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Wilhelm Hermann Paul Blobel 13 August 1894 in Potsdam 7 Juni 1951 in Landsberg am Lech war ein deutscher SS Offizier der als Anfuhrer eines Sonderkommandos der sogenannten Einsatzgruppen eine fuhrende Rolle bei den vorsatzlich geplanten und systematisch ausgefuhrten Massenerschiessungen sowjetischer Juden in der Ukraine einnahm Blobel leitete u a das Massaker in der Schlucht von Babyn Jar bei dem seine Truppe im September 1941 in nur zwei Tagen fast 34 000 Juden ermordete Als Fuhrer des Sonderkommandos 1005 war er spater zentral am Versuch der Vertuschung solcher Verbrechen beteiligt Nach dem Krieg wurde er 1948 im Einsatzgruppen Prozess in Nurnberg zum Tode durch den Strang verurteilt und 1951 hingerichtet Paul Blobel 1948 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft und Ausbildung 1 2 Familie 1 3 Karriere im Nationalsozialismus 1 4 Prozess und Nachwirkung 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft und Ausbildung Bearbeiten Paul Blobel wuchs in Remscheid auf wo er die Schule besuchte und bis 1912 eine Lehre als Maurer und Zimmermann machte Von 1912 bis 1913 studierte er Architektur an der Kgl Preussischen Baugewerkschule zu Barmen Elberfeld und arbeitete bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 als Zimmermann Im Ersten Weltkrieg war er Frontsoldat bei einer Pioniereinheit Bei Kriegsende wurde Blobel mit dem Dienstgrad Vizefeldwebel entlassen Bis 1919 war Blobel arbeitslos und lebte wieder in Remscheid Er setzte sein Architekturstudium an der nunmehr Staatlichen Baugewerkschule fort und beendete es im August 1920 mit einem guten Zeugnis Ab 1921 war Blobel bei verschiedenen Unternehmen angestellt 1924 machte er sich dann als Architekt in Solingen selbststandig Als Folge der Weltwirtschaftskrise 1929 hatte er keine Auftrage mehr und war von 1930 bis 1933 in Solingen arbeitslos gemeldet Zum 1 Dezember 1931 trat Blobel in die NSDAP ein Mitgliedsnummer 844 662 1 im Januar 1932 auch in die SS SS Nr 29 100 2 Familie Bearbeiten Blobel heiratete 1921 und zog bei den Schwiegereltern ein 1926 zog die gesamte Familie nach Solingen Aus der Ehe gingen zwei Sohne hervor 3 Karriere im Nationalsozialismus Bearbeiten Von 1933 bis zum Fruhjahr 1935 war Blobel einfacher Buroangestellter in der Stadtverwaltung von Solingen Im Juni 1935 trat er in den SS Sicherheitsdienst SD ein und machte dort schnell Karriere bis zum SD Abschnittsfuhrer von Dusseldorf 2 Im Rahmen der Novemberpogrome 1938 koordinierte er die Sicherstellung der Materialien aus zerstorten Synagogen in Solingen Wuppertal und Remscheid Beim Uberfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 wurde Blobel als SS Standartenfuhrer zum Fuhrer des Sonderkommandos 4a SK 4a der Einsatzgruppe C ernannt die im Operationsgebiet der Heeresgruppe Sud hinter der Front eingesetzt war Bis Januar 1942 ermordete das SK 4a entsprechend dem Auftrag an die Einsatzgruppen ca 60 000 Menschen darunter allein ca 30 000 Juden am 29 und 30 September 1941 in der Schlucht von Babyn Jar bei Kiew Blobel fuhrte das Sk 4a bis Januar 1942 In den entsprechenden Ereignismeldungen UdSSR aus diesem Zeitraum meldete die Einsatzgruppe C fur das Sonderkommando 4a bzw dessen Teilkommandos folgende Erschiessungen 4 vom 22 Juni bis 29 Juli 1941 bei Schitomir 2 531 Personen 5 vom 27 Juni bis 29 Juni 1941 bei Sokal und Lutsk 300 Juden und 317 Kommunisten 6 im Juli oder August 1941 in Fastow alle Juden im Alter zwischen 12 und 60 Jahren 7 im September oder Oktober 1941 auf dem Marschweg zwischen Wirna Virna und Dederow Dederov 32 Zigeuner 8 am 29 und 30 September 1941 in Kiew zusammen mit dem Stab der Einsatzgruppe C und Polizeieinheiten 33 771 Juden 9 am 8 Oktober 1941 in Jagotin 125 Juden 8 vom 22 Juni bis 12 Oktober 1941 im Einsatzgebiet des Sonderkommandos mehr als 51 000 Personen Summarische Meldung die die vorher gemeldeten Opferzahlen kumuliert enthalt 10 am 16 Oktober 1941 1 800 Personen in Lubny 11 und am 23 November 1941 in Poltawa 1 538 Juden 12 nbsp Paul Blobel bei der Verkundung seines Urteils wahrend des Einsatzgruppen Prozesses 1948Nach Ablosung als Fuhrer des SK 4a am 13 Januar 1942 offiziell wegen nicht naher bezeichneter gesundheitlicher Probleme hinter denen sich sein Alkoholismus verbarg wurde er im Juni 1942 vom Chef der Gestapo Gruppenfuhrer Heinrich Muller mit der Aufgabe betraut die Spuren der Verbrechen der Einsatzgruppen d h die Massengraber zu beseitigen Als sein Adjutant war ab Sommer 1943 Arthur Harder 1910 1964 eingesetzt Es handelte sich hierbei um die sogenannte Sonderaktion 1005 die auch als Enterdungsaktion bezeichnet wurde Die entsprechende Anordnung wurde nur mundlich gegeben Jeglicher Schriftverkehr uber diesen Auftrag wurde untersagt Arbeitseinheiten mussten die Massengraber offnen und die Leichen in Gruben und auf Scheiterhaufen verbrennen Zu Beginn wurde erprobt auf welche Art und Weise die Mordspuren am geeignetsten verwischt und die Identifizierung der Opfer unmoglich gemacht werden konnte Ziel der Aktion war neben dem Verwischen von Spuren der von den SS Einsatzgruppen begangenen Massenmorde die Eindammung von Gesundheitsgefahren durch die massenhaft verscharrten Leichen Dies gelang aufgrund des schnellen Vorruckens der Roten Armee nur teilweise Prozess und Nachwirkung Bearbeiten Im Einsatzgruppen Prozess gegen Otto Ohlendorf und andere Fall 9 der Nurnberger Nachfolgeprozesse wurde Blobel wegen 1 Verbrechen gegen die Menschlichkeit 2 Kriegsverbrechen und 3 Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation angeklagt Konkret wurde ihm die Ermordung von 60 000 Menschen unter seiner Verantwortung zwischen Juni 1941 und Januar 1942 vorgeworfen Sein Verteidiger war Willi Heim Zu seiner Verteidigung brachte Blobel vor dass das Sonderkommando 4a unter seiner Fuhrung nicht 60 000 sondern maximal 10 000 bis 15 000 Menschen erschossen habe Zudem sei die Hinrichtung von Agenten Partisanen Saboteuren von der Spionage und Sabotage verdachtigen Elementen und solcher Personen die das Deutsche Heer schadigten von der Haager Konvention gedeckt Das Gericht folgte seinen Ausfuhrungen nicht sondern sprach ihn in allen drei Anklagepunkten schuldig Das Strafmass wurde am 10 April 1948 auf Tod durch den Strang festgesetzt 13 Neben Blobel wurden in dem Prozess noch 13 andere hochrangige Einsatzgruppen Fuhrer zum Tode verurteilt Am 7 Juni 1951 wurde Blobel in der Strafanstalt Landsberg am Lech gehangt Der Beisetzungsort von Blobels Leichnam ist strittig 14 Am selben Tag wurden in Landsberg auch drei andere Verurteilte aus dem Einsatzgruppen Prozess Otto Ohlendorf Erich Naumann und Werner Braune der im Pohl Prozess verurteilte Oswald Pohl sowie zwei Verurteilte aus den Dachauer Prozessen Georg Schallermair und Hans Theodor Schmidt hingerichtet Diese sieben Hinrichtungen waren die letzten Vollstreckungen der Todesstrafe auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Weitere Mittater wurden 1968 im Callsen Prozess zu hohen Haftstrafen verurteilt Der Tatsachenroman Die Wohlgesinnten des Schriftstellers Jonathan Littell aus dem Jahr 2006 verbindet eine fiktive Biographie mit verschiedenen realen Ereignissen und Personen des Holocausts unter anderem auch die Ereignisse in Babyn Jar mit der Person Paul Blobel Im mehrteiligen Film Holocaust Die Geschichte der Familie Weiss aus dem Jahr 1978 wurde Blobel von dem irischen Schauspieler Thomas Patrick McKenna gespielt in der Serie Feuersturm und Asche wurde er von Kenneth Colley dargestellt Literatur BearbeitenAndrej Angrick Aktion 1005 Spurenbeseitigung von NS Massenverbrechen 1942 1945 Wallstein Verlag Gottingen 2022 ISBN 978 3 8353 5329 9 Yitzhak Arad Hrsg The Einsatzgruppen reports Selections from the dispatches of the Nazi Death Squads campaign against the Jews July 1941 January 1943 Holocaust Library New York 1989 ISBN 0 89604 057 7 Hilary Earl The Nuremberg SS Einsatzgruppen Trial 1945 1958 Atrocity Law and History Cambridge University Press Cambridge 2009 ISBN 978 0 521 45608 1 Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 PDF 56 9 MB Vol IV United States of America vs Otto Ohlendorf et al Case 9 Einsatzgruppen Case United States Government Printing Office District of Columbia 1950 Band 4 der 15 bandigen Green Series uber die Nurnberger Nachfolgeprozesse Jens Hoffmann Das kann man nicht erzahlen Aktion 1005 Wie die Nazis die Spuren ihrer Massenmorde in Osteuropa beseitigten KVV Konkret Hamburg 2008 ISBN 978 3 930786 53 4 Michael Okroy Paul Blobel Architekt aus Solingen und seine Sonderaufgaben im Osten In Romerike Berge Jg 46 Nr 3 1996 ISSN 0485 4306 S 20 27 Michael Okroy Vor 50 Jahren in Nurnberg Der Einsatzgruppenprozess und Paul Blobel In Tribune Zeitschrift zum Verstandnis des Judentums Jg 36 Nr 142 2 Quartal 1997 S 21 32 ISSN 0041 2716Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Paul Blobel Sammlung von Bildern Eidesstattliche Erklarung bei den Nurnberger Prozessen Biographie von Paul Blobel Memento vom 23 Juli 2010 im Internet Archive Kriegsverbrechergefangnis Nr 1 in Landsberg Die letzten sieben Hingerichteten im War Criminal PrisonEinzelnachweise Bearbeiten Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 3240079 a b Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV United States of America vs Otto Ohlendorf et al Case 9 Einsatzgruppen Case District of Columbia 1950 S 211 213 Solinger Tageblatt 8 Oktober 2021 Seite 18 Einsatzgruppen Meldungen Einsatzgruppe C Beweisstucke C bis J In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 18 19 Die entsprechenden Beweisstucke der Anklage insgesamt 253 Exhibits waren die Ereignismeldungen UdSSR und die Tatigkeits und Lageberichte von Juni 1941 bis April 1942 der Jager Bericht vom 1 Dezember 1941 der erste und zweite Stahlecker Bericht Dezember 1941 bzw Januar 1942 und die Aussagen der Angeklagten In Hilary Earl The Nuremberg SS Einsatzgruppen Trial Cambridge 2009 S 179 180 Anklage gegen Einsatzgruppe C Anklagepunkt C In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 18 Anklage gegen Einsatzgruppe C Anklagepunkt E In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 18 19 Anklage gegen Einsatzgruppe C Anklagepunkt F In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 19 Dieser Anklagepunkt stutzt sich als Beweisstuck auf den Tatigkeits und Lagebericht der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR Nr 80 vom 11 September 1941 In Yitzhak Arad Hrsg The Einsatzgruppen Reports New York 1989 S 129 a b Anklage gegen Einsatzgruppe C Anklagepunkt G In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 19 Dieser Anklagepunkt stutzt sich als Beweisstuck auf den Tatigkeits und Lagebericht der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR Nr 119 vom 20 Oktober 1941 In Yitzhak Arad Hrsg The Einsatzgruppen Reports New York 1989 S 198 Anklage gegen Einsatzgruppe C Anklagepunkt H In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 19 Dieser Anklagepunkt stutzt sich als Beweisstuck u a auf den Tatigkeits und Lagebericht der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR Nr 101 vom 2 Oktober 1941 In Yitzhak Arad Hrsg The Einsatzgruppen Reports New York 1989 S 168 Anklage gegen Einsatzgruppe C Anklagepunkt D In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 18 Bericht der Kommission zur Uberprufung der Ausstellung Vernichtungskrieg Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944 Memento vom 21 Oktober 2013 im Internet Archive pdf S 55 ff abgerufen am 8 Oktober 2015 Anklage gegen Einsatzgruppe C Anklagepunkt J In Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV District of Columbia 1950 S 19 Dieser Anklagepunkt stutzt sich als Beweisstuck auf den Tatigkeits und Lagebericht der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR Nr 156 vom 16 Januar 1942 In Yitzhak Arad Hrsg The Einsatzgruppen Reports New York 1989 S 281 Trials of War Criminals Before the Nuernberg Military Tribunals Under Control Council Law No 10 Vol IV United States of America vs Otto Ohlendorf et al Case 9 Einsatzgruppen Case District of Columbia 1950 S 526 529 Laut einer Materialsammlung PDF 8 2 MB einer Landsberger Burgerinitiative wurde Blobel auf dem zum Gefangnis Landsberg gehorenden Spottinger Friedhof beigesetzt Laut einem zeitgenossischen Bericht im Spiegel wurde Blobels Leichnam von seiner Witwe zu deren Wohnort uberfuhrt und dort beigesetzt Von den sieben Hingerichteten vom 7 Juni 1951 seien nur Pohl und Naumann auf dem Spottinger Friedhof bestattet Mr Brit ist eingetroffen In Der Spiegel Nr 24 1951 S 12 online 13 Juni 1951 Normdaten Person GND 119530090 lobid OGND AKS VIAF 72206000 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Blobel PaulALTERNATIVNAMEN Blobel Wilhelm Hermann Paul vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher SS Offizier und EinsatzgruppenkommandeurGEBURTSDATUM 13 August 1894GEBURTSORT PotsdamSTERBEDATUM 7 Juni 1951STERBEORT Landsberg am Lech Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paul Blobel amp oldid 237872197