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Als Interpellation Lasker bezeichnet man einen parlamentarischen Vorfall im Februar 1870 Der nationalliberale Abgeordnete Eduard Lasker stellte dem Bundeskanzler Otto von Bismarck eine Frage im norddeutschen Reichstag Es ging ihm um einen eventuellen Beitritt des Grossherzogtums Baden zum Norddeutschen Bund Bismarck beantwortete die Interpellation unerwartet schroff und abweisend Karikatur im Kladderadatsch 1870 Graf Bismarck zum Abgeordneten Lasker im Reichstage Wenn Sie es besser wissen dann seien Sie der Bundeskanzler werd ich der Lasker sein Hintergrund des Vorfalls waren die unterschiedlichen Vorstellungen Bismarcks und der Nationalliberalen uber die Deutsche Einheit Die Nationalliberalen wollten durch den Beitritt Badens die nationale Begeisterung starken und den ubrigen suddeutschen Staaten ein Beispiel vorsetzen Mit der Erweiterung des Bundes verbanden sie auch die Hoffnung auf eine liberalere Innenpolitik Bismarck hingegen wollte an der Verfassung des Norddeutschen Bundes nichts andern und auch keine Volksbewegung entfesseln die letztlich den Nationalliberalen zugutegekommen ware Inhaltsverzeichnis 1 Ausfuhrungen Laskers und Antrage 2 Entgegnung der Konservativen und Bismarcks 3 Folgen und Bewertung 4 Siehe auch 5 BelegeAusfuhrungen Laskers und Antrage Bearbeiten nbsp Der Jurist Eduard Lasker im Jahr 1861 Lasker wurde Mitglied der Fortschrittspartei und 1866 Mitgrunder der Nationalliberalen Partei Dort stieg er zum Fuhrer des linken Flugels auf Im Norddeutschen Bund einem Bundesstaat war das Staatsoberhaupt der preussische Konig mit dem Titel Bundesprasidium Das Bundesprasidium setzte als verantwortlichen Minister den Bundeskanzler ein Dies war der preussische Ministerprasident Otto von Bismarck Im Februar 1870 stand auf der Tagesordnung des Reichstags die dritte Berathung uber den Vertrag mit dem Grossherzogthum Baden wegen wechselseitiger Gewahrung der Rechtshilfe Eduard Lasker verwies in der Sitzung am 24 Februar darauf dass die Thronrede dazu aufgerufen hatte die deutschen Angelegenheiten zu beobachten Von den suddeutschen Staaten sei Baden derjenige in denen der nationale Gedanke am starksten sei Baden habe in der Vergangenheit die preussische Seite unterstutzt und sei im Krieg von 1866 nur unter ausserstem Zwang zum Gegner geworden Danach habe Baden sich Preussen gegenuber ausserst kooperativ und wohlwollend gezeigt Uber ewige Vertrage arbeiteten der Norddeutsche Bund und Baden schon eng zusammen etwa im Militarwesen Lasker erlaubte sich auch einen Hinweis darauf dass die liberale Fuhrung von Baden das Gegenteil von der in Preussen sei 1 Rathselhaft erscheint mir warum denn auf der einen Seite das Land Baden wollend und bestrebt in allen seinen offiziellen und popularen Gewalten sich diesem Bunde anzuschliessen warum dennoch die Vereinigung verhindert wird weil es die hochste Aufgabe sein sollte dass der Bund so wie ihm die Moglichkeit geboten wird nach Suddeutschland hinein sich erstrecke damit wir nicht ferner getrennt bleiben in Suden und Norden nur als ein Provisorium haben wir die Maingrenze im Jahre 1866 uns gefallen lassen und wir haben dies allseitig damals erklart um so mehr zu verwundern dass die Gelegenheit geboten ist den Norddeutschen Bund zu einem Bunde des gesammten Deutschlands zu machen und dass dennoch die beiden Hande nicht zusammentreffen wollen Da die Schuld nicht auf Seiten Badens liegt so wird sie wenn eine Schuld vorhanden ist eben nur da zu suchen sein wo die Initiative fur den Hinzutritt eines suddeutschen Staates verfassungsmassig vorgeschrieben ist 2 Die Aufnahme Badens so stellte Lasker in Aussicht werde den Beitritt der ubrigen Sudstaaten nach sich ziehen Rucksicht auf das Ausland durfe kein Grund sein die dargebotene Hand zuruckzuweisen Die missgunstigen Staaten Frankreich und Osterreich seien momentan zu sehr mit sich selbst beschaftigt Ausserdem habe ja bereits die norddeutsche Bundesverfassung vorgesehen dass die suddeutschen Staaten beitreten Er zitierte den Passus Art 79 Absatz 2 Der Eintritt der Suddeutschen Staaten oder eines derselben in den Bund erfolgt auf den Vorschlag des Bundesprasidiums im Wege der Bundesgesetzgebung Baden wurde einen Beitrittsantrag stellen wenn in der Reichstagsdebatte die Versicherung erfolge dass der Antrag nicht abgelehnt werden wurde 3 Der Antrag Lasker wollte dass der Reichstag die nationalen Bestrebungen Badens anerkenne und darin den lebhaften Ausdruck der nationalen Zusammengehorigkeit erkenne Der Reichstag nehme den moglichst ungesa u mten Anschluss an den bestehenden Bund als Ziel derselben wahr Achtunddreissig Abgeordnete einschliesslich Lasker hatten unterzeichnet 4 Entgegnung der Konservativen und Bismarcks BearbeitenDer Konservative Moritz von Blanckenburg folgte mit einem Abanderungsvorschlag Auf den zweiten Teil der vom Anschluss sprach solle verzichtet werden 5 Nach Laskers Rede fuhrte er aus dass er des Morgens von den Liberalen mit dem Antrag uberrascht worden sei und er noch nicht mit seinen Fraktionsgenossen beraten konnte Trotz grundsatzlicher Begeisterung fur die deutsche Sache ausserte er Zweifel daran dass in Baden das nationale Gefuhl bereits genug vorangeschritten sei Moglicherweise seien die dortigen Bestrebungen auch Parteibestrebungen Wurde man dieser die Hand bieten konnten die ubrigen Parteien unerwunschterweise gestarkt werden 6 Blanckenburg erinnerte die Abgeordneten Lasker und Miquel ferner daran dass sie es gewesen seien die in den Verfassungsartikel den preussischen Konig gebracht hatten Sie hatten seinerzeit argumentiert dass nicht allein die suddeutschen Staaten uber einen Beitritt entscheiden sollten sondern Preussen mit seinem Konig weil Preussen die Verantwortung im europaischen Rahmen tragen wurde Fraglich sei es ob Baden den Aufnahmeantrag uberhaupt stellen wolle Jedenfalls durfe Baden das Bundesprasidium nicht zur Aufnahme drangen Die Nationalliberalen im Reichstag benahmen sich so als wurden sie die auswartige Lage besser kennen als der Bundeskanzler zu einem solchen Fuhrungsanspruch seien sie aber nicht legitimiert da sie vor 1866 die Reorganisation der Armee zu verhindern suchten 7 Bundeskanzler Bismarck nannte den Antrag und die Rede des Laskers uberraschend und unerwunscht Er beklagte sich nicht vorher konsultiert worden zu sein Nur Selbstbeschrankung des Reichstags ermogliche es in Anlehnung an das Parlament auswartige Politik zu betreiben Die fruher in Aussicht gestellte Unterstutzung entzogen die Nationalliberalen ihm auf diese Weise Lasker habe den Eindruck gemacht intimere Beziehungen zur badischen Regierung zu haben als Bismarck selbst und mehr an das badische denn an das norddeutsche Interesse zu denken Baden habe seine Bismarcks Antwort voraussehen konnen 8 Lasker gebrauche seinen Antrag als Misstrauensvotum gegen die bisherige Auswartige Politik Bismarck wolle aber das Bundesprasidium nicht gedrangt sehen und wunsche ein badisches Beitrittsersuchen gar nicht Die Vereinigung Deutschlands musse in aller Freiwilligkeit erfolgen ohne Bayern und Wurttemberg zu verstimmen Baden sei als Vermittler zwischen Norden und Suden wichtiger denn als Bundesglied Wurde ein Bundesglied Baden die ubrigen Sudstaaten vom Westen sprich Frankreich abschirmen dann gabe es dort kein Motiv mehr Rustungsanstrengungen vorzunehmen Ausserdem ware die badische Zollgrenze schwer zu bewachen sollten Wurttemberg und Bayern einmal nicht mehr dem Zollverein angehoren 9 Folgen und Bewertung Bearbeiten nbsp Deutschland wahrend der Zeit des Norddeutschen Bundes 1867 1870 mit dem Bund in Flachenfarben Baden grenzte nur im Sudosten an die norddeutsche Exklave Hohenzollern Nach einigen weiteren Debattenteilnehmern stellte Lasker fest dass es keine Mehrheit fur den Antrag gab und zog ihn zuruck Seiner Meinung nach habe aber die Debatte zweierlei geleistet Der Bundeskanzler habe seine Haltung offengelegt und die Reichstagsparteien hatten wunschenswerterweise die Anstrengungen Badens gelobt Karl Erich Pollmann erklart den Ruckzug der Nationalliberalen als Zuruckweichen vor der Vertrauensfrage die Bismarck im Antrag ausdrucklich sehen wollte Zwar beteuerten Lasker und seine Kollegen dass sie nicht in die Aussenpolitik eingreifen wollten meinten aber dass diese nicht nur durch die Diplomatie sondern auch durch eine Volkspolitik betrieben werden solle 10 Der Historiker Lothar Gall betont dass Bismarcks Erwiderung auf die Interpellation Lasker unerwartet scharf ausgefallen sei Bismarck sei das Risiko eingegangen seine Beziehungen zu den Nationalliberalen aber auch zur badischen Regierung zu belasten Indem er auf die Initiative des Bundesprasidiums seines Konigs pochte machte er deutlich dass fur ihn machtpolitische Strukturentscheidungen im Norddeutschen Bund weiterhin wichtiger waren als das Verhaltnis zum Suden Diese Entscheidungen wollte er nicht zurucknehmen selbst wenn er damit rasche Fortschritte in der Einigungsfrage hatte erzielen konnen Der Norddeutsche Bund war ihm nichts Provisorisches sondern ein Gebilde dessen innere Struktur dauerhaft sein sollte 11 Damit engte Bismarck aber seinen Spielraum ein und erlaubte es dass die Partikularisten in Bayern und Wurttemberg sich an die Verhaltnisse seit 1866 gewohnten Ihrerseits waren die Nationalliberalen die nationale Partei schlechthin so Gall die befurchten mussten dass bei Enttauschung der Erwartungen von 1866 ihre Anziehungskraft nachliess vor allem im Suden Unter Bismarcks Politik wurden der Bundesstaat und die Deutsche Einheit nicht etwa durch Erweiterung der personlichen Freiheiten attraktiver sondern durch das preussische Heeressystem das im Suden eingefuhrt wurde unattraktiver Die Hoffnungen der Nationalliberalen waren aber unvereinbar mit Bismarcks Zielen Der Bundeskanzler entfachte auch nicht etwa eine Anschlussbewegung in breiten Volksschichten Fur beide Seiten war die Einheit kein Wert an sich sondern Teil einer Kosten Nutzen Rechnung verfassungspolitischer Natur 12 Doch waren die Uberlegungen der Nationalliberalen die Sudstaaten schrittweise aufzunehmen eine realistische Alternative Selbst wenn Frankreich wegen des Beitritts Badens zum Norddeutschen Bund den Krieg erklart hatte Suddeutschland war durch Vertrage an den Norden gebunden und selbst die Partikularisten waren frankreichfeindlich eingestellt Der Suden hatte den Norden im Kriegsfall wohl genauso unterstutzt wie er es tatsachlich im Juli desselben Jahres nach der Hohenzollernkandidatur getan hat 13 Siehe auch BearbeitenAugustvertrage Suddeutscher Bund Novembervertrage Verfassung des Deutschen Bundes von 1871 Prager Frieden 1866 Belege Bearbeiten Reichstagsprotokolle 1867 70 10 Sitzung vom 24 Februar 1870 S 57 60 Reichstagsprotokolle 1867 70 10 Sitzung vom 24 Februar 1870 S 61 Reichstagsprotokolle 1867 70 10 Sitzung vom 24 Februar 1870 S 61 f Reichstagsprotokolle 1867 70 9 S 203 f Nr 20 Antrag zur dritten Berathung des Vertrages zwischen dem Norddeutschen Bunde und dem Grossherzogtum Baden wegen wechselseitiger Gewahrung der Rechtshulfe Nr 9 der Drucksachen Reichstagsprotokolle 1867 70 9 S 204 Nr 21 Reichstagsprotokolle 1867 70 10 Sitzung vom 24 Februar 1870 S 62 f Reichstagsprotokolle 1867 70 10 Sitzung vom 24 Februar 1870 S 64 66 Reichstagsprotokolle 1867 70 10 Sitzung vom 24 Februar 1870 S 66 Reichstagsprotokolle 1867 70 10 Sitzung vom 24 Februar 1870 S 66 f Klaus Erich Pollmann Parlamentarismus im Norddeutschen Bund 1867 1870 Dusseldorf Droste Verlag 1985 S 295 f Lothar Gall Bismarcks Suddeutschlandpolitik 1866 1870 In Eberhard Kolb Hrsg Europa vor dem Krieg von 1870 Machtekonstellation Konfliktfelder Kriegsausbruch R Oldenbourgh Munchen 1987 S 23 32 hier S 27 Lothar Gall Bismarcks Suddeutschlandpolitik 1866 1870 In Eberhard Kolb Hrsg Europa vor dem Krieg von 1870 Machtekonstellation Konfliktfelder Kriegsausbruch R Oldenbourgh Munchen 1987 S 23 32 hier S 28 f Lothar Gall Bismarcks Suddeutschlandpolitik 1866 1870 In Eberhard Kolb Hrsg Europa vor dem Krieg von 1870 Machtekonstellation Konfliktfelder Kriegsausbruch R Oldenbourgh Munchen 1987 S 23 32 hier S 31 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Interpellation Lasker amp oldid 233221537