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Die Parautochthone Glimmerschiefereinheit ist die tiefste tektonische Deckeneinheit des nordwestlichen Massif Central in Frankreich Sie besteht vorwiegend aus Glimmerschiefern des Neoproterozoikums die als Schiefertone am Nordrand von Gondwana abgelagert worden waren Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Einfuhrung 3 Verbreitung 4 Petrologie 4 1 Mineralogie 4 2 Geochemie 5 Metamorphose 5 1 Anatexis 6 Tektonik 7 Alter 8 Bedeutung 9 Siehe auch 10 Literatur 11 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenDie Bezeichnung Parautochthone Glimmerschiefereinheit Englisch Parautochthonous Micaschist Unit oder abgekurzt PMU manchmal auch nur Parautochthonous Unit oder PAU knupft sich an die Tatsache dass ihre Gesteine Teil des parautochthonen Saint Mathieu Doms sind Die genaue Stellung dieser Grundgebirgsaufwolbung ist aber nicht eindeutig und ihr autochthoner Charakter fraglich Dieser unsichere Sachverhalt findet in der Vorsilbe Para seinen Ausdruck Parautochthon bedeutet somit zum Autochthon gehorig oder in der Nahe des Autochthons befindlich Einfuhrung Bearbeiten nbsp Geologische Ubersichtskarte des Saint Mathieu DomsDas Variszische Orogen hat eine mehrstufige Entwicklung hinter sich und ist aus mehreren Krustensegmenten verschweisst Generell lassen sich zwei Zyklen unterscheiden Nach anfanglicher Subduktion des Massif Central Ozeans mit Hochdruckmetamorphose kam es schliesslich zur Kontinentalkollision zwischen Peri Gondwana im Suden Laurussia im Norden und den dazwischenliegenden Mikrokontinenten Armorica und Avalonia Die Parautochthone Glimmerschiefereinheit gehort wie der restliche Saint Mathieu Dom zur Ligero arvernischen Zone des nordwestlichen Zentralmassivs Diese ist zur Moldanubischen Zone Deutschlands aquivalent z b Schwarzwald und stellt den hochmetamorphen Zentralteil des Variszikums dar Kennzeichnend fur diese zentrale Zone sind vier bzw funf Deckenneinheiten die wahrend der Variszischen Kontinentalkollision ab dem Oberdevon und wahrend des Unterkarbons ubereinandergestapelt wurden Im Limousin kann folgender Deckenstapel beobachtet werden von strukturell hoher nach strukturell tiefer Genis Einheit Thiviers Payzac Einheit TPU Obere Gneisdecke UGU Untere Gneisdecke LGU Parautochthone Glimmerschiefereinheit PMU Die Parautochthone Glimmerschiefereinheit ist auf der gegenuberliegenden geologischen Karte mit PMU ausgewiesen Sie unterscheidet sich von den beiden uberlagernden Gneisdecken da in ihr die erste Deformationsstufe D 1 1 des Massif Central Subduktion und Hochdruckmetamorphose wahrend des Silurs und Unterdevons 430 bis 390 Millionen Jahre nicht registriert ist 2 Beide Gneisdecken erfuhren daran anschliessend im Mitteldevon eine hochgradige Regionalmetamorphose mit Migmatitbildung 3 Die zweite Deformationsstufe D 2 erfasste im Oberdevon und fruhesten Unterkarbon aber den gesamten Deckenstapel 390 bis 360 Millionen Jahre wobei die drei untersten Decken hochgradig amphibolitfaziell metamorphosiert wurden Die Gesteine erhielten hierbei eine generell nach Sudost gerichtete Strecklineation die den Hangend nach Nordwest Schersinn widerspiegelt Im Unterkarbon Tournaisium zwischen 360 und 350 Millionen Jahren uberfuhr die Obere die Untere Gneisdecke mit der darunterliegenden Parautochthonen Glimmerschiefereinheit in Nordwestrichtung 4 Da die Obere Gneisdecke zuvor starker metamorphosiert worden war wird hierdurch eine umgekehrte Metamorphose vorgetauscht Zwischen 350 und 325 Millionen Jahren folgte sodann das thermische Ereignis des Viseums das als Monazitalter in den Glimmerschiefern nachweisbar ist 5 Ab 325 Millionen Jahren beherrschten Ausdehnungstektonik und transpressive Seitenverschiebungen den Deckenstapel des Limousins Bedingt durch die resultierende Druckentlastung kam es zu Anatexis und der Intrusion von vorwiegend Leukograniten im Oberkarbon Verbreitung Bearbeiten nbsp Glimmerschiefer von Pensol seidig glanzende FaziesDie Parautochthone Glimmerschiefereinheit ist uber das gesamte Zentralmassiv verbreitet Sie tritt nicht nur am Ostrand des Saint Mathieu Doms auf sondern erscheint auch weiter ostlich in der Umrahmung des Millevaches Massivs beispielsweise im Sussac Dom Weitere Vorkommen befinden sich in den Monts d Ambazac und auf dem Plateau d Aigurande Ostlich des Sillon houillier eine bedeutende Nordnordost streichende Seitenverschiebung mit Normalversatz welche das gesamte Zentralmassiv durchschneidet und den Westabschnitt vom vulkanischen Zentralteil abtrennt erscheint sie erneut in der Umgebung der Sioule im Sioule Dom im La Bosse Antiklinorium sowie im Sudabschnitt ostlich des Pont de Menat Synklinoriums der ebenfalls eine Aufwolbung im Grundgebirge darstellt Sehr grosse Vorkommen stellen die Lot Schiefer und die Glimmerschiefer in den Cevennen die beide ebenfalls zur Parautochthonen Glimmerschiefereinheit gerechnet werden jedoch ausser Glimmerschiefern noch andere siliziklastische Lithologien fuhren beispielsweise Quarzite und seltene Orthogneise Die Parautochthone Glimmerschiefereinheit erscheint auch im Suden des Zentralmassivs im Rouergue und im Zentralabschnitt der Montagne Noire Petrologie BearbeitenPetrologisch wird die Parautochthone Glimmerschiefereinheit uberwiegend aus Glimmerschiefern mittleren und hohen Metamorphosegrades Amphibolitfazies aufgebaut Es lassen sich zwei Fazies unterscheiden eine blattrige und eine seidig glanzende Fazies Die blattrige Fazies ist grobkristalliner und zeigt relativ dicke Glimmerlagen die dunne Quarzbander umschliessen Die seidig glanzende Fazies ist wesentlich feinkorniger und verdankt ihren leicht blaulichen Glanz den deutlich entwickelten Schieferungsflachen Die blattrige Fazies ist engstandig geschiefert mit teils fein gefaltelten Schieferflachen Ihr Gefuge ist lepidoblastisch bzw grano lepidoblastisch oder mandelformig lagig Sie tritt nur im Nordabschnitt am Ostrand des Saint Mathieu Leukogranits auf Das Gefuge der seidig glanzenden Fazies ist ahnlich neigt aber mehr zu Banderung Mineralogie Bearbeiten nbsp Detailaufnahme des Glimmerschiefers von Pensol Haute Vienne seidig glanzende FaziesDie sehr feinkornigen und deutlich schiefrigen Gesteine werden eindeutig von Glimmermineralen beherrscht Sie enthalten die Minerale Muskovit Biotit Feldspat und Quarz Akzessorien sind Zirkon Apatit Ilmenit Rutil und Graphit Als metamorphe Neubildungen erscheinen auf den Schieferungsebenen Nadeln von Staurolith und Sillimanit sehr selten auch Disthen sowie kleine Granate Almandin Die Granate konnen jedoch in der blattrigen Fazies wesentlich grosser werden und bis zu 1 Zentimeter erreichen Kontaktmetamorph induziert sind Andalusit Cordierit und nadelformiger Turmalin Chlorit ist ein Alterationsmineral und kann Biotit und Granat pseudomorph ersetzen Muskovit von grosser Korngrosse oft als Serizit ausgebildet uberwiegt Recht grosse Blatter von Muskovit und Biotit durchdringen gewohnlich einander und stellen das Gros der Glimmerlagen Durch die Einlagerung von Ilmenitnadeln kann das Glimmergefuge auch faserig wirken Der Quarz tritt oft mandelformig konzentriert auf Exsudationsquarz zeigt aber gelegentlich auch tektonisch ausgelangte Stengel banderartige Lagen konnen auch fein gefaltelt sein Der Plagioklas liegt entweder als Oligoklas oder Albit vor An6 10 Er bildet meist zusammen mit Quarz kleine millimetergrosse ausgelangte Augen Ocellen die in der blattrigen Fazies wesentlich grossere Dimensionen erreichen Die Augen konnen auch helizitisch ausgebildet sein Geochemie Bearbeiten Folgende Analysen sollen die chemische Zusammensetzung der Glimmerschiefer verdeutlichen OxidGew Glimmerschiefer 1 Glimmerschiefer 2 Glimmerschiefer 3 Quarz GlimmerschieferSiO2 60 20 58 30 56 40 65 05TiO2 0 83 0 95 1 04 0 82Al2O3 19 20 20 90 21 60 17 00Fe2O3 2 10 2 46 2 60 2 32FeO 5 55 5 40 4 25 4 24MnO 0 38 0 39 0 17 0 32MgO 2 15 2 20 2 40 2 15CaO 1 20 1 06 0 45 1 27Na2O 1 30 0 91 1 05 1 87K2O 3 75 4 15 5 10 3 43P2O5 0 23 0 13 0 09 0 22H2O 0 05 0 06 0 20 0 03H2O 2 35 2 60 3 25 1 63Der SiO2 Gehalt der Glimmerschiefer schwankt zwischen 56 und 60 Gewichtsprozent quarzreiche Gesteine erreichen 65 Gewichtsprozent Dies entspricht dem Chemismus von Andesiten bzw Dioriten Auffallend ist der hohe Al2O3 Gehalt mit 17 bis 22 Gewichtsprozent aber auch der recht starke Eisenoxidgehalt von 6 5 bis 7 8 Gewichtsprozent Recht hohe Werte zeigen auch TiO2 und MgO Generell abgereichert sind die Alkalien insbesondere Na2O Metamorphose Bearbeiten nbsp Vergent gefalteter Glimmerschiefer der blattrigen FaziesDie Parautochthonen Glimmerschiefer haben sowohl eine Regionalmetamorphose als auch eine Kontaktmetamorphose erfahren Metamorphe Mineralneubildungen der Regionalmetamorphose sind Muscovit Biotit Granat Staurolith mit Muscovit assoziierter Sillimanit Fibrolith und Disthen Der Granat kann vor mit und nach der Schieferungsbildung entstanden sein Er kann zoniert sein mit almandinreichen Randern und Spessartin im Kern Staurolith ist eine Spatbildung Das Vorkommen von Disthen zeigt generell Druckbedingungen von mindestens 0 4 GPa bis 0 6 GPa an und Staurolith lasst auf Temperaturen von uber 600 C schliessen Wahrscheinlich lag aber der Druck noch weitaus hoher so wurden beispielsweise in den Glimmerschiefern der Sioule Bedingungen von 0 8 GPa verwirklicht 6 Die vom Saint Mathieu Leukogranit verursachte Kontaktmetamorphose fuhrte zur Neubildung von poikiloblastischem Cordierit und Andalusit die beide die Schieferung storen uberlagern aber auch von Alkalifeldspat Uberdies erfolgte eine durchgehende Turmalinitisierung und gleichzeitig wurde Granat von Biotit und Chlorit oder von Biotit Muscovit und Quarz pseudomorph ersetzt Anatexis Bearbeiten Die Parautochthone Glimmerschiefereinheit ist aufs engste mit dem Saint Mathieu Leukogranit und auch dem Cheronnac Leukogranit assoziiert Zahlreiche Einschlusse von Glimmerschiefern finden sich in beiden Leukograniten die teils als kilometerlange Zuge ausgebildet sein konnen Umgekehrt finden sich Leukogranitlinsen und apophysen in den Glimmerschiefern Es darf daher angenommen werden dass die Glimmerschiefer unter Druckentlastung anatektisch aufgeschmolzen wurden und ein leukogranitisches Magma absonderten Der Saint Mathieu Leukogranit ist mit 315 Millionen Jahren datiert die Anatexis erfolgte somit wahrend des Oberkarbons im Bashkirium Tektonik Bearbeiten nbsp Falte mit engstehender Krenulation in blattriger FaziesDurch ihre Absenkung in den duktilen mittleren Krustenbereich erhielten die ehemaligen Tonsedimente aufgrund der teils tektonisch bedingten enormen Auflast eine durchgehende Abplattung und eine daraus resultierende flachliegende Schieferung Durch Kriechbewegungen entlang der Schieferflachen entstanden kleine Quarz Feldspat reiche Mandel und Augenstrukturen die manchmal auch den Schersinn zu erkennen geben Ausgelangte Quarzstengel zeigen uberdies die Streckrichtung des Gesteins an Tektonische Einengungen fuhrten lokal zu Faltenbau im Zentimeterbereich gelegentlich auch isoklinal und mit der Schieferung angelegt der seinerseits von sehr engstehenden Krenulationen im Millimeterbereich uberpragt sein kann Stellenweise werden auch spate Knickfalten und sehr komplexe Faltenmuster die auf intensive Verformungen Interferenzmuster hindeuten beobachtet Mit dem Auftauchen des Saint Mathieu Doms und der daruberliegenden Decken Verlassen des duktilen Bereichs wurden die Glimmerschiefer sodann nur noch sprod beansprucht Restspannungen im Gestein konnten sich uber Verwerfungen und Kluftscharen abbauen Alter BearbeitenUber das Alter der Protolithen der Parautochthonen Glimmerschiefereinheit lagen bisher keine radiometrischen Altersdatierungen vor die Ausgangsgesteine wurden aber generell dem Zeitraum 650 bis 530 Millionen Jahren zugeordnet d h Neoproterozoikum Cryogenium bis Unterkambrium 7 Melleton und Kollegen 2010 konnten jedoch das Alter der jungsten Zirkone in der PMU mit dem Intervall 631 18 bis 604 16 Millionen Jahren Ediacarium festlegen Altere Zirkonpopulationen trugen die Alter 964 22 1800 2000 2100 und 2900 Millionen Jahre Dieses bis ins Archaikum zuruckreichende Zirkonalter Spektrum der PMU spricht fur eine sehr enge Verwandtschaft mit vergleichbaren Altersverteilungen im Westafrikanischen Kraton Die Ediakarischen Alter verweisen auf die Cadomische Orogenese und auf die Panafrikanische Orogenese des Anti Atlas in dem sich um 615 Millionen Jahren eine Inselbogen Kontinent Kollision ereignet hatte Eingeschlossene Orthogneise bzw ehemalige Granitoide wie der Moulin du Chambon Orthogneis konnten mit 529 4 Millionen Jahren ins Unterkambrium Terreneuvium datiert werden Bedeutung Bearbeiten nbsp Parautochthoner Glimmerschiefer aus den Cevennen von Saint Andre de Valborgne mit sehr feiner KrenulationDie Bedeutung der Parautochthonen Glimmerschiefereinheit liegt darin begrundet dass sie durch ihre feinkornige tonige Lithologie ein ideales Gleitmittel fur die hoherliegenden Decken darstellte die auf ihrem Rucken mit stark reduziertem Reibungswiderstand gen Westen und Sudwesten unter gleichzeitigem Nordwest Sudost gerichteten Abfliessen vordringen konnten Ihre tiefliegende tektonische Stellung als Deckensohle ist daher nicht weiter verwunderlich Siehe auch BearbeitenCheronnac Leukogranit Geologie des Zentralmassivs Saint Mathieu Dom Saint Mathieu Leukogranit Untere GneisdeckeLiteratur BearbeitenC W Passchier und R A J Trouw Microtectonics Springer Verlag 1998 ISBN 3 540 58713 6 Service Geologique National Carte geologique de la France au millionieme 6eme edition Editions BRGM ISBN 2 7159 2128 4 Geologische Karten des BRGM im Massstab 1 50000 Blatter Chalus und Thiviers Einzelnachweise Bearbeiten J M Lardeaux u a The Variscan French Massif Central a new addition to the ultra high pressure metamorphic club exhumation processes and geodynamic consequences In Tectonophysics Band 332 2001 S 143 168 M Faure u a Devonian geodynamic evolution of the Variscan belt insights from the French Massif Central and Massif Armoricain In Tectonics Band 27 2008 doi 10 1029 2007TC002115 A Cocherie u a Electron microprobe dating as a tool for understanding closure of U Th Pb system in monazite from migmatite In Am Mineral Band 90 2005 S 607 618 J Y Roig und M Faure La tectonique cisaillante polyphasee du Sud Limousin Massif central francais et son interpretation dans un modele d evolution polycyclique de la chaine hercynienne In Bull Soc geol Fr Band 171 2000 S 295 307 M Faure u a Late Visean thermal event in the northern part of the French Massif Central new 40Ar 39Ar and Rb Sr isotopic constraints on the Hercynian syn orogenic extension In Int J Earth Sci Geol Rundsch Band 91 2002 S 53 75 Bernhard Schulz EMP monazite age controls on P T paths of garnet metapelites in the Variscan inverted metamorphic sequence of La Sioule French Massif Central In Bull Soc geol Fr t 180 no 3 2009 S 271 282 Jeremie Melleton Alain Cocherie Michel Faure und Philippe Rossi Precambrian protoliths and Early Paleozoic magmatism in the French Massif Central U Pb data and the North Gondwana connection in the west European Variscan belt In Gondwana Research Band 17 2010 S 13 25 doi 10 1016 j gr 2009 05 007 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Parautochthone Glimmerschiefereinheit amp oldid 215423185