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Oleksandr Petrowytsch Ohloblyn 24 November 1899 in Kiew Russisches Reich 16 Februar 1992 in Ludlow Massachusetts Vereinigte Staaten 1 war ein ukrainischer Kollaborateur Aktivist Historiker Nachdem Kiew 1941 durch die Wehrmacht besetzt wurde fungierte er kurzzeitig als Burgermeister der Stadt Kyrillisch Ukrainisch Oleksandr Petrovich OgloblinTransl Oleksandr Petrovyc OhloblynTranskr Oleksandr Petrowytsch OhloblynKyrillisch Russisch Aleksandr Petrovich OgloblinTransl Aleksandr Petrovic OgloblinTranskr Alexander Petrowitsch Ogloblin Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Familie 2 Akademische Karriere und wissenschaftliches Schaffen 3 Politische Verfolgung und Forderung in der Sowjetunion 4 Kollaboration mit den deutschen Besatzern 5 Nachkriegszeit 6 Wissenschaftliche Gesellschaft Oleksandr Ohloblyn 7 Werke 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseHerkunft und Familie BearbeitenDie Vorfahren von Oleksandr Ohloblyn gehorten den Savytskys 2 und Lashkevychs an grundbesitzenden Kosakenfamilien der westlichen Ukraine 3 4 Er selbst wurde als Oleksandr Petrovych Mizko geboren Um seine Erziehung kummerte sich uberwiegend seine Grossmutter mutterlicherseits 5 Akademische Karriere und wissenschaftliches Schaffen Bearbeiten1917 schrieb sich Ohloblyn an der Universitat Kiew ein Bereits 1919 machte er dort seinen Abschluss 4 1919 und 1920 unterrichtete er Geschichte an einer weiterfuhrenden Schule 1921 begann er akademische Lehrtatigkeiten 5 6 Von 1921 bis 1922 war er am Archaologischen Institut Kiew als Professor fur ukrainische Wirtschaftsgeschichte tatig und dozierte von 1920 bis 1933 am Kiewer Institut fur Volksbildung Ferner hatte er am Kiewer Institut fur Volkswirtschaft von 1928 bis 1930 den Lehrstuhl fur ukrainische Nationalokonomie inne sowie von 1939 bis 1941 den Lehrstuhl fur ukrainische Geschichte an der Universitat Odessa 4 Von 1932 bis 1933 war er zudem Direktor des Zentralen Historischen Archivs der Ukraine 6 Von 1926 dem Jahr seiner Promotion uber die fruhkapitalistische Industrie der Ukraine 6 bis 1933 sowie erneut von 1935 bis 1941 war er Mitglied der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften dort fungierte er von 1930 bis 1934 als Direktor der Kommission fur die ukrainischen Wirtschafts und Gesellschaftsgeschichte 4 Nach seiner Flucht vor den Truppen der Roten Armee lehrte er zunachst in Prag an der Ukrainischen Freien Universitat 1945 dann an derselben Exiluniversitat in Munchen 1 In der bayerischen Hauptstadt wirkte er daruber hinaus von 1946 bis 1951 an der ukrainisch orthodoxen theologischen Akademie 6 Nach seiner Ubersiedlung in die Vereinigten Staaten 1951 wirkte Ohloblyn als langjahriger Prasident und Ehrenprasident der Ukrainian Academy of Arts and Sciences in the U S Ukrainische Akademie der Kunst und Wissenschaften in den Vereinigten Staaten 7 als Ehrenprasident der Ukrainian Historical Society Ukrainische Historische Gesellschaft 8 sowie als Mitglied der Shevchenko Scientific Society 9 1 Er wirkte zudem massgeblich an der Einrichtung eines Lehrstuhls fur Ukraine Studien an der Harvard University mit die schliesslich 1968 erfolgte 10 Dort war er von 1968 bis 1970 Visiting Professor fur Ukrainische Geschichte sowie von 1970 bis 1973 Berater fur Promotionen thesis advisor 4 Ohloblyn erstellte rund 700 Schriften davon zirka 30 Monografien Sie befassen sich mit der soziookonomischen Entwicklung der Ukraine dem Zeitalter des Kosakenstaats Hetmanat und der Entwicklung der ukrainischen Geschichtsschreibung Er galt als einer der fuhrenden Historiker ukrainischer Herkunft 1 Politische Verfolgung und Forderung in der Sowjetunion Bearbeiten1930 wurde Ohloblyn aus politischen Grunden verhaftet und funf Monate lang interniert 4 Er wurde gezwungen sich von seinem Mentor dem Historiker Mitrafan Dounar Sapolski Mitrafa n Vi ktaravich Do ynar Zapo lski 11 loszusagen 12 Die von der Fuhrung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion KPdSU in den 1920er Jahren vorangetriebene Politik der Ukrainisierung des Landes die den gesellschaftlichen und politischen Hintergrund von Ohloblyns wissenschaftlichen Tatigkeiten dieser Jahre bildete verkehrte sich in den 1930er Jahren in ihr Gegenteil Ukrainischer Nationalismus wurde als bourgeoise Verfehlung beziehungsweise als konterrevolutionar geachtet Im Zuge der entsprechenden stalinistischen Sauberungskampagne wurde Ohloblyn von 1933 bis 1935 all seiner Amter enthoben 4 Mit dem Hitler Stalin Pakt August 1939 dem anschliessenden Beginn des Zweiten Weltkrieges sowie der vom nationalsozialistischen Deutschland und der Sowjetunion betriebenen Zerschlagung Polens die unter anderem zur Annexion des ostlichen polnischen Staatsgebiets Westukraine in die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik fuhrte anderten sich die politischen Rahmenbedingungen erneut Zusammen mit anderen ukrainischen Historikern wurde Ohloblyn nun damit betraut fur eine Sowjetisierung der Geschichte der Westukraine zu sorgen 12 Kollaboration mit den deutschen Besatzern BearbeitenAm 18 September 1941 rund drei Monate nach dem Uberfall Deutschlands auf die UdSSR griff die 6 Armee der Wehrmacht Kiew an Ohloblyn blieb in der Stadt in die die Wehrmachtstruppen am 19 September einzogen Am 21 September 1941 wurde er zum Burgermeister der Stadt ernannt und kollaborierte in der Folgezeit mit der Besatzungsmacht Die Melnyk Fraktion 13 der Organisation Ukrainischer Nationalisten hatte die Inauguration Ohloblyns betrieben sie versprach sich davon eine Ukrainisierung des offentlichen und kulturellen Lebens der Stadt Viel ausrichten konnte der neue Burgermeister allerdings nicht die politische Macht lag bei den Deutschen insbesondere bei Generalmajor Kurt Eberhard dem Stadtkommandanten von Kiew Am 25 Oktober 1941 trat Ohloblyn von seinem Amt zuruck das sein Stellvertreter Volodymyr Bahazii ubernahm 12 14 In die kurze Amtsperiode Ohloblyns fallt das Massaker von Babyn Jar Am 29 und 30 September 1941 ermordeten Angehorige des Sonderkommandos 4a der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD unter Fuhrung von Paul Blobel mehr als 33 000 Juden in einer Schlucht in der Nahe von Kiew Ohloblyn gab spater an mit dieser Mordaktion nichts zu tun zu haben Eine Holocaust Uberlebende bezeugte er habe sich fur sie bei Kurt Eberhard verwendet Dabei sei ihm mitgeteilt worden das Schicksal der Juden lage ausschliesslich in den Handen der Deutschen er solle sich nicht einmischen 15 Eine von Ohloblyn unterzeichnete Anordnung vom 10 Oktober 1941 betraf Regelungen zur Registrierung und kommissarischen Verwaltung judischen Eigentums bis es von den Deutschen genutzt werden konnte Sie entsprach den Vorstellungen der deutschen Zivil und Militarverwaltung 16 Es hiess darin Ich ordne an herrenlose Gegenstande die von Juden und anderen Personen zuruckgelassen worden sind die die Stadt Kiew verlassen haben und sich ausserhalb ihrer Grenzen aufhalten d h Mobel Musikinstrumente Kleider Wasche Betten Geschirr Lebensmittel u a aufzubewahren und eine Zahlung und Bewertung dieser Gegenstande durch eine aus drei Personen bestehende Kommission durchzufuhren 17 Die Anordnung drohte jedem der sich derartige Gegenstande eigenmachtig aneignete er werde unnachsichtig zur Verantwortung gezogen 17 In der Ereignismeldung 106 informierte die Einsatzgruppe das Reichssicherheitshauptamt am 7 Oktober 1941 daruber dass Geld Wertsachen Wasche und Kleidungsstucke der ermordeten Juden sichergestellt und zum Teil der NSV zur Ausrustung der Volksdeutschen z T der kommissarischen Stadtverwaltung zur Uberlassung an bedurftige Bevolkerung ubergeben worden waren 18 Nach seinem Rucktritt vom Burgermeisteramt widmete Ohloblyn sich erneut historischen Forschungen besonders intensiv befasste er sich dabei mit der Geschichte der Rus Zugleich fungierte er als Direktor des Museum Archivs der Ubergangsperiode das im Auftrag der deutschen Besatzer antibolschewistische und antisemitische Propaganda betreiben sollte 19 Die Aufgabe des Museums lag in den Worten von Ohloblyn darin die weltweit historische Bedeutung des Kampfes des grossen deutschen Volkes unter ihrem Fuhrer Adolf Hitler zu demonstrieren 20 Im Juli 1942 schlug er eine Ausstellung mit dem Titel Befreiung Kiews vom judisch bolschewistischen Joch durch die deutsche Armee 19 IX 1941 vor 21 Die schliesslich gezeigte Ausstellung lautete Die Ruinierung der kulturellen Schatze der Stadt Kiew durch die Bolschewisten 22 Gleichwohl waren die Besatzungsbehorden von der Effektivitat des Museums nicht uberzeugt Die eine Ausstellung war ihnen zu wenig und bei Ohloblyn vermutete man im Herbst 1942 den Wunsch sich nur einen besseren Posten verschaffen zu wollen Zudem trug man ihm nach dass er auch Artikel fur das sowjetische Regime geschrieben hatte Das Museum wurde geschlossen 21 Ohloblyn fertigte ferner Auftragsschriften fur den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg an Sie behandelten die angebliche Zerstorung der ukrainischen Geschichtsschreibung durch die Bolschewiki sowie den deutschen Einfluss auf die Industrie der Ukraine 23 Nachkriegszeit BearbeitenKurz vor der drohenden Ruckeroberung Kiews durch die Rote Armee floh Ohloblyn zusammen mit seiner Frau und seinem jugendlichen Sohn nach Lemberg Als die Eroberung Lembergs drohte setzte er sich nach Prag ab Seine Flucht fuhrte ihn schliesslich in den westlichen Teil Deutschlands in dem er in der zweiten Halfte der 1940er Jahre als Displaced Person lebte 24 1951 emigrierte er in die USA wo er in der ukrainischen Exilgemeinde aktiv war Er grundete und leitete 1963 die ukrainische Genealogische Gesellschaft und 1965 die Ukrainische Historische Gesellschaft Ab 1968 war er Professor fur Geschichte an der Harvard University und zwischen 1970 und 1989 leitete er die Ukrainische Akademie der Wissenschaften in den USA 25 Er veroffentlichte in den Vereinigten Staaten mehrere Bucher zur ukrainischen Geschichte jedoch publizierte er nie etwas uber seine Zeit als Burgermeister von Kiew 26 Wissenschaftliche Gesellschaft Oleksandr Ohloblyn BearbeitenIm Jahr 2000 wurde an der Nationalen Universitat Ostroh Akademie Natsional nyi Universytet Ostroz ka Akademiia in Ostroh eine Wissenschaftliche Gesellschaft Oleksandr Ohloblyn gegrundet Ihr Zweck ist die Forderung der Teilnahme von Studenten an Konferenzen und die Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen 27 Werke BearbeitenA history of Ukrainian industry Nachdruck der Ausgabe Kiew 1925 and 1931 Fink Munchen 1971 Predky Mykoly Hoholja Logos Munchen u a 1968 Ukrainian historiography 1917 1956 in Dmytro I Dorosenko Ed A survey of Ukrainian historiography New York 1957 Treaty of Pereyaslav 1654 Toronto New York 1954 Literatur BearbeitenKarel C Berkhoff Harvest of despair Life and death in Ukraine under Nazi rule Cambridge Mass u a Belknap Press of Harvard University Press 2004 ISBN 978 0 674 02718 3 Serhii Plokhy The Cossack myth History and nationhood in the age of empires Cambridge University Press Cambridge u a 2012 ISBN 978 1 10 702210 2 Lubomyr Roman Wynar Oleksander Petrovych Ohloblyn 1899 1992 Biohrafichna studii a 1994 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Oleksandr Ohloblyn im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b c d The Ukrainian Weekly 23 Februar 1992 Abruf am 30 Dezember 2013 Eintrag Savytsky in der Internet Encyclopedia of Ukraine Abruf am 30 Dezember 2013 Eintrag Landowners in der Internet Encyclopedia of Ukraine Abruf am 30 Dezember 2013 a b c d e f g Artikel Ohloblyn Oleksander in Zenon Eugene Kohut Bohdan Y Nebesio Myroslav Yurkevich Historical Dictionary Of Ukraine Second Edition Scarecrow Press Inc Lanham 2013 S 404 f ISBN 978 0 8108 7845 7 a b Serhii Plokhy The Cossack myth S 109 a b c d Omeljan Pritsak Editor s Preface In Oleksandr Petruvych Ohloblyn A History of Ukrainian Industry Harvard series in Ukrainian studies Bd 12 W Fink Verlag Munchen 1971 S VII f Website der Akademie Website der Gesellschaft Memento des Originals vom 27 April 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www uhsoc org Website der Gesellschaft Siehe Inaugural Seminar by Prof Ohloblyn Launches Ukrainian Studies at Harvard University in The Ukrainian Weekly 19 Oktober 1968 Abruf am 31 Dezember 2013 Zur Entwicklung des Lehrstuhls siehe Omeljan Pritsak Ukrainian Studies at Harvard University Memento des Originals vom 2 Februar 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot shron chtyvo org ua Abruf am 30 Dezember 2013 Eintrag zu Mytrofan Dovnar Zapolsky in der Internet Encyclopedia of Ukraine Abruf am 30 Dezember 2013 a b c Serhii Plokhy The Cossack myth S 110 Eintrag Melnykites in der Internet Encyclopedia of Ukraine Abruf am 1 Januar 2014 Karel C Berkhoff Harvest of despair S 51 Serhii Plokhy The Cossack myth S 111 Karel C Berkhoff Harvest of despair S 85 Markus Eikel Arbeitsteilung und Verbrechen Die ukrainische Lokalverwaltung unter deutscher Besatzung 1941 1945 In Timm C Richter Hrsg Krieg und Verbrechen Situationen und Inhalte Fallbeispiele Martin Meidenbauer Munchen 2006 ISBN 3 89975 080 2 S 135 145 hier S 138 142 a b Ukrains ke Slovo Die Kiewer Stadtverwaltung befiehlt Hausverwaltern am 10 Oktober 1941 von Juden zuruckgelassene Besitztumer zu erfassen und anzumelden Siehe VEJ Bd 7 S 314 f Dok 95 Auszug aus der Ereignismeldung UdSSR Nr 106 Informationen uber diese Einrichtung beziehungsweise ihre Artefakte in der Slavic and East European Collection der Yale University Ohloblyns Worte sind ubersetzt nach Patricia Kennedy Grimsted The Fate of Ukrainian Cultural Treasures During World War II The Plunder of Archives Libraries and Museums under the Third Reich in Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas XXXIX 1991 Heft 1 S 53 80 hier S 64 Das Ohloblyn Zitat bei Grimsted lautet the worldwide historical significance of the struggle being conducted by the great German nation under the leadership of their Fuhrer Adolf Hitler a b Patricia Kennedy Grimsted The Fate of Ukrainian Cultural Treasures During World War II The Plunder of Archives Libraries and Museums under the Third Reich in Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas XXXIX 1991 Heft 1 S 53 80 hier S 64 Karel C Berkhoff Harvest of despair S 202 Karel C Berkhoff Harvest of despair S 160 Serhii Plokhy The Cossack myth S 118 120 Eintrag zu Ohloblyn Oleksander in der Encyclopedia of Ukraine abgerufen am 18 Juni 2016 Markus Eikel Division of Labor and Cooperation The Local Administration under German Occupation in Central and Eastern Ukraine 1941 1944 In The Holocaust in Ukraine New Sources and Perspectives Conference Presentations Center for Advanced Holocaust Studies United States Holocaust Memorial Museum 2013 S 101 120 hier S 119 Fussnote 64 Website der Gesellschaft Normdaten Person GND 121463370 lobid OGND AKS LCCN n85099377 VIAF 32853777 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ohloblyn OleksandrALTERNATIVNAMEN Ohloblyn Alexander Ohloblyn Oleksandr Petrowytsch vollstandiger Name Ogloblin Oleksandr Petrovich ukrainisch KURZBESCHREIBUNG ukrainischer HistorikerGEBURTSDATUM 24 November 1899GEBURTSORT Kiew Russisches KaiserreichSTERBEDATUM 16 Februar 1992STERBEORT Ludlow Massachusetts Vereinigte Staaten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oleksandr Ohloblyn amp oldid 221837239