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Die Ministeranklage ist ein Instrument Minister fur Rechts oder Verfassungsverstosse in ihrer Amtszeit strafrechtlich zu verfolgen Es geht um Amtspflichtverletzungen nicht um private Straftaten der Minister Ein ahnliches Instrument ist die Abgeordnetenanklage gegen Parlamentsabgeordnete Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Verfahren 3 Konkrete Regelungen 4 Historische Beispiele 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten Hauptartikel Ministerverantwortlichkeit Minister waren historisch Ausfuhrungsorgane des Monarchen Die Unverletzlichkeit des Monarchen schutzte sie vor Anklagen zumindest solange sie das Vertrauen des Monarchen hatten Im Fruhkonstitutionalismus ab Ende des 18 und Anfang des 19 Jahrhunderts anderte sich das Verhaltnis von Minister und Monarch grundlegend Nun bedurften Gesetze der Gegenzeichnung des Ministers Lehnte der Minister ein Gesetz ab so konnte der Monarch ihn nur entlassen um so das Gesetz zu erzwingen Umgekehrt entstand eine politische Ministerverantwortlichkeit Zeichnete der Minister gegen so war er fur das Regierungshandeln mit verantwortlich Da das Verhalten des Ministers auch gegen Gesetze oder Verfassung verstossen konnte entstand die Forderung nach der Moglichkeit einer Ministeranklage so zum Beispiel als Teil der Marzforderungen Mit der zunehmenden Parlamentarisierung wuchs auch die parlamentarische Kontrolle Teil dieser war auch die Moglichkeit der Parlamente Minister anklagen lassen zu konnen Im Laufe des 19 Jahrhunderts wurden zunehmend in den Verfassungen Moglichkeiten der Ministeranklage geschaffen im 20 Jahrhundert war dies weitverbreitet Verfahren BearbeitenIm Vergleich zu einem normalen Strafverfahren hat die Ministeranklage deutliche Besonderheiten Zunachst einmal war der Anklager typischerweise der Staatsanwalt nicht ausreichend unabhangig von der Regierung Die Moglichkeit der Regierung Ermittlungen und Anklagen gegen sich selbst zu verhindern erforderte ein Ministerklagerecht von unabhangigen Stellen typischerweise dem Parlament Umgekehrt war das Parlament bei Konflikten mit der Regierung kein neutraler Anklager sondern Partei Vielfach wird daher eine qualifizierte Mehrheit im Parlament fur die Ministeranklage gefordert Ministeranklagen standen daher immer in der Gefahr ein politisches Instrument zu sein Auch das Gericht das die Ministeranklage behandeln sollte stand im gleichen Spannungsfeld Daher wurden sehr unterschiedliche Formen gewahlt So kann das Verfassungsgericht diese Rolle ubernehmen das Oberste Gericht oder ein Spezialgericht Dieses kann aus Richtern aus vom Parlament bestimmten Politikern oder Mischungen aus beidem bestehen Konkrete Regelungen BearbeitenStaat Bundesland Bedingungen fur Ministeranklage Zustandiges Gericht Rechtsgrundlage AnmerkungDanemark Antragsteller kann der Konig oder das Folketing sein Rigsretten besteht aus den 15 dientsaltesten obersten Richtern und 15 vom Parlament bestimmten Mitgliedern 13 GrundlovenDeutschland Das Grundgesetz sieht keine gesonderte Regelung fur eine Ministeranklage vor Art 61 GG enthalt eine vergleichbare Regelung fur die Anklage des Bundesprasidenten Prasidentenanklage 1 Gesetzesverstosse von Ministern konnen jedoch auf dem ordentlichen Gerichtsweg verfolgt werden Osterreich Der Nationalrat kann gegen Mitglieder der Bundesregierung wegen schuldhafter Gesetzesverletzung Anklage erheben Der Beschluss erfolgt mit einfacher Mehrheit es muss aber mehr als die Halfte aller Abgeordneten anwesend sein 2 Verfassungsgerichtshof Art 142 Bundes Verfassungsgesetz 3 Baden Wurttemberg Die Mitglieder der Regierung konnen wegen vorsatzlicher oder grobfahrlassiger Verletzung der Verfassung oder eines anderen Gesetzes auf Beschluss des Landtags von Baden Wurttemberg vor dem Verfassungsgerichtshof angeklagt werden Verfassungsgerichtshof Art 57 Verfassung des Landes Baden Wurttemberg 4 Bayern Die Anklage gegen ein Mitglied der Staatsregierung ist darauf gerichtet dass die Verfassung oder ein Gesetz von ihm vorsatzlich verletzt worden ist Die Erhebung der Anklage erfolgt durch den Bayerischen Landtag auf Antrag von einem Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl und bedarf einer Zweidrittelmehrheit dieser Zahl Bayerischer Verfassungsgerichtshof Art 68 Verfassung des Freistaates Bayern 5 Bremen Die Mitglieder des Senats konnen wegen vorsatzlicher Verletzung der Verfassung auf Beschluss der Burgerschaft vor dem Staatsgerichtshof angeklagt werden wenn zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Burgerschaft anwesend sind und wenigstens zwei Drittel der Anwesenden mindestens aber die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl zustimmen Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen Art 111 Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen 6 Hessen Der Hessische Landtag kann jedes Mitglied der Landesregierung vor dem Staatsgerichtshof anklagen dass es schuldhaft die Verfassung oder die Gesetze verletzt habe Der Antrag auf Erhebung der Anklage muss von mindestens 15 Mitgliedern des Landtags unterzeichnet sein und bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder Staatsgerichtshof des Landes Hessen Art 115 Verfassung des Landes Hessen 7 Nordrhein Westfalen Der Beschluss auf Erhebung der Anklage gegen den Ministerprasidenten oder einen Minister wegen vorsatzlicher oder grob fahrlassiger Verletzung der Verfassung oder eines anderen Gesetzes muss von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Landtages gefasst werden Verfassungsgerichtshof fur das Land Nordrhein Westfalen 37 VerfGHG NRW Gesetz uber den Verfassungsgerichtshof fur das Land Nordrhein Westfalen 8 Niedersachsen Der Landtag kann Mitglieder der Landesregierung vor dem Staatsgerichtshof anklagen dass sie in Ausubung des Amtes vorsatzlich die Verfassung oder ein Gesetz verletzt haben Niedersachsischer Staatsgerichtshof Art 40 Niedersachsische Verfassung 9 Rheinland Pfalz Die Anklageerhebung muss von 30 Mitgliedern des Landtags schriftlich beantragt und mit verfassungsandernder Mehrheit beschlossen werden Die Anklage ist noch 10 Jahre nach dem Ausscheiden des Ministers moglich Verfassungsgerichtshof Rheinland Pfalz Art 131 Verfassung fur Rheinland Pfalz 10 Saarland Der Antrag auf Erhebung der Anklage muss von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtages unterzeichnet sein und bedarf der Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages Verfassungsgerichtshof des Saarlandes Art 94 Verfassung des Saarlandes 11 Sachsen In Sachsen ist eine Ministeranklage grundsatzlich nicht vorgesehen Aber eine Ubergangsvorschrift der Verfassung regelt eine Ministeranklage fur Minister die in der DDR gegen die Grundsatze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstossen oder fur das fruhere Ministerium fur Staatssicherheit tatig war Der Antrag auf Erhebung der Anklage muss von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtags gestellt werden Der Beschluss auf Erhebung der Anklage erfordert bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags eine Zweidrittelmehrheit die jedoch mehr als die Halfte der Mitglieder betragen muss Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen Art 118 Verfassung des Freistaates Sachsen 12 Berlin Brandenburg Hamburg Mecklenburg Vorpommern Sachsen Anhalt Schleswig Holstein und Thuringen kennen das Instrument der Ministeranklage nicht Historische Beispiele BearbeitenDie Paulskirchenverfassung von 1848 regelte die Ministeranklagen in dem Abschnitt uber die Aufgaben des Reichsgerichts 126 i Fur die Rechtsentwicklung wichtiger war die Regelung der Verfassung in Bezug auf die Einzelstaaten Laut 186 namlich sollten die Minister der deutschen Staaten der Volksvertretung verantwortlich sein Jede Kammer in den Landern hatte das Recht zur Ministeranklage 186 Der Prozess fand ebenfalls vor dem Reichsgericht statt 126 k Wahrend in der Folge viele Landesverfassungen wie das Staatsgrundgesetz fur die Furstentumer Waldeck und Pyrmont die Ministeranklage einfuhrten war auf Reichsebene in der Bismarckschen Reichsverfassung keine derartige Regelung enthalten So war Anfang der 1890er Jahre die Ministeranklage in Konigreich Wurttemberg Herzogtum Sachsen Altenburg Konigreich Sachsen Herzogtum Braunschweig Furstentum Reuss jungere Linie Herzogtum Sachsen Coburg und Gotha Furstentum Waldeck Furstentum Schwarzburg Rudolstadt und Furstentum Reuss altere Linie in Bezug auf Verfassungsverstosse im Grossherzogtum Hessen Konigreich Bayern und Furstentum Schaumburg Lippe bei Gesetzesverstossen zulassig Das Konigreich Preussen Herzogtum Sachsen Meiningen Herzogtum Sachsen Weimar und Grossherzogtum Oldenburg erlaubten die Ministeranklage bei Verfassungsverstossen und bei einzelnen Vergehen das Furstentum Schwarzburg Sondershausen auch bei Verletzung der Amtspflicht und das Grossherzogtum Baden wegen schwerer Gefahrdung des Sicherheit und Wohlfahrt des Staates 13 Erst nach der Novemberrevolution 1918 regelte die Weimarer Verfassung auch auf Reichsebene in Art 59 eine Ministeranklage vor dem Staatsgerichtshof fur das Deutsche Reich Siehe auch BearbeitenAmtsenthebungsverfahrenLiteratur BearbeitenSebastian Steinbarth Das Institut der Prasidenten und Ministeranklage in rechtshistorischer und rechtsvergleichender Perspektive 2011 ISBN 978 3 8329 5835 0 Hans Peter Schneider Die Ministeranklage im parlamentarischen Regierungssystem In Zeitschrift fur Parlamentsfragen Band 16 Nr 4 1985 S 495 509 JSTOR 24222461 Einzelnachweise Bearbeiten Grundgesetz Erlauterungen auf der Seite des Nationalrats Art 142 Bundes Verfassungsgesetz Art 57 Verfassung des Landes Baden Wurttemberg Art 68 Verfassung des Freistaates Bayern Art 111 Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen Art 115 Verfassung des Landes Hessen 37 VerfGHG NRW Art 4 Niedersachsische Verfassung Art 131 Verfassung fur Rheinland Pfalz rt 94 Verfassung des Saarlandes Art 118 Verfassung des Freistaates Sachsen Theodor von Pistorius Die Staatsgerichtshofe und die Ministerverantwortlichkeit 1891 S 188 Digitalisat Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ministeranklage amp oldid 218443647