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Ein elektronisches Handelssystem in der Umgangssprache Computerborse ist im Borsen und OTC Handel ein multilaterales System das die Interessen einer Vielzahl von Wirtschaftssubjekten am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nicht diskretionaren Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt die zu einem Vertrag uber den Kauf dieser Finanzinstrumente fuhrt Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Fortlaufender Handel 3 Auktionen 4 Rechtsfragen 5 Wirtschaftliche Aspekte 6 International 7 Siehe auch 8 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenIm Gegensatz zum rucklaufigen Parketthandel ist beim elektronischen Handelssystem keine visuelle Interaktion und Kommunikation zwischen den Marktteilnehmern Borsenhandler Market Maker Skontrofuhrer und Spezialisten erforderlich An Computerborsen kommen die Geschaftsabschlusse durch elektronisch gesteuerte Zusammenfuhrung von Kauf und Verkaufsorders zustande 1 Das elektronische Handelssystem fuhrt Transaktionen von Effekten Aktien Anleihen Investmentzertifikate an Wertpapierborsen oder Commodities an Waren oder Energieborsen automatisch aus sobald zusammenpassende Kauf und Verkaufsangebote vorliegen englisch matching Computerborsen sind daher auch nicht ortsgebunden und gelten als Handelsplatz Die erste vollelektronische Borse Deutschlands war die im Januar 1990 in Betrieb genommene Deutsche Terminborse DTB In Deutschland existieren heute die elektronischen Handelsplattformen Xetra Xitaro ehemals Xontro und Tradegate fur den Kassamarkt sowie Eurex fur den Terminmarkt Die fuhrende Plattform fur Energie und Commodityhandel in Europa ist Trayport Uber elektronische Handelssysteme verfugen jedoch nicht nur Borsen sondern auch grosse Finanzbroker wie ICAP GFI oder Tullett Prebon 2 Man unterscheidet zwei grundsatzliche Formen des Wertpapierhandels die uber elektronische Handelssysteme getatigt werden Dies sind der fortlaufende Handel und die Auktion Fortlaufender Handel BearbeitenIm fortlaufenden Handel continuous trading werden zu jedem Zeitpunkt fortlaufend Preise festgestellt zu denen im Augenblick bestmoglich gekauft oder verkauft werden kann und es wird jedes Mal ein neuer aktueller Marktpreis festgestellt wenn sich ein Kauf und ein Verkaufsauftrag ausfuhrbar gegenuberstehen und ausgefuhrt werden Das elektronische Handelssystem registriert die eingegebenen Kauf und Verkaufsauftrage und ubertragt sie in ein elektronisches Orderbuch Hierin sind alle Auftrage nach Produkt Kauf oder Verkauf Menge Preis und Eingangszeitpunkt registriert was fur das spatere Zusammenfuhren englisch matching von Bedeutung ist Sobald im Orderbuch der Auftrag eines Handelsteilnehmers erfasst wird weist ihm das elektronische Handelssystem einen Zeitstempel und eine Transaktionsnummer zu Uber die erfolgreiche Aufnahme in das Orderbuch wird jeder betroffene Handelsteilnehmer systemseitig informiert 3 Auftrage werden weiterhin nach Limitorders Auftrag mit Preislimit und Market Orders Auftrag zum bestmoglichen Kauf oder Verkauf unterschieden 4 Ausfuhrbare Auftrage werden soweit moglich sofort bei Eingang der Order automatisch ausgefuhrt Das Orderbuch fur das Produkt X enthalt also nur Auftrage die im Augenblick nicht ausfuhrbar sind und sieht somit beispielsweise vereinfacht wie folgt aus Produkt XKaufgebote VerkaufsgeboteEingangszeitpunkt Menge Preis Preis Menge Eingangszeitpunkt07 15 3 15 60 16 5 07 0507 20 5 15 60 16 20 4 07 0007 05 10 15 20 16 20 3 07 0506 00 1 15 10 16 30 1 06 30Im Moment ist kein Auftrag ausfuhrbar denn das billigste Verkaufsangebot ist 16 wahrend die Kaufer nur hochstens 15 60 pro Wertpapier X zahlen mochten Die Auftrage stehen in der Reihe ihrer Ausfuhrung Preislich bessere Angebote stehen weiter oben bei gleichem Preis entscheidet der Eingangszeitpunkt Die Differenz zwischen den beiden im Augenblick besten Angebotspreisen nennt man Bid Ask Spread oder auch Brief Geld Spanne Je niedriger sie ist desto liquider ist der Markt 5 Fur den Handler der Zugang auf das Handelssystem hat erscheint zu dem Produkt X die Information dass er im Augenblick zum Preis 15 60 verkaufen kann bestes stehendes Kaufgebot und zum Preis 16 kaufen kann bestes stehendes Verkaufsgebot Beide Geschafte kann er jetzt mit einem Mausklick realisieren Moglich ist aber auch einen weiteren im Augenblick nicht ausfuhrbaren Auftrag ins Orderbuch einzutragen Beispielsweise konnte der Handler der Meinung sein dass der Preis bestimmt in der nachsten Stunde steigt und somit ein Verkaufsgebot fur 17 einstellen Im Augenblick wurde dies ganz unten im Orderbuch stehen aber nach Abarbeitung der vorstehenden Orders konnte es sein dass sein Auftrag zu einem spateren Zeitpunkt oben steht Interessanter wird es wenn der Handler jetzt einen ausfuhrbaren Auftrag einstellt zum Beispiel eine Market Order dass er zum aktuell bestmoglichen Preis 6 Stuck kaufen mochte Dieser Auftrag wird nun von dem Handelssystem sofort bestmoglich ausgefuhrt Er erhalt 5 Stuck zu 16 und 1 Stuck zu 16 20 Das an erster Stelle stehende Verkaufsgebot ist ausgefuhrt und verschwindet aus dem Orderbuch Das zweite Verkaufsgebot ist teilausgefuhrt die Menge verringert sich auf 3 Dasselbe passiert wenn er eine ausfuhrbare Limitorder einstellt sie wird bestmoglich ausgefuhrt das heisst er erhalt den gleichen Preis wie bei der Marketorder solange sein Limit uber diesem Preis lag sonst landet die Order im Orderbuch und wartet auf Ausfuhrung Der erzielte Preis wird als letztgehandelter Preis angezeigt Der Vergleich mit dem letztgehandelten Preis dient auch der Uberwachung der Kurskontinuitat Grosse Kurssprunge gelten als Indikatoren fur Fehleingaben oder Borsenpaniken denen mit geeigneten Schutzmassnahmen gegengesteuert werden muss 6 Wahrend des fortlaufenden Handels ist das Orderbuch im Regelfall offen das heisst alle Orders sind kumuliert Zusammenfassung gleichlautender Orders zum jeweiligen Limit sichtbar Mochte der potentielle Kaufer im Beispiel oben mehr als 5 Einheiten erwerben so steigt fur ihn der Preis Fur der Verkaufer sinkt der Preis sobald er mehr als 8 Einheiten verkaufen mochte Wie gross die Menge ist die noch zu einem Preis gehandelt werden kann der dem gerade geltenden Marktpreis sehr ahnlich ist bezeichnet man als Markttiefe Der laufende Handel erzeugt so uber den Tag immer neue Preisinformationen die fur Preistrends und Beurteilung von Volatilitaten ausgewertet werden konnen Bei leeren Orderbuchern ist der laufende Handel problematisch Einzelne Orders erzielen dann einen zufalligen und moglicherweise unfairen Preis Somit werden in der Regel fur jedes handelbare Produkt sogenannte Market Maker verpflichtet die verbindlich jederzeit fur ihr Produkt An und Verkaufspreise sogenannte Quotes mit einem vereinbarten maximalen Spread stellen Auktionen BearbeitenFur den Handel weniger liquider Produkte ist der laufende Handel nicht geeignet Hier ist es besser Liquiditat das heisst moglichst viele Auftrage in einer Auktion zu sammeln Bei Auktionen werden zunachst Kauf und Verkaufsorders in einer Vorlaufphase gesammelt zum Auktionstermin werden dann durch das elektronische Handelssystem diejenigen Kauf und Verkaufsorders nach dem Meistausfuhrungsprinzip zu einem einheitlichen Borsenkurs zusammengefuhrt bei dem der grosste Umsatz mit dem geringsten Uberhang auf der Kauf Nachfrageuberhang oder Verkaufsseite Angebotsuberhang gehandelt wird Kursfeststellung zum Gleichgewichtspreis Das Orderbuch ist bei diesen Auktionen geschlossen d h die Gebote anderer Marktteilnehmer sind nicht sichtbar 7 Es gibt teilweise Start und Endauktionen zu Beginn und zum Abschluss des laufenden Handels um diesen mit einem belastbaren Preis zu beginnen und zu enden 8 In der Stundenauktion der European Energy Exchange erfolgt eine Ausfuhrung zum Market Clearing Price das heisst aus Verkaufs und Kaufgeboten wird ein marktraumender Preis ohne Uberhange ermittelt 9 Rechtsfragen BearbeitenElektronische Handelssysteme gehoren zu den Organisationsmitteln einer Borse Nach 16 Abs 1 Nr 2 BorsG muss die Borsenordnung BorsO unter anderem Bestimmungen enthalten uber die Organisation der Borse Die Borsengeschaftsfuhrung muss einzelnen Handelsteilnehmern wie Kreditinstituten Market Makern Designated Sponsoren oder Skontrofuhrern Zugang zum Handelssystem durch Zulassung verschaffen Nach 32 Abs 1 BorsO FWB teilt die Frankfurter Borse jedem Unternehmen fur den Zugang zur Borsen EDV mindestens eine Benutzerkennung und ein Passwort zu die ausschliesslich durch das jeweilige Unternehmen genutzt werden durfen Die Handelsteilnehmer sind gemass 121 Abs 1 BorsO FWB verpflichtet die Borsen EDV nach Massgabe der borsenrechtlichen Vorschriften zu nutzen damit ein ordnungsgemasser Borsenhandel und eine ordnungsgemasse Borsengeschaftsabwicklung sichergestellt ist Nach 87 BorsO FWB werden die Borsenkurse durch das elektronische Handelssystem ermittelt Handelsteilnehmer insbesondere Banken konnen entweder im eigenen Namen auf eigene Rechnung handeln sogenannter Eigenhandel oder Kauf und Verkaufsauftrage ihrer Kunden auf deren Rechnung abwickeln Gemass 39 BorsO FWB darf unter bestimmten Voraussetzungen auch algorithmischer Handel betrieben werden Die Richtlinie 2014 65 EU uber Markte fur Finanzinstrumente definiert in Art 4 Nr 39 den algorithmischen Handel als den Handel mit einem Finanzinstrument bei dem ein Computeralgorithmus die einzelnen Auftragsparameter automatisch bestimmt z B ob der Auftrag eingeleitet werden soll Zeitpunkt Preis bzw Quantitat des Auftrags oder wie der Auftrag nach seiner Einreichung mit eingeschrankter oder gar keiner menschlichen Beteiligung bearbeitet werden soll unter Ausschluss von Systemen die nur zur Weiterleitung von Auftragen zu einem oder mehreren Handelsplatzen zur Bearbeitung von Auftragen ohne Bestimmung von Auftragsparametern zur Bestatigung von Auftragen oder zur Nachhandelsbearbeitung ausgefuhrter Auftrage verwendet werden Elektronische Handelssysteme gelten als automatisierter Handel der in 80 WpHG geregelt ist Wirtschaftliche Aspekte BearbeitenReine Computerborsen sind Borsen bei denen der Borsenhandel ausschliesslich uber elektronische Handelssysteme abgewickelt wird wie etwa bei der European Energy Exchange Eine vollelektronische Borse wickelt die Annahme von Orders Orderfuhrung Preisfeststellung Orderausgleich sowie alle nachfolgenden Abwicklungs Informations und Uberwachungsroutinen ab 10 Findet daneben im geringer werdenden Umfang auch noch Parketthandel statt so handelt es sich nicht um Computerborsen im engeren Sinn International BearbeitenDie an die NASDAQ angeschlossenen sekundaren elektronischen Handelssysteme bezeichnet man als Electronic Communication Networks ECNs Weiterhin existiert in den USA noch das ausserborsliche OTC Bulletin Board Siehe auch BearbeitenXitaroEinzelnachweise Bearbeiten Alpmann Brockhaus Fachlexikon Recht 2005 S 286 FAQs zur Energie und Finanzmarktregulierung Abgerufen am 17 September 2021 Mike Rinker Vertragsschluss im borslichen elektronischen Handelssystem 2003 S 43 Ordertypen Abgerufen am 17 September 2021 Was ist der Bid Ask Spread Abgerufen am 17 September 2021 Schutzmassnahmen Abgerufen am 17 September 2021 Meistausfuhrungsprinzip Abgerufen am 17 September 2021 Fortlaufender Handel mit Auktionen Abgerufen am 17 September 2021 EUPHEMIA Public Description Abgerufen am 18 September 2022 Wolfgang Gerke Computerborse fur den Finanzplatz Deutschland in Die Betriebswirtschaft Nr 6 1993 S 728 f Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Elektronisches Handelssystem amp oldid 235793488