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Louis Auguste Paul Rougier 10 April 1889 in Lyon Frankreich 14 Oktober 1982 in Paris war ein franzosischer Philosoph und Professor an der Universitat der Franche Comte Er wurde durch seine Beitrage in der Erkenntnistheorie Wissenschaftstheorie Politischen Philosophie und der Kirchengeschichte bekannt Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Philosophie 3 Religion 4 Politik 5 Werke 6 Bibliographie 7 WeblinksLeben BearbeitenBereits in seiner Jugend an Brustfellentzundung erkrankt wurde Rougier vom Dienst an der Waffe im Ersten Weltkrieg befreit und widmete sich in dieser Zeit vor allem intellektuellen Interessen Sein Philosophiestudium an der Universitat Lyon schloss er ab und erhielt mit Bestehen der Agregation in Philosophie die Lehrbefugnis an Gymnasien wo er bis 1924 unterrichtete 1914 begann er eine Arbeit uber die Anwendung der Nichteuklidischen Geometrie in der Speziellen Relativitatstheorie Seinen Doktorgrad von der Sorbonne erlangte er im Jahr 1920 mit La philosophie geometrique de Poincare und Les paralogismes du rationalisme Von 1917 bis 1920 unterrichtete er in Algier dann bis 1924 in Rom am Lycee Chateaubriand di Roma Einen ersten universitaren Lehrauftrag erhielt er 1925 an der Universitat von Besancon wo er bis zu seiner Entlassung aus politischen Grunden im Jahre 1948 mit Unterbrechungen tatig war Weitere universitare Station waren Kairo 1931 bis 1936 die New School for Social Research in New York und die Universitat Montreal 1945 Zuletzt unterrichtete Rougier an der Universitat Caen im Jahr 1954 wo er 1955 mit 66 Jahren in den Ruhestand trat Rougier starb 1982 im Alter von 94 Jahren kinderlos Er war drei Mal verheiratet zuletzt seit 1942 mit Lucy Friedmann geb Herzka die in Wien in Philosophie promoviert hatte Sie war eine Assistentin des Philosophen und Begrunders des Wiener Kreises Moritz Schlick gewesen bis zu seinem vorzeitigen Tod durch Ermordung Philosophie BearbeitenUnter dem Einfluss von Henri Poincare und Ludwig Wittgenstein entwickelte Rougier eine Philosophie die auf der Idee grundete dass die Logik Systeme weder apodiktisch das heisst zwangslaufig wahr und daher deduktiv noch assertorisch das heisst nicht zwangslaufig wahr und daher deduktiv seien Rougier schlug stattdessen vor die diversen Logiksysteme schlicht als Konventionen zu verstehen die auf der Basis kontingenter Umstande angewandt werden konnten Diese Auffassung die unterstellte dass keine objektiven vom menschlichen Verstand unabhangigen a priori Wahrheiten existieren wies starke Ahnlichkeiten mit dem Logischen Empirismus des Wiener Kreises auf Einige Mitglieder darunter der Physiker und Philosoph Philipp Frank bewunderten Rougiers Arbeit aus dem Jahre 1920 Les paralogismes du rationalisme Rougier wurde zum franzosischen Botschafter der Ideen und entwickelte personliche Beziehungen zu verschiedenen Mitgliedern so zum Beispiel zu Moritz Schlick dem Rougier 1955 das Werk Traite de la connaissance widmete und zu Hans Reichenbach Rougier engagierte sich auch als Mitwirkender an Unternehmungen des Wiener Kreises darunter der International Encyclopedia of Unified Science Seine eigenen Beitrage zu diesem enzyklopadischen Werk wurden aufgrund von Streitigkeiten mit dem Chefredakteur des Projektes Otto Neurath jedoch kein Bestandteil des Werks Religion BearbeitenRougiers konventionalistisch philosophischer Standpunkt fuhrte dazu dass er sich gegen den Neuthomismus stellte der bereits offizielle Philosophie der Romisch katholischen Kirche seit der Enzyklika Aeterna Patris von 1879 gewesen war und vor allem zwischen 1920 und 1930 an Bedeutung gewann Rougier veroffentlichte in dieser Zeit einige Arbeiten mit denen er diese gegenwartige Wiederbelebung der Scholastik angriff zog sich dadurch allerdings die personliche Feindschaft von Thomisten wie Etienne Gilson und Jacques Maritain zu Rougiers Einwande gegen den Neuthomismus waren nicht ausschliesslich philosophischer Natur waren jedoch Teil einer grosseren personlichen Aversion gegen das Christentum die sich schon in seiner Jugend unter dem Einfluss von Ernest Renan ausgepragt hatten Dieser fruhe Widerstand gegen das Christentum beeinflusste auch seine intellektuelle Arbeit als Erwachsener und brachte ihn dazu 1926 eine Ubersetzung des antiken Platonikers und Christengegners Kelsos zu veroffentlichen die noch heute in Verwendung ist Politik BearbeitenRougier war auch ein politischer Philosoph in der liberalen Tradition von Montesquieu Constant Guizot und Tocqueville Im Einklang mit seiner konventionalistischen Epistemologie glaubte er dass die politische Macht nicht auf fur ewig gultigen Anspruche beruhte sondern auf Konventionen die er als mystiques bezeichnete Der Vorzug eines bestimmten politischen Systems gegenuber einem anderen hinge von rein pragmatischen Grunden ab Anders gesagt sollten politische Systeme nicht anhand dessen ausgewahlt werden wie wahrhaft sie seien sondern aufgrund dessen wie gut sie arbeiteten Nach einem Besuch der Sowjetunion im Jahr 1932 der durch das Franzosische Bildungsministerium unterstutzt wurde kam Rougier zu der Uberzeugung dass Planwirtschaft nicht so gut wie Marktwirtschaft funktioniere Auch als Folge dessen lud er 1938 zahlreiche Intellektuelle in die Rue Montpensier nach Paris ein und veranstaltete das Colloque Walter Lippmann in Wurdigung von Walter Lippmann der 1937 das einflussreiche Werk The Good Society veroffentlicht hatte Dieses Kolloquium gilt als Geburtsstunde des Neoliberalismus Im selben Jahr half Rougier bei der Grundung des Centre international d etudes pour la renovation du liberalisme Dieses politische Netzwerk das dadurch etabliert wurde fuhrte letztendlich zur Grundung der liberalen Mont Pelerin Society in welche Rougier in den 1960er Jahren mit personlicher Unterstutzung des Okonomen Friedrich von Hayek gewahlt wurde Fur Rougiers Ruf und politische wie universitare Karriere als katastrophal erwies sich in der Folge seine problematische Rolle im Zweiten Weltkrieg wahrend dessen er sich fur das Vichy Regime personlich engagiert hatte Im Oktober 1940 hatte ihn Staatschef Philippe Petain auf eine Geheimmission nach London geschickt um sich dort mit der britischen Regierung und Winston Churchill diesen zwischen 21 und 25 Oktober zu treffen Rougier behauptete spater in zahlreichen Veroffentlichungen dass es aufgrund der Treffen zu einer Einigung zwischen Vichy und Churchill gekommen sei die er als Petain Churchill accords bezeichnete Diese Behauptung dementierte die britische Regierung spater in einem offiziellen Weissbuch Die Aktivitaten zu Gunsten Vichys und genannte Veroffentlichungen fuhrten zwar 1948 zur Entlassung Rougiers von seinem Lehrauftrag in Besancon nichtsdestotrotz setzte er jedoch in den 1950er Jahren seine Aktivitaten in Organisationen fort die Petain verteidigten Zusatzlich veroffentlichte Rougier Schriften welche die Epuration eine Art franzosisches Aquivalent zur Entnazifizierung im besetzten Deutschland als illegal und totalitar zu brandmarken versuchten Schliesslich entwickelte Rougier 1951 noch Aktivitaten fur eine Petition an die Vereinten Nationen welche den Alliierten fur ihre Handlungen wahrend der Liberation Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen zu unterstellen suchte Wahrend der 1970er Jahre formte Rougier ein weiteres umstrittenes politisches Bundnis mit der rechten politischen Bewegung Nouvelle Droite des franzosischen Autors Alain de Benoist Rougiers langjahrige Gegnerschaft zum Christentum fiel mit seiner Uberzeugung zusammen dass der Westen eine uberlegene mentalite gegenuber anderen Kulturen besitze Gedankengut das mit den Ansichten der Nouvelle Droite gut harmonierte Benoist gab zahlreiche fruhe Werke Rougiers neu heraus und schrieb fur diese neue Einleitungen 1974 schliesslich veroffentlichte die Denkfabrik von Benoist GRECE ein komplett neues Buch Rougiers Le conflit du Christianisme primitif et de la civilisation antique Werke Bearbeiten1919 La materialisation de l energie essai sur la theorie de la relativite et sur la theorie des quanta Paris Gauthier Villars English translation Morton Masius 1921 Philosophy and the new physics an essay on the relativity theory and the theory of quanta Routledge London 1920 La philosophie geometrique de Henri Poincare F Alcan Paris 1920 Les paralogismes du rationalisme essai sur la theorie de la connaissance Felix Alcan Paris Scan 1921 En marge de Curie de Carnot et d Einstein etudes de philosophie scientifique Chiron Paris 1921 La structure des theories deductives theorie nouvelle de la deduction F Alcan Paris 1924 La scolastique et le thomisme Paris Gauthier Villars 1929 La mystique democratique ses origines ses illusions Paris E Flammarion 1933 L origine astronomique de la croyance pythagoricienne en l immortalite celeste des ames Cairo L institut francais d archeologie orientale 1938 Les mystiques economiques comment l on passe des democraties liberales aux etats totalitaires Paris Librairie de Medicis 1945 Les accords Petain Churchill historie d une mission secrete Montreal Beauchemin 1945 Creance morale de la France Montreal L Parizeau 1947 La France jacobine Bruxelles La Diffusion du livre 1947 La defaite des vainqueurs Bruxelles La Diffusion du livre 1947 La France en marbre blanc ce que le monde doit a la France Geneve Bibliotheque du Cheval aile 1948 De Gaulle contre De Gaulle Paris Editions du Triolet 1954 Les accord secrets franco britanniques de l automne 1940 histoire et imposture Paris Grasset 1955 Traite de la connaissance Paris Gauthier Villars 1957 L epuration Paris Les Sept couleurs 1959 La religion astrale des Pythagoriciens Paris Presses Universitaires de France 1960 La metaphysique et le langage Paris Flammarion 1966 Histoire d une faillite philosophique la Scolastique Paris J J Pauvert 1969 Le Genie de l Occident essai sur la formation d une mentalite Paris R Laffont English translation 1971 The genius of the West Los Angeles Nash 1972 La genese des dogmes chretiens Paris A Michel 1980 Astronomie et religion en Occident Paris Presses universitaires de France Bibliographie BearbeitenMaurice Allais Louis Rougier prince de la pensee Les Terrasses de Lourmarin Lourmarin de Provence 1990 Mathieu Marion Investigating Rougier In Cahiers d epistemologie n 2004 02 Universite du Quebec a Montreal 2004 Jeffrey Mehlman Emigre New York French Intellectuals in Wartime Manhattan 1940 44 Johns Hopkins University Press Baltimore and London 2000 ISBN 0 8018 6286 8 Elisabeth Nemeth Hg Paris Wien Enzyklopadien im Vergleich Veroffentlichungen des Instituts Wiener Kreis 13 Springer Wien 2005 darin Mathieu Marion Louis Rougier the Vienna circle and the unity of science S 151 178 Peter Schottler 13 rue du Four Die Encyclopedie francaise als Mittlerin franzosischer Wissenschaften in den 1930er Jahren S 179 205Weblinks BearbeitenPrasentation von Louis Rougier franzosisch Normdaten Person GND 119067234 lobid OGND AKS LCCN n50049963 VIAF 34462523 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Rougier LouisALTERNATIVNAMEN Rougier Louis Auguste Paul vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG franzosischer Philosoph und HochschullehrerGEBURTSDATUM 10 April 1889GEBURTSORT Lyon FrankreichSTERBEDATUM 14 Oktober 1982STERBEORT Paris Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Louis Rougier amp oldid 227910831