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Der Lindow Mann offizielle Bezeichnung Lindow II englisch Lindow man oder Pete Marsh ist eine Moorleiche aus dem 1 Jahrhundert n Chr die 1984 im Lindow Moss bei Mobberley an der Grenze zu Wilmslow in der Grafschaft Cheshire bei Manchester im Nordwesten Englands entdeckt wurde Der Mann von Lindow Inhaltsverzeichnis 1 Lindow Moss 2 Fundumstande 3 Befunde 3 1 Korperliche Befunde 3 2 Medizinische Befunde 3 3 Letzte Mahlzeit 3 4 Todesursache 3 5 Datierung 4 Konservierung 5 Deutung 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksLindow Moss BearbeitenDas Moor Lindow Moss wurde bis in das Mittelalter als Allmende gemeinschaftlich bewirtschaftet Ursprunglich umfasste es eine Flache von mehr als 600 Hektar Bis heute ist es auf ein Zehntel seiner ursprunglichen Flache geschrumpft Berichte aus dem 18 Jahrhundert uber Ertrunkene belegen dass das Moor in fruheren Zeiten als gefahrlicher Ort bekannt war Uber Jahrhunderte wurde aus dem Moor manuell Torf als Brennstoff gewonnen bis der Abbau in den 1980er Jahren mechanisiert wurde Bereits am 13 Mai 1983 ein Jahr vor dem Fund des Lindow Manns wurde etwa 250 m weiter nordostlich die erste Moorleiche Lindow I im Lindow Moss entdeckt Im Jahre 1987 traten die Reste einer dritten mannlichen Moorleiche Lindow III zu Tage Weitere als Lindow IV bezeichnete Leichenteile wurden am 14 Juni und 12 September 1988 gefunden Hierbei handelt es sich moglicherweise um fehlende Teile des Lindow Mannes 1 Fundumstande Bearbeiten nbsp Das Lindow Moss im Jahre 2006Der Lindow Mann wurde am 1 August 1984 von dem Torfstecher Andy Mould entdeckt der bereits ein Jahr zuvor an der Entdeckung der Moorleiche von Lindow I beteiligt war Mould barg einen holzahnlich aussehenden Gegenstand vom Forderband der Torfverarbeitungsmaschine und bewarf damit seinen Arbeitskollegen Eddie Slack Als der Gegenstand zu Boden fiel und anhaftender Torf abbrockelte wurde ein menschlicher Fuss erkennbar Die herbeigerufene Polizei stellte den Fuss zwecks Untersuchungen sicher Der Bezirksarchaologe Rick Turner wurde uber den Fund benachrichtigt und es gelang ihm weitere Uberreste des Lindow Mannes zu bergen Da Teile der Haut bereits frei an der Oberflache lagen und zu zerfallen begannen bedeckte er den Korper mit frischem Torf um sie vor weiterer Austrocknung zu schutzen Am 6 August 1984 wurde die Moorleiche durch Archaologen im Block geborgen Bis zur Klarung ob ein rezentes Verbrechen vorlag wurde der Fund unter der Aufsicht der Polizei im Macclesfield Distrikt Council Krankenhaus in einer Kuhlkammer der Pathologie zwischengelagert Am 17 August bestatigte das mit der 14C Datierung beauftragte Labor des Britischen Museums ein hohes Alter der Leiche von uber 1000 Jahren woraufhin der Gerichtsmediziner die Leiche fur die Archaologen am 21 August freigab In der Zwischenzeit liess das Britische Museum eine geeignete Kuhltransportkiste anfertigen in der die Leiche bei einer konstanten Temperatur von 4 C transportiert und aufbewahrt werden konnte Ein Radiologe der Klinik gab der Moorleiche den Spitznamen Pete Marsh ein Wortspiel aus den englischen Wortern fur Torf peat und Sumpf marsh Der Name wurde von der lokalen Presse aufgegriffen und verbreitet 2 Fundort 53 19 17 N 2 16 16 W 53 321388888889 2 2711111111111 Koordinaten 53 19 17 N 2 16 16 W 3 Befunde Bearbeiten nbsp Der rechte FussBei der Freilegung aus dem Moorblock im Labor wurde ein in mehreren Fragmenten erhaltenes schmales Armband aus Fuchsfell im Bereich des linken Oberarms gefunden Ausser diesem Armband konnte keine weitere Kleidung an der Leiche nachgewiesen werden 4 Genauere Untersuchungen auf Spuren vergangener Textilreste aus pflanzlichen Fasern wie Leinen oder Nessel fielen ebenso negativ aus wie Analysen zum Nachweis zuruckgebliebener Farbstoffe wie Farberwaid oder Indigotin aus einer eventuell vergangenen Kleidung Es kann deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden dass der Mann nackt in das Moor gelangte 5 Die Auswertung der am Fundplatz des Lindow Mannes geborgenen Pollen und Pflanzenreste ergab dass er in einer Zeit tiefgreifender landschaftlicher Umbruche in das Moor kam welche durch eine starke Abnahme der Waldflachen und die Intensivierung der Landwirtschaft gekennzeichnet war Mehrere Jahrzehnte zuvor war das Moor deutlich trockener mit einem Wasserspiegel von nur 5 bis 10 cm unterhalb der Oberflache In den Jahren vor dem Tod des Lindow Manns wurde das Moor bedingt durch einen drastischen Klimawechsel mit Temperaturabsenkungen von durchschnittlich 1 C und mit um 10 hoheren Niederschlagen deutlich feuchter Es bildeten sich zahlreiche mit Wasser gefullte Tumpel Dieser Klimawechsel musste auch dramatische Auswirkungen auf die damalige Landwirtschaft gehabt haben Zu dieser Zeit war es wahrscheinlich kaum noch moglich die Mooroberflache zu begehen ohne dabei teilweise knietief einzusinken 6 Der Lindow Mann wurde in einem dieser mit Moorwasser gefullten Tumpel versenkt der erst nach und nach durch die Ablagerung von pflanzlichem Material verlandete Die Arten der vorgefundenen Reste von Kafern Insekten und Krebstieren wie Wasserflohen bestatigen die Theorie dass der Korper des Mannes noch einige Zeit unter Wasser auf der Moorschicht lag bevor er vollstandig vom Moor eingeschlossen wurde Diese Moorschicht war in einem ursprunglichen Zustand ohne Anzeichen menschlicher Bewirtschaftung lediglich daruber liegende Fundschichten weisen solche Spuren auf Bedingt durch die inhomogene Zusammensetzung der Moorschichten um den Korper mit unterschiedlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften waren die Erhaltungszustande der verschiedenen Korperregionen auch entsprechend verschieden Nach dem Tode wuchs die Moorschicht um etwa 3 cm pro Jahr uber der Leiche weiter Um die genaue Form und die raumlichen Masse zu dokumentieren sowie spatere plastische Veranderungen an dem Fund aufzeigbar zu machen wurde der Lindow Mann photogrammetrisch vermessen Aus den im 10 mm Raster von der Ober und Unterseite gewonnenen Daten wurde ein Hohenliniendiagramm sowie ein dreidimensionales digitales Modell erstellt 7 Korperliche Befunde Bearbeiten nbsp Das Gesicht des MannesDer Lindow Mann lag mit dem Gesicht nach unten in einer Tiefe von etwa 250 cm im Moor Kopf Oberkorper Arme und Teile des rechten Fusses und Unterschenkels konnten geborgen werden Der Unterkorper einschliesslich der Genitalien und Beine ist unterhalb des 5 Lendenwirbels durch die Torfabbaumaschine abgetrennt worden und die fehlenden Teile waren zunachst nicht auffindbar Teile der Unterarme und Fingerknochen sind vergangen Das Skelett des Mannes ist durch die Lagerung im Moor entkalkt und aufgeweicht Der Korper wurde vom Gewicht der ihn bedeckenden Torfschicht etwas flachgedruckt Die intakte Haut hat eine weiche lederartige Struktur und ist von dunkelbrauner Farbe Der Korper des Lindow Manns zeigt eine kraftig ausgepragte Muskulatur jedoch keine Anzeichen schwerer korperlicher Arbeit 8 Die Fingernagel machen auch heute noch einen gepflegten und manikurten Eindruck Haare Bart Schnurrbart und die Koteletten sind sorgfaltig getrimmt und waren ursprunglich dunkelbraun 9 10 Sein Genick ist stark abgewinkelt und der auffallend grosse Kopf ist extrem weit nach vorne geneigt Das Kinn wird durch die rechte Schulter niedergedruckt Die rechte Ohrmuschel ist aufgrund des vergangenen Knorpels deformiert Die Gesichtshaut hat sich vom Nasenknorpel gelost und ist wellig verschoben Die Augen sind vergangen jedoch sind Augenlider und Brauen gut erhalten Beim Offnen der Lippen waren die Zunge und einige lose Zahne sichtbar Trotz der Beschadigungen durch die Torfabbaumaschine ist der rechte Fuss noch gut erhalten Der Mann war bis zu seinem Tod in einem allgemein guten gesundheitlichen Zustand von kraftiger mesomorpher Statur und knapp uber 25 Jahre alt Abgeleitet von seinen Oberarmknochen war er etwa 168 bis 173 cm gross Damit war er etwas grosser als der Durchschnitt seiner Zeitgenossen jedoch war er aber auch etwas kleiner als der Durchschnitt der gegenwartigen britischen Manner Das Korpergewicht des gut ernahrten Mannes betrug zu Lebzeiten um die 60 bis 65 kg R A H Neave und R Quinn ordnen den Mann anhand radiologischer Befunde und entsprechend dem angelsachsischen Sprachgebrauch der Kaukasischen Rasse zu 11 Die Geschlechtsbestimmung erfolgte aufgrund der Korperbehaarung Bart der ausgepragten Muskulatur und des Knochenbaues Bei den am 14 Juni und 12 September 1988 in unmittelbarer Nahe im Lindow Moss gefundenen als Lindow IV bezeichneten Teilen des Gesasses des linken Beins und rechten Oberschenkel eines erwachsenen Mannes handelt es sich moglicherweise um fehlende Teile des Lindow Mannes 12 1 Medizinische Befunde Bearbeiten nbsp Oberkorper des Lindow Mannes mit offenem UnterleibUntersuchungen des Leichnams in den Monaten Oktober und November 1984 mit unterschiedlichen bildgebenden Verfahren wie Rontgen Computertomographie CT Xeroradiographie in verschiedenen Londoner Fachkliniken sowie einer Magnetresonanztomographie beim Rontgengeratehersteller Picker International erbrachten aufgrund der demineralisierten Knochen qualitativ sehr unterschiedliche Resultate Es liessen sich aber deutlich die Frakturen des Schadels des dritten und vierten Halswirbels sowie der siebten und achten hinteren Rippe auf der linken Seite abbilden Die Rippenfrakturen wurden dem Mann erst unmittelbar vor Eintritt des Todes beigebracht Vier Brustwirbel sowie funf Lendenwirbel zeigten leichte Spuren einer beginnenden Arthritis und Schmorl Knorpelknotchen was jedoch fur einen korperlich aktiven kraftigen Menschen mittleren Alters im normalen Rahmen liegt 13 Forensische Analysen erbrachten weitere Details zum korperlichen Befund des Mannes So konnte er der Blutgruppe 0 zugeordnet werden wie sie im heutigen Grossbritannien vor allem bei Personen keltischer Abstammung haufig ist 14 Durch die Offnung des abgetrennten Unterkorpers konnte am Thorax und der Bauchhohle eine endoskopische Obduktion durchgefuhrt werden ohne den Korper dafur an intakten Stellen verletzen zu mussen An inneren Organen waren Teile des oberen Verdauungstraktes wie Magen Zwolffingerdarm und Leerdarm erhalten deren Gewebe nur noch sehr dunn waren und wenig intaktes Kollagen und Zellmaterial aufwiesen Weitere Organe wie Lunge Herz Leber oder Gallenblase konnten nicht mehr nachgewiesen werden Durch den Mund wurde der Mund und Rachenraum bis zur abgeschnurten Stelle des Halses endoskopiert Dabei erwies sich die Abschnurung der Luft und Speiserohre als so dicht dass ein Eindringen von Moorwasser in den Magen und infolgedessen eine Kontaminierung des Mageninhalts uber diesen Weg ausgeschlossen werden konnte Die endoskopische Untersuchung des Schadels durch die offene Fraktur am Hinterkopf zeigte dass das Gehirn nur noch als kleine zusammengeschrumpfte unformige und zahe Masse vorlag Die Haut des Mannes war durch die Moorsauren lederartig gegerbt Lediglich die obere Epidermis war vergangen Die Hautoberflache zeigte keine krankhaften vor dem Tode entstandenen Veranderungen Einige Korperstellen zeigten pockennarbige Oberflachen die sich jedoch erst post mortem durch Reaktionen im Moor gebildet hatten Das Haupthaar des Mannes war ausserordentlich gut erhalten mit deutlich abgegrenzten Haaransatzen Die Haare zeigten keine auffalligen Veranderungen gegenuber rezentem Haarmaterial Die kurze glatte Frisur war vorne sowie seitlich etwa 10 mm und hinten bis zu 50 mm lang Unter UV Licht sichtbare grune Farbspuren anfangs als ein auf Kupfer basierendes Pigment zur Farbung der Haare gedeutet stellten sich als ein Reaktionsprodukt des Keratins der Haare mit der Moorsaure heraus Haarfarbemittel wurden nicht nachgewiesen 15 Elektronenmikroskopisch zeigte sich dass die etwa 6 bis 20 mm langen Barthaare des Mannes noch kurz vor seinem Tode gestutzt worden waren jedoch war der Schnurrbart im Vergleich zum Haupthaar nachlassiger getrimmt und wies einige eingeschnittene Ecken auf Die Schnittflachen der einzelnen Barthaare wiesen Stufen auf wie sie beim Gebrauch von Schere oder Pinzette entstehen Die Verbreitung von Scheren ist in Britannien bisher jedoch erst spater seit der romischen Besetzung nachweisbar 16 Die erhaltenen Fingernagel haben sich von den Fingern gelost und wurden vermutlich aufgrund von Bewegungen im Wasser des Tumpels etwas von der Position der Finger verlagert vorgefunden Die elektronenmikroskopische Untersuchung der Fingernagel zeigte dass sie langere Zeit vor dem Tode letztmals geschnitten wurden Die Schnittrander der Nagel waren gleichmassig abgerundet Die Nageloberflachen zeigten keine Zersetzungsspuren durch die lange Lagerung im Moor Sie waren jedoch braun verfarbt und wirkten wie von einem lebenden Menschen Die Oberflachen waren intakt wirkten poliert und wiesen bei 1000facher Vergrosserung nur wenige leichte Kratzer quer zur Wuchsrichtung auf die parallel zur Nagelkante verliefen An den Nagelbetten fehlte stellenweise die Nagelhaut und nur dort zeigten die Nagel eine ausgefranste verwitterte Oberflache Vergleiche mit den Nageln moderner Menschen fuhren zu dem Schluss dass der Lindow Mann keine korperliche oder handwerkliche Arbeit mit seinen Handen verrichtete Allerdings liess sich die Ursache der Kratzer mangels genugend publizierter Vergleiche nicht genauer ermitteln 17 Die 30 erhaltenen Zahne des Lindow Manns waren karies und parodontitisfrei und nur massig abgekaut Lediglich zwei wurden nicht wiedergefunden waren aber bis zu seinem Lebensende vorhanden Einer der Molaren wies eine grossere seitliche Absplitterung auf die vermutlich durch die starken Schlage auf den Kopf des Mannes verursacht wurde Durch die Lagerung im sauren Moormilieu waren die Zahnschmelzauflagen und Teile der Dentinschichten aufgelost so dass die Zahne kleiner wirken und von dunkelbrauner Farbe sind Die Fraktur des Unterkiefers wurde moglicherweise post mortem durch die Lagerung im Moor und den Druck des umliegenden Erdreichs verursacht Aufgrund der Gebissmerkmale wird das Alter des Mannes auf 25 bis 30 Lebensjahre geschatzt 18 19 Letzte Mahlzeit Bearbeiten Der saurehaltige Torf hat den Inhalt des Magens und des oberen Dunndarms konserviert Er lag als gut durchgekaute feinkornige braune Masse von etwa 20 g vor in der die Reste von etwa 16 verschiedenen Pflanzen nachweisbar waren Die Hauptbestandteile waren gerostetes Getreide Weizen Roggen Hafer und Kleie von Weizen Hafer und Trespe Daneben waren verschiedene andere Krauter nachweisbar Ausserdem fanden sich zahlreiche Haare kleiner nicht naher bestimmbarer Saugetiere sowie etwas Gesteinsmehl das hochstwahrscheinlich vom Abrieb einer Getreidemuhle stammt und mit dem gemahlenen Getreide in die Nahrung gelangt war 20 Im Mageninhalt waren ausserdem zahlreiche Pollen hauptsachlich von Getreidepflanzen vorhanden die auf einen Todeszeitpunkt im Fruhjahr hindeuten Neben den Getreidepollen konnten vier Pollen von Misteln identifiziert werden Allerdings fanden sich keine weiteren Pflanzenteile der Mistel wie Kerne oder Beeren Die fur den Menschen giftigen Misteln konnen bei Verzehr Krampfanfalle verursachen Diese geringe Menge an Mistelpollen wurde wahrscheinlich eingeatmet oder versehentlich uber die Nahrung aufgenommen Sie spricht dafur dass der Lindow Mann in den Monaten Marz oder April verstarb Es fanden sich auch Sporen von Brandpilzen mit dem das genossene Getreide demnach infiziert war Aufgrund der geringen Menge an Mageninhalt kann der Lindow Mann vor seinem Tode nur einen kleinen Imbiss zu sich genommen haben Hochstwahrscheinlich bestand diese letzte Mahlzeit im Wesentlichen aus einem gerosteten Brot wahrscheinlich in der Form eines Fladens 21 Die vorgefundenen Getreidereste zeigen an dass das Getreide bei der Zubereitung auf 200 bis 250 C erhitzt worden war 22 Ahnlich zusammengesetzte letzte Mahlzeiten konnten auch in anderen ermordeten Moorleichen nachgewiesen werden wie z B dem Grauballe Mann aus Danemark in dessen Magen jedoch mehr als 60 verschiedene Pflanzen identifiziert wurden Neben den Speiseresten waren im Darmtrakt des Lindow Mannes befruchtete und unbefruchtete Eier von Spul Ascaris lumbricoides und Peitschenwurmern Trichuris trichiura vorhanden Einen ahnlichen Wurmbefall wiesen auch zahlreiche andere Moorleichen wie die Manner von Tollund und Grauballe auf Ein massiger Befall verursacht einem gesunden Trager kaum gesundheitliche Einschrankungen jedoch lasst die Anzahl der gefundenen Eier vermuten dass der Lindow Mann zu Lebzeiten merkliche Beschwerden wie Appetitlosigkeit Blutungen Durchfall oder leichte Schmerzen hatte 23 24 Todesursache Bearbeiten nbsp Schadel mit offener FrakturDer Lindow Mann wurde auf mindestens drei Arten getotet die jede fur sich bereits sicher zum Tode gefuhrt hatte Der Hinterkopf war durch zwei kurz aufeinander folgende Schlage mit einem axtahnlichen Gegenstand eingeschlagen der Hirnschadel erhielt einen maandrierenden Bruch und ein Knochensplitter drang dabei tief in das Gehirn ein Die Schlage haben eine 35 mm lange offene Wunde in der Kopfhaut hinterlassen deren Wundrander deutliche Anzeichen einer Anschwellung zeigen also musste er diese Schlage einige Zeit vor Eintreten des Todes erhalten haben Diese Verletzung fuhrte sicher zu einer langeren Bewusstlosigkeit die er noch mehrere Stunden uberlebt haben konnte Nach Lage der Wunde wurde er entweder stehend oder kniend von hinten erschlagen Der Hals zeigte tiefe Wurgemale die von einer Schnur aus Tiersehnen herruhrten Die etwa 370 mm lange und 1 5 mm im Querschnitt messende Schnur aus zwei in starker S Drehung verzwirnten Sehnen wurde eng um den Hals des Mannes verknotet Sie besitzt an beiden Enden je einen Uberhandknoten die durch einen dritten als Laufknoten ausgefuhrten Uberhandknoten miteinander verbunden sind wobei das lose Ende nur durch seinen Endknoten gestoppt wird Mit dieser Schnur war dem Mann moglicherweise auch das Genick gebrochen garrotiert worden Falls die Schnur als Garrotte diente ware die vorliegende Knotentechnik dafur denkbar ungeeignet und liesse vermuten dass sie von einem Laien ausgefuhrt wurde sie findet jedoch zahlreiche Parallelen bei rezenten Morddelikten Die Herkunft der Sehne konnte nicht naher bestimmt werden jedoch fielen Tests auf Rind Pferd Schwein Reh Schaf und Mensch negativ aus 25 Die dritte ebenfalls todliche Verletzung war ein tiefer Messerstich in die rechte Vorderseite des Halses der eine 6 cm lange Wunde hinterliess und den rechten Teil des Kehlkopfknorpels sowie die Halsvene anschnitt Bei einer weiteren moglichen Stichwunde im oberen rechten Brustkorb lasst sich nicht mehr sicher bestatigen ob diese vor dem Tode beigebracht wurde oder ob sie erst viel spater moglicherweise durch die Bergung entstand Zur Rekonstruktion der Todesumstande existieren mehrere Hypothesen Der Gerichtsmediziner Iain West rekonstruiert den Ablauf wie folgt Zuerst erhielt der stehende oder kniende Mann zwei kraftige Schlage mit einem axtahnlichen Gegenstand auf den Kopf wodurch er das Bewusstsein verlor und nach vorn fiel Als Nachstes erhielt er einen heftigen Schlag auf den Rucken wobei die Rippen brachen und einen weiteren auf den Hinterkopf Daraufhin wurde dem Mann die Sehnenschur um den Hals geknotet und mit einem eingeschobenen Gegenstand so lange verdreht bis seine Halswirbelknochen brachen Anschliessend wurde ihm der Stich in den Hals beigebracht Die angeschnittene Halsvene in Verbindung mit der Stauung durch den Strick begunstigte dabei das Ausbluten des Korpers Robert Connolly Anthropologe an der University of Liverpool stellte eine andere Theorie auf wonach der Lindow Mann mehrere Schlage auf den Kopf erhielt wodurch er ohnmachtig wurde Danach wurden ihm mit einem weiteren Schlag auf das Genick die Halswirbel gebrochen Die Sehnenschur war seiner Ansicht nach nur ein Halsband da die Enden der Sehne sehr dicht an den Endknoten abgeschnitten waren was gegen eine Verwendung als Wurgeschur sprechen wurde Die weiteren Verletzungen an Hals und Brust sind seiner Ansicht nach erst post mortem entstanden 1 Datierung Bearbeiten Die Beantwortung der Frage wann der Lindow Mann lebte stellte sich als problematisch heraus Die Radiokohlenstoffdatierung 14C AMS Beschleuniger Massenspektrometrie mehrerer Proben aus dem Torf in dem der Tote lag ergab dass er etwa um 300 v Chr ins Moor geriet 26 wohingegen die Proben aus dem Korper wie Knochen Haut und Haar einen Todeszeitpunkt zwischen 20 und 90 n Chr implizieren Das Britische Museum gibt als Datierung circa 2 vor Chr bis 119 n Chr an 27 Fur eine genauere Eingrenzung waren weitere Analysen notwendig Sicher kann der Lindow Mann jedoch in die romische Kaiserzeit datiert werden wobei in der Wissenschaft die Totung des Lindow Mannes haufig im Zusammenhang mit der romischen Besetzung Britanniens diskutiert wird 28 29 Konservierung BearbeitenDa Moorleichen nach dem Freilegen schnell austrocknen und zerfallen wurde der Lindow Mann bis zur Entscheidung uber die endgultige Konservierungsmethode in der Kuhltransportkiste aufbewahrt Nach Rucksprache mit dem Danischen Nationalmuseum und anderen mit der Konservierung von Moorleichen erfahrenen Institutionen wurde beschlossen den Lindow Mann nicht wie bisher ublich konventionell zu trocknen oder zu gerben da die Leiche durch diese Prozeduren zu stark und irreversibel verandert wird Die Konservatoren entschlossen sich stattdessen fur eine Gefriertrocknung Um die Schrumpfung und Deformation des Korpers beim Trocknungsprozess zu vermindern wurde er mit einer Losung aus 15 Polyethylenglykol 400 und 85 Wasser getrankt Dieses besonders bei der Konservierung von Holz bewahrte Verfahren war noch nicht an Moorleichen praktiziert worden weshalb die Konservatoren zahlreiche Versuche an Schweinehaut und knochen durchfuhrten die fur einige Monate im Moor gelagert wurden um das optimale Verfahren vorab zu testen Nach erfolgter Konservierung wies der Lindow Mann lediglich eine Schrumpfung von weniger als 5 auf wobei die Weichteile noch flexibel blieben und die Haut stellenweise etwas heller wurde Hautproben des Lindow Mannes die ohne Vorbehandlung probeweise getrocknet wurden schrumpften dagegen um mehr als 50 Seither wird der Lindow Mann in einer klimatisierten Vitrine bei 19 C und 55 relativer Luftfeuchtigkeit im Britischen Museum in London aufbewahrt 30 Von April 2008 bis April 2009 waren die Uberreste des Lindow Mannes als Leihgabe im Manchester Museum zu sehen 31 Basierend auf dem relativ guten Erhaltungszustand der Leiche wurde eine Gesichtsrekonstruktion angefertigt um ein mogliches Aussehen des Lindow Mannes zu Lebzeiten prasentieren zu konnen Dieses Vorhaben gestaltete sich aufgrund der aufgeweichten entkalkten Knochen der zahlreichen Frakturen des Schadels sowie des flachgedruckten Leichnams dennoch als schwierig da die ursprungliche Schadelform aus den verschobenen und stark deformierten Fragmenten rekonstruiert werden musste 32 33 Deutung BearbeitenDie mehrfache Totung des Lindow Mannes bietet Stoff fur zahlreiche Deutungsversuche die in der Wissenschaft noch nicht zu einem endgultig eindeutigen Ergebnis gefuhrt haben Als Grunde fur den Tod des Mannes kommt in Betracht dass er hoheren Machten geopfert wurde sich freiwillig als Menschenopfer zur Verfugung stellte Opfer eines Raububerfalls wurde oder dass er als Gefangener oder verurteilter Verbrecher hingerichtet wurde Die Mehrfachtotung einer Person deutet stark auf einen Ritualmord hin allerdings gehen die Meinungen in der Wissenschaft daruber auseinander ob es sich um ein Menschenopfer eine Exekution oder auch beides handelt Mit mehr als 100 Vergleichsfunden sind Mehrfachtotungen von in Mooren deponierten Personen eine gut dokumentierte Verfahrensweise historischer Gesellschaften Nach Don Brothwell ist der Lindow Mann eines der komplexesten Beispiele fur den Overkill einer Person Er vermutet einen rituellen Hintergrund fur die Tat Eine Mehrfachtotung als Strafe fur einen einfachen Mord oder als Folge eines Raububerfalls halt er fur zu ausgefallen Moglicherweise haben auch die verkohlten Brotreste im Magen des Mannes einen rituellen Hintergrund die demzufolge dann nicht aus Versehen verspeist wurden 34 Anne Ross und Don Robins vermuten aufgrund der fehlenden Spuren harter korperlicher Arbeit und des guten Gesundheitszustandes im Lindow Mann einen hochgestellten Druiden der moglicherweise am Beltanefest am 30 April wegen der romischen Invasion im 1 Jh keltischen Gottern geopfert wurde Die Totung des Mannes auf drei verschiedene Weisen kann nach Meinung von Ross zudem anzeigen dass mit dem Opfer drei unterschiedliche Gotter angesprochen werden sollten Dagegen vermutet der Schriftsteller John Grigsby eine Art Konigsopfer im Rahmen eines Fruchtbarkeitskultes ahnlich den Attis und Osiriskulten im antiken Griechenland und dem alten Agypten 35 Literatur BearbeitenI M Stead J B Bourke Don Brothwell Lindow Man The Body in the Bog British Museum Publications London 1986 ISBN 0 7141 1386 7 englisch Don Brothwell The Bog Man and the Archaeology of People British Museum Publications London 1987 ISBN 0 7141 1384 0 englisch Richard C Turner Robert G Scaife Hrsg Bog bodies New discoveries and new perspectives British Museum Press London 1995 ISBN 0 7141 2305 6 englisch Wijnand van der Sanden Mumien aus dem Moor Die vor und fruhgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa Drents Museum Batavian Lion International Amsterdam 1996 ISBN 90 6707 416 0 niederlandisch Vereeuwigd in het veen Jody Joy Lindow Man British Museum Press London 2009 ISBN 978 0 7141 2817 7 englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c Jody Joy Lindow Man S 23 S 42 ff Excavation Recording Conservation and Dating In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 9 20 I M Stead J B Bourke Don Brothwell Lindow Man The Body in the Bog British Museum Publications London 1986 ISBN 0 7141 1386 7 S 12 Abb 2 Budworth McCord Priston Stead The Artefacts In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 38 40 G W Taylor Tests for Dyes In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 41 I M Stead Summary and Conclusions In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 177 180 N E Lindsey Photogrammetruc Recording of Lindow Man In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 31 37 J B Bourke The Medical Investigation of Lindow Man In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 46 51 Brtohwell Dobney Studies on the Hair and Nails of Lindow Man and Comparative Specimens In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 66 70 Ann V Priston The Hair In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 71 Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 42 Lindow Man Mid 1st century AD Cheshire England Britisches Museum abgerufen am 2 Dezember 2011 englisch Reznek Hallett Charlesworth Computed Tomography of Lindow Man In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 63 65 Connolly Evershed Embery Stanbury Green Beahan Shortall The Chemical Composition of some Body Tissues In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 72 76 Cowell Craddock Addendum Copper in the Skin of Lindow Man In Turner Scaife Bog Bodies New Discoveries and New Perspectives S 74 75 Ann V Priston The Hair In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 71 Brothwell Dobney Studies on the Hair and Nails of Lindow Man and Comparative Specimens In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 66 70 Connolly The Anatomical Descriptioni of Lindow Man In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 54 62 Ann V Priston The Hair In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 54 62 hier S 60 61 Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 99 125 Robert G Scaife Pollen in Human Palaeofaeces and a Preliminary Investigation of the Stomach and Gut Contents of Lindow Man In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 126 135 Robin Sales Oduwole Holden Hillman Postscript Last Minute Results from ESR Spectroscopy Concerning the Cooking of Lindow Man s Last Meal In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 140 141 Andrew K G Jones Parasitological Investigations on Lindow Man In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 136 139 Holden The Last Meals of the Lindow Bog Men In Turner Scaife Bog Bodies New Discoveries and New Perspectives S 76 82 Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 38 40 Ambers Matthews Bowman Radiocarbon Dates for Two Peat Samples In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 25 26 Lindow Man Lindow II In Collection online The British Museum abgerufen am 19 Dezember 2017 Gowlett Gillespie Hall Hedges Accelerator Radiocarbon Dating of Ancient Human Remains from Lindow Moss In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 22 24 Otlet Walker Dadson Report on Radiocarbon Dating of the Lindow Man by ARE Harwell In Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 25 26 S Omar M McCord V Daniels The conservation of bog bodies by freeze drying In Studies in Conservation Nr 34 1989 S 101 109 JSTOR 1506225 englisch Lindow Mann Meenybraddan Lindow Man a bog body mystery The Manchester Museum archiviert vom Original am 6 Oktober 2010 abgerufen am 2 Dezember 2011 englisch Stead Bourke Brothwell Lindow Man The Body in the Bog S 42ff John Prag Richard Neave Bodies from the Bog In Making faces using forensic and archaeological evidence British Museum London 1997 ISBN 0 7141 1743 9 S 157 171 hier 162 165 englisch Don Brothwell The Bog Man and the Archaeology of People S 24ff Malcom W Browne Back from the Bog In New York Times 17 Juni 1990 abgerufen am 2 Dezember 2011 englisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Lindow Man Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Lindow Man Mid 1st century AD Cheshire England Britisches Museum abgerufen am 19 Dezember 2017 englisch Conserving the Lindow Man Britisches Museum abgerufen am 2 Dezember 2011 englisch Konservierung des Lindow Mannes Lindow Man The body in the bog Britisches Museum abgerufen am 2 Dezember 2011 englisch Informationen fur Kinder James M Deem Lindow Man Body from an English bog In Mummy Tombs Abgerufen am 2 Dezember 2011 englisch Webseite die sich in erster linie an Kinder richtet Normdaten Person GND 1260376818 lobid OGND AKS VIAF 4807165628846442480006 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lindow MannALTERNATIVNAMEN Lindow II Lindow man englisch Pete MarshKURZBESCHREIBUNG MoorleicheGEBURTSDATUM 1 Jahrhundert v Chr oder 1 JahrhundertSTERBEDATUM zwischen 2 v Chr und 119STERBEORT bei Wilmslow England Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lindow Mann amp oldid 233875758