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Manfred Smolka 26 November 1930 in Ratibor Schlesien 12 Juli 1960 in Leipzig war ein deutscher Oberleutnant der DDR Grenzpolizei 1958 fluchtete er nach Bayern Bei dem Versuch seine Familie in den Westen nachzuholen lockte ihn 1959 die Stasi an der innerdeutschen Grenze in einen Hinterhalt schoss ihn auf westdeutschem Territorium vor den Augen von Frau und Tochter an und entfuhrte ihn in den Osten In einem von der DDR Staatssicherheit initiierten Schauprozess wurde er 1960 mit Zustimmung des ZK Sekretars Honecker und Inlandsgeheimdienstchefs Mielke aus erzieherischen Grunden zum Tode verurteilt und durch das Fallbeil hingerichtet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Ausbildung 1 2 Flucht in den Westen und Entfuhrung durch die Stasi 1 3 Schauprozess und Todesstrafe 1 4 Hinrichtung 1 5 Zehn Mark fur den letzten Wunsch 2 Strafanzeige gegen Honecker wegen gemeinschaftlicher Anstiftung zum Totschlag 3 Gerichtliche Aufarbeitung nach der deutschen Wiedervereinigung 4 Mediale Aufarbeitung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenManfred Viktor Smolka kam 1930 in Ratibor auf die Welt Sein Vater ein Handelskaufmann starb 1943 im Zweiten Weltkrieg Mit seiner Mutter und seinen Geschwistern fluchtete er vor der anruckenden Roten Armee aus Oberschlesien nach Hohenleuben 2 Dort arbeitete er von 1945 bis 1947 als Gelegenheits und Landarbeiter Ausbildung Bearbeiten 1948 trat Smolka in die SED ein Er absolvierte in Greiz eine Grundausbildung bei der Volkspolizei und wurde zur Grenzpolizei versetzt bei der er 1950 einen Unterfuhrerlehrgang und 1951 einen Lehrgang fur Politoffiziere absolvierte 1955 wurde er stellvertretender Politoffizier seiner Kompanie im thuringischen Titschendorf an der bayerischen Grenze Ab 1956 besuchte er die Offiziersschule Anschliessend wurde er Oberleutnant bei der Stabskompanie der Grenzpolizeibereitschaft Zschachenmuhle Das Ehepaar Smolka hatte eine Tochter und wohnte in Titschendorf 3 Flucht in den Westen und Entfuhrung durch die Stasi Bearbeiten Am 17 Juni 1958 dem funften Jahrestag des Volksaufstandes gegen die SED Diktatur widersetzte sich Smolka dem Befehl seine Einheit zur verscharften Grenzsicherung einzusetzen um seine Landsleute und die Bauern auf ihren Feldern im Grenzgebiet nicht anlasslos zu schikanieren Daraufhin wurde er zum Feldwebel degradiert von der SED wegen parteischadlichem Verhalten in den Kandidatenstatus zuruckversetzt und der Rat des Kreises entzog ihm den Jagdschein In der Nacht zum 15 November 1958 fluchtete Smolka uber die grune innerdeutsche Grenze nach Bayern und fand in Peisel bei Gummersbach im Bergischen Land eine Anstellung als Kraftfahrer Am 22 August 1959 wollte er mit Unterstutzung eines befreundeten Grenzpolizisten auch seine Frau und Tochter in den Westen nachholen Beim Grenzubertritt lauerten ihm in den Buschen versteckte Spitzel der DDR Staatssicherheit auf die ohne Anruf das Feuer auf ihn eroffneten Er brach noch auf westlichem Gebiet mit durchschossenem Oberschenkel zusammen Ein Stasigreiftrupp entfuhrte ihn volkerrechtswidrig in die DDR 3 Schauprozess und Todesstrafe Bearbeiten Um ihm den Prozess machen zu konnen erpresste die Stasi von dem in der Berliner Untersuchungshaftanstalt Magdalenenstrasse einsitzenden Smolka ein Gestandnis das dieser jedoch zu Prozessbeginn uberraschend widerrief Oberstleutnant Neumann von der Hauptabteilung IX 6 zustandig fur Ermittlungsverfahren mit politischer Bedeutung schlug vor an Smolka ein Exempel zu statuieren und ihn hinzurichten um andere Angestellte der Grenzpolizei von einer Flucht in den Westen abzuschrecken Der Empfehlung Das Verfahren ist geeignet aus erzieherischen Grunden gegen Smolka die Todesstrafe zu verhangen stimmten ZK Sekretar Erich Honecker Minister Erich Mielke und die DDR Justizministerin Hilde Benjamin zu Entgegen rechtsstaatlichen Standards und entgegen der Strafprozessordnung der DDR erhielt Smolka ein politisch gewolltes Todesurteil das von der Stasi schon Monate vor der eigentlichen Hauptverhandlung prajudiziert vom SED Politburo beschlossen und vom entsprechend per Boten instruierten horigen Bezirksgericht Erfurt anschliessend offiziell verkundet wurde Dazu wurde ihm unterstellt er habe fur westliche Geheimdienste spioniert 4 Smolka hatte zuvor in seiner Verteidigungsrede alle gegen ihn erhobenen Vorwurfe bestritten Doch selbst sein Pflichtverteidiger arbeitete mit der Stasi zusammen 5 Smolkas Mutter wurde der Zutritt zum Gerichtssaal verweigert Stattdessen wurden 65 Politoffiziere von NVA und Polizei sowie 17 Stasi Offiziere zur Teilnahme am Prozess gezwungen der fur sie eine Erziehungsmassnahme sein sollte 6 Smolkas Frau Waltraud wurde vom Bezirksgericht Erfurt zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt Hinrichtung Bearbeiten nbsp Eingang zur zentralen Hinrichtungsstatte der DDR in Leipzig Arndtstrasse 48 nbsp Gedenksteine fur die Opfer der Gewaltherrschaft 1945 1989 Leipziger SudfriedhofSmolkas Berufung vom 6 Mai 1960 scheiterte Prasident Wilhelm Pieck lehnte das Gnadengesuch seiner Mutter ab Smolka wurde am 12 Juli 1960 in der zentralen Hinrichtungsstatte Leipzig durch das Fallbeil hingerichtet 5 7 Smolka war zu diesem Zeitpunkt 29 Jahre alt Seine Witwe wurde wahrend ihrer vierjahrigen Haft wegen versuchter Republikflucht im Frauenzuchthaus Hoheneck uber die Hinrichtung ihres Mannes nicht informiert 5 Mit Befehl 357 60 vom 18 Juli 1960 liess Stasi Minister Mielke das politische Todesurteil und seine Vollstreckung in allen MfS Diensteinheiten verbreiten um alle Mitarbeiter des Ministeriums so zu erziehen dass sie den Verrat hassen und als Tschekisten wirklich an der Uberwindung politisch moralischer Mangel und Schwachen ernsthaft arbeiten 3 Zehn Mark fur den letzten Wunsch Bearbeiten Als Todeskandidat der DDR hatte Smolka einen letzten Wunsch frei der einen Warenwert von zehn Ost Mark nicht ubersteigen durfte Anstelle einer Henkersmahlzeit entschied er sich fur die Abfassung eines Abschiedsbriefes in dem er seine Familie um eine Erdbestattung bat Doch die Stasi unterschlug den Brief liess Smolka anonym im Krematorium als Anatomieleiche verbrennen und seine Asche an einen unbekannten Ort verbringen Im Totenschein vermerkten Helfer der Stasi als Todesursache falschlich Herzinfarkt Die Familie Smolka bekam den Abschiedsbrief und die Prozessakten erst nach dem Ende der DDR zu Gesicht 8 1 Strafanzeige gegen Honecker wegen gemeinschaftlicher Anstiftung zum Totschlag BearbeitenAm 29 Januar 1990 ging die Familie Smolka mit dem Fall an die Offentlichkeit stellte einen Antrag auf Rehabilitierung und Strafanzeige gegen Erich Honecker wegen gemeinschaftlicher Anstiftung zum Totschlag und Rechtsbeugung Honecker durfte jedoch am 14 Januar 1993 wenige Stunden vor der Rehabilitation des Ehepaars Smolka deren Urteile gegen sie als Unrechtsurteile aufgehoben wurden nach Chile ausreisen 9 Gerichtliche Aufarbeitung nach der deutschen Wiedervereinigung Bearbeiten1994 verurteilte das Landgericht Erfurt den mittlerweile 82 jahrigen Staatsanwalt aus dem Smolka Schauprozess Paul Wieseler wegen Beihilfe zur Rechtsbeugung und Beihilfe zur vorsatzlichen Totung zu zehn Monaten Haft auf Bewahrung Beim Prozess traf Wieseler auch auf Ursula Franz die Tochter von Manfred Smolka bereute aber sein Verhalten nicht In der Urteilsbegrundung wurde hervorgehoben dass sich auch Wilhelm Pieck der vorsatzlichen Totung schuldig gemacht habe Im Zuge des Prozesses kam heraus dass der damalige Grenzpolizist Fritz Renn der Smolka im Auftrag der Staatssicherheit in einen Hinterhalt gelockt hatte von der Stasi 1000 Mark fur seine Auskunfte bekommen hatte Renn erhielt ebenfalls eine Bewahrungsstrafe Die anderen Beteiligten am Smolka Prozess waren bereits zu DDR Zeiten verstorben Da die Stasi und SED Akten die luckenlose Rekonstruktion des Hinrichtungsfalls Manfred Smolka erlaubten und sich die SED Nachfolgepartei PDS in einem offenen Brief an Bundesprasident Richard von Weizsacker zu ihrer moralischen Verantwortung fur das Unrecht in der DDR bekannte verklagte die Witwe die PDS 1998 vor dem Berliner Landgericht auf 200 000 DM Schadensersatz PDS Anwalt Johannes Eisenberg erwiderte Honecker konne das Todesurteil mit Frau Benjamin ja auch als Privatmann entschieden haben und nicht als Parteifunktionar 10 Smolkas Bruder Roland Smolka stellte 2015 zu den Tonbandkassetten die er neben den Akten des Scheinprozesses verwahrt fest Richter und Staatsanwalte schlagen einen Ton an wie man es vom Volksgerichtshof kennt 11 Der politische Mord an Manfred Smolka ist einer von 166 teils politischen Todesurteilen die in der DDR vollstreckt wurden Er reiht sich ein in eine Serie von 200 000 bis 250 000 namhaft zu machenden politischen Verurteilungen 6 z B gegen geflohene DDR Burger oder Funktionstrager die festgenommen oder entfuhrt und zum Teil anschliessend hingerichtet oder ermordet wurden Darunter befanden sich unter anderen Bernd Moldenhauer Wolfgang Welsch oder die Stasi Offiziere Sylvester Murau und Werner Stiller Mediale Aufarbeitung BearbeitenIn dem vom MDR ausgestrahlten und von Axel Bulthaupt moderierten Film Streng geheim die zentrale Hinrichtungsstatte der DDR zieht sich die Geschichte Smolkas als roter Faden durch den Film Die MDR Sendung Damals nach der DDR 2010 hatte den 1994 gefuhrten Prozess gegen den Staatsanwalt Wieseler aus dem Smolka Prozess zum Thema der das Todesurteil fur Manfred Smolka gefordert hatte Siehe auch BearbeitenDDR Justiz Liste von in der DDR hingerichteten PersonenLiteratur BearbeitenKlaus Schmude Fallbeil Erziehung der Stasi SED Mord an Manfred Smolka Tykve Boblingen ISBN 978 3 925434 69 3 Weblinks BearbeitenDas Fallbeil als Instrument der Erziehung Lausitzer VerlagsService GmbH 28 Februar 2013 abgerufen am 30 Juni 2018 Erziehung mit der Guillotine Wie die Stasi an Manfred Smolka ein Exempel statuierte Der Bundesbeauftragte fur die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik BStU abgerufen am 30 Juni 2018 Einzelnachweise Bearbeiten a b Vor genau 55 Jahren in der DDR Ex Offizier Manfred Smolka wird gekopft aus erzieherischen Grunden Thuringer Allgemeine 14 Juli 2015 Todesstrafe aus erzieherischen Grunden Wie das Drama um einen Ostthuringer mit einem Justizmord endet Thuringer Allgemeine 16 Juni 2018 a b c Manfred Smolka Forschungsverbund SED Staat Freie Universitat Berlin Fur Manfred Smolka Ein Stein gegen das Vergessen in Titschendorf Ostthuringer Zeitung 13 Mai 2017 Link kostenpflichtig Wir sind getrennt fur alle Zeiten Die Zeit 13 Marz 2016 a b c Erziehung mit der Guillotine Wie die Stasi an Manfred Smolka ein Exempel statuierte Bundesbeauftragter fur die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik a b Markus Liborius Hermann Todesstrafe aus erzieherischen Grunden Der Fall Manfred Smolka Konrad Adenauer Stiftung Politisches Bildungsforum Thuringen Erfurt 2 Dezember 2015 Karl Wilhelm Fricke Stasi Geschichtsrevisionismus und historische Wahrheit Offensive Desinformation S 13 SED OPFER Rote Fallen Focus 24 August 1998 Der DDR Henker kopfte die Opfer im Kinderzimmer Die Welt 23 Oktober 2013 Anne Hahnig SED Regime Wir sind getrennt fur alle Zeiten ZEIT online 13 Marz 2016 Eberhard Vogt SED OPFER Rote Fallen Focus 24 August 1998 Fall Smolka aus Titschendorf Todesstrafe aus erzieherischen Grunden Thuringer Allgemeine 22 Januar 2015 Normdaten Person GND 119104059 lobid OGND AKS LCCN n93055932 VIAF 262449563 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Smolka ManfredKURZBESCHREIBUNG deutscher Oberleutnant der DDR Grenzpolizei SchauprozessopferGEBURTSDATUM 26 November 1930GEBURTSORT Ratibor SchlesienSTERBEDATUM 12 Juli 1960STERBEORT Leipzig Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Manfred Smolka amp oldid 234949177