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Die Pferdekopfe seltener auch Kopfe anderer Tierarten auch als Hengst und Hors 1 oder Rossgoschen 2 bezeichnet sind eine an niederdeutschen Hallenhausern haufig zu findende Verzierung der Windbretter am Giebel des Daches Die Bretter sind etwa einen halben Meter uber den Dachfirst herausgezogen und kreuzen sich in Form eines Schragens Giebelschmuck in der Wedemark bei HannoverGiebelschmuck mit Pferdekopfen im Historischen Museum Hannover Inhaltsverzeichnis 1 Praktische Funktion 2 Gestaltung 3 Geschichte und Symbolik 4 Verbreitung 5 Verwendung als Wappensymbol 5 1 Genossenschaften 5 2 Beispiele als Wappenfigur 5 3 Beispiele als Symbol 6 Andere Giebelfiguren 7 Siehe auch 8 Weblinks 9 EinzelnachweisePraktische Funktion BearbeitenOben am Giebel des Hauses befand sich traditionell oft eine Offnung das Eulenloch Durch diese Offnung konnte der Rauch des Herdes abziehen und es konnten Eulen zum Mausefangen auf den Dachboden herein Das Dach war traditionell mit Stroh seltener mit Reet gedeckt Um die Kanten First Grat des Stroh oder Reetdaches vor dem Ausfransen durch Windboen zu schutzen wurden sie oft mit Windbrettern auch Windfedern eingefasst Am Eulenloch wurden die Windbretter oft uber die Spitze hinausgezogen um Verzierungen anzubringen Ob die Windbretter auch der Reduzierung von Windgerauschen dienten ist unklar 3 Gestaltung Bearbeiten nbsp Variante mit nach innen blickenden Pferdekopfen in EscheburgIn ihrer einfachsten Form wurden aus den Windbrettern zwei einfache stilisierte Pferdekopfe ausgesagt oder geschnitzt die entweder einander zugewandt oder abgewandt waren Je nach Geschick und Ambition des Zimmermannes wurden die Kopfe plastisch modelliert die Mahne und das Zaumzeug der Pferde entsprechend fein ausgearbeitet und die Pferde wurden mit anderen Symbolen Vogel Baume Blumen Eichenlaub Sterne Sonnenrader Herzen geschmuckt Manchmal waren die Giebelbretter derart verschnorkelt dass sie kaum noch als Pferde zu erkennen waren Geschichte und Symbolik Bearbeiten nbsp Bauernhaus mit gekreuzten Pferdekopfen in Walle bei Braunschweig 1892Die Symbolik hinter den Pferdekopfen ist nicht klar uberliefert Der Volksglaube kennt verschiedene Deutungen die sich aber historisch nicht schlussig belegen lassen 4 3 Auch ist unklar wie weit die Tradition dieses Giebelschmuckes zuruckreicht Es gibt Anzeichen dass die Kopfe deutlich junger sind als es die verbreitete Deutung als heidnisch germanisches Symbol glauben machen will In der Heimatbewegung insbesondere im Nationalsozialismus wurde diese Herkunft verherrlicht und verklart Tatsachlich gibt es aber aufgrund des Materials und der Witterungseinflusse an exponierter Stelle keine eindeutigen Belege fur eine Verbreitung als Giebelschmuck die wesentlich alter als 400 Jahre ist Ein eindrucksvolles Beispiel fur die Verbreitung im 16 Jahrhundert in Norddeutschland ist die Rolle des Vicke Schorler die zahlreiche so verzierte Giebel an den Hausern der Nachbardorfer von Rostock zeigt Wesentlich altere Quellen mit Darstellungen von Hauszeichen werden von Richard Wolfram 5 genannt Insbesondere geht er auf den Teppich von Bayeux aus dem 11 Jahrhundert ein auf dem zahlreiche unterschiedliche Hauszeichen im Dachbereich dargestellt sind Der alteste zitierte Fund beschreibt Giebelbretter mit pferdekopfahnlicher Gestaltung in der latenezeitlichen 5 1 Jahrhundert v Chr Siedlung Wallburg Altenburg im Hunsruck Quellen berichten dass es in Norddeutschland noch im 16 Jahrhundert Sitte gewesen sein soll zur Gefahrenabwehr echte Pferdekopfe auf Stangen neben einem Haus aufzustellen Einige Volkskundler wenden dabei ein dass ursprunglich Abbildungen aller moglichen Arten von tierischen und menschlichen Fratzen siehe auch Neidkopf zur Gefahrenabwehr an Hausern angebracht wurden In einigen norddeutschen Gebieten habe sich die Sitte dann zunehmend auf Pferdekopfe eingeengt So heissen diese Pferdekopfe als Giebelschmuck in Mecklenburg heute noch Muulapen Maulaffen 6 In Niedersachsen war und ist das Pferd das mit Abstand am haufigsten verwendete Tiersymbol Dies ist wohl vor allem darauf zuruckzufuhren dass das Sachsenross das Wappentier der welfischen Herzoge ist Die altere Forschung ging von einer Verwendung als Wappentier bereits in vorchristlicher Zeit aus Heute ist diese Deutung jedoch uberholt da eine Verwendung des Pferdes als Heerzeichen o a bei den Altsachsen nicht zu belegen ist Auch die Symbolik hinter der Blickrichtung der Pferde nach innen oder nach aussen und der Anzahl der Zugel ist unklar 4 Im Volksglauben sind verschiedene Deutungen verbreitet die sich aber allesamt nicht historisch oder statistisch belegen lassen 7 Verbreitung Bearbeiten nbsp Verbreitung des Hallenhauses an Nord und Ostsee nbsp Traditioneller Giebelschmuck in Mecklenburg VorpommernDas grosste Verbreitungsgebiet ist Norddeutschland und beginnt im Westen in den niedersachsischen Einflussgebieten der Niederlande und in Westfalen Von dort erstreckt es sich uber Friesland das Alte Land und Luneburg in Niedersachsen uber Holstein 8 Mecklenburg und Pommern bis Ostpreussen Das Verbreitungsgebiet wird insbesondere im Westen durch Einsprengsel mit Giebelpfahlen Westfalen Hannover Schwaanengiebeln Friesland Hinkklauen holsteinische Elbmarschen und ornamental aufgelosten Hauszeichen Altes Land unterbrochen Auch in Skandinavien dem Baltikum und Polen sind diese Hauszeichen in den angrenzenden Gebieten anzutreffen In Mitteldeutschland sind bzw waren Pferdekopfgiebel vereinzelt im Westerwald im Siegerland und in Thuringen vorhanden Ein weiteres grosses Verbreitungsgebiet befindet sich in Teilen von Osterreich Niederosterreich Tirol und den angrenzenden Gebieten in Oberbayern Tschechien Sudbohmen der Schweiz Engadin aber auch in noch oder einst deutschbesiedelten Gebieten in Norditalien und Sudosteuropa Auch in Nordrussland sind ahnliche Konstruktionen weit verbreitet 9 In England und in den romanischen Landern kommen diese Hauszeichen dagegen nicht vor 5 Verwendung als Wappensymbol BearbeitenInsbesondere in neuerer Zeit ab Anfang des 20 Jahrhunderts hielten die gekreuzten Pferdekopfe im Rahmen der Heimatbewegung Einzug in die Heraldik Viele Gemeinden verwendeten die gekreuzten Giebelbretter im Wappen als Zeichen einer vermeintlich germanischen oder altsachsischen Tradition Als gemeine Figur werden zwei Bretter gekreuzt die an ihren oberen zum Schildhaupt zeigenden Enden uberwiegend in stilisierte Pferdekopfe auslaufen Diese konnen auswartsgekehrt abgewendet oder zugewendet sein das heisst sie blicken nach rechts und links oder sehen sich an Es sind auch andere Enden der gekreuzten Bretter moglich Alle heraldischen Farben konnen angewendet werden Genossenschaften Bearbeiten Die Pferdekopfe sind auch das Markenzeichen der Raiffeisen Genossenschaften Die Raiffeisengenossenschaften insbesondere die Raiffeisenbanken in Deutschland Osterreich und Sudtirol verwenden ein stilisiertes Giebelkreuz aus gekreuzten Pferdekopfen als ihr Markensymbol In Deutschland gibt es seit 2002 ein gemeinsames Logo von Volksbanken und Raiffeisenbanken das aus einem halben Volksbanklogo und einem halben Giebelkreuz zusammengesetzt ist Nach einer Eintragung auf der Internetseite der Raiffeisenzentralbank Osterreich wurde dieses Schutzzeichen deshalb eingefuhrt weil es Schutz und Sicherheit fur die Mitglieder symbolisiert 10 Das Giebelkreuz war in Deutschland seit 1935 als einheitliches Markenzeichen von Raiffeisen gebrauchlich Laut einem Bericht der Oberosterreichischen Raiffeisenlandesbank haben es die osterreichischen Raiffeisengenossenschaften zwischen 1942 und 1944 eingefuhrt 11 Beispiele als Wappenfigur Bearbeiten nbsp Abbensen nbsp Bad Fallingbostel nbsp Hamm Sieg Geburtsort von F W Raiffeisen nbsp Kehdingbruch nbsp Landkreis Nienburg Weser nbsp Rullstorf nbsp Wipshausen nbsp Ilgakiemis Litauen nbsp Buchholz in der NordheideBeispiele als Symbol Bearbeiten nbsp Logo des Deutschen Raiffeisenverbandes nbsp Logo des Osterreichischen Raiffeisenverbandes nbsp 3 Panzerdivision Bundeswehr Andere Giebelfiguren BearbeitenAus dem Alten Land sind gekreuzte Schwanenhalse bekannt 12 aus dem Spreewald gekreuzte Schlangen 13 Das Wappen des danischen Amtsbezirks Vestsjaellands Amt enthalt zwei Basiliskkopfe in dieser Anordnung Allgemein wurden Giebelbretterenden seit der Gotik auch mit Giebel First oder Kreuzblume verziert 14 nbsp Jork Details Schwane nbsp Vestsjaellands Amt danisch Siehe auch BearbeitenDachschmuck Sachsenross Verzierungen am niederdeutschen Hallenhaus Wetterhahn Windbrett HinkklaueWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Pferdekopfegiebel Sammlung von Bildern nbsp Commons Pferdekopfewappen Sammlung von Bildern Kirsten Reinhardt Warum haben die Niedersachsen Pferdekopfe am Dach In Tagesspiegel 27 Marz 2006 archiviert vom Original abgerufen am 10 Marz 2023 Einzelnachweise Bearbeiten Die Welt der Giebelzeichen Freddie Bijkerk Stralsund August 2006 Memento vom 6 Dezember 2015 im Internet Archive PDF 332 kB Das grosse Kunstlexikon von P W Hartmann Pferdekopfe gekreuzte Memento vom 15 Dezember 2009 im Internet Archive a b Walderlebniszentrum Ehrhorn No1 Pferdekopfe als Giebelschmuck Memento vom 18 Oktober 2007 im Internet Archive a b Deutungsversuche der Pferdekopfe Historikhaus de a b Richard Wolfram Die gekreuzten Pferdekopfe als Giebelzeichen Verlag A Schendl Wien 1968 Chr Petersen Die Pferdekopfe auf den Bauernhausern besonders in Norddeutschland In Jahrbucher fur die Landeskunde der Herzogthumer Schleswig Holstein und Lauenburg Band 3 Kiel 1860 S 220 f Digitalisat Volltext Stellenangabe muulapen niederdeutsch gaffen Fachwerk de Pferdekopfe an Fachwerkhausgiebeln Hans Menzel Brauttur und Wappenbild Kerbholz und gekreuzte Pferdekopfe Veroffentlichungen des Freilichtmuseums Molfsee 2014 ISBN 978 3 9813217 4 6 S 25 50 Kult konya v derevyannom zodchestve Rusi i Germanii Erlauterung des Schutzzeichens Memento vom 29 September 2007 im Internet Archive Giebelkreuz als Raiffeisen Symbol Memento vom 16 Oktober 2011 im Internet Archive Hermann Allmers Marschenbuch Land und Volksbilder aus den Marschen der Weser und Elbe Verlag Hugo Scheube Gotha 1858 lr online de Klaus Gauger Arnshaugk ein Lesebuch Verlag Edition Arnshaugk 2009 ISBN 978 3 926370 36 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pferdekopfe Giebelschmuck amp oldid 238536900