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Nemesis ist der Name eines hypothetischen Begleiters der Sonne der als Brauner Zwerg oder Zwergstern die Sonne in einer Entfernung von etwa einem bis drei Lichtjahren umlaufen soll Die Hypothese soll eine Erklarungsmoglichkeit fur eine mogliche Periodizitat von Kometeneinschlagen und Artensterben auf der Erde bieten Mit den im 21 Jahrhundert verfugbaren Daten von Himmelsdurchmusterungen kann die Existenz eines solchen Himmelskorpers innerhalb des Beobachtungshorizontes weitgehend ausgeschlossen werden Allerdings lassen neuere Erkenntnisse vermuten dass sonnenahnliche Sterne in der Regel paarweise entstehen Einzelsterne wie die Sonne waren die Folge aufgebrochener Binarsysteme 1 Ein moglicher Begleitstern wie Nemesis konnte das System dann so weit verlassen haben dass er dem Ursprungssystem nicht mehr zuzuordnen ware Der Name geht auf Nemesis die Gottin des gerechten Zorns und der Vergeltung in der griechischen Mythologie zuruck Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung der Hypothese 2 Nemesis als Brauner Zwerg oder Zwergstern 3 Gegenargumente 4 Alternative Theorie 5 Trivia 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseUrsprung der Hypothese BearbeitenPostuliert wurde Nemesis unter anderem von dem insbesondere durch popularwissenschaftliche Bucher bekannten Physiker Richard A Muller Dieser wurde dazu von Walter Alvarez 2 dem Begrunder der Hypothese die Dinosaurier seien durch die Folgen eines Kometeneinschlags auf der Erde ausgestorben angeregt Da die Meteoritenkrater auf der Erde eine eventuell ubereinstimmende Altersstufung zeigen bezieht Alvarez diese Hypothese zumindest mit in seine Uberlegungen ein David M Raup und J John Sepkoski untersuchten 1984 die fruheren Artensterben auf der Erde und ordneten diese zeitlich ein 3 Dabei kamen sie zu dem Ergebnis dass es regelmassig zu Massenaussterben kam deren zeitliche Abstande zwischen 26 und 33 Millionen Jahren liegen Als Ausgangspunkt fur die meisten theoretischen Rechnungen dient eine Periode von etwa 27 Millionen Jahren In etwa demselben zeitlichen Abstand traten vermehrt Kometeneinschlage auf sodass ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen vermutet wurde In der Folgezeit wurde nun nach einer Ursache fur die periodisch gehauften Kometeneinschlage gesucht Eine Erklarung dafur liefert ein moglicherweise existierender Begleiter der Sonne welcher in regelmassigen zeitlichen Abstanden die Oortsche Wolke durchquert und mit seinem Schwerefeld die Bahnen der dort befindlichen Kometen verandert Solche Kometen bewegen sich dann in die inneren Bereiche des Sonnensystems wo es auf Grund der vergrosserten Kometenzahl statistisch auch haufiger zu Einschlagen auf Planeten kommt Dieser hypothetische Sonnenbegleiter wurde Nemesis genannt Allerdings werden diese Ergebnisse prinzipiell angezweifelt da bei einem Messfehler von zehn Prozent schon nach 320 Millionen Jahren die in Frage kommende Periodenlange innerhalb des Messfehlers liegt und es andererseits bislang nicht den geringsten Hinweis auf diesen Stern gibt der durch uberprufbare direkte Beobachtungen gestutzt wurde Nemesis als Brauner Zwerg oder Zwergstern BearbeitenSollte ein Himmelskorper fur die periodisch wiederkehrende erhohte Kometenanzahl verantwortlich sein besitzt dieser physikalische Parameter Seit dem Aufkommen der Theorie hat man versucht diese so weit wie moglich mit Hilfe der bekannten physikalischen Gesetze und der existierenden Beobachtungen einzugrenzen Davis Hut und Muller 4 5 beschreiben den hypothetischen Begleiter der Sonne als Braunen Zwerg auf einer Umlaufbahn mit durchschnittlicher Exzentrizitat und seinem Perihel in der Oortschen Wolke Diese wird bei jedem Durchlauf von Nemesis gestort wodurch jeweils mehr als 109 Kometen auf Umlaufbahnen abgelenkt werden die sie ins innere Sonnensystem fuhren wo etwa zehn bis 200 von ihnen auf der Erde einschlagen Die Annahme die vermehrten Einschlage auf der Erde wurden durch von der Sonne eingefangene Kometen verursacht wurde verworfen da es mit diesem Modell uberaus schwierig ist auf stabile Perioden zu kommen Ausserdem legt die Analyse von Einschlagkratern Objekte mit Ursprung im Sonnensystem nahe Das Modell von Jackson und Whitmire 6 stimmt im Wesentlichen mit dem Obigen uberein Allerdings erhalten sie eine Exzentrizitat e 0 9 was noch mehr als bei Davis Hut und Muller Anlass fur Kritik war Elliptische Umlaufbahnen erfordern namlich mit steigender Exzentrizitat eine immer bessere Abstimmung des Drehimpulses mit der Bahn da sie sonst nicht stabil sind Laut den von Weinberg Shapiro und Wasserman 7 8 durchgefuhrten numerischen Untersuchungen haben solche schwach gekoppelten Doppelsternsysteme mit den benotigten Eigenschaften grosse Halbachse ca 10 000 Astronomische Einheiten und 27 Millionen Jahren Umlaufzeit eine zwar geringe aber nicht vernachlassigbare Wahrscheinlichkeit Diese Simulationen berucksichtigen die Storungen durch vorbeiziehende Sterne und interstellare Gaswolken ebenso wie die Struktur der Gaswolken und auch die galaktischen Gezeitenkrafte Varum Bhalerao und M N Vahia 9 haben sich der Frage nach der grosstmoglichen Masse von Nemesis gewidmet Ausgehend von einem Zusammenhang zwischen den gehauften Kometeneinschlagen auf der Erde und einem Objekt das eine Storung in der Oortschen Wolke hervorruft wurde diesem Objekt eine Umlaufzeit von 27 Millionen Jahren zugeordnet nbsp Lagrange PunkteAls Ursache fur die auftretenden Storungen die zu einer erhohten Kometenanzahl fuhren wird angenommen dass die Bahnen dieser Kleinkorper gestort werden wenn sie in die Nahe des ersten Lagrange Punktes kommen der zwischen Sonne und Nemesis liegt Ausgehend davon soll die Leuchtkraft des Sterns ermittelt werden Dazu wird angenommen dass Nemesis etwa so alt ist wie die Sonne wodurch wesentlich schwerere Sterne ausgeschlossen werden konnen da diese eine signifikant kurzere Lebenszeit besitzen und auf Grund ihrer hoheren Leuchtkraft auch schon entdeckt worden waren Auch Neutronensterne und Schwarze Locher konnen ausgeschlossen werden da sie durch Akkretion eine relativ hohe Leuchtkraft besitzen Auf der Grundlage dieser Annahmen wurden numerische Simulationen durchgefuhrt um die Parameter von Nemesis weiter eingrenzen zu konnen Die dabei entstandenen Kurven der Leuchtkraft in Abhangigkeit von der Masse wurden mit den bisherigen Beobachtungen verglichen Da der Tycho 2 Katalog bis m 11 0 und der Guide Star Catalog II bis J 19 5 komplett sind kann man davon ausgehen dass Nemesis eine geringere Leuchtkraft hat da sie bis jetzt nicht beobachtet wurde Dies fuhrt zu einer oberen Grenzmasse die bei etwa 44 Jupitermassen liegt Der Einfluss der angenommenen Periode auf diesen Wert ist sehr gering Allerdings konnte eine stark elliptische Bahn deren Perihel in Sonnennahe liegt noch eine Abweichung von maximal 47 Jupitermassen hervorrufen da die Leuchtkraft noch einmal um 0 045 L sinken wurde wenn sich der Stern gerade im Aphel befindet E R Harrison 10 untersuchte Pulsare und deren Rotationsperiode Diese sinkt mit zunehmendem Alter des Pulsars Dabei stiess er auf eine Gruppe deren Periode ungewohnlich langsam abnimmt Eine Erklarung hierfur ware ein Begleiter der Sonne der den Schwerpunkt des Sonnensystems beschleunigt Harrison vermutete es konnte sich um einen Weissen Roten oder sogar um einen Schwarzen Zwerg heute als Brauner Zwerg bezeichnet handeln Gegenargumente BearbeitenHenrichs und Staller 11 beschaftigten sich mit Harrisons Hypothese und fanden verschiedene Argumente die diese widerlegten Zum einen wurde ein solches Objekt die Bewegung der Planeten storen Longitudinale Abweichungen in der Neptunbahn lassen sich beispielsweise nicht mit dieser Theorie erklaren und sprechen sogar eher gegen diese Zum anderen kann ein Brauner Zwerg auch ausgeschlossen werden da er wenn er existiert im infraroten Bereich etwa die Leuchtkraft von Beteigeuze hatte und somit schon entdeckt worden ware speziell bei der Durchmusterung des gesamten Himmels durch die 2009 von der NASA gestartete WISE Mission mit ihrem satellitengestutzten IR Teleskop Ahnliches gilt auch fur einen Roten und einen Weissen Zwerg Nemesis konnte diesen Beobachtungen entgangen sein wenn sie ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern ware Dies wird jedoch von allen drei Wissenschaftlern als sehr unwahrscheinlich eingeschatzt Neuere Veroffentlichungen stellen die Erklarung einer 27 Millionen Jahre Periodizitat in den Aussterberaten durch einen Nemesis artigen Himmelskorper in Frage unter anderem da die Bahn eines so weit von der Sonne entfernten Himmelskorpers zu sehr Storungen durch benachbarte Sterne und durch galaktische Gezeiteneffekte ausgesetzt sei um uber 500 Millionen Jahre hinweg eine genugend konstante Umlaufzeit aufzuweisen 12 Auch wird die tatsachliche Existenz der Aussterbedaten Periodizitat selbst in Frage gestellt die lediglich ein statistisches Artefakt sei 13 14 Beide Argumentationen entziehen jede fur sich der Nemesis Hypothese ihre Grundlage Alternative Theorie BearbeitenLaut Victor Clube Universitat Oxford und William Napier Universitat Cardiff ist das Modell von Davis Hut und Muller in von interstellaren Gaswolken dominierten Umgebungen instabil Berucksichtige man namlich die von den Gaswolken verursachten gravitativen Storungen der stark elliptischen Nemesisbahn so verkurze sich die grosse Halbachse schon nach wenigen Umlaufen auf 100 Astronomische Einheiten Weiterhin sei das Modell ausser Phase und es sei eine zusatzliche Periodizitat mit etwa 250 Millionen Jahren bekannt Clube und Napier gehen deshalb von der Annahme aus dass sich das Sonnensystem periodisch durch eine Schicht extrasolarer Objekte bewege 15 Diese Trummerschicht liege in der Ebene der Milchstrasse Diese Annahme liefert eine Periode in der richtigen Grossenordnung namlich etwa 35 Millionen Jahre Lisa Randall vertritt in einem Buch die These dass eine solche schichtformige Massenansammlung in der galaktischen Ebene durch kollabierte dunkle Materie erzeugt ware 16 17 Davis Hut und Muller bemangeln an dieser Hypothese nun ihrerseits eine Phasenverschiebung Die Sonne befinde sich zur Zeit nahe der galaktischen Ebene aber die letzte Ausloschung liege etwa elf Millionen Jahre also nur eine halbe Periode zuruck Trivia BearbeitenDieses Thema wurde in dem Science Fiction Roman Nemesis aus dem Jahre 1989 von Isaac Asimov aufgegriffen Siehe auch BearbeitenGrosses Bombardement Liste der hypothetischen Himmelskorper des SonnensystemsEinzelnachweise Bearbeiten Robert Sanders New evidence that all stars are born in pairs In Berkeley News University of California Berkeley 13 Juni 2017 abgerufen am 27 Oktober 2017 englisch sunlike stars are not primordial They are the result of the breakup of binaries We are saying yes there probably was a Nemesis a long time ago Walter Alvarez Richard A Muller Nature April 1984 S 718 ff David M Raup J John Sepkoski Jr Periodicity of extinctions in the geologic past PDF In Proc Natl Acad Sci USA vol 81 S 801 805 Feb 1984 11 Oktober 1983 abgerufen am 7 April 2016 englisch Marc Davis Piet Hut Richard A Muller Nature April 1984 Seite 715 ff Marc Davis Piet Hut Richard A Muller Nature Februar 1985 Seite 503 Daniel P Whitmire Albert A Jackson IV Nature April 1984 Seite 713 Martin D Weinberg Stuart L Shapiro Ira Wasserman 1986 Icarus 65 Seite 27 ff Martin D Weinberg Stuart L Shapiro Ira Wasserman The Astrophysical Journal 312 Januar 1987 Seite 367 ff Varum Bhalerao M N Vahia 2005 Bull Astr Soc India 33 Seite 27 ff E R Harrison Nature November 1977 Seite 324 ff H F Henrichs R F A Staller Nature Mai 1978 Seite 132 ff Adrian L Melott Richard K Bambach Nemesis Reconsidered In Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters Vol 407 2010 S L99 L102 doi 10 1111 j 1745 3933 2010 00913 x arxiv 1007 0437 bibcode 2010MNRAS 407L 99M englisch Nemesis is a myth Max Planck Gesellschaft 1 August 2011 abgerufen am 5 April 2016 C A L Bailer Jones F Feng Evidence for periodicities in the extinction record Response to Melott amp Bambach 7 Juli 2013 arxiv 1307 4266 Did the solar system bounce finish the dinosaurs Cardiff University 2 Mai 2008 abgerufen am 2 November 2017 Pressemitteilung Originalartikel J T Wickramasinghe und W M Napier Impact cratering and the Oort Cloud In Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Band 387 Nr 1 11 Juni 2008 doi 10 1111 j 1365 2966 2008 13098 x Open Access Lisa Randall Dark Matter and the Dinosaurs The Astounding Interconnectedness of the Universe Ecco 2015 Nicola Davis Dark matter and dinosaurs meet Lisa Randall America s superstar scientist The Guardian 12 Januar 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nemesis Stern amp oldid 238322573