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Hans Hermann Joseph Plischke 12 Februar 1890 in Eilenburg 28 April 1972 in Gottingen war deutscher Ethnologe und von 1934 bis Januar 1946 und von 1949 bis 1959 Professor und Direktor des Instituts fur Volkerkunde in Gottingen Von 1933 bis 1945 war er Mitglied der NSDAP und des NS Lehrer und Dozentenbundes 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit und Jugend 1 2 Studium 1 3 1925 1932 1 4 Politisches Engagement und Arbeit im Nationalsozialismus 1 5 Entlastung und Arbeit nach 1945 1 6 Die letzten Jahre 2 Wirken 2 1 Volkerkundliche Lehre und Forschung 2 2 Koloniales Interesse 2 3 Antisemitismus 2 4 Theorie nach 1945 3 Werk 3 1 Uberblick 3 2 Monografien 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKindheit und Jugend Bearbeiten Am 12 Februar 1890 wurde Hans Plischke in Eilenburg Sachsen als Sohn des Buro und Burgervorstehers sowie Landwirtes Max Plischke und Elisabeth Plischke geb Sieg geboren 2 3 In seiner Geburtsstadt besuchte er sowohl die Burgerschule als auch das Realgymnasium welches spater zum Reformrealgymnasium beziehungsweise zur Oberschule Eilenburg umbenannt wurde Studium Bearbeiten Im Sommersemester 1910 begann Plischke zu studieren Er war in den Universitaten Munchen Gottingen und Leipzig in den Fachern Volkerkunde Volkskunde und Anthropologie sowie in unterschiedlichen Naturwissenschaften immatrikuliert Er promovierte bei Karl Weule an der Universitat Leipzig im Januar 1914 Sein Thema war Die Sage vom Wilden Heere im deutschen Volke 2 Wahrend dieser Zeit bildete er sich im Leipziger Museum fur Volkerkunde zum Museumsethnographen weiter und wurde anschliessend von seinem Doktorvater Weule an das neu gegrundete Staatliche Forschungsinstitut fur Volkerkunde in Leipzig vermittelt Dort arbeitete er ab dem Herbst 1914 als Assistent Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde seine wissenschaftliche Karriere unterbrochen Er wurde 1917 mit einer militarischen Abteilung nach Rumanien gebracht wo er versuchte ethnographische Arbeiten anzufertigen Diese blieben allerdings ohne Ergebnisse Ab 1918 arbeitete er erneut als Assistent im Leipziger Forschungsinstitut fur Volkerkunde und begann ab 1919 ein Ethnographisches Seminar in der Leipziger Universitat zu halten 2 Im Anschluss erhielt er dort 1920 eine planmassige Assistentenstelle 4 Im gleichen Jahr heiratete Plischke die Diplom Handelslehrerin Eleonore Sieg 3 Vier Jahre spater 1924 habilitierte sich Plischke an der philosophischen Fakultat der Leipziger Universitat Sein Thema war Das Abendland und die Volker des Stillen Ozeans Ein Beitrag zur Geschichte der Volkerkunde 4 Mit dem Spezialgebiet Sudsee wurde ihm im Mai 1924 die Venia Legendi fur Volkerkunde erteilt 1925 1932 Bearbeiten 1925 wurde Plischkes erster Sohn Hermann geboren der spater als Verlagskaufmann arbeitete Insgesamt hatte Hans Plischke vier Kinder von denen zwei aber schon sehr fruh starben 3 Seine Karriere wurde wahrenddessen durch seinen Leipziger Doktorvater Weule gefordert Dieser empfahl ihn aufgrund mangelnder Karrierechancen in Leipzig nach Gottingen weiter Als junger Privatdozent hinterliess Plischke bei seinem ersten Besuch 1925 in Gottingen einen guten Eindruck 4 Aufgrund desolater Staatsfinanzen war aber die Finanzierung seiner Stelle nicht gewahrleistet und erst zum Sommersemester 1928 konnte er einen Lehrauftrag in Volkerkunde aufnehmen Zwischenzeitlich hatte Hans Plischke schon bezweifelt dass das preussische Kulturministerium Interesse an volkerkundlicher Wissenschaft hat 4 Somit zog er mit seiner Familie nach Gottingen Dort sollte er die ethnografische Sammlung erschliessen erweitern und verstarkt in die Lehre einbinden 3 Plischke wurde 1929 ausserordentlicher Professor Anfangs war seine Lehrstelle noch der mathematisch naturwissenschaftlichen Fakultat angegliedert aber schon 1932 wurde Volkerkunde ein eigenstandiges Hauptfach der philosophischen Fakultat 5 Zu Plischkes Zufriedenheit nahm die Zahl der Studenten zu so dass 130 bis 150 Teilnehmer wahrend seiner Vorlesungen gezahlt werden konnten 4 Sein zweiter Sohn Heinz wurde im Jahr 1932 geboren Der spatere Druckerei Ingenieur blieb das letzte Kind der Plischkes 3 Politisches Engagement und Arbeit im Nationalsozialismus Bearbeiten Hans Plischke trat 1933 der NSDAP bei und begann somit seine Unterstutzung des NS Regimes Zuvor war er Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei gewesen Er unterzeichnete am 11 November 1933 das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitaten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat 1 Als die Nationalsozialistische Dozentenschaft gegrundet wurde liess er sich zum Leiter des wissenschaftlichen Amtes ernennen Zu seinen Aufgaben gehorte es eine dem NS Regime horige Wissenschaft zu etablieren und das wissenschaftliche Leben an der Universitat zu organisieren Dozierende wurden von ihm registriert und an eine Zentrale in Berlin gemeldet wo sie in der nationalsozialistischen Ideologie weitergebildet wurden In der NSDAP fungierte er als Gutachter fur die Parteiamtliche Prufungskommission zum Schutz des NS Schrifttums 3 Hans Plischke leitete in der Gottinger Akademie der Wissenschaften den Bereich Volkerkunde im Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften 6 Daruber hinaus war er von 1933 bis 1939 forderndes Mitglied der SS Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und des NS Lehrerbundes 7 Er wurde zu den politisch aktivsten Dozenten gezahlt 8 An der Gottinger Universitat baute er weiterhin sein Seminar zur Volkerkunde aus und erweiterte die ethnografische Sammlung So gelang es ihm 1933 dass seine informelle Leitung der ethnografischen Sammlung vom Kultusministerium anerkannt wurde und er nun offiziell zum Direktor ernannt wurde 1935 wurde er schliesslich zum ordentlichen Professor und Ordinarius fur Volkerkunde berufen Von November 1934 bis zum Oktober 1935 war er ausserdem Dekan der Philosophischen Fakultat in Gottingen In dieser Funktion war er u a daran beteiligt die vorzeitige Emeritierung von Kollegen zu betreiben wie beispielsweise des Anglistik Ordinarius Hans Hecht 9 Daruber hinaus engagierte er sich als Leiter der Pressestelle der Universitat 8 Im Dezember 1936 weihte Plischke am damaligen Adolf Hitler Platz dem heutigen Theaterplatz das neue Volkerkunde Museum ein welches auch als Institutsgebaude diente In seiner Ansprache zur Einweihung lobte er die Machtergreifung der Nationalsozialisten da so die Grundung des Museums moglich geworden ware Allerdings wurden die Baukosten von der Fritz Behrens Stiftung aus Hannover ubernommen Das Museum welches im Volksmund Plischkeum genannt wurde wurde schon in den ersten 16 Monaten von 20 000 Menschen besucht 10 Bis zum Kriegsbeginn im September 1939 war Plischke bemuht die Sammlung zu erweitern Daruber hinaus nutzte er die Kriegslage aus um Sammlungen unter anderem aus dem besetzten Lodz in Westpolen zu erwerben Plischke brachte auch auslandische ethnologische Literatur aus den besetzten Nachbarlandern nach Gottingen und nahm volkerkundliche Sammlungen aus Frankreich an die ihm von deutschen Soldaten angeboten wurden 10 Allerdings blieb das Volkerkunde Museum wahrend des Krieges geschlossen Der Lehrbetrieb an der Gottinger Universitat wurde aber fortgefuhrt So gelang es ihm im Sommersemester 1940 zum Vertreter des Prorektors und zum Mitglied des Senats der Universitat ernannt zu werden Ausserdem wurde er Vertreter des Prodekans der Philosophischen Fakultat Schon vom Trimester 1941 bis zum Sommersemester des gleichen Jahres war er geschaftsfuhrender Rektor Im November 1941 wurde er dann zum Rektor der Universitat Gottingen und blieb dies bis zum September 1943 Im Sommersemester des folgenden Jahres fungierte er als Prorektor und Mitglied der Geschaftskommission der Akademie der Wissenschaften 11 Mit dem Kriegsende im Mai 1945 wurde auch das volkerkundliche Institut der Gottinger Universitat geschlossen Plischke arbeitete trotzdem weiter an der Vergrosserung der ethnografischen Sammlung 10 Entlastung und Arbeit nach 1945 Bearbeiten Sein Engagement die volkerkundliche Sammlung auch nach dem Krieg unter Ausnutzung der prekaren wirtschaftlichen Lage in Deutschland auszubauen scheiterte als er am 24 Januar 1946 als politisch unerwunschte Person vom Dienst suspendiert wurde Plischke wurde vom Untersuchungsausschuss fur den Lehrkorper der Universitat und dem Hauptausschuss der Stadt Gottingen in die Kategorie Aktivisten Militaristen und Nutzniesser eingeteilt 12 Doch schon im November 1947 wurde er durch die Militarregierung als Minderbelasteter eingestuft Plischke erhob gegen die Einschatzung des Hauptausschusses der Stadt mehrfach Einspruch bis sich diese auch der Militarregierung anschloss Dieses Ergebnis schloss eine Lehrtatigkeit aus und auch die Unterordnung von Personal war so verboten Im Februar 1948 wurde nach erneuter Berufung das Urteil so modifiziert dass er weiter wissenschaftlich arbeiten und publizieren durfte und daruber hinaus auch 50 Prozent seiner Pension erhalten sollte Ein Formfehler fuhrte dazu dass Plischke erneut Berufung einlegen konnte und so schliesslich am 28 September 1948 durch den Entnazifizierungs Ausschuss der Stadt in die Kategorie Entlastete eingestuft wurde Plischkes Taktik sich aus seinen Verstrickungen mit dem NS Regimes herauszuwinden war dabei sehr ausgefeilt und von der Verdrehung seiner Tatigkeiten und Mitgliedschaften gepragt So war er nach dem gescheiterten Hitlerattentat vom 20 Juli 1944 von dem damaligen Rektor der Universitat Gottingen Hans Drexler auf eine Liste von Personen die dem Nationalsozialismus fern stehen gesetzt worden So sollten zwei andere Professoren gedeckt werden da sie unter bekennenden Nationalsozialisten nicht weiter auffallen wurden 1944 widersprach Plischke noch dieser Einstufung spater nutzte er diese geschickt um sich als Gegner des NS Regimes zu positionieren 13 Plischke argumentierte vor dem Ausschuss weiter dass er zwar 1933 als uberzeugter Nationalsozialist der NSDAP beigetreten war aber schnell die wahren Absichten der nationalsozialistischen Fuhrerschaft erkannt habe So gab er an dass er alle Amter nur sehr widerstrebend angenommen und seine Position benutzt habe um Ablaufe zu sabotieren So sollen seine Reden als Rektor der Universitat zwar von NS Rhetorik durchsetzt worden sein dies aber nur um sich selbst zu schutzen und in ihrer ubersteigerten bombastischen Form das NS System lacherlich zu machen Zeugen bestatigten dass er sowohl die Reichspogromnacht verurteilt und sich auch fur die Immatrikulation nicht arischer Studenten eingesetzt habe Besonders sein Einsatz gegen den damaligen Gaudozentenbundfuhrer Schurmann wurde ihm positiv angerechnet 14 Diesen hatte Plischke in ein Disziplinarverfahren aufgrund des Vorwurfs des Plagiats gedrangt und ihn so handlungsunfahig gemacht Wahrend des gesamten Verfahrens gegen Hans Plischke kamen ihm zahlreiche Kollegen zur Hilfe und sagten positiv uber ihn aus So erklarte 1946 Rudolf Smend der neue Rektor der Gottinger Universitat dass Plischke als Mensch der praktischen Leistung zwar in den ersten Jahren die NS Herrschaft unterstutzt aber sehr bald seine Fehler gut gemacht habe und fur eine befreiende Stimmung als Rektor der Universitat Gottingen sorgte 15 All diese Argumente uberzeugten die Mitglieder des Hauptausschusses und sie stuften Plischke somit schliesslich als entlastet ein Die britische Militarregierung war zwar wenig uberzeugt und stufte die Entscheidung als merkwurdig ein nach einer kurzzeitigen Sperrung uberliess sie aber den Deutschen den endgultigen Beschluss Mit Unterstutzung durch den Rektor der Gottinger Universitat und weiteren Kollegen aus Wissenschaft und Forschung gelang es Hans Plischke im Wintersemester 1949 1950 seinen Lehrstuhl fur Volkerkunde in Gottingen wiederzuerhalten Er ubernahm auch die Stelle als Direktor der ethnografischen Sammlung Im Dezember 1949 war er wieder ordentlicher Professor an der Gottinger Universitat Der Kultusminister Niedersachsens setzte ihn wieder in alle alten Amter ein 1957 nahm ihn die Akademie der Wissenschaften erneut auf 16 Hans Plischke wurde im Jahr 1958 emeritiert vertrat aber noch bis zum September 1959 seinen volkerkundlichen Lehrstuhl in Gottingen 3 Die letzten Jahre Bearbeiten Nachdem Hans Plischke in den Ruhestand gegangen war blieb er ein anerkannter Wissenschaftler und viele seiner Schuler fuhrten seine Bestrebungen fort die Volkerkunde in Deutschland auszubauen und ihren Einfluss zu vergrossern Plischke selbst hielt noch bis 1964 Vorlesungen an der Gottinger Universitat Am 28 April 1972 starb Hans Plischke im Alter von 82 Jahren in Gottingen Seine Frau Eleonore starb sechs Jahre spater 3 Wirken BearbeitenVolkerkundliche Lehre und Forschung Bearbeiten Hans Plischke verkorperte den nationalsozialistischen Pflichtmenschen mit organisatorischen Talent Er hatte Erfolge bei der Lehre bei der Erweiterung der volkerkundlichen Sammlung in Gottingen und der Positionierung der Ethnologie in Deutschland als eigenstandiges Fach 17 Zum Beginn seiner Karriere interessierte er sich hauptsachlich fur die Entdeckungsgeschichte Seinen Schwerpunkt setzte er dabei auf Ozeanien Er war Grunder der Brockhaus Reihe Alte Reisen und Abenteuer und veroffentlichte selbst vier Bande uber beruhmte Entdecker Aus diesem Engagement entstand fur ihn die Moglichkeit fur langere Zeit weitere Rubriken fur die Brockhaus Redaktion zu bearbeiten 11 Aufgrund finanzieller Engpasse und des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges war es ihm anfangs nicht moglich zu Feldforschungen aufzubrechen Trotz mangelnder Erfahrung im Feld wurde er zu einem gefragten Theoretiker der volkerkundlichen Wissenschaft Er wird dabei der kulturhistorischen Schule zugerechnet auch wenn er als Theorieskeptiker stets fur neue Einflusse offen blieb Diese liberale Haltung spiegelte sich auch in seiner methodischen Ausrichtung wider 18 Plischke gelang es immer wieder eine Verbindung zwischen Geistes und Naturwissenschaften herzustellen Daruber hinaus verknupfte er Volkskunde und Volkerkunde sowie Literaturwissenschaften und Geschichte miteinander 5 Aus diesem facherubergreifenden Interesse und seiner nationalsozialistische Ideologie heraus entwickelte sich eine rassistische volkerkundliche Theorie Hans Plischke untersuchte welchen Einfluss die Rasse des Menschen auf seine Kultur hat und begann im Dritten Reich seine Vorlesungen ab dem Sommersemester 1931 mit rassistischen Themen zu durchsetzen Er versuchte die naturwissenschaftliche Anthropologie mit der geisteswissenschaftlichen Volkerkunde zu verbinden So liess er physisch anthropologische Fragen in die Forschung einfliessen und benutzte anthropologische Erkenntnisse um die Volkerkunde theoretisch auszubauen Er entwickelte die Theorie dass eine reine Rasse nicht mehr existent ist und dass dadurch der Zusammenhang von Rasse und Kultur schwer zu bestimmen sei Dabei setzte er aber nicht auf eigene Forschungen sondern liess den Rasse Begriff in seine Veroffentlichungen und Vorlesungen einfliessen um zum einen der nationalsozialistischen Propaganda gerecht zu werden und zum anderen theoretische Lucken zu uberspielen 19 Obwohl er Anthropologie studiert hatte stellte er Rassenzugehorigkeit als Tatsache hin und wurde nicht auf die mangelnde theoretische Beweisfuhrung aufmerksam Auch die von Plischke aufgestellte Definition zu Naturvolkern zeigten deutlich welches Verhaltnis er zu dem ethnologischen Forschungsgegenstand hatte So hielt er 1921 Naturvolker fur Menschengruppen die in hohem Massen ihren Umweltbedingungen ausgesetzt sind Dabei kam es bei Plischke aber nicht zu einer verklarten romantischen Idealisierung dieser Volker Weiterhin lehnte er evolutionstheoretische Konzepte ab und ging von einer kulturellen Entwicklung aus die durch Umwelt und Rasse beeinflusst wird Er wandte sich daruber hinaus auch gegen die Kulturkreislehre da dort nur einzelne Objekte verglichen wurden Somit war sein Kulturbegriff holistisch gepragt 20 Kulturen waren fur ihn Produkte aus Umwelt Geschichte und Rasse Plischke unterteilte die Volkerkunde in Deutschland in Ethnologie und Ethnographie Studienziel sollte es sein die drei kulturstiftenden Momente Umwelt Geschichte und Rasse zu untersuchen Dabei sollte es auch zu einer Rekonstruktion der Menschheitsgeschichte und der Kulturentwicklung kommen Trotz seiner methodischen Liberalitat setzte er bei diesen Untersuchungen hauptsachlich auf den Kulturvergleich 20 Koloniales Interesse Bearbeiten Das Thema Koloniales war ein Schwerpunkt von Hans Plischkes Arbeit und Forschung Im Sommersemester 1934 begann er seine ausfuhrliche thematische Auseinandersetzung mit dem damals aktuellen und nicht historischen Kolonialbesitz des Deutschen Reiches Ab dem Wintersemester 1939 1940 baute er das universitare Angebot im Bereich Koloniales aus Dabei hatte er auch ein politisches Interesse und ausserte sich auch in der Offentlichkeit zu kolonialen Themen So hielt er im November 1940 eine Kolonialwissenschaftliche Arbeitszusammenkunft in Gottingen ab die hauptsachlich von nationalsozialistischen Professoren besucht wurde Noch im Januar 1943 wiederholte er diese Arbeitstagung Als im Sommersemester 1943 abzusehen war dass Deutschland den Krieg und damit die erhofften Kolonien verlieren konnte verschwand dieser Themenbereich aus dem Vorlesungsverzeichnis 21 In Hans Plischkes nationalsozialistischer Logik war Kolonialismus ein naturlicher Prozess bei dem schwachere Volker beziehungsweise Rassen den Starkeren weichen mussen Dabei setzte er sich aber nicht fur eine Vernichtung der Kolonisierten ein sondern stellte fest dass diese als Arbeitskrafte benotigt werden Da es fur weisse Europaer nicht moglich ist in tropischen Kolonien zu arbeiten werden diese benotigt so Plischkes Logik Dem Volkerkundler sollte dabei die Rolle des Vermittlers und Betreuers der kulturell fremden Volker zukommen So sah er Gefahren nicht nur in den widrigen Umweltbedingungen sondern auch in der zahlenmassigen Grosse der Kolonisierten zum Beispiel in Afrika Er spricht den einheimischen Volkern aber jedes Recht auf Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit ab 22 Plischke hatte hier die nationalsozialistische Propaganda nicht nur aufgenommen sondern auch weiterentwickelt und wissenschaftlich verteidigt Mit dem Ablauf des Zweiten Weltkrieges entwickelten sich auch seine Wunsche und Vorstellungen vom Kolonialismus So erstarb die Begeisterung als abzusehen war dass das Deutsche Reich keine Kolonien in Afrika erhalten wird und mit Kriegsende verschwand dieser Punkt vollig aus seinen volkerkundlichen Veroffentlichungen Antisemitismus Bearbeiten Der Antisemitismus war ein Grundelement des Nationalsozialismus Auch Hans Plischke zeigte in Briefen und Vorlesungen antisemitische Tendenzen 1935 betrieb er die Entlassung des Historikers Alfred Hessel mit der Begrundung Er ist Jude Daher ist es notwendig ihn auszuschalten 23 In seinen wissenschaftlichen Publikationen lassen sich diese Vorbehalte nicht erkennen 24 Plischkes Antisemitismus wurde besonders deutlich als 1937 das Lehrbuch der Volkerkunde von dem Berliner Ethnologen Konrad Theodor Preuss veroffentlicht wurde Einer der Beitrage war von dem judischen Ethnologen Leonhard Adam verfasst worden In einem Brief an den Kulturminister in Berlin ausserte sich Hans Plischke am 22 November 1937 deutlich antisemitisch So schrieb er dass er eine Mitarbeit an dem Buch ablehne da er von den judischen Wurzeln Adams wusste Daruber hinaus forderte Plischke dass an einem Lehrbuch das fur deutsche Studenten bestimmt ist nicht judische Menschen mitarbeiten sollten 25 Daran wird deutlich dass Plischke antisemitische Positionen vertrat auch wenn es dafur keinen opportunistischen Grund gab Plischke war im Vergleich zu seinen Kollegen ein engagierter Antisemit und schaffte es unter anderem dass in der zweiten Auflage des Lehrbuches der Volkerkunde der Beitrag von Leonhard Adam entfernt wurde Hans Plischke war bemuht judische Kollegen zu denunzieren Dabei waren keine fachlichen Kriterien entscheidend sondern lediglich seine antisemitische Weltanschauung Plischke war somit ein Unterstutzer der antisemitischen Verfolgung wahrend des Dritten Reiches Theorie nach 1945 Bearbeiten Mit seiner endgultigen Rehabilitierung im Jahre 1949 war es Hans Plischke auch wieder moglich wissenschaftliche Arbeiten zu publizieren Das Veroffentlichungsverbot nach dem Sieg uber Nazi Deutschland war somit aufgehoben Eine vollige theoretische Neuausrichtung Plischkes lasst sich nicht feststellen Mit dem Ende des Dritten Reiches war ihm zwar bewusst dass Begriffe wie Rasse vermieden werden sollten daruber hinaus kommt es aber zu wenigen Veranderungen Seine Interessengebiete blieben weiterhin Sudostasien und die Entdeckungsgeschichte der Welt Plischke war unter Kollegen weiterhin hoch angesehen Der Aufbau des Gottinger Instituts fur Volkerkunde und den Ausbau der ethnografischen Sammlung wurden ihm nach wie vor hoch angerechnet Trotz der veralteten ethnologischen Theorien war er auch nach 1945 ein gefragter Professor fur Vorlesungen Hans Plischke war es gelungen uber zwanzig Dissertationen zu begleiten Er baute sich bis zum Ende seiner Universitatskarriere eine breite Schulerschaft auf Werk BearbeitenUberblick Bearbeiten Hans Plischke war einer der produktivsten Ethnologen seiner Zeit 18 Da ihm keine wissenschaftliche Begabung zuzuschreiben ist und auch seine Aufenthalte im Feld meist schon in der Vorbereitung scheiterten blieben seine Veroffentlichungen haufig nur Fleissarbeiten Die Auswertung von Quellen stand dabei im Vordergrund Sein Gesamtwerk umfasst mehrere hundert Titel Monografien Bearbeiten Von den Barbaren zu den Primitiven 1926 Kukailimoku ein Kriegsgott von Hawaii 1929 Volkerkunde 1930 Die Ethnographische Sammlung der Universitat Gottingen ihre Geschichte und ihre Bedeutung 1931 Tahitische Trauergewander 1931 Alter und Herkunft des europaischen Flachendrachens 1936 Der Anteil der Deutschen an der Entdeckung des Stillen Ozeans 16 18 Jh 1936 Johann Friedrich Blumenbachs Einfluss auf die Entdeckungsreisenden seiner Zeit 1937 Die Volker Europas 1939 Ein Brustschmuck von Tonga tabu und die Verarbeitung von Walknochen in Polynesien 1939 Gottinger Beitrage zur Kolonialgeschichte 1940 Von Cooper bis Karl May 1951 Die Kulturen der aussereuropaischen Erdteile in Ubersicht 1954 Der Stille Ozean 1959 Die erste Weltumseglung 1964 Literatur BearbeitenMichael Gruttner Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik Heidelberg 2004 S 132 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich S Fischer Verlag Frankfurt am Main 2005 S 465 Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 Renate Kulick Aldag in Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 Erhard Schlesier Plischke Hans Hermann Joseph In Neue Deutsche Biographie NDB Band 20 Duncker amp Humblot Berlin 2001 ISBN 3 428 00201 6 S 545 Digitalisat Kersten Thieler des Tragens eines deutschen akademischen Grades unwurdig Die Entziehung von Doktortiteln an der Georg August Universitat Gottingen im Dritten Reich Niedersachsische Staats und Universitatsbibliothek Gottingen Gottingen 2004Einzelnachweise Bearbeiten a b Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Frankfurt am Main S Fischer Verlag S 465 a b c Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 52 a b c d e f g h Erhard Schlesier Plischke Hans Hermann Joseph In Neue Deutsche Biographie NDB Band 20 Duncker amp Humblot Berlin 2001 ISBN 3 428 00201 6 S 545 Digitalisat a b c d e Renate Kulick Aldag in Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 S 104 a b Karl Arndt et al Gottinger Gelehrte Die Akademie der Wissenschaften zu Gottingen in Bildnissen und Wurdigungen 1751 2001 Wallstein Verlag Gottingen 2001 S 464 Kersten Thieler des Tragens eines deutschen akademischen Grades unwurdig Die Entziehung von Doktortiteln an der Georg August Universitat Gottingen im Dritten Reich Niedersachsische Staats und Universitatsbibliothek Gottingen Gottingen 2004 S 14 Renate Kulick Aldag in Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 S 106 a b Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 53 Uta Schafer Richter Jorg Klein Die judischen Burger im Kreis Gottingen 1933 1945 Ein Gedenkbuch Gottingen Hann Munden Duderstadt Wallstein Verlag Gottingen 1992 ISBN 978 3892440482 a b c Renate Kulick Aldag in Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 S 105 a b Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 54 Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 73 Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 74 Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 75 Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 76 Kersten Thieler des Tragens eines deutschen akademischen Grades unwurdig Die Entziehung von Doktortiteln an der Georg August Universitat Gottingen im Dritten Reich Niedersachsische Staats und Universitatsbibliothek Gottingen Gottingen 2004 S 16 Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 S 16 a b Werner Lang et al Hrsg Von fremden Volkern und Kulturen Beitrage zur Volkerkunde Droste Verlag Gottingen 1955 S 5 Renate Kulick Aldag in Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 S 109 a b Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 55 Renate Kulick Aldag in Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 S 110 Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 61 63 Zitat bei Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 2005 S 465 Renate Kulick Aldag in Bernhard Streck Ethnologie und Nationalsozialismus Verlag Escher Gehren 2000 S 111 Renate Kulick Aldag Die Gottinger Volkerkunde und der Nationalsozialismus zwischen 1925 und 1950 LIT Verlag Berlin 2000 S 64 Normdaten Person GND 116245573 lobid OGND AKS LCCN nr93048908 VIAF 17968906 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Plischke HansALTERNATIVNAMEN Plischke Hans Hermann Joseph vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Ethnologe und HochschulprofessorGEBURTSDATUM 12 Februar 1890GEBURTSORT EilenburgSTERBEDATUM 8 April 1972STERBEORT Gottingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans Plischke amp oldid 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