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Als Plaggendungung auch Plaggenwirtschaft oder Eschkultur bezeichnet man eine heute nicht mehr angewendete Form der Bewirtschaftung von leistungsschwachen Boden die vor allem in Norddeutschland und den angrenzenden Gebieten mindestens seit der Eisenzeit 1 bis zur industriellen Revolution verbreitet war Dabei wurden Heide und Waldboden abgetragen Plaggen und im Stall als Einstreu genutzt Die mit tierischen Ausscheidungen angereicherten Einstreuboden wurden wieder ausgebracht und auf den Feldern als Dunger eingesetzt Die Besenginsterheide in der Eifel entstand durch Wechselwirtschaft mit Plaggendungung Inhaltsverzeichnis 1 Grunde fur die Plaggendungung 2 Verbreitung 3 Plaggengewinnung 4 Dungung der Esche 5 Flachendegradierung und Heidewirtschaft 6 Das Ende der Plaggendungung 7 Ahnliche Formen 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGrunde fur die Plaggendungung BearbeitenVor der Einfuhrung mineralischer Handelsdunger litt der Ackerbau auf den Sandboden der norddeutschen Geest und angrenzender Gebiete unter einem Mangel an Dungestoffen Man behalf sich durch den Auftrag von anderswo abgetragenem Heide oder Waldboden auf die ackerbaulich genutzten Flachen den sogenannten Eschfeldern Plaggenesch Begonnen wurde die Plaggendungung im engeren Sinne in den meisten Gebieten sehr plotzlich in der Mitte des 10 Jahrhunderts wohl unter dem Druck starker Grundherren Vor dem 10 Jahrhundert wurde wahrscheinlich meist eine Rotationswirtschaft mit Sommergerste Hulsenfruchten und Lein angebaut was im Gegensatz zum Ewigen Roggenanbau Einfeldwirtschaft eine bessere Regeneration der Acker ermoglicht hatte und damit eine Plaggen Dungung unnotig machte Verbreitung BearbeitenDas hauptsachliche Verbreitungsgebiet der Plaggenwirtschaft lag in Oldenburg Osnabrucker Land Ostfriesland und dem Emsland sowie den angrenzenden niederlandischen Provinzen also Gebieten der sandigen unfruchtbaren Altmoranenboden Hier erreichen die Eschboden ihre grosste Machtigkeit von zum Teil uber 1 m In geringerer Dichte und mit geringerer Machtigkeit der Esche wurde die Plaggendungung allerdings in einem weit grosseren Raum durchgefuhrt Plaggenboden treten im Suden bis in den belgischen Raum das Ruhrgebiet Braunschweig und die Altmark im Norden bis Jutland hin auf Plaggengewinnung Bearbeiten nbsp Plaggenstecher in der SenneDer erste Schritt der Plaggendungung war die Plaggengewinnung Hierfur musste der oberste humose Bereich eines Bodens zusammen mit Teilen der darauf befindlichen Vegetation manuell abgetragen werden Plaggenstechen Plaggenhieb Die Plaggen wurden den umliegenden haufig in Gemeinbesitz Allmende Gemeines Land befindlichen Flachen entnommen Dies waren meist Heiden Heideplaggen Teilweise stammten sie auch aus Waldern Waldplaggen seltener von Wiesen Rasenplaggen Das Plaggenstechen war eine zeitaufwendige und schwere Arbeit Dungung der Esche BearbeitenDie Plaggen wurden als Einstreu an Stelle von oder in Kombination mit Stroh im Stall genutzt verkompostiert und schliesslich auf die Acker ausgebracht Zusammen mit dem Mist und Kuchenabfallen bildete das Material einen organischen Dunger Seltener erfolgte auch eine direkte Aufbringung von Plaggen auf die Felder ohne die Verwendung als Einstreu Meist wurden immer die gleichen Flachen geplaggt Da Plaggen vor allem aus Boden bestehen hatten sie einen hohen mineralischen Anteil Somit wuchsen die geplaggten Felder Plaggenesche mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Millimeter pro Jahr in die Hohe und zeichnen sich zum Teil bis heute durch ein manchmal uber 1 m erhohtes Bodenniveau mit abrupten Hohenanderungen an den Randern den Eschkanten aus Uber lange Zeit geplaggte Flachen haben ausserdem stark erhohte Humusgehalte von bis zu 7 Gew und sehr hohe Phosphorgehalte Heute erreichen Plaggenboden Bodenwertzahlen von 30 bis 40 und damit um das Doppelte hohere als der ursprungliche Boden Das hohe Bodenniveau begunstigte zudem die Entwasserung Auf den Eschfeldern wurde meist Dauerfeldbau mit Winterroggen betrieben Diese Wirtschaftsform wird auch als Ewiger Roggenanbau bezeichnet da teilweise uber 20 Jahre in Ausnahmefallen sogar uber 40 Jahre auf einem Feld Jahr fur Jahr ohne Unterbrechung durch Brache oder Fruchtwechsel Roggen angebaut wurde Flachendegradierung und Heidewirtschaft BearbeitenDie Plaggenwirtschaft bewirkte auf den gedungten Flachen eine deutliche Verbesserung der Bodeneigenschaften Auf den Flachen der Plaggengewinnung die oft uber Jahrzehnte oder Jahrhunderte so genutzt wurden hatte sie aber verheerende Auswirkungen Die regelmassig entplaggten Boden waren von einer gravierenden Bodendegradierung betroffen Kurz nach dem Abplaggen waren sie ohne schutzende Pflanzendecke der Winderosion ausgeliefert Verwehungen mit Flugsanden und sogar Dunenbildung waren die Folge Die Regeneration abgeplaggter Flachen dauerte 20 bis 40 Jahre Dieser Zeitraum wurde aber in der Regel nicht eingehalten wodurch die Erosionsschaden und die Verarmung schnell fortschritten Durch die Fehl und Ubernutzung entstanden auf weiten Flachen vollig verarmte Heidelandschaften die nur noch extensiv genutzt werden konnten und sich bis heute nicht zur Landwirtschaft eignen In der Heide bildete sich die unfruchtbare Endstufe der Bodenentwicklung der Podsol In der Spatzeit der Heidebauernwirtschaft waren vermutlich nur noch etwa ein Drittel der Heideflachen als Schafweiden geeignet der Rest war mehr oder weniger durch die Plaggengewinnung verwustet und bestand aus teilweise offenen Sanden Das Ende der Plaggendungung BearbeitenDie Plaggengewinnung wurde in Nordwestdeutschland Jutland und in den ostlichen Niederlanden bis in die Mitte des 19 Jahrhunderts teilweise bis in die 1930er Jahre auf ackerbaulich nicht genutzten Flachen durchgefuhrt Mit dem Aufkommen mineralischer Dungemittel wurde diese arbeitsintensive Methode uberflussig und in kurzester Zeit aufgegeben Ahnliche Formen Bearbeiten Konzentrationswirtschaft bei der Pflanzennahrstoffe aus siedlungsfernen Arealen bewusst entnommen und auf Ackerfluren ausgebracht wurde wurde auf nahrstoffarmen Boden bereits in der Jungsteinzeit betrieben So wurde in der Eisenzeit auf der Halbinsel Eiderstedt Schlick aus dem nahen Watt auf die Felder aufgebracht Auch auf die sogenannten Celtic Fields wurde in grossem Umfang Boden aufgetragen Im Mittelalter kannte man in der Eifel dem Sauerland und dem ubrigen Rheinischen Schiefergebirge eine abgewandelte Form der Plaggendungung Auf den als Allmende genutzten Grunflachen wurde der Boden in grosseren Zeitabstanden abgeplaggt und gemeinsam mit gleichfalls entfernten Strauchern verbrannt Die Asche wurde dann auf den Ackerparzellen aufgebracht um fur einen Zeitraum fur zwei bis drei Jahre ackerbaulich genutzt zu werden Diese Feld Heide Wechselwirtschaft liess eine Form der Heide entstehen die man als Besenginsterheide bezeichnet Literatur BearbeitenKarl Ernst Behre Zur mittelalterlichen Plaggenwirtschaft in Nordwestdeutschland und angrenzenden Gebieten nach botanischen Untersuchungen In Heinrich Beck Dietrich Denecke Herbert Jankuhn Hrsg Untersuchungen zur eisenzeitlichen und fruhmittelalterlichen Flur in Mitteleuropa und ihrer Nutzung Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Nr 116 2 Teil Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1980 ISBN 3 525 82396 7 S 30 44 Helmut Jager Bodennutzungsysteme Feldsysteme der Fruhzeit In Heinrich Beck Dietrich Denecke Herbert Jankuhn Hrsg Untersuchungen zur eisenzeitlichen und fruhmittelalterlichen Flur in Mitteleuropa und ihrer Nutzung Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Nr 116 2 Teil Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1980 ISBN 3 525 82396 7 S 197 228 Helmut Kroll Vorgeschichtliche Plaggenboden auf den nordfriesischen Inseln In Heinrich Beck Dietrich Denecke Herbert Jankuhn Hrsg Untersuchungen zur eisenzeitlichen und fruhmittelalterlichen Flur in Mitteleuropa und ihrer Nutzung Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Nr 116 2 Teil Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1980 ISBN 3 525 82396 7 S 22 29 Wilhelm von Laer Plaggendungung oder Mergel Munster 1865 ULB Munster Fritz Scheffer Der Boden ein dynamisches System In Heinrich Beck Dietrich Denecke Herbert Jankuhn Hrsg Untersuchungen zur eisenzeitlichen und fruhmittelalterlichen Flur in Mitteleuropa und ihrer Nutzung Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen Philologisch Historische Klasse Folge 3 Nr 116 2 Teil Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1980 ISBN 3 525 82396 7 S 7 21 Weblinks BearbeitenPlaggenwirtschaft in den Wacholderheiden der Osteifel Plaggenwirtschaft und Plaggenboden in WestfalenEinzelnachweise Bearbeiten Till Kasielke Spatquartare Landschaftsentwicklung im oberen Emscherland Dissertation vorgelegt am Geographischen Institut Fakultat fur Geowissenschaften der Ruhr Universitat Bochum 2014 S 166 Online verfugbar PDF Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Plaggendungung amp oldid 219783768