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Der Parketthandel auch Prasenzhandel oder Criee Handel franzosisch criee zugerufen ist an Wertpapierborsen oder Warenborsen ein traditionelles Handelsmedium bei welchem die Borsenmakler Skontrofuhrer und Borsenhandler durch gegenseitiges Zurufen und oder abgestimmte Gestik Borsengeschafte abschliessen Traditioneller Parketthandel an der New York Stock Exchange im September 1963 Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Borsenjargon 3 Geschichte 4 Kursbildung im Parketthandel 5 Parketthandel heute 6 Prasenzhandel im Einzelhandel 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenGelegentlich werden hierfur auch die Bezeichnungen Ringhandel Schweiz oder Zurufhandel englisch open outcry trading verwendet Das Kompositum Parketthandel beinhaltet das Bestimmungswort Parkett auf dem sich die Handelsteilnehmer wahrend der Handelszeit befinden Der Parketthandel findet durch die verbale Interaktion des gegenseitigen lauten Zurufs nebst unterstutzender Gestik unter den Handelsteilnehmern statt daran andern spatere Eingaben in die Handelssysteme nichts Ein Parketthandel liegt erst dann nicht mehr vor wenn die Kursbildung ausschliesslich durch elektronische Handelssysteme im automatisierten Handel erfolgt Werden hierbei die Auftragsparameter einer Wertpapierorder durch Computerentscheidungen ubernommen wodurch der Auftrag eingeleitet werden soll sowie Zeitpunkt Kurs oder Quantitat des Auftrags oder wie der Auftrag nach seiner Einreichung mit eingeschrankter oder uberhaupt keiner menschlichen Beteiligung bearbeitet wird 80 Abs 2 WpHG liegt kein Parketthandel mehr vor Borsenjargon BearbeitenBesonders die Borsenteilnehmer pflegen als Handelssprache einen Borsenjargon der in Kurzform die Kauf oder Verkaufsabsicht unterstutzt durch Gestik zum Ausdruck bringt Er breitete sich ausserhalb der Borse auch im Interbankenhandel aus Ich bin Geld zu 110 bedeutet dass der Rufende zum Kurs von 110 Euro bereit ist zu kaufen entsprechend bedeutet ich bin Brief 110 Verkaufsbereitschaft Der Kauf oder Verkauf englisch deal kommt durch die Bestatigung an Dich oder von Dir zustande Geschichte Bearbeiten nbsp Computergestutzter Parketthandel in Frankfurt 2008 nbsp Borsenparkett der New York Stock Exchange 2008Die Borse entstand als eine strengen Regeln unterworfene Institution aus dem Markt auf welchem ebenfalls durch verbale Kommunikation Handel betrieben wurde Die erste Borse entstand 1409 in Brugge vor dem Haus der Grunderfamilie van der Beurse wo abwesende Guter und Wechsel gehandelt wurden 1 Das Wort Borse leitete sich wohl vom Geldbeutel niederlandisch beurs ab Von hier aus verbreiteten sich Borsen weltweit 1540 in Frankreich Lyon franzosisch bourse und Deutschland Augsburger Borse 1571 in England London englisch exchange oder 1612 in den Niederlanden Amsterdamer Borse niederlandisch beurs Die erste kommerzielle Pariser Borse gab es im Jahre 1639 als die Funktionen von Waren und Aktienborse getrennt wurden Ein Dekret vom 2 April 1639 gab den Handlern die Bezeichnung Aktienhandler franzosisch agents de change deren amtlicher Handel die Bezeichnung Parkett franzosisch parquet erhielt 2 Seitdem wird jeder Borsensaal als Parkett und der Handel hierin als Parketthandel bezeichnet nbsp Das Parkett der CBOT im Jahre 1993Erst im Februar 1808 grundete sich die Mailander Borse italienisch borsa Nach 1820 stellte der Parketthandel die alteste Handelsinfrastruktur im deutschen Wertpapiermarkt dar wo der Handel mit Schuldscheinen und Anleihen in speziellen Borsengebauden durch personliche Anwesenheit der Marktteilnehmer und deren direkte Kommunikation stattfand Im Februar 1830 fuhrte die Borse Munchen den Aktienhandel ein der den Parketthandel durch seine Volatilitat erheblich belebte Das erste deutsche Borsengesetz vom Juni 1896 schrieb noch fur lange Zeit zwingend als Handelsort ein Parkett vor 3 Bei der im Jahre 1898 gegrundeten Chicago Mercantile Exchange CME trafen sich im Prasenzhandel englisch Open Outcry des Chicago Board of Trade die Handler bzw Broker in einer meist achteckigen und dem Parkett ahnlichen Plattform englisch Pit um die gewunschten Futures oder Optionen zu handeln Jeder einzelne Kontrakt wurde in einem gesonderten Pit gehandelt Obwohl das Treiben in den Pits von Aussenstehenden oftmals als hektisch oder ungeordnet charakterisiert wurde herrschten genaue Regeln uber die Prozedur zum Kauf oder Verkauf 4 5 Hierzu wurde ein ausgeklugeltes Verstandigungssystem entwickelt welches es den Tradern ermoglichte sich mit Handzeichen uber das ganze Pit zu verstandigen und so effektiver zu handeln Wollte ein Pit Trader kaufen zeigten die Handrucken grundsatzlich von ihm aus nach aussen den anderen Tradern entgegen Beim Verkauf zeigte seine Handflachen nach aussen den anderen Tradern entgegen Der Verkaufer rief nun dem Kaufer oder der Kaufer dem Verkaufer den Preis laut zu War der Verkaufer mit dem Preis einverstanden rief er in der Regel verkauft englisch sold Nun schrieben sich beide Handler die Handlernummer des anderen auf der Handel galt hiermit als abgeschlossen In der Mitte der Pits mit der besten Akustik sassen Angestellte der Borse und notieren die Kurse zu denen Geschafte stattfanden Dies geschah anhand der ausgerufenen Preise in Verbindung mit sold oder done Die Elektronisierung der Borse ersetzte ab 1971 zunehmend den Parketthandel weil die Computersysteme in jeder Phase des Handelsprozesses ihren Einsatz fanden 6 Die erste Automatisierungsstufe hiess computerunterstutzter Parketthandel bei dem einzelne Transaktionsphasen elektronisch unterstutzt wurden 7 Hierbei fuhrte im Februar 1971 die NASDAQ ein bildschirmgestutztes Handelssystem ein das sie zur ersten elektronischen Borse machte Es folgte der computerunterstutzte Handel danach kamen Computerhandelssysteme zum Einsatz und schliesslich folgte die Computerborse die vollig ohne Parketthandel auskommt Der deutsche Gesetzgeber erkannte den elektronischen Vertragsabschluss erst im Juli 1989 an 8 Diese Regelungen erfolgten im Borsengesetz und ermoglichten den elektronischen Borsenhandel Im Oktober 1990 berichtete das Handelsblatt dass die Computer den deutschen Borsensaal eroberten 9 Im Dezember 1995 veroffentlichte die Frankfurter Wertpapierborse eine Norminterpretierende Verwaltungsvorschrift betreffend die Regeln fur die Borsenpreisfeststellung im Prasenzhandel wobei vor allem das Meistausfuhrungsprinzip und die Preiskontinuitat zu beachten waren In der Schweiz wurde der Ringhandel im August 1996 in Osterreich der Parketthandel 1997 abgeschafft 10 Im Oktober 1998 ermoglichte in Frankfurt die Einfuhrung des Xetra Release 3 den elektronischen Handel von etwa 2000 Aktien 370 Anleihen und 28 Aktienoptionsscheinen zu Lasten des Parketthandels Er leitet die Wertpapierorders der Kreditinstitute direkt an die Borse und somit in das Orderbuch der Skontrofuhrer Das Vierte Finanzmarktforderungsgesetz vom Juli 2002 stellte die Weichen fur die elektronische Kursbildung wodurch die Bedeutung des Parketthandels zu Gunsten elektronischer Handelssysteme tendenziell abgenommen hat Nachdem die Frankfurter Wertpapierborse bereits 93 aller Wertpapiere elektronisch handelte und abwickelte wurde der Parketthandel endgultig im Mai 2011 eingestellt 11 Die Chicago Mercantile Exchange schloss zum 2 Juli 2015 ihren Parketthandel fur Futures in Chicago und New York City weil der Anteil der in dieser Form geschlossenen Kontrakte auf 1 des Handelsvolumens gefallen war 12 Optionen konnen nach wie vor auf dem Parkett der CME gehandelt werden Eine Beendigung des Optionshandels mittels open outcry trading ist derzeit Ende 2018 nicht vorgesehen 13 Kursbildung im Parketthandel BearbeitenDie klassische Form der Wertpapierorder uber einen Borsenmakler unterscheidet sich vom elektronischen Xetra Handel insbesondere dadurch dass die Kaufer selbst einen Verkaufer suchen mussen und umgekehrt Die Borsenpreise werden wahrend der Borsenzeit an einer Borse oder im Freiverkehr festgestellt 24 Abs 1 BorsG Borsenpreise mussen ordnungsmassig zustande kommen und der wirklichen Marktlage des Borsenhandels entsprechen 24 Abs 2 BorsG Nach 24 Abs 3 BorsG sind Borsenpreise und die ihnen zugrunde liegenden Umsatze den Handelsteilnehmern unverzuglich und zu angemessenen kaufmannischen Bedingungen in leicht zuganglicher Weise bekannt zu machen Zwecks Kursermittlung fuhrt der Skontrofuhrer ein Orderbuch Skontro in welchem alle Kauf und Verkaufsorders unabhangig davon ob diese Orders ein Limit aufweisen oder nicht erfasst werden 14 Nach 27 Abs 1 Borsenordnung der Frankfurter Wertpapierborse BorsO Anlage I werden Borsenpreise im Prasenzhandel durch die Skontrofuhrer in Prozent des Nennbetrags oder in Euro je Stuck festgestellt Nach 39 BorsO veroffentlicht die Geschaftsfuhrung der Borse die festgestellten Preise Die Notierung der Kassakurse ist der Einheitskurs Haben Kaufer und Verkaufer unlimitierte Auftrage oder genau diesen Einheitskurs oder einen hoheren bei Kauforders einen niedrigeren bei Verkaufsorders in ihren Orders angegeben besitzen sie einen Rechtsanspruch auf Ausfuhrung zu diesem Kurs Bei der variablen Notierung hingegen erfolgt die Kursfeststellung wahrend der Borsenzeit mehrfach sobald bestimmte Mindest Orders einen Umsatz ermoglichen Auf einen bestimmten variablen Kurs haben die Auftraggeber keinen Rechtsanspruch Bei Computerhandelsplatzen z B XETRA oder Computerborsen z B SIX Swiss Exchange werden hingegen die Auftrage ohne Rucksicht auf den Kontrahenten einfach nach Gegenpositionen abgesucht und anhand der Limits abgearbeitet Beim Xetra Handel kann es unter Umstanden dazu kommen dass ein Auftrag in mehrere Auftrage gesplittet wird ohne dass dadurch zusatzliche Kosten entstehen Der Makler fuhrt meist den gesamten Auftrag zusammen aus und ist in der Entscheidung auch unabhangig von dem elektronischen System relativ frei 15 Allerdings sind seine Tatigkeiten nicht immer transparent Parketthandel heute BearbeitenHeute ist der Parketthandel lediglich an einigen deutschen Regionalborsen vertreten Borse Berlin Borse Stuttgart und noch an einigen Warenborsen Hier sind die Handelszeiten auf dem Parkett fixiert z B von 9 00 bis 14 30 Uhr z B Light Sweet Crude Oil Futures and Options danach ist der Handelstag beendet Der nachborsliche Handel findet ausschliesslich computerisiert statt Die weltweit bedeutendste Parketthandelsborse ist die New York Stock Exchange Auch an den grossen Terminborsen Nordamerikas der NYMEX und der CBOT sowie an der Londoner Metallborse findet nach wie vor Prasenzhandel statt Trotz des Ruckgangs des Parketthandels wird heute der Begriff Parkett oft als Metapher fur die Borse schlechthin verwendet So schreiben Wirtschaftsjournalisten etwa ein Unternehmen wage den Gang aufs Parkett wenn sie uber einen Borsengang berichten Prasenzhandel im Einzelhandel BearbeitenDie Artikel Stationarer Handel Brick and Mortar und Parketthandel Prasenzhandel im Einzelhandel uberschneiden sich thematisch Informationen die du hier suchst konnen sich also auch in den anderen Artikeln befinden Gerne kannst du dich an der betreffenden Redundanzdiskussion beteiligen oder direkt dabei helfen die Artikel zusammenzufuhren oder besser voneinander abzugrenzen Anleitung Als Prasenzhandel bezeichnet man auch den Einzelhandel etwa Supermarkte Ladengeschafte oder Verkaufsautomaten wo beim Kauf die Ware sofort ubergeben werden kann sie ist im Laden prasent im Unterschied zum Versandhandel Fernabsatz und Online Handel bei denen zwischen Bestellung und Ubergabe eine Zeitspanne oft mindestens ein Arbeitstag liegt 16 Dieser Prasenzhandel heisst in der Schweiz Platzkauf Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Parkett Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Detlef Wienecke Janz Hrsg Die grosse Chronik Weltgeschichte 1204 1492 Band 9 2008 S 262 Verlag Dr Th Gabler Gabler Bank Lexikon 1988 Sp 1652 Peter Nobel Internationales Gesellschaftsrecht Einschliesslich internationales Kapitalmarktrecht Ausgabe 4 2002 S 87 The Art of Hand Signals Handels Signale 455 Kibibyte Ryan Carlson Trading Pit Hand Signals Debrouillard Group 2013 Urs Fischer Roger M Kunz Borsenhandel in Europa Fakten Trends Szenarien 2001 S 757 Norman Schenk Informationstechnologie und Borsensysteme 1997 S 3 Peter Nobel Internationales Gesellschaftsrecht Einschliesslich internationales Kapitalmarktrecht Ausgabe 4 2002 S 87 Handelsblatt vom 24 Oktober 1990 Personal Computer erobern den Borsensaal Dirk Glebe Borse verstehen 2008 S 102 f Frankfurter Rundschau vom 20 Mai 2011 Frankfurter Borse Klassischer Parketthandel endet Nikolaus Piper Es wird still im Pit in Suddeutsche Zeitungvom 2 Mai 2015 S 25 CME Group Trading Hours Bjorn Lorenz Petr Knobloch Detlef Heinzel Modernes Risikomanagement 2002 S 46 Wirtschaftslexikon Gabler elektronisches Orderbuch Stephan Jager Absatzsysteme fur Mass Customization 2004 S 164Normdaten Sachbegriff GND 4187988 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Parketthandel amp oldid 232475292