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Das Kuhblasen englisch cow blowing 1 oder Kuhblasen 2 in Indien anglisierend phooka genannt 3 ist ein in der ethnographischen Literatur aus vielen Landern berichtetes Verfahren bei dem durch kraftiges Einblasen von Luft in die Vagina bisweilen auch in den After einer Kuh zu erreichen versucht wird dass sie mehr Milch gibt Kuhblasen wird von einem Angehorigen der Khoikhoi praktiziert Die Zeichnung entstand zwischen 1700 und 1740 Meist erfolgt dieses Einblasen direkt mit dem Mund aber auch mittels einer Rohre bzw in Kombination mit anderen Verfahren zur Stimulation der Milchproduktion 4 Solche Verfahren sind auch fur andere Milchtiere bekannt neben dem Rind auch beim Pferd Yak Kamel oder bei der Ziege 5 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Vorkommen 1 1 Indien 1 2 Nuer 2 Physiologische Aspekte 3 Verbreitung nach Plischke 1954 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte und Vorkommen BearbeitenDas Verfahren war bereits im alten Ur bekannt wo ein Tempelfries vom Tell el Obed hinter den Kuhen sitzende Melker erkennen lasst 6 Eine fruhe Beschreibung gibt es auch im zweiten Kapitel des vierten Buches der Historien des griechischen Historikers Herodot 5 Jahrhundert v Chr Dort wird beschrieben wie die Skythen Pferdestuten durch hohle Knochenrohren Luft in die Scheide blasen wahrend eine andere Person die Stute melkt 7 Das cow blowing wurde mindestens bis zum 17 Jahrhundert auch in Irland praktiziert 8 Besonders zahlreiche Belege liefern afrikanische Hirtennomaden 9 es ist in Sud und Ostafrika verbreitet zum Beispiel bei den Dinka und Nuer 10 aber auch in anderen Hirtenkulturen wie zum Beispiel bei den alten Skythen und in Tibet Obwohl einzelne Beschreibungen des Phanomens aus vielen Teilen der Welt bekannt sind ist es bislang nur in wenigen systematischen wissenschaftlichen Studien beschrieben worden Indien Bearbeiten In Indien wo das Rind aufgrund religioser hinduistischer Vorstellungen einen besonderen Schutz geniesst siehe auch Heilige Kuh wird die Praktik phooka genannt 3 Sie wurde im indischen Tierschutzgesetz von 1890 erstmals explizit verboten Darin wird phooka oder doom dev an Kuhen oder anderen Milchtieren folgendermassen definiert Phooka or doom dev includes any process of introducing air or any substance into the female organ of a milch animal with the object of drawing off from the animal any secretion of milk 11 Personen die die Handlung durchfuhren oder an in ihrem Besitz oder unter ihrer Kontrolle stehenden Tieren durchfuhren oder erlauben konnten mit einer Geldstrafe bis zu funfhundert Rupien oder mit Gefangnis bis zu zwei Jahren bestraft werden Das Tier an dem die Handlung verubt wurde ging in den Besitz des Staates uber 11 Das Gesetz wurde 1938 erweitert 12 Gandhi berichtet in seiner Autobiographie 13 daruber Seit seiner Beobachtung des phooka habe Gandhi einen starken Ekel vor Milch gehabt Der Prozess des phooka habe Gandhis Einstellung zur Gewalt an Tieren beeinflusst 14 Nuer Bearbeiten Der Ethnologe Edward Evan Evans Pritchard beschrieb 15 und fotografierte 16 das Kuhblasen in die Vagina der Kuh bei den Nuern Dort wurde es insbesondere bei Kuhen praktiziert die ihr Kalb verloren haben Zusatzlich zu dem Kuhblasen wurde eine Puppe des gestorbenen Kalbes mit dem Fell des Kalbes tulchan zur Kuh geschoben um die Kuh zur Milchproduktion zu stimulieren 17 Physiologische Aspekte BearbeitenEine Dehnung der Cervix uteri fuhrt uber den Ferguson Reflex zur Ausschuttung von Oxytocin was physiologisch wahrend der Geburt die Muskulatur der Gebarmutter anregt und auch die Milchejektion stimuliert 18 Ob das Kuhblasen einen sogenannten Ferguson Reflex 19 auslost ist aber ungeklart Die Ausschuttung von Oxytozin wird auch durch das Saugen des Jungtiers und durch das Anrusten eine Art Eutermassage vor dem Melken ausgelost 20 Verbreitung nach Plischke 1954 BearbeitenVolk Gebiet Autor Jahr siehe auch sonstigesmongol Kalmucken sudrussische Steppengebiete Peter Simon Pallas 1776 Skythen Herodot Pferde Jakuten an der Lena Sibirien Gerhard Friedrich Muller Bericht um 1736 Abessinien I M Hildebrandt 1874 Kaffa Friedrich J Bieber 1920 Nuer H A Bernatzik 1929 E E Evans Pritchard 1951 Luz H Herz W 1976 Dinka H A Bernatzik 1930 Baggara Kordofan McMichael 1924 Somal C Keller 1894 Galla Ph Paulischke 1893 Wasiba H Rehse 1910 Wanyaturu E Sick 1915 Wagogo H Clauss 1911 Hottentotten Peter Kolb 1719 Bana Logone Gebiet sudl des Tschad A Ruhe 1938 west und zentralasiatische HirtennomadenChina Tung Fluss I H Edgar 1924 Sichuan Dadu HeIndien T Murari 1937 Mohandas Karamchand Gandhi 1927 1929 phooka Alpen Untergurgl im oberen Otztal Almen des Pfitscher Jochs bei Gargellen 1939 Pyrenaen 1939 Literatur BearbeitenHans Plischke Das Kuhblasen Eine volkerkundliche Miszelle zu Herodot In Zeitschrift fur Ethnologie Band 79 Reimer Berlin 1954 S 1 7 H A Bernatzik Zwischen Weissem Nil und Belgisch Kongo Wien 1929 Isaac Schapera The Khoisan Peoples of South Africa London 1930 Tadeusz Margul Present Day Worship of the Cow in India In Numen Band 15 Nr 1 Februar 1968 S 63 80 Florence Burgat Non Violence Towards Animals in the Thinking of Gandhi the Problem of Animal Husbandry In Journal of Agricultural and Environmental Ethics Band 17 Nr 3 Mai 2004 S 223 248 Hubert Kroll Das Zuruckhalten der Milch bei Rindern und ihre Behandlung bei afrikanischen Hirtenstammen In Milchwirtschaftliches Zentralblatt Jahrgang 57 Heft 22 1928 S 349 350 Hubert Kroll Die Haustiere der Bantu In Zeitschrift fur Ethnologie Band 60 S 247 248 Sture Lagercrantz Contribution of the Ethnography of Africa Hakan Ohlssons Lund 1950 mit Karte zur Verbreitung in Afrika auch zur Verbreitung des milking with dummy calves Melkens mit Kalbspuppen F Sierksma Sacred Cairns in Pastoral Cultures In History of Religions Jahrgang 2 Nr 2 1963 S 227 241 JSTOR 1062065 englisch Weblinks BearbeitenLaws relating to animal rights Indian Laws Einzelnachweise Bearbeiten Shae Clancy Cattle In Early Ireland In Celtic Well 1999 F Sierksma Sacred Cairns in Pastoral Cultures In History of Religions Band 2 1963 S 227 241 a b The Prevention of cruelty to animals act 1960 Artikel 12 MS Word 106 kB dort wird auch der Begriff doom dev fur das Phanomen genannt Ein weiteres Verfahren ist die Uberlistung der Kuh zu besserer Milchleistung durch die Verwendung einer sogenannten Kalbspuppe engl dummy calf Plischke 1954 S 6 Abb 1 bei Plischke zeigt das Kuhblasen im alten Ur Tempelfries in El Obeid Aus C J Wooley Vor 5000 Jahren Stuttgart 1930 Taf 1 Plischke zitiert einen Bildzusatz zu einer bereits in einem anderen Buch Bernatzik Zwischen Weissem Nil und Belgisch Kongo Wien publizierten Abbildung Kuhblasen bei den Dinka aus der neuen erweiterten Auflage der Grossen Volkerkunde 1954 von Hugo Adolf Bernatzik Frankfurt Main 1954 Diese Sitte ist auch heute noch in abgelegenen Talern der europaischen Alpen erhalten ihre Darstellung findet sich bereits auf Tongefassen im alten Ur Herodot Historien 4 Auflage Stuttgart 1971 S 253 Ubersetzung von A Horneffer vgl englische online Ausgabe und den Kommentar dazu Shae Clancy Cattle In Early Ireland In Celtic Well 1999 Der Artikel zitiert aus The Journal of Thomas Dineley 1681 Dem irischen Satiriker Jonathan Swift 1667 1745 scheint diese Quelle des Witzes fonde of wit lediglich aus Herodot bekannt gewesen zu sein s A Tale of a Tub Ein Tonnenmarchen VII Abschnitt Project Gutenberg EBook Hubert Kroll 1928 zufolge ist diese Erscheinung in Afrika bei den hamitischen Hirtennomaden und den davon beeinflussten Negerstammen vom Nil uber Ostafrika sudwarts bis zu den Hottentotten verbreitet Angabe nach Plischke 1954 Ein filmisches Dokument Memento vom 6 August 2009 im Internet Archive wurde auf einer Ostafrika Expedition der Deutschen Nansen Gesellschaft 1962 1963 durch H Luz und Dr W Herz erstellt Im Begleitheft zum Film H Luz und W Herz 1 2 Vorlage Toter Link www iwf de Nuer Ostafrika Oberer Nil Tagliche Arbeiten im Viehlager Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2019 Suche in Webarchiven PDF In G Wolf Hrsg Encyclopedia cinematographica Gottingen 1976 heisst es Er stellt sich entweder seitlich mit quergelegtem Kopf oder direkt hinter die Kuh wobei er die beiden Hinterschenkel mit den Handen umfasst und blast der Kuh Luft in die Scheide Dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt Zwischendurch werden an den Zitzen Melkbewegungen gemacht und es wird von hinten zwischen den Hinterbeinen durch leicht gegen das Euter geschlagen Diese Behandlung regt nach Meinung der Nuer die Kuh dazu an mehr Milch zu geben Nachdem nun einige Zeit gemolken worden ist wird das Blasen wiederholt Dabei wird meistens mit dem Melken aufgehort zuweilen kommt aber auch ein zweiter Hirt hinzu und blast wahrend der andere weitermelkt a b Prevention of cruelty to animals act 1890 In LIIofIndia Indian Numbered Acts G M Ratcliff et al British India In Journal of Comparative Legislation and International Law Vol 22 Nr 2 3 1940 S 129 JSTOR 754948 englisch Mohandas K Gandhi An Autobiography or The Story of my Experiments with Truth 1927 1929 Florence Burgat Non Violence Towards Animals in the Thinking of Gandhi The Problem of Animal Husbandry In Journal of Agricultural and Environmental Ethics Band 17 Nr 3 2004 S 223 248 Some Features of Nuer Religion In The Journal of the Royal Anthropological Institute of Great Britain and Ireland Band 81 Foto des Kuhblasens durch Edward Evan Evans Pritchard 1935 Foto eines tulchan durch Edward Evan Evans Pritchard 1935 Siehe z B Esther Hierholzer Endokrinologische Veranderungen unter Belastung beim Pferd Eine Literaturstudie Hannover 2004 DNB 972240640 34 S 35 tiho hannover de PDF 1 2 MB Dissertation Tierarztliche Hochschule Artikel Oxytocin answers com Die Milch Die Melkmaschine ersetzt den Melker und das Kalb Memento vom 6 August 2009 im Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kuhblasen amp oldid 242158387