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Der Mykonos Granit auch Mykonos Lakkolith ist ein zusammengesetzter syntektonischer Granitoid der im Mittleren Miozan Serravallium vor 13 5 Millionen Jahren BP in Form eines Lakkolithen in die Paragneise und Glimmerschiefer des migmatitischen Grundgebirges der nordlichen Kykladen intrudierte 1 Die Abkuhlung des Plutons von 680 auf 60 C erfolgte uber den Zeitraum 13 bis 9 Millionen Jahre Serravallium bis Tortonium Geologisch hat er Anteil an der domartigen Aufwolbung eines Metamorphen Kernkomplexes dem Metamorphen Kernkomplex von Mykonos Der Kernkomplex wurde mittels einer riesigen Abscherung dem Nordkykladischen Abschersystem im Zeitraum 14 bis 10 Millionen Jahre BP Serravallium bis Tortonium entlastet und tauchte dadurch rund 8 Kilometer auf 2 Inhaltsverzeichnis 1 Geologischer Rahmen 2 Vorkommen 3 Mineralogie 4 Chemische Zusammensetzung 5 Petrologie 6 Magmenursprung 7 Raumliche Organisation 8 Gefuge 9 Vererzung 10 Geodynamik 11 EinzelnachweiseGeologischer Rahmen Bearbeiten nbsp Der Mykonos Granit bei Kapari auf Mykonos Im Hintergrund ist Delos zu erkennen Der Archipel der Kykladen liegt im Zentrum der Agais Nach einer Phase der orogenen Krustenverdickung durch Deckentektonik wahrend des Eozans setzte ab dem Oligozan Krustendehnung im damaligen Backarc Becken ein da die nach Norden subduzierende Unterstromung engl Hellenic slab jetzt schneller nach Suden zuruckwich 3 Diese Dehnungsphase wurde von der Entstehung mehrerer Metamorpher Kernkomplexe mitsamt deren Abscherhorizonten begleitet 4 Durch die Dekompression kam es zur Bildung granitischer Magmen Anatexis die in Gestalt von Plutonen in Druckschatten angesaugt wurden Trotz der Intrusionen und der intensiven Wiederaufarbeitung durch Abscherungen kann der ursprungliche Deckenstapel aber immer noch rekonstruiert werden und gliedert sich wie folgt vom Hangenden zum Liegenden 5 Obere Kykladendecke Kykladische Blauschiefereinheit Kykladisches GrundgebirgeDie Obere Kykladendecke im Hangenden besteht vorwiegend aus Ophiolithen und fuhrt keinerlei tertiare Paragneise Die kykladischen Blauschiefer im mittleren Abschnitt des Deckenstapels sind aus Metapeliten Marmoren und Metabasiten zusammengesetzt die eine komplexe metamorphe Entwicklung erfahren haben Ihre jetzt als Paragneise vorliegenden Anteile bekunden eine eozane Hochdruck Niedrigtemperatur Metamorphose HP LT die im Verlauf des Oligozans und Miozans von einer Niedrigdruck Hochtemperatur Metamorphose HT LP uberpragt wurde 6 Im amphibolitfaziellen kykladischen Grundgebirge metamorphosiert vorwiegend im Oligozan und Miozan mit nur sparlichen Uberresten der eozanen Hochdruckphase kam es zu partiellem Aufschmelzen 7 verantwortlich unter anderem fur die Entstehung des Mykonos Granits Wann genau der Ubergang von der Kompressions zur Dehnungstektonik erfolgt war wird nach wie vor umstritten in Frage kommt jedenfalls der Zeitraum 35 bis 30 Millionen Jahre BP Priabonium bis Rupelium Vorkommen BearbeitenDer Mykonos Granit unterlagert grosse Teile von Mykonos und Delos ein kleineres Vorkommen befindet sich auch auf Rinia Geodynamisch durchaus vergleichbare miozane Granitoide intrudierten beim attischen Laurion auf Serifos Tinos Naxos Keros Ikaria Thera Kos und Samos sowie bei Bodrum in der Turkei Diese Intrusionen bilden ein geochemisches Kontinuum mit Granodioriten basisch im Westen Graniten im Zentrum und Monzograniten sauer im Osten 8 Mineralogie BearbeitenMineralogisch fuhrt der Mykonos Granit als Hauptminerale Quarz 18 bis 42 Volumenprozent Plagioklas 35 bis 66 Volumenprozent Orthoklas Megakristalle 34 bis 64 Volumenprozent Aluminium armen Biotit und untergeordnet grune Hornblende Als Akzessorien fungieren Magnetit Sphen rotbrauner pleochroischer Allanit Apatit Zirkon und Uranothorianit In feinkornigen mafischen Einschlussen tritt neben Biotit und Hornblende auch Klinopyroxen auf Die Granodiorite enthalten Orthopyroxen Der Plagioklas ist ein Oligoklas bzw Andesin mit der Zusammensetzung An43 19Ab55 79Or2 1 der Orthoklas ist Albit reich und zeigt die Zusammensetzung Or81 93Ab17 6An2 1 Der Biotit fuhrt 3 3 bis 4 3 Gewichtsprozent TiO2 mit XMg 0 46 0 39 Die Hornblende hat ein Na K Verhaltnis von 2 6 bis 1 3 mit XMg 0 51 0 39 Chemische Zusammensetzung BearbeitenDie folgende Tabelle der Hauptelemente soll die Variationsbreite in den chemischen Zusammensetzungen des Mykonos Granits verdeutlichen 8 OxidGew Quarz Monzonit Delos Granodiorit Granit AplitgangSiO2 64 70 68 00 73 40 75 80TiO2 0 79 0 57 0 27 0 10Al2O3 15 80 15 20 13 60 12 80Fe2O3 0 49 0 61 0 32 0 63FeO 3 43 2 20 1 01 0 29MnO 0 08 0 05 0 02 0 02MgO 1 39 1 24 0 34 0 05CaO 3 65 3 62 1 85 0 92Na2O 3 26 3 09 2 63 2 74K2O 4 87 4 11 5 35 5 64P2O5 0 25 0 14 0 07 0 02H2O 0 47 0 65 0 55 0 36Mg 0 42 0 47 0 48 0 10A F 0 14 0 08 0 24 1 69Petrologie BearbeitenPetrologisch handelt es sich beim Mykonos Granit um einen kaliumreichen peralkalischen hypaluminosen bis normal aluminosen Granit des I Typus in dem sich vier unterschiedliche Fazies unterscheiden lassen Syenogranit Leukogranit Biotit fuhrender Monzogranit Porphyrischer Monzogranit Biotit und Hornblende fuhrender Monzogranit Porphyrischer Granodiorit Pyroxen Granodiorit Manche Gesteinsproben konnen im TAS Diagramm bereits als Quarz Monzonit klassifiziert werden Daneben treten sehr SiO2 reiche hyperaluminose Aplitgange auf Die Zonierung im Mykonos Granit ist invers d h die mafischen Fazies wie beispielsweise der Pyroxen Granodiorit befinden sich im Zentrum des Plutons wohingegen der helle Syenogranit nur am Rand zu beobachten ist 9 Dies lasst auf eine mehrphasige Platznahme schliessen die in mehreren Magmenschuben erfolgte Magmenursprung BearbeitenNiedrige Initialwerte von ϵNd I von 7 43 bis 9 18 hohe Initialwerte von 87Sr 86Sr I von 0 709829 bis 0 711015 sowie d18O Werte zwischen 10 2 und 11 5 lassen einen Krustenursprung der Magmen vermuten Weder die Isotopen noch die geochemischen Werte benotigen eine juvenile Mantelkomponente als Erklarung Dennoch steht das Aufschmelzen unter Wasserentzug von intensiv verwitterten Metasedimenten beispielsweise Metapelite oder aluminiumreiche Grauwacken im Widerspruch zu den vorgefundenen hohen Molekularquotienten von CaO MgO FeOtot zu den recht hohen Na2O Werten zu den niedrigen Molekularquotienten K2O Na2O und zu den niedrigen Rb Sr Verhaltnissen 1 046 bis 2 701 Die Magmenquelle durfte daher wahrscheinlich in metamorphen Magmatiten und oder in metamorphen aluminiumarmen Grauwacken zu suchen sein 8 Fur Stouraiti und Kollegen 2010 entstand das Magma durch partielles Aufschmelzen eines Biotit fuhrenden Gneises dessen metasedimentarer Protolith den Metagrauwacken Rinias ahnelt 10 Raumliche Organisation Bearbeiten nbsp Die Nordkuste von Delos im Vordergrund die migmatitischen Paragneise des Grundgebirges im Hintergrund der auflagernde Mykonos GranitDer Mykonos Granit ist eine asymmetrische einem Lakkolithen ahnelnde Intrusion mit einer recht flachen und konkordanten Unterseite 11 Er besitzt generell eine deutlich ausgebildete in Nordrichtung streichende Foliation die nur schwach nach Osten einfallt Die in der Foliationsebene liegenden Lineationen Strecklineare fallen ebenfalls nur massig nach Osten ein zeigen aber im Ostteil von Mykonos eine sukzessive Drehung in die Nordostrichtung Das Innere des Lakkolithen wird von zahlreichen geschichteten Intrusionen aufgebaut Seine Wurzelzone liegt ausserhalb des Hauptkorpers auf Rinia und Delos Der sich in Ostnordost Richtung anschliessende elliptische schurzenartige Hauptkorper mit N 070 streichender Langsachse nimmt den Grossteil von Mykonos ein Die Platznahme erfolgte an der Grenze zwischen dem kykladischen Grundgebirge und den kykladischen Blauschiefern und drang dann in die Blauschiefer auf erkennbar an Glimmerschieferlagen in der Nahe des basalen Kontaktes sowie an Glimmerschiefer Xenolithen im Lakkolith selbst Das Plutondach erreichte die Obere Kykladendecke wobei das Wachstum des Plutons wahrscheinlich durch sukzessives Aufblahen erfolgt war Das pulsartige Anwachsen lasst sich im Hauptkorper anhand einer mineralogischen Zonierung mit scharfen Grenzen und am Schichtkomplex von Delos am Sudwestrand des Plutons gut erkennen Einschlusse von sauren in mehr basischen Graniten lassen darauf schliessen dass die basischen Magmen erst spater aufgedrungen waren Da basische Magmen auch den Boden des Lakkoliths bilden mussen sie auch dort erst spater eingestromt sein 12 Die Gesamtmachtigkeit des Plutons kann nicht direkt ermittelt werden anhand von massstabsgetreuen Profilen kann jedoch von zwei bis drei Kilometer ausgegangen werden Sein Gesamtvolumen wird auf 150 Kubikkilometer geschatzt Laut de Saint Blanquat und Kollegen 2010 dauerte die Platznahme nicht mehr als 10 000 Jahre 13 Gefuge Bearbeiten nbsp Leukogranit beim neuen Hafen von MykonosDer Mykonos Lakkolith besitzt ein primares sehr deutliches magmatisches Gefuge das protomylonitisch und mylonitisch uberpragt wird Mit Annaherung an das Abschersystem im Dach des Plutons nimmt die mylonitische Verformung spurbar zu 14 Das Nordkykladische Abschersystem hat sich hier in die untere duktile Livada Abscherung und die nur kurz daruberliegende sprode Mykonos Abscherung aufgespalten Der Bewegungssinn des Hangenden an den beiden Abscherungen geht eindeutig nach Nordost Strecklineare im Granit bekunden eine Rotation gegen den Uhrzeigersinn sie zeigen beispielsweise auf der Apollonia Halbinsel nach Ost N 090 und drehen dann uber N 060 auf N 030 in der Nahe des Abschersystems entlang der Nordostkuste Dies kontrastiert mit anderen Kykladeninseln deren Strecklineare vorwiegend N 020 bis N 030 orientiert sind und kann mit einer Blockrotation von Mykonos gegenuber dem regionalen Spannungsfeld in Nordnordostrichtung erklart werden 14 Die Livada Abscherung hat den Kontaktbereich zwischen dem Mykonos Granit und den grunschieferfaziellen Metabasiten der Oberen Kykladendecke wiederaufgearbeitet Uber der Mykonos Abscherung folgen etwa 5 bis 10 Meter machtige Kataklasite und daruber eingeschoben auf einer flachabschiebenden Verwerfung syntektonische Sedimente Brekzien des Neogens spates Miozan Vererzung BearbeitenDas Abschersystem im Dachbereich des Plutons ist mit vormals abgebauten hydrothermalen Vererzungen verknupft die in zwei Grundtypen unterteilt werden konnen Goldvererzungen Barytvererzungen Die Goldvererzungen betrafen die Kataklasite und werden von hydrothermalem Quarz Baryt und primaren Sulfiden wie beispielsweise silberhaltigen Bleiglanz begleitet Die Barytvererzungen ereigneten sich in Nordwest Sudost streichenden Spalten und Adern die bis in den Granit reichen Neben Baryt enthalten sie Basismetallsulfide die in hoheren Lagen zu Eisenhydroxiden und oxiden sowie zu Kupfermineralen wie Anglesit und Cerussit oxidiert wurden Anhand hydrothermaler Chlorite konnte der Zeitraum der Vererzungen auf 11 bis 10 Millionen Jahre BP beginnendes Tortonium festgelegt werden wobei die Temperaturen bei 280 bis 200 C lagen 15 Geodynamik BearbeitenBis zum Einsetzen der hydrothermalen Vererzungen um 11 Millionen Jahren BP war der Mykonos Granit einem von reiner Dehnung in Nordnordostrichtung beherrschten Spannungsfeld s1 vertikal s2 N 120 s3 N 030 ausgesetzt erklarbar durch die nach Suden zuruckweichende Subduktionsstromung Mit dem Verlassen des duktilen Bereichs bei zirka 280 C nahm das Spannungsfeld aber einen zunehmend kompressiven Charakter an Es bildeten sich oberhalb des Mykonos Abscherungsniveaus aufgrund einer jetzt Ostsudost orientierten Hauptspannung s1 N 120 zuerst Nordwest Sudost streichende Seitenverschiebungen die einige der Erzgange reaktivierten und sodann kleinere Aufschiebungen Die Dehnung in Nordnordostrichtung blieb dennoch weiterhin bestehen da es nur zu einer Rotation und damit zu einer Vertauschung der beiden Spannungskomponenten s1 und s2 gekommen war Das Entstehen der Kompressionskomponente s1 in ostlicher Richtung um 10 Millionen Jahre BP ist sehr wahrscheinlich auf die beginnende Westwartsdrift des Anatolien Blocks zuruckzufuhren der ab 6 Millionen Jahren BP Messinium an seiner Nordbegrenzung der rechtsverschiebenden Nordanatolischen Verwerfung entlang glitt und uber die Dardanellen in den Agaisraum vordrang und ihn einengte Die Ost West Kompression in der nordlichen Agais besteht selbst heute noch wie GPS Daten bezeugen 16 Einzelnachweise Bearbeiten Brichau S u a Timing slip rate displacement and cooling history of the Mykonos detachment footwall Cyclades Greece and implications for the opening of the Aegean Sea basin In Journal of the Geological Society of London Band 165 2008 S 263 277 Lecomte E u a Geometry and kinematics of Mykonos detachment Cyclades Greece evidence for slip at shallow dip In Tectonics Band 29 2010 S 22 Vanderhaeghe O u a Penrose conference extending a continent Naxos Field guide In G Lister M Forster und U Ring Inside the Aegean Metamorphic Core Complexes Hrsg Journal of the Virtual Explorer Band 27 2007 doi 10 3809 jvirtex 2007 00175 Mehl C u a Structural evolution of Andros island Cyclades Greece a key to the behaviour of a flat detachment within an extending continental crust In T Taymaz Y Dilek und Y Ylmaz The Geodynamics of the Aegean and Anatolia Hrsg Geol Soc Lond Spec Publ Band 291 2007 S 41 73 Jolivet L u a Progressive strain localisation boudinage and extensional metamorphic complexes the Aegean Sea case In D L Whitney C Teyssier und C S Siddoway Gneiss Domes in Orogeny Hrsg Geological Society of America Special Paper Band 380 2004 S 185 210 Trotet F u a Tectono metamorphic evolution of Syros and Sifnos islands Cyclades Greece In Tectonophysics Band 338 2001 S 179 206 Altherr R u a A Late Oligocene Early Miocene high temperature belt in the anticycladic crystalline complex SE Pelagonian Greece In Geologisches Jahrbuch Band 23 1982 S 97 164 a b c Altherr R und Siebel W I type plutonism in a continental back arc setting Miocene granitoids and monzonites from the central Aegean Sea Greece In Contrib Mineral Petrol Band 143 2002 S 397 415 doi 10 1007 s00410 002 0352 y Lucas I Le pluton de Mykonos Delos Rhenee Cyclades Grece un exemple de mise en place synchrone de l extension crustale Doktorarbeit Orleans 1999 S 491 Stouraiti C u a Geochemistry and petrogenesis of late Miocene granitoids Cyclades southern Aegean Nature of source components In Lithos Band 114 2010 S 337 352 doi 10 1016 j lithos 2009 09 010 Roman Berdiehl T u a Analogue models of laccolith formation In Journal of Structural Geology Band 17 1995 S 1337 1346 Menand T The mechanics and dynamics of sills in layered elastic rocks and their implications for the growth of laccoliths and other igneous complexes In EPSL Band 267 2008 S 93 99 de Saint Blanquat M u a Multiscale magmatic cyclicity duration of pluton construction and the paradoxical relationship between tectonism and plutonism in continental arcs In Tectonophysics 2010 doi 10 1016 j tecto 2009 12 009 a b Denele Y u a Granite intrusion in a metamorphic core complex The example of the Mykonos laccolith Cyclades Greece In Tectonophysics Band 501 2011 S 52 70 doi 10 1016 j tecto 2011 1001 1013 Menant A u a The North Cycladic Detachment Sdxdsystem and associated mineralization Mykonos Greece Insights in the evolution of the Aegean domain In Tectonics Band 32 2013 S 433 452 Le Pichon X und Kreemer C The Miocene to present kinematic evolution of the Eastern Mediterranean and Middle East and its implications for dynamics In Annu Rev Earth Planet Sci Band 38 2010 S 323 351 doi 10 1146 annurev earth 040809 152419 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mykonos Granit amp oldid 205671377