspruchsvoraussetzungen mussen stets gegeben sein damit ein Anspruch ent und bestehen kann Einwendungen und Einreden richten sich gegen den vermeintlichen Anspruch oder dessen Durchsetzung Macht der Glaubiger einen Anspruch geltend dann hat er zu beweisen dass die Voraussetzungen dieses Anspruchs vorliegen Die Voraussetzungen fur das Bestehen von Einwendungen und Einreden hat dagegen der Schuldner zu beweisen Einteilung der Einwendungen BearbeitenEinreden verschaffen dem Anspruchsgegner eine Moglichkeit sich zu verteidigen er muss sie nicht nutzen Auf die gerichtliche Kenntnisnahme von Tatsachen die dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehen kommt es nicht an vielmehr muss der Anspruchsgegner sich regelmassig ausdrucklich auf die Einrede berufen Wer beispielsweise auf Erfullung eines verjahrten Anspruchs verklagt wird hat selbst zu entscheiden ob er die Verjahrungseinrede erhebt die zur Klageabweisung fuhren wurde Im Gesetzestext sind Einreden an ihrer Formulierung zu erkennen denn das Gesetz fuhrt Begriffe an wie berechtigt oder eine Leistung verweigern Anders als die Einreden die dem Schuldner lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht geben das die Existenz des Anspruchs im Kern nicht beruhrt beseitigen rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen den Anspruch an sich Rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen entfalten ihre Wirkung kraft Gesetzes Vom Gericht mussen sie von Amts wegen berucksichtigt werden Deshalb genugt es dass das Gericht von den entsprechenden Tatsachen erfahrt um sie im Urteil zu berucksichtigen Keine Rolle spielt insbesondere ob Klager oder Beklagter sie vortragen Manche Einwendungen wirken gegen alle oder doch gegen viele Anspruche unabhangig von ihrem Entstehungsgrund Andere dagegen sind speziell auf bestimmte Anspruche abgestimmt Rechtshindernde Einwendungen Bearbeiten Rechtshindernde Einwendungen lassen einen Anspruch schon gar nicht entstehen etwa weil der zugrunde liegende Vertrag unwirksam ist Rechtsfolge ist grundsatzlich die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschafts von Anfang an ex tunc Insbesondere kommen in Betracht Geschaftsunfahigkeit 104 105 BGB bzw fehlende Deliktsfahigkeit 827 828 BGB erkannter Vorbehalt 116 S 2 BGB Scheingeschaft 117 BGB und Scherzerklarung 118 BGB Formunwirksamkeit 125 BGB z B Formmangel bei Schenkung 518 Abs 1 BGB Forderungsubergang bei einer Hypothek 1154 Abs 1 398 BGB Verstoss gegen ein Verbotsgesetz 134 BGB Sittenwidrigkeit 138 BGB Teilnichtigkeit 139 BGB Dissens 154 BGB unwirksamer Vertrag durch sich nicht deckende Willenserklarungen 157 BGB 145 ff BGB 133 BGB sonstige Mangel bei Willenserklarungen noch nicht eingetretene aufschiebende Bedingung bzw Zeitpunkt vor Beginn einer Befristung 158 Abs 1 163 BGB Rechtfertigungsgrunde 227 228 904 BGB und Schuldausschlussgrunde 827 828 gegenuber Schadensersatzanspruchen aus 823 BGB Mitverschulden 254 BGB fehlende Falligkeit 271 Abs 2 BGB Schutzvorschriften zu Allgemeinen Geschaftsbedingungen 305 ff BGB Vertrage uber kunftiges Vermogen und mit Bezug auf den Nachlass eines noch lebenden Dritten 311b Abs 2 4 BGB Vertragsstrafe fur ein unwirksames Leistungsversprechen 344 1297 Abs 2 BGB Kenntnis der Nichtschuld 814 BGB gegenuber dem Bereicherungsanspruch nach 812 Abs 1 S 1 BGB Leistung auf nicht bestehende Schuld Einwendungen des Entziehers oder Storers 863 BGB das Besitzrecht 986 BGB gegenuber dem Herausgabeanspruch nach 985 BGB Einwendung zur Duldung durch den Eigentumer 1004 Abs 2 BGB Beschrankung der Testierfreiheit 2302 BGB diverse Vorschriften aus Schutzgesetzen z B aus Kundigungsschutzgesetz Mutterschaftsschutzgesetz Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Sozialgesetzbuch Arbeitszeitgesetz Verstoss gegen hoherrangige Vereinbarungen z B aus Tarifvertrag BetriebsvereinbarungRechtsvernichtende Einwendungen Bearbeiten Rechtsvernichtende Einwendungen lassen den bereits entstandenen Anspruch erloschen Insbesondere kommen in Betracht Anfechtung 142 Abs 1 BGB Hierbei ist umstritten ob es sich bei der Anfechtung nicht um eine rechtshindernde Einwendung handelt Zwar hat die Anfechtung in Bezug auf ihre Rechtsfolge eine Ex tunc Wirkung allerdings lasst sich der entstehende Bereicherungsanspruch wegen Wegfalls des Rechtsgrundes 812 Absatz 1 Satz 2 Variante 1 BGB nur mit einer Fiktion dieser Ex tunc Wirkung erklaren was zu Widerspruchen fuhrt Deshalb liegt es nahe bei der Anfechtung eine nachtragliche Vernichtung eines entstandenen Anspruchs anzunehmen rechtsvernichtende Einwendung Es ist aber auch strittig ob bei Ruckabwicklung nach Anfechtung die condictio indebiti oder condictio ob causam finitam die richtige Anspruchsgrundlage ist weshalb diese Frage nicht abschliessend geklart werden kann Eintritt einer auflosenden Bedingung bzw Ablauf der Befristung 158 Abs 2 oder Zeitablauf 163 BGB Vertragsaufhebung oder Novation Schuldumschaffung 241 311 Abs 1 BGB Mitverschulden 254 BGB Unmoglichkeit der Leistung nach 275 Abs 1 BGB Schadensersatzverlangen nach Nachfristsetzung 281 Abs 4 BGB Storung der Geschaftsgrundlage wirtschaftliche Unmoglichkeit 313 BGB bei Dauerschuldverhaltnissen die Kundigung z B 314 568 626 671 Abs 2 BGB Rucktritt 346 ff BGB 313 Abs 1 3 BGB 323 Abs 1 324 326 Abs 5 BGB Rucktritt bei Fixhandelskauf 376 Abs 1 Satz 1 HGB vertragliches Rucktrittsrecht vgl aber 308 Nr 3 BGB Unmoglichkeit der Gegenleistung nach 326 BGB Widerruf eines Stiftungsgeschaft bis zur Anerkennung der Rechtsfahigkeit 81 Abs 3 BGB bei noch nicht zugegangenen oder gleichzeitig zugehenden Willenserklarungen 130 BGB einer Vollmacht 168 171 178 BGB bei bestimmten genehmigungspflichtigen Geschaften 109 178 BGB einer Einwilligung 183 630d Abs 3 BGB einer Schenkung 530 BGB einer Auslobung 658 BGB des Auftraggebers bzw Kundigung des Beauftragten 671 BGB einer Anweisung 790 BGB Widerrufsrecht im Verbraucherschutz 312 ff 485 495 499 510 355 ff BGB Erfullung 362 BGB Leistung an Erfullungs statt 364 BGB Hinterlegung 378 BGB Aufrechnung 389 BGB Erlass 397 BGB Abtretung 398 evt i V m 364 Abs 1 BGB Einwendungen des Schuldners gegenuber dem neuen Glaubiger 404 ff BGB Geltenlassenmussen einer Leistung des Schuldners an den fruheren Glaubiger 407 BGB vgl dann 816 Abs 2 BGB Ablauf der Ausschlussfrist bei Mangelgewahrleistungen im Reiserecht 651g Abs 1 BGB Befreiung des Burgen bei Aufgabe einer Sicherheit des Burgschaftsglaubigers an der verburgten Forderung 776 BGB Entreicherung 818 Abs 3 BGB gegenuber einem Bereicherungsanspruch die nicht gesetzlich geregelte Konfusion Ausschlussfristen Verwirkung fraglich ob nicht ahnlich zur Verjahrung rechtshemmende Einwendung 242 BGB Einwendung des Schuldners gegen den Erfullungsanspruch des Glaubigers beim Fixhandelskauf 376 Abs 1 Satz 2 HGB Einreden Rechtshemmende Einwendungen Bearbeiten Einreden lassen den Anspruch unberuhrt fortbestehen Insbesondere ist er nach wie vor erfullbar Er ist aber nicht mehr gerichtlich durchsetzbar also gehemmt Einreden die den geltend gemachten Anspruch wie etwa die Verjahrung dauerhaft hemmen heissen peremptorische Einreden Zogern sie die Durchsetzbarkeit dagegen nur heraus bezeichnet man sie als dilatorisch z B Stundung Ihre Hemmungswirkung entfalten sie erst wenn sie geltend gemacht wurden Insbesondere kommen in Betracht Verjahrung 214 BGB rechtsvernichtende Einrede gegen Rucktritt 218 BGB Rucktritt ist selbst kein Anspruch i S d Legaldefinition des 194 BGB sondern nur ein sonstiges Recht daher diese besondere Regelung sonstige rechtvernichtende Einwendungen heben Anspruche auf Gegeneinrede zur Verjahrung des Rucktritts 438 Abs 4 S 2 BGB 634a Abs 4 S 2 BGB Arglisteinrede bei verjahrten Forderungen 853 BGB Zuruckbehaltungsrechte 273 274 1000 BGB 369 HGB insb z B aus Storung der Geschaftsgrundlage 313 BGB Unzumutbarkeit des Schuldners zur Leistung faktische bzw personliche Unmoglichkeit 275 Abs 2 und Abs 3 BGB Einrede des nichterfullten Vertrags 320 322 BGB Unsicherheitseinrede 321 BGB Einrede des Schuldners zur Aushandigung der Abtretungsurkunde 410 BGB Unzumutbarkeit der Nacherfullung 439 Abs 4 BGB Einrede des Notbedarfs des Schenkers 519 BGB Einreden des Burgen 768 ff BGB die aus 242 BGB gestutzte und in 821 BGB Einrede der Bereicherung vorausgesetzte Dolo agit Einrede die Einreden des Erben etwa Erschopfungseinrede 1973 Abs 1 Satz 1 BGB Verschweigungseinrede 1974 BGB Durftigkeitseinrede 1990 1991 BGB Dreimonatseinrede 2014 BGB Einrede des Aufgebotsverfahrens 2015 BGB Stundung Einrede der Nichtvaluierung Nichtauszahlung z B eines Darlehensbetrages bei Anspruch der Duldung einer Zwangsvollstreckung einer Grundschuld nach 1192 1147 BGB Einrede der Nichtdurchsetzbarkeit z B einer Forderung bei Anspruch der Duldung einer Zwangsvollstreckung einer Grundschuld insbesondere weil die Forderung von der Grundschuld getrennt wurde vgl 1157 BGB Wird auf eine Schuld geleistet deren Durchsetzbarkeit durch eine peremptorische Einrede dauerhaft ausgeschlossen ist so kann das Geleistete nach 813 Abs 1 BGB zuruckverlangt werden wenn der Leistende die Einrede nicht kannte 814 BGB Fur den haufigsten Fall der peremptorischen Einrede gilt dies aber gerade nicht Wird auf eine verjahrte Forderung geleistet ist die Herausgabe ausgeschlossen 813 Abs 1 Satz 2 214 Abs 2 BGB Der Grund dieser Ausnahme liegt im Wesen der Verjahrung nach ihrem Eintritt soll Rechtsfrieden herrschen und ein Prozess nicht mehr stattfinden sei es auch nur ein Prozess uber die Ruckforderung des Geleisteten Beweislast BearbeitenOb ein bestimmtes Merkmal vom Gesetz zur Voraussetzung eines Anspruchs gemacht wird oder umgekehrt das Fehlen des Merkmals als rechtshindernde Einwendung ist von der Wirkung her zunachst gleich In beiden Fallen hangt die Entstehung des Anspruchs von ebendiesem Merkmal ab Der Unterschied zeigt sich aber im Prozess Wahrend derjenige der einen Anspruch geltend macht dessen tatsachliche Voraussetzungen vortragen und notfalls beweisen muss trifft die Beweislast fur die tatsachlichen Voraussetzungen der Einwendungen den Anspruchsgegner Indem das Gesetz also Tatbestandsmerkmale oder Einwendungen formuliert bestimmt es zugleich wer das Risiko tragt dass sich das Geschehen vor Gericht nicht mehr aufklaren lasst So formuliert etwa 280 Abs 1 BGB Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhaltnis so kann der Glaubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen Dies gilt nicht wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat Die doppelte Verneinung im zweiten Satz ist dabei nicht Selbstzweck sondern zeigt an dass es sich um eine rechtshindernde Einwendung handelt Das Vertretenmussen hat also nicht der Geschadigte vorzubringen und notfalls zu beweisen sondern umgekehrt der Schadiger wenn er meint er habe die Pflichtverletzung nicht zu vertreten Man sagt auch das Vertretenmussen werde widerleglich vermutet Ware dagegen formuliert so kann der Glaubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat so hatte der Geschadigte auch diese Voraussetzung zu beweisen So hat das Gesetz an anderer Stelle tatsachlich entschieden beispielsweise im Deliktsrecht bei 823 BGB Literatur BearbeitenThomas Kochendorfer Die Begrundungsbedurftigkeit der Ausubung zivilrechtlicher Gestaltungsrechte Universitat Tubingen Dissertation 2010 Cuvillier Gottingen 2010 ISBN 978 3 86955 498 3 Karl Larenz Manfred Wolf Allgemeiner Teil des Burgerlichen Rechts 9 Auflage Munchen 2004 Karin Linhart Das System der Anspruchsgrundlagen Einwendungen und Einreden in der Zivilrechtsklausur In Juristische Arbeitsblatter 2006 S 266 270 Wolfgang von Reinersdorff Zur Dogmatik des Einwendungsdurchgriffs Universitat Bonn Dissertation 1983 Duncker amp Humblot Berlin 1984 ISBN 3 428 05643 4 Herbert Roth Die Einrede des burgerlichen Rechts Universitat Munchen Habilitationsschrift 1986 Beck Munchen 1988 ISBN 3 406 33067 3 Wilhelm Weimar Anspruchsgrundlagen Einreden Einwendungen Systematik Rechtsverhaltnisse und subjektive Rechte Anspruche Anspruchskonkurrenz Einreden und Einwendungen dingliche und obligatorische Rechte Gestaltungsrechte Deutscher Sparkassenverlag Stuttgart 1969 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4151438 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Einwendung amp oldid 225215882