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In der Stochastik existieren verschiedene Konzepte eines Grenzwertbegriffs fur Zufallsvariablen Anders als im Fall reeller Zahlenfolgen gibt es keine naturliche Definition fur das Grenzverhalten von Zufallsvariablen bei wachsendem Stichprobenumfang weil das asymptotische Verhalten der Experimente immer von den einzelnen Realisierungen abhangt und wir es also formal mit der Konvergenz von Funktionen zu tun haben Daher haben sich im Laufe der Zeit unterschiedlich starke Konzepte herausgebildet die wichtigsten dieser Konvergenzarten werden im Folgenden kurz vorgestellt Inhaltsverzeichnis 1 Voraussetzungen 2 Fast sichere Konvergenz 3 Konvergenz im p ten Mittel 4 Konvergenz in Wahrscheinlichkeit 5 Schwache Konvergenz 6 Zusammenhang zwischen den einzelnen Konvergenzarten 7 Beispiel 8 Siehe auch 9 Literatur 10 EinzelnachweiseVoraussetzungen BearbeitenWir werden die klassischen Konvergenzbegriffe immer im folgenden Modell formulieren Gegeben sei eine Folge X n n N displaystyle X n n in mathbb N nbsp von Zufallsvariablen die auf einem Wahrscheinlichkeitsraum W S P displaystyle Omega Sigma P nbsp definiert sind und in denselben normierten Raum abbilden Dieser Bildraum wird mit seiner Borel Algebra in naturlicher Weise zu einem Messraum Um die Kernaussagen zu verstehen genugt es sich stets reelle Zufallsvariablen vorzustellen Andererseits konnen die folgenden Definitionen in naheliegender Weise auf den Fall metrischer Raume als Bildraum verallgemeinert werden Eine Realisierung dieser Folge wird ublicherweise mit X n w displaystyle X n omega nbsp bezeichnet Fast sichere Konvergenz Bearbeiten Hauptartikel Fast sichere Konvergenz Der Begriff der fast sicheren Konvergenz ist am ehesten mit der Formulierung fur Zahlenfolgen vergleichbar Er wird vor allem bei der Formulierung von starken Gesetzen der grossen Zahlen verwendet Man sagt dass die Folge X n displaystyle X n nbsp fast sicher gegen eine Zufallsvariable X displaystyle X nbsp konvergiert falls P lim n X n X P w W lim n X n w X w 1 displaystyle P left lim n to infty X n X right P left left omega in Omega left lim n to infty X n omega X omega right right right 1 nbsp gilt und schreibt dann X n f s X displaystyle X n xrightarrow text f s X nbsp Ubersetzt bedeutet dies dass fur fast alle Realisierungen der Folge der klassische Konvergenzbegriff bezuglich der Norm gilt Die fast sichere Konvergenz entspricht damit der punktweisen Konvergenz m fast uberall aus der Masstheorie Konvergenz im p ten Mittel Bearbeiten Hauptartikel Konvergenz im p ten Mittel Ein integrationstheoretischer Ansatz wird mit dem Begriff der Konvergenz im p displaystyle p nbsp ten Mittel verfolgt Es werden dabei nicht einzelne Realisierungen betrachtet sondern Erwartungswerte der Zufallsvariablen Formal konvergiert X n displaystyle X n nbsp im p displaystyle p nbsp ten Mittel gegen eine Zufallsvariable X displaystyle X nbsp falls lim n E X n X p 0 displaystyle lim n rightarrow infty E X n X p 0 nbsp gilt Dabei wird p 1 displaystyle p geq 1 nbsp vorausgesetzt Dies bedeutet dass die Differenz X n X displaystyle X n X nbsp im Lp Raum L p P displaystyle mathcal L p P nbsp gegen 0 displaystyle 0 nbsp konvergiert Man bezeichnet diese Konvergenz daher auch als L p displaystyle mathcal L p nbsp Konvergenz Wegen der Ungleichung der verallgemeinerten Mittelwerte folgt fur q gt p displaystyle q gt p nbsp aus der Konvergenz im q displaystyle q nbsp ten Mittel die Konvergenz im p displaystyle p nbsp ten Mittel Konvergenz in Wahrscheinlichkeit Bearbeiten Hauptartikel Konvergenz in Wahrscheinlichkeit Ein etwas schwacherer Konvergenzbegriff ist die stochastische Konvergenz oder Konvergenz in Wahrscheinlichkeit Wie der Name bereits suggeriert werden nicht spezielle Realisierungen der Zufallsvariablen betrachtet sondern Wahrscheinlichkeiten fur bestimmte Ereignisse Eine klassische Anwendung der stochastischen Konvergenz sind schwache Gesetze der grossen Zahlen Die mathematische Formulierung fur reelle Zufallsvariablen lautet Eine Folge X n n N displaystyle X n n in mathbb N nbsp von reellen Zufallsvariablen konvergiert stochastisch gegen eine Zufallsvariable X displaystyle X nbsp falls e gt 0 lim n P X n X gt e 0 displaystyle forall varepsilon gt 0 colon lim n to infty P vert X n X vert gt varepsilon 0 nbsp gilt Fur die Konvergenz in Wahrscheinlichkeit werden meist folgende Schreibweisen verwendet P l i m n X n X displaystyle operatorname P lim n rightarrow infty X n X nbsp oder plim X n X displaystyle operatorname plim X n X nbsp oder X n P X displaystyle X n stackrel P rightarrow X nbsp Die stochastische Konvergenz entspricht der Konvergenz dem Masse nach aus der Masstheorie Schwache Konvergenz Bearbeiten Hauptartikel Konvergenz in Verteilung Der vierte prominente Konvergenzbegriff ist der der Konvergenz in Verteilung manchmal auch schwache Konvergenz fur Zufallsvariablen genannt Er entspricht der schwachen Konvergenz fur Masse der Masstheorie Eine Folge von Zufallsvariablen X n displaystyle X n nbsp konvergiert in Verteilung gegen die Zufallsvariable X displaystyle X nbsp wenn die Folge der induzierten Bildmasse m n A P X n A displaystyle mu n A P X n in A nbsp schwach gegen das Bildmass m A P X A displaystyle mu A P X in A nbsp konvergiert Das heisst fur alle stetigen beschrankten Funktionen f displaystyle f nbsp gilt lim n E f X n E f X displaystyle lim n to infty E f circ X n E f circ X nbsp Fur reelle Zufallsvariable ist nach dem Satz von Helly Bray die folgende Charakterisierung aquivalent dazu Fur die Verteilungsfunktionen F n displaystyle F n nbsp von X n displaystyle X n nbsp und F displaystyle F nbsp von X displaystyle X nbsp gilt lim n F n x F x displaystyle lim n to infty F n x F x nbsp an allen Stellen x R displaystyle x in mathbb R nbsp an denen F displaystyle F nbsp stetig ist 1 Die wohl bekanntesten Anwendungen der Konvergenz in Verteilung sind zentrale Grenzwertsatze Da die Konvergenz in Verteilung ausschliesslich durch die Bildmasse bzw durch die Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen definiert sind ist es nicht notwendig dass die Zufallsvariablen auf demselben Wahrscheinlichkeitsraum definiert sind Als Notation verwendet man in der Regel X n w X displaystyle X n stackrel w rightarrow X nbsp oder X n D X displaystyle X n stackrel mathcal D rightarrow X nbsp manchmal aber auch X n X displaystyle X n implies X nbsp Die Buchstaben W bzw D stehen dabei fur die entsprechenden Begriffe im Englischen also weak convergence bzw convergence in distribution Zusammenhang zwischen den einzelnen Konvergenzarten BearbeitenIn der Reihe der wichtigsten Konvergenzbegriffe in der Stochastik stellen die beiden zuerst vorgestellten Begriffe die starksten Konvergenzarten dar Sowohl aus fast sicherer Konvergenz 2 als auch aus Konvergenz im p ten Mittel 3 lasst sich immer die stochastische Konvergenz einer Folge von Zufallsvariablen ableiten Ferner folgt aus stochastischer Konvergenz automatisch auch die Konvergenz in Verteilung die die schwachste der hier vorgestellten Konvergenzarten ist 4 Kompakt gilt also Fast sichere Konvergenz Konvergenz in Wahrscheinlichkeit Konvergenz in Verteilung displaystyle begin matrix text Fast sichere text Konvergenz end matrix implies begin matrix text Konvergenz in text Wahrscheinlichkeit end matrix implies begin matrix text Konvergenz in text Verteilung end matrix nbsp und Konvergenz im p ten Mittel Konvergenz in Wahrscheinlichkeit Konvergenz in Verteilung displaystyle begin matrix text Konvergenz im text p ten Mittel end matrix implies begin matrix text Konvergenz in text Wahrscheinlichkeit end matrix implies begin matrix text Konvergenz in text Verteilung end matrix nbsp In Ausnahmefallen gelten auch noch andere Implikationen Wenn eine Folge von Zufallsvariablen in Verteilung gegen eine Zufallsvariable X konvergiert und X fast sicher konstant ist dann konvergiert diese Folge auch stochastisch Aus der Konvergenz im p ten Mittel folgt im Allgemeinen nicht die fast sichere Konvergenz Umgekehrt lasst sich aus fast sicherer Konvergenz im Allgemeinen auch keine Konvergenz im p ten Mittel schliessen Allerdings ist dieser Schluss erlaubt wenn es eine gemeinsame Majorante in L p displaystyle L p nbsp gibt siehe Satz von der majorisierten Konvergenz Eine Folge von Zufallsvariablen konvergiert genau dann in L 1 displaystyle L 1 nbsp wenn sie stochastisch konvergiert und gleichgradig integrierbar ist Beispiel BearbeitenAuf dem Wahrscheinlichkeitsraum W S P displaystyle Omega Sigma P nbsp mit W 0 1 displaystyle Omega 0 1 nbsp S displaystyle Sigma nbsp den Borelmengen und P displaystyle P nbsp dem Borel Lebesgue Mass betrachte man die Zufallsvariable X w 0 displaystyle X omega 0 nbsp sowie die Folge X n w displaystyle X n omega nbsp der Zufallsvariablen die fur n 2 k m displaystyle n 2 k m nbsp mit 0 m lt 2 k displaystyle 0 leq m lt 2 k nbsp jedes naturliche n displaystyle n nbsp besitzt eine eindeutige Zerlegung dieser Art folgendermassen definiert ist 5 6 X n w 1 falls m 2 k w m 1 2 k 0 sonst displaystyle X n omega begin cases 1 amp text falls frac m 2 k leq omega leq frac m 1 2 k 0 amp text sonst end cases nbsp Die Funktionen X n displaystyle X n nbsp sind sozusagen immer dunner werdende Zacken die uber das Intervall 0 1 displaystyle 0 1 nbsp laufen Wegen E X n X p 0 1 X n w 0 p d w 1 2 k 0 displaystyle E X n X p int 0 1 X n omega 0 p d omega frac 1 2 k to 0 nbsp konvergiert X n displaystyle X n nbsp im p ten Mittel gegen X displaystyle X nbsp Aus dem oben beschriebenen Zusammenhang zwischen den einzelnen Konvergenzarten folgt dass X n displaystyle X n nbsp ebenso stochastisch gegen X displaystyle X nbsp konvergiert wie sich auch aus P X n X gt e 1 2 k fur 0 lt e 1 0 fur e gt 1 displaystyle P X n X gt varepsilon begin cases frac 1 2 k amp text fur 0 lt varepsilon leq 1 0 amp text fur varepsilon gt 1 end cases nbsp und wegen k displaystyle k rightarrow infty nbsp fur n displaystyle n rightarrow infty nbsp also P X n X gt e 1 2 k 0 fur jedes e gt 0 displaystyle P X n X gt varepsilon leq frac 1 2 k to 0 text fur jedes varepsilon gt 0 nbsp erkennen lasst Fur jedes fixe w 0 1 displaystyle omega in 0 1 nbsp gilt aber X n w 1 displaystyle X n omega 1 nbsp fur unendliche viele n displaystyle n nbsp ebenso ist X n w 0 displaystyle X n omega 0 nbsp fur unendlich viele n displaystyle n nbsp sodass also keine fast sichere Konvergenz von X n displaystyle X n nbsp vorliegt Zu jeder Teilfolge X n i displaystyle X n i nbsp von X n displaystyle X n nbsp lasst sich allerdings eine Teilteilfolge X n i j displaystyle X n i j nbsp finden die fast sicher gegen X displaystyle X nbsp konvergiert Gabe es eine Topologie der fast sicheren Konvergenz so wurde aus dieser Eigenschaft folgen dass X n displaystyle X n nbsp fast sicher gegen X displaystyle X nbsp konvergiert Dieses Beispiel zeigt also auch dass es keine Topologie der fast sicheren Konvergenz geben kann 7 Siehe auch BearbeitenMasstheoretische KonvergenzbegriffeLiteratur BearbeitenHeinz Bauer Wahrscheinlichkeitstheorie 4 Auflage De Gruyter Berlin 1991 ISBN 3 11 012190 5 S 34 Konvergenz von Zufallsvariablen und Verteilungen Heinz Bauer Mass und Integrationstheorie 2 Auflage De Gruyter Berlin 1992 ISBN 3 11 013625 2 15 Konvergenzsatze und 20 Stochastische Konvergenz S 91 ff und 128 ff Jurgen Elstrodt Mass und Integrationstheorie 7 Auflage Springer Berlin 2011 ISBN 978 3 642 17904 4 Kapitel VI Konvergenzbegriffe der Mass und Integrationstheorie S 219 268 beschreibt ausfuhrlich die Zusammenhange zwischen den verschiedenen Konvergenzarten Christian Hesse Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie 1 Auflage Vieweg Wiesbaden 2003 ISBN 3 528 03183 2 S 216 238 doi 10 1007 978 3 663 01244 3 Einzelnachweise Bearbeiten Robert B Ash Real Analysis and Probability Academic Press New York 1972 ISBN 0 12 065201 3 Theorem 4 5 4 Robert B Ash Real Analysis and Probability Academic Press New York 1972 ISBN 0 12 065201 3 Theorem 2 5 5 Robert B Ash Real Analysis and Probability Academic Press New York 1972 ISBN 0 12 065201 3 Theorem 2 5 1 Virtual Laboratories in Probability and Statistics Excercise 2 8 3 Robert B Ash Real Analysis and Probability Academic Press New York 1972 ISBN 0 12 065201 3 Examples 2 5 6 Bernard R Gelbaum John M H Olmsted Counterexamples in Analysis Dover Publications Mineola New York 2003 ISBN 0 486 42875 3 Abschnitt 8 40 Sequences of functions converging in different senses S 109 111 J Cigler H C Reichel Topologie Eine Grundvorlesung 6 Auflage Bibliographisches Institut Mannheim 1978 ISBN 3 411 00121 6 S 88 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konvergenz Stochastik amp oldid 237729528