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Als Kuli englisch Coolie wurden uberwiegend chinesische und sudasiatische ungelernte Lohnarbeiter im 19 Jahrhundert und Anfang des 20 Jahrhunderts bezeichnet die fur ein Unternehmen als Kontraktarbeiter oder Tagelohner arbeiteten Ihr Einsatz erfolgte uberwiegend auf Plantagen in Kohleminen als Lastentrager oder fur andere gering bezahlte korperliche Tatigkeiten Chinesische Kulis um 1871Die Anwerbung der Kulis erfolgte oft unter Zwang und mittels Methoden die dem Sklavenhandel entsprachen Die Mehrzahl der Betroffenen wurde in britische Kolonialgebiete Sudostasiens sowie Mittel und Sudamerikas verbracht Aufgrund der erzwungenen Ab und Ausgrenzung in den Ziellandern entwickelte sich die Diaspora der Uberseechinesen 1 2 Das Wort Kuli hat sich in verschiedenen Landern als Bezeichnung fur Gepackwagen Kofferkuli auf Bahnhofen erhalten Auf Personen bezogen kann es abwertend verstanden werden Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Geschichte 3 Zeitzeugnisse 4 Nachwirkungen 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenNach dem Etymologischen Worterbuch der deutschen Sprache geht das Wort Kuli uber englisch coolie und Hindi क ल kuli Lasttrager auf den Namen einer Ethnie im nordwestindischen Gujarat zuruck deren Angehorige sich oft als Lohnarbeiter verdingten Auch eine mogliche Herkunft vom tamilischen க ல kuli Lohn Tagelohn wird vorgeschlagen 3 Eine andere Theorie vermutet den Ursprung in einer Turksprache dem Tschagataischen die Sprache Baburs der im 16 Jahrhundert Nordindien eroberte Darauf deutet das turkische Wort kul mit der Bedeutung Knecht Sklave hin In diesem Fall hatte sich das Wort uber Urdu quli in weitere Sprachen Indiens verbreitet Ins Chinesische ist das Wort erst spater gelangt Dort sieht es in der Form 苦力 kǔli wie eine chinesische Zusammensetzung aus Die Bedeutung von 苦 kǔ ist namlich bitter hart und 力 li kann als Arbeitskraft aufgefasst werden Deshalb ist der Ursprung des Wortes gelegentlich im Chinesischen vermutet worden Niederlandisch koelie war gleichfalls die Bezeichnung fur die Vertragsarbeiter niederlandisch contractarbeiders in Niederlandisch Indien zwischen etwa 1820 und 1941 Geschichte Bearbeiten nbsp Anlegeplatz in Macau um 1900 von wo aus viele Kulis verschifft wurden vermutlich 1900 02 nbsp Chinesische Arbeitskrafte beim Bau der First Transcontinental Railroad USA um 1865 nbsp Chinesischer Kuli wahrend der Amerikanischen Kolonialzeit auf den Philippinen 1899 nbsp Der chinesische Fotograf Lai Afong um 1839 1890 inszeniert in der britischen Kronkolonie Hongkong in einer Studioaufnahme drei chinesische Kulis vor 1890 Seit dem Wiener Kongress 1814 war der Sklavenhandel weltweit verboten in den USA erst 1864 Dadurch fehlten in den uberseeischen Kolonien die schwarzen Sklaven als billige Arbeiter Die entstandene Lucke wurde schnell durch Blackbirding und in enormen Dimensionen durch das sogenannte Indentured Labour ein 1806 durch die Briten weltweit eingefuhrtes System der Kontraktarbeit geschlossen Betroffen waren indische ab 1840 grosstenteils chinesische Arbeitskrafte die auf Basis der Indenturvertrage die Bezeichnung Kulis erhielten 4 Die Beschaffung der Kulis war haufig mit Verschleppung verbunden und erfolgte zu einem grossen Teil uber Hauptumschlagsplatze wie Hongkong Kanton und insbesondere Macau Uberwiegend junge Manner wurden unter haufig falschen Versprechen unter Zwang und teilweise durch Entfuhrung in gefangnisartige niedrige Baracken Barracoons gesperrt und spater verschifft In diesen Depots waren die Kulis in einer Weise untergebracht die ohne Ubertreibung als unmenschlich bezeichnet werden mussen wie das deutsche Konsulat noch 1902 nach Berlin berichtete 5 Die Insassen der Barracoons gelangten nicht selten unter Anwendung von Gewalt auf meist uberfullte Dampfschiffe Die Bedingungen der Unterbringung Verpflegung und Uberfahrt waren haufig so unertraglich dass es nicht nur zu zahlreichen Todesfallen sondern wiederholt zu Revolten und Meutereien kam 6 7 An dem Kulihandel waren nahezu alle Nationen beteiligt die Handel in Ostasien trieben Von Hongkong und Macau wurden Hunderttausende Arbeitskrafte nach Singapur verbracht wo sich im Laufe des 19 Jahrhunderts eine grosse chinesische Diaspora etablierte Singapur entwickelte sich zum wichtigsten Kuli Umschlagplatz Von dort wurden die Auswanderer in offiziell sogenannten Kulipassagen nach Afrika Nord Mittel und Sudamerika und ganz Sudostasien verschifft Den Transport der Menschen von China nach Singapur beherrschten fast ausschliesslich britische Reedereien in Linienschifffahrt Unter den 289 Dampfern die in einem regelrechten Dauerbetrieb beispielsweise im Jahr 1890 chinesische Arbeiter nach Singapur brachten befand sich nur ein chinesisches Schiff Allerdings beteiligten sich keine zehn Jahre spater Chinesen die in Singapur die britische Staatsangehorigkeit erworben hatten an dem Kuli Export und richteten unter britischer Flagge eigene Dampferlinien ein Der grosste Bedarf an billigen Arbeitskraften bestand in britischen und franzosischen Kolonien Auch deutsche Unternehmer warben Kulis fur die Arbeit in einzelnen deutschen Kolonien an 8 Der Transport nach Nord und Sudamerika erfolgte mit amerikanischen uberwiegend jedoch ebenfalls mit britischen Schiffen und brachte den Handlern und Kapitanen die hochsten Gewinne Viele Chinesen starben bei der Uberfahrt Fur diejenigen die das Zielland erreichten hatte dieses oft nicht mehr zu bieten als China selbst 9 Kulis wurden haufig zu harten Arbeiten auf den Plantagen in Bergwerken oder in Amerika vor allem bei dem Bau der Eisenbahn und in kalifornischen Minen herangezogen Sie hatten einen Kuli Vertrag zu unterschreiben durch den sie sich unter strengen Auflagen an das jeweilige Unternehmen banden Indentur So musste ein Kuli mindestens zehn Stunden am Tag arbeiten und durfte nicht ohne vorherige Erlaubnis die Arbeitsstatte verlassen 10 Auch junge Frauen und Kinder wurden entfuhrt Der Anteil verheirateter Frauen die den Weg ins Ausland fanden lag Schatzungen zufolge bei weniger als 15 Prozent Das heisst fast 85 Prozent der deportierten Frauen waren junge Madchen die gezielt als Prostituierte mit verschifft wurden da die Gelbe Rasse unter sich bleiben sollte Die Angst vor der Rassenmischung vereinte alle Kolonialmachte In den USA und Australien hatte die xenophobe Propaganda der Gelben Gefahr bereits eine langere Geschichte in Europa begann die fremdenfeindliche Konjunktur erst in den 1890er Jahren Es handelte sich dabei um ein US amerikanisches und gesamteuropaisches Ressentiment gegen ostasiatische Volker insbesondere gegen Chinesen 11 Wahrend die Mehrzahl europaischer Forscher in der neueren Historiografie die illegalen Methoden bei der Rekrutierung der chinesischen Arbeiter nicht verleugnet behaupten nicht wenige US amerikanische Historiker ohne dies belegen zu konnen dass Chinesen die nach Nordamerika gingen dies fast ausnahmslos als freie Manner mit landwirtschaftlicher handwerklicher oder kaufmannischer Berufserfahrung taten und nicht als Kulis sie raumen aber ein dass die chinesischen Einwanderer in den USA vor dem Hintergrund der anti chinesischen Propaganda der Zeit haufig abwertend als Kulis bezeichnet wurden 12 Tatsachlich haben sich amerikanische Unternehmen mit Billigung der US Regierung aktiv an dem Menschenhandel beteiligt Dokumentiert sind unter anderem zeitgenossische Angaben des Kapitans der Messenger ein amerikanisches Schiff das regelmassig Kulipassagen zwischen San Francisco und Hongkong anbot Beispielsweise vermerkte der Kapitan am 5 Oktober 1859 im Logbuch 500 Kulis an Bord von denen die meisten wenn nicht alle in den Kustenregionen entfuhrt wurden 13 Nachweislich gelangten allein uber San Francisco zwischen 1870 und 1882 jahrlich rund 18 000 Chinesen in die USA Der Chinese Exclusion Act schrankte ab 1882 zwar die Immigration stark ein konnte jedoch umgangen werden wenn die Schiffe zuerst Hafen in Zentralamerika anliefen Wahrend und nach dem Philippinisch Amerikanischen Krieg bei dem etwa eine Million Filipinos ums Leben kamen setzte die neue amerikanische Kolonialmacht ungezahlte chinesische Kulis als billige Arbeitskrafte in den Kolonien und Protektoraten der Vereinigten Staaten ein Auch uber Hawaii und Kuba lief der Kulihandel amerikanischer Firmen weiter wo Tausende Chinesen fur die Arbeit auf Zuckerrohrplantagen eingesetzt wurden 14 In die internationale Seemannsprache ging die gewaltsame Rekrutierung der Arbeitskrafte als Schanghaien ein Seinen Hohepunkt erreichte der Kulihandel zwischen 1890 und 1911 Der weitaus grosste Teil der chinesischen Kulis gelangte in die britischen Straits Settlements sowie britischen Kolonien in der Sudsee und Australien Allein schon bis 1858 sollen nach Australien rund 40 000 Chinesen verschifft worden sein nachdem die britische Regierung ab Mitte des 19 Jahrhunderts keine Strafgefangenen mehr nach Down Under deportierte weshalb ein Mangel an Arbeitskraften speziell in der australischen Wollproduktion bestand Nach der Jahrhundertwende erfolgte die Verschiffung vieler Kulis nach Sudafrika In der Folge des Zweiten Burenkrieges fehlten in den dortigen Goldminen billige Arbeiter so dass die britische Regierung den Transport indischer und chinesischer Kulis uberwiegend nach Transvaal forcierte Allein zwischen Juni 1904 und November 1906 kamen 63 296 chinesische Kulis in der Transvaal Kolonie an 15 Der Kulihandel brach erst nach Grundung der Republik China zusammen nachdem Sun Yat sen 1912 fur Menschenhandel in China konsequent die Todesstrafe durchsetzte auch das ein Beleg dafur dass bis dahin die Mehrzahl der Auswanderungen nicht freiwillig erfolgte 16 Zeitzeugnisse Bearbeiten nbsp Kulis in einem britischen Bergwerk in China 1913 nbsp Chinesische Kulis beladen mit Tee 1908 nbsp Assamesische Kulis bei der Ablieferung von Tee an britischen Kolonialherren um 1903 nbsp Von Japanern angeworbene chinesische Kulis um 1904 nbsp Kuli beim Setzen von Teepflanzen Britisch Indien um 1907Ein bemerkenswertes Zeitdokument stellt ein Bericht pommerscher Missionare dar der unter der Uberschrift Der Kulihandel Ein Aufruf an die Menschheit des 19 Jahrhunderts am 1 November 1873 in der Zeitung Evangelischer Reichsbote erschien Auszuge gekurzt Meinten wir nicht der Sklaverei sei mit dem Siege der nordamerikanischen Union endlich ihre Grabesstatte bereitet worden Kaum verschwindet an den Gestaden des Atlantischen Ozeans der Negerhandel da verpestet die Ufer des Stillen Meeres der nichtswurdigste Menschenschacher Wir sind Zeuge eines Ruckfalls in die Sklaverei deren Opfer der asiatische Kuli ist Die Seuche verbreitete sich uber andere tropische und subtropische Lander insbesondere die Antillen Zentralamerika Guyana Australien Unter dem Namen der Freiheit und Auswanderung chinesischer Arbeiter auf Grundlage eines Passage Vorschusses und Dienstvertrags bildete sich nach und nach ein in allen Einzelheiten sorgfaltig geplantes System des Menschenfanges bei welchem alle Erfahrungen der geschicktesten kaufmannischen Technik und des Reedereigewerbes mit Betrug Hinterlist Gewalttatigkeit Raub und Mord so innig zusammengewoben sind dass die Opfer der Gewinnsucht gleichsam in den Schlingen britischer Gesetzesparagraphen erdrosselt werden Das Verfahren in der Hauptsache ist bekannt Der wichtigste Stapelplatz fur den Handel mit frischem Menschenfleisch ist die in der Mundung des Kantonflusses gelegene portugiesische Besitzung Macau Seit 1847 wo die ersten Auswanderungsschiffe von dort ausliefen ist das Geschaft in fortwahrendem Aufbluhen zu kaum glaublicher Ausdehnung emporgeschwollen Der Ablauf ist immer der gleiche und erfolgt nach altbewahrtem Muster freie Uberfahrt nach den amerikanischen Arbeitsmarkten als Gegenleistung die Verpflichtung acht Jahre lang gegen einen geringen Lohn monatlich nicht mehr als 6 Thaler zu arbeiten Uberlassung der Kulis nach Ankunft in Amerika an den Meistbietenden Mit anderen Worten der Auswanderer verpflichtet sich nicht einem bestimmten Herren und Arbeitgeber sondern degradiert sich selbst in allen Formen zu einem Sachgegenstand der auf den Markt gebracht wird und wie ein Ballen Rinderhaute je nach Konjunktur teuer oder billig verkauft wird Ein schlimmes Schicksal traf Diejenigen welche auf den Chincha Inseln in Sudamerika mit der Gewinnung von Guano zu Tode gepeinigt wurden Bereits 1860 war ermittelt worden dass von 4 000 allein auf der Guano Insel gelandeten Chinesen nicht ein einziger am Leben geblieben ist Die Schicksale der chinesischen Auswanderer blieben im Reiche der Mitte nicht unbekannt Umso mehr wurden die Mittel des Menschenfanges in Macau verscharft Es entstanden zahlreiche Sklaven Depots in denen die chinesischen Kulis in der Zeit zwischen ihrer Anwerbung und Verschiffung wie in Vorratskammern aufgespeichert wurden Sobald der Kuli das streng bewachte und vergitterte Eingangstor passiert hat offnet es sich nur noch einmal fur ihn wenn er an Bord des Schiffes in die Herde seiner Leidensgefahrten getrieben wird Nach allen Regeln der Arbeitsteilung zerfallt der Kulihandel in mehrere eng ineinander greifende Geschaftszweige Die englisch franzosischen Vertrage von 1860 stipulieren von China die Freiheit der Auswanderung Seit jener Zeit sind englische Auswanderungsburos in Kanton und Hongkong eroffnet worden In deren Auftrag sind verschiedene Nationalitaten als Agenten tatig welche ein Kopfgeld fur jedes Stuck Mensch empfangen Unter ihnen sind portugiesische und chinesische Gauner die man als Abschaum der Menschheit nennen kann Verarmte Chinesen werden von ihnen zum Trunke in Spiellokale gelockt und bezahlen die Schulden einer Nacht mit ihrer Unterschrift die ihnen die Freiheit das Leben kosten wird Nichts ahnende Handwerker und Bauern werden unter betrugerischen Vorspiegelungen eingefangen nicht selten auch durch Kindesraub und Entfuhrungen fortgeschleppt Niemand in den sudchinesischen Kustengegenden ist gegen die Gewalttaten geschutzt Alle diese Freveltaten geschehen in den tauschenden Formen des englischen Vertragsrechts Der chinesische Gauner bezieht seine Prozente der portugiesische Prokurator der in Macau die Auswanderungsschiffe mustert bekommt seinen Anteil und findet bei seinen Revisionen alles vorschriftsmassig die Kapitane und Reedereien streichen den Lowenanteil ein Wie es den Kulis auf dem Transporte ergeht ist der Offentlichkeit hinreichend bekannt In kleinen Zeitungsnotizen zerstreut entgehen die Nachrichten aber der nachhaltigen Aufmerksamkeit sie verfallen dem Schicksal der Vergessenheit mit dem Verschwinden der Zeitungsnummer die sie gebracht hatte Mehr als die Wiederholung solcher Schreckensberichte erwirkt vielleicht die Statistik Zwischen 1847 und 1866 verbrachten 211 Schiffe allein nach Cuba 85 768 Kulis von denen 11 209 auf der Uberfahrt verstarben Wie viele spater an Krankheiten und an Selbstmord in kurzer Zeit nach ihrer Ausschiffung verendeten ist unbekannt Jedenfalls behalt der Chinese nach seiner Landung kaum eine Hoffnung seine Heimat wieder zu sehen Wer nach Ablauf seines achtjahrigen Arbeitskontraktes die Ruckfahrt nicht zu zahlen vermag hat nur die eine Moglichkeit sich wiederum fur acht weitere Jahre zu verpflichten und so fort 17 Der osterreichische Forschungsreisende und spatere Diplomat Karl von Scherzer der zwischen 1857 und 1859 an der Novara Expedition teilnahm hielt in seinem Buch Reisen der osterreichischen Fregatte Novara um die Erde uber den Kulihandel fest Auszuge gekurzt Nicht wenige werden durch Alkohol oder Opium betaubt und wachen erst in abgeriegelten Depots auf Wir haben abgezehrte hagere Jammergestalten gesehen die sich verpflichteten fur 4 Dollar im Jahr bei irgendeinem ihnen in der Ferne zugewiesenen Dienstherren zu arbeiten Die Uberfahrt welche in der Regel vier bis funf Monate dauert geschieht gewohnlich auf englischen amerikanischen portugiesischen aber leider auch einigen wenigen deutschen Schiffen Andere Berichte sprechen sich ausserst gunstig uber die Anstrengung deutscher Missionare aus um diesen Menschenhandel zu beschranken und namentlich den sogenannten Kulifang Kidnapping zu verhindern Welchen Qualen die armen Menschen schon wahrend der Uberfahrt ausgesetzt sind geht aus der Tatsache hervor dass nicht selten eine Anzahl dieser Unglucklichen uber Bord springt um durch den Tod in den Wellen ihrem Leiden ein Ende zu machen Es sind nach Aussagen von Kapitanen dieser Sklaven Schiffe mit den wir in verschiedenen Hafen sprachen Falle vorgekommen dass durch schlechte Kost und Misshandlung 38 Prozent der eingeschifften Chinesen vor dem Erreichen des Ankunftshafens starben 18 Stellvertretend fur das Schicksal vieler entfuhrter Chinesen steht die Aussage eines 23 jahrigen Kulis vom 4 Januar 1860 wahrend der Fanny Kirchner Affare Eine Gruppe von Kulijagern 13 an der Zahl kamen in unser Haus und schnappten mich Ich wurde gebunden geknebelt und nach Tung poo gebracht dann nach Tschengtschau zu einer Dschunke wo ich gefragt wurde ob ich auswandern wolle Ich wurde mit einem Tau geschlagen weil ich mich weigerte auswandern zu wollen Dann wurde ich in die Barracoons nach Macau gebracht Man sagte mir dass wenn ich an Bord des auslandischen Schiffes die Frage ob ich ausreisen wolle verneine dann zuruckgebracht und getotet werde Man fragte mich an Bord des auslandischen Schiffes und ich weigerte mich auszureisen Ich wurde wieder auf die chinesische Dschunke gebracht und erneut mit dem Tau geschlagen Daraufhin sagte ich dass ich bereit bin auszuwandern Viele andere sagten sofort ohne nochmals geschlagen zu werden dass sie auswandern wollen weil die Kulijager damit gedroht hatten sonst die Familie zu toten 19 Aus einer anderen Perspektive schilderte der Reiseschriftsteller Otto Ehrenfried Ehlers 1896 in der Zeitschrift Im Osten Asiens seine Sicht des Kulihandels Bekanntlich ist vor kurzem von Singapore aus der erste Transport chinesischer Kulis nach Ost Afrika abgegangen und in wenigen Tagen sollen in Macao 600 Chinesen verladen werden die als Eisenbahnarbeiter fur den Kongostaat angeworben sind Man verfolgt hier diese Unternehmungen mit grossem Interesse und ist gespannt zu horen ob Arbeitgeber wie Arbeitnehmer im dunklen Weltteil ihre Rechnung finden werden Dass der chinesische Kuli als Pflanzer und Erdarbeiter namentlich da wo er im Akkord arbeitet seinesgleichen sucht daruber ist sich die Welt einig die Frage ist nur ob er fur Afrika nicht zu teuer zu stehen kommt Es ist mir unbekannt wieviel Anwerbung und Transport der von Singapore nach Pangani geschafften Kulis gekostet hat ich weiss jedoch dass man die Kosten fur den Kopf von Macao nach einem beliebigen Hafen der deutsch ostafrikanischen Kuste auf 450 Mark gegen 240 Mark nach Sumatra berechnet Der Vertrag wurde auf 3 Jahre 30 Mark garantierten Verdienst im Monat freie Bekostigung und freie Ruckfahrt lauten Die Kosten der letzteren werden auf etwa 150 Mark fur den Kopf angenommen Demnach wurden sich die Unkosten fur Anwerbung Hin und Ruckfahrt fur den einzelnen Kuli auf rund 600 Mark d h 200 Mark jahrlich gleich etwa 70 Pfg fur jeden Arbeitstag belaufen Rechnet man die Bekostigung Reis Tee und gesalzenes Fleisch auf 30 Pfg fur Mann und Tag dazu so ergibt sich alles in allem ein Gesamttagelohn von 2 Mark fur den Mann d h viermal soviel als der Eingeborene in Ostafrika als Plantagenarbeiter bis jetzt zu erhalten pflegt Sollte sich trotz dieser hohen Lohne die Beschaftigung chinesischer Kulis fur die Plantagen als profitabel herausstellen so kommt es nur darauf an durch richtige gerechte Behandlung die Chinesen zu fesseln Von den Berichten die sie in die Heimat schicken wird es abhangen ob man weiteren Zuzug wird erwarten konnen oder nicht 20 Nachwirkungen Bearbeiten nbsp Antichinesisches Plakat in Australien 1886 nbsp Chinesenpogrom in Denver USA am 31 Oktober 1880 Frank Leslie s Illustrated Newspaper 1880 nbsp Ubersicht Lander mit heutiger grosser chinesischer Diaspora Stand 2010Die chinesischen Kulis erwarben sich in Ubersee rasch einen Ruf als fleissige und ausserst genugsame Arbeiter Mark Twain hielt in seinem 1872 veroffentlichten Buch Roughing it fest Ein unordentlicher Chinamann ist selten und einen faulen gibt es nicht Dennoch waren die chinesischen Einwanderer in fast allen Erdteilen sehr bald Anfeindungen ausgesetzt vor allem seitens der weissen Arbeiterschaft die in ihnen missliebige Lohndrucker und Streikbrecher sahen Die Folge waren Diskriminierungen und rassistische Ubergriffe die mitunter todlich endeten 21 Nicht nur in Sudafrika organisierten sich weisse Arbeiter und Angestellte in antichinesischen Vereinen um weitere Einwanderungen der Kulis zu stoppen Die Einfuhrung diskriminierender Gesetze in manchen Landern insbesondere in den USA wo unter anderem die Einwanderung chinesischer Ehefrauen nicht erlaubt war fuhrte bereits gegen Ende des 19 Jahrhunderts zu einer Ruckkehrwelle in die Heimat Der Entscheid durfte einigen Kulis nicht schwer gefallen sein warteten doch in vielen Fallen die zuruckgelassenen Frauen und Kinder sehnsuchtig auf sie 22 Trotz der sozialen Ausgrenzung blieben Millionen Kulis in der Fremde weil sie sich die Ruckfahrt nicht leisten konnten oder ihr Gluck mit der Eroffnung eines Restaurants einer Wascherei eines Lebensmittelladens oder Ahnlichem suchten Die soziale Ausgrenzung fuhrte weltweit zu einer Politik der Abschottung und zur Bildung chinesischer Enklaven die ihren Ausdruck in Chinatowns und China Townships fanden Im Gegensatz zu klassischen Einwanderervierteln entwickelten sich diese Chinesenstadte zu keinen Ubergangsstationen sondern nahmen eine dauerhafte wirtschaftliche und soziologische Sonderstellung ein Kantonesisch blieb in allen Chinatowns die fuhrende Sprache wann immer moglich wurden Netzwerke Guanxi zur alten Heimat geknupft und gepflegt 23 Die Diaspora und Methoden des Kulihandels haben in der nationalen Erinnerung Chinas einen festen Platz Menschenhandel wird bis heute in ganz China sowohl in der Volksrepublik China wie in der Republik China Taiwan mit der Todesstrafe geahndet Stand 2018 Zugleich gehoren vor allem die erzwungenen Auswanderungen der chinesischen Arbeiter und die Diskussion uber ihr uberseeisches Schicksal zu wichtigen Faktoren die zur Starkung des chinesischen Nationalismus beitrugen Zahlreiche junge Uberseechinesen leisteten als Aktivisten einen entscheidenden Beitrag zur politischen Geschichte der chinesischen Wiedervereinigung Sun Yat sen bezeichnete die chinesische Gemeinschaft im Ausland als Mutter der chinesischen Revolution von 1911 24 Die globale Mobilitat der Kulis war nicht nur ein Faktor bei der Entstehung nationaler Zugehorigkeit und weltweiter Vernetzung Vor allem in sudostasiatischen Landern hat die chinesische Prasenz die gesellschaftlichen Entwicklungen und Auseinandersetzungen nachhaltig verandert die haufig bis in die Gegenwart anhalten Schatzungen gehen heute von 60 Millionen im Ausland lebender Chinesen aus 25 Uber 75 Prozent der Einwohner Singapurs sind Auslandschinesen damit ist Singapur de facto ein chinesischer Staat Etwa 30 Prozent der Bevolkerung von Malaysia sind Chinesen In anderen Landern wie Indonesien Myanmar Sudkorea Thailand oder Vietnam liegt ihr Anteil an der Bevolkerung unter zehn Prozent Allerdings dominieren Auslandschinesen in allen Staaten Sudostasiens in Handel und Industrie 26 27 In keinem Staat Sudostasiens sind die Nachfahren der Kulis in derart regelmassigen Abstanden Zielscheibe fur Gewaltausbruche wie in Indonesien Sie sind oft Sundenbocke fur den Wahrungsverfall die rapide Verteuerung der Lebensmittel etc Mit acht Millionen verzeichnet Indonesien weltweit die grosste chinesische Minderheit Zwar stellen die Auslandschinesen hier nur vier Prozent der Gesamtbevolkerung sie kontrollieren jedoch etwa 80 Prozent des gesamten Privatvermogens Indonesiens 28 Auf den Philippinen sind nur ein Prozent der Bevolkerung Nachfahren der chinesischen Einwanderer trotzdem befinden sich hier ebenfalls weite Teile der Wirtschaft in ihrer Hand 90 Prozent aller Entfuhrungsopfer auf den Philippinen sind ethnische Chinesen In Malaysia verabschiedet die Regierung regelmassig Gesetze die Chinesen die ein Drittel der Bevolkerung stellen die Geschafte erschweren sollen Hingegen werden in Thailand die 6 5 Millionen Chinesen als Teil der Gesellschaft akzeptiert und als Geschaftsleute geachtet Ahnlich ist die Situation in Sudkorea 29 Obwohl die Bezeichnung Kuli heute in fast allen Landern der Erde als abwertend und rassistisch angesehen wird findet der Begriff insbesondere in Sudostasien in der Karibik und in Sudafrika unverandert Verwendung Dies geschieht nicht selten beabsichtigt in einem abwertenden Kontext oft aber unbedacht im allgemeinen Sprachgebrauch um sich auf Personen indischer oder sudasiatischer Abstammung zu beziehen 30 Der Gebrauch des Wortes Kuli ist heute in Sudafrika und Namibia als Hate Speech Hasswort verboten 31 Siehe auch BearbeitenBambuse Kaffer Bewegung des vierten MaiEinzelnachweise Bearbeiten Berliner und Pommerscher Evangelischer Gesamtverein fur die Chinesische Mission Evangelischer Reichsbote Band 23 Wiegandt und Grieben 1873 S 87 Jochen Kleining Uberseechinesen zwischen Diskriminierung und okonomischem Erfolg Konrad Adenauer Stiftung e V 2008 S 1 Kluge Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache Bearbeitet von Elmar Seebold 25 Auflage De Gruyter Berlin Boston 2011 Stichwort Kuli1 Reinhard Sieder Globalgeschichte 1800 2010 Bohlau Verlag 2010 S 102 Sebastian Conrad Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich C H Beck 2010 S 179 Jurgen Osterhammel Die Verwandlung der Welt eine Geschichte des 19 Jahrhunderts C H Beck Munchen 2009 ISBN 978 3 406 61481 1 S 246 ff Berliner und Pommerscher Evangelischer Gesamtverein fur die Chinesische Mission Evangelischer Reichsbote Band 23 Wiegandt und Grieben 1873 S 87 Sebastian Conrad Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich C H Beck 2010 S 211 f Peter Haberzettl Roderich Ptak Macau Geographie Geschichte Wirtschaft und Kultur Otto Harrassowitz Verlag 1995 S 10 Rolf Harald Wippich kein respectables Geschaft Oldenburg und der chinesische Kulihandel im 19 Jahrhundert In Oldenburger Landesverein fur Geschichte Natur und Heimatkunde Hrsg Oldenburger Jahrbuch Band 104 2004 ISBN 3 89995 143 3 S 145 162 Online abgerufen am 5 Januar 2017 Sebastian Conrad Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich C H Beck 2010 S 184 David M Brownstone The Chinese American Heritage New York Oxford FactsOnFile 1988 ISBN 0 8160 1627 5 Gregory Yee Mark Political Economic and Racial Influences on America s First Drug Laws University of California Berkeley 1978 S 183 Sebastian Conrad Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich C H Beck 2010 S 179 f Sebastian Conrad Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich C H Beck 2010 S 179 f Eberhard Panitz Treffpunkt Banbury Das Neue Berlin 2003 S 33 f Berliner und Pommerscher Evangelischer Gesamtverein fur die Chinesische Mission Evangelischer Reichsbote Band 23 Wiegandt und Grieben 1873 S 87 Karl von Scherzer Reisen der osterreichischen Fregatte Novara um die Erde K K Hof und Staatsdruckerei Wien 1861 S 126 Rolf Harald Wippich Kein respectables Geschaft Oldenburg und der chinesische Kulihandel im 19 Jahrhundert in Oldenhurger Jahrbuch 104 2004 S 157 158 Otto E Ehlers Kulihandel in Allgemeiner Verein fur Deutsche Literatur Zeitschrift Im Osten Asiens Berlin 1896 Kaiping Die Stadt der seltsamen Turme CRI 7 Juni 2013 abgerufen am 5 Marz 2018 Kaiping Die Stadt der seltsamen Turme CRI 7 Juni 2013 abgerufen am 5 Marz 2018 Min Zhou Chinatown The Socioeconomic Potential of an Urban Enclave Temple University Press Philadelphia 1995 S 33 f Mechthild Leutner Klaus Muhlhahn Izabella Goikhman Reisen in chinesischer Geschichte und Gegenwart Otto Harrassowitz Verlag 2008 S 117 Karl Waldkirch Erfolgreiches Personalmanagement in China Springer Verlag 2009 S 35 Amy Chua World on Fire Doubleday Press 2003 S 61 Jochen Kleining Uberseechinesen zwischen Diskriminierung und okonomischem Erfolg Konrad Adenauer Stiftung e V 2008 S 2 Jochen Kleining Uberseechinesen zwischen Diskriminierung und okonomischem Erfolg Konrad Adenauer Stiftung e V 2008 S 1 Die Sundenbocke sind gefunden Focus 21 Februar 1998 abgerufen am 5 Marz 2018 Licensing and Livelihood Railway Coolies Centre for Civil Society abgerufen am 5 Marz 2018 Act No 4 of 2000 Promotion of Equality and Prevention of Unfair Discrimination Act Aktualisiert bis 2008 PDF 145 kB abgerufen 15 Dezember 2011 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kuli Tagelohner amp oldid 218618560